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802 Ruhr-B.-V.: Baumwollspinnerei u. Weberei von O. Böninger, Duisburg. - Sperrschleuse des Duisburger Hafens.

den Betrieb zu erläutern. Andere Gruppen fanden an den Herren Bureauchef Kober und Fabrikdirector Meili bereitwillige und sachverständige Führer. In dem geräumigen Kesselhaus erregten die Aufmerksamkeit der Besucher aufser einem Cornwallkessel zwei Rootkessel, von welch letzteren der eine erst kürzlich von der Firma Walther & Co. gebaute eine Heizfläche von 2439m besitzt und der gröfste Kessel dieses Systemes ist, der sich in Rheinland und Westfalen in Betrieb befindet. Diese Kessel speisen eine Corliss-Zwillingsmaschine von 170 N mit selbstthätiger Abstellvorrichtung und eine 40 N Ventilsteuerungsdampfmaschine mit Hartung'scher Steuerung. Auffallend kräftige Riemen dienen zur Kraftübertragung, darunter solche von 60cm Breite. In der Spinnerei, die sich in einem luftigen mit aufserordentlich günstigem Lichte versehenen zweistöckigen Gebäude befindet, wird auf etwa 9000 Spindeln hauptsächlich ostindische und amerikanische Baumwolle verarbeitet. Wenn schon im allgemeinen von allen Spinnmaschinen diejenigen für die Baumwollspinnerei am frühesten und am vollkommensten sich entwickelten, so war gerade hier Gelegenheit geboten, die mit allen Verbesserungen versehenen neuesten Maschinen dieser Art im Betriebe zu sehen. Zur Vorbereitung der Producte der Spinnerei für die Weberei dienen mannichfache Spul-, Zettel- und Schlichtmaschinen. In der eigentlichen Weberei werden auf etwa 300 mechanischen Webstühlen, von denen einzelne eine Geschwindigkeit von 190 Schuss in der Minute besitzen, die verschiedenartigsten Sorten Nessel, Biber, Flanell (bunt gewebte und bedruckt), Barchend (greis und bunt), Piquéartikel, Hausmacherregatta, Bettflanell usw. hergestellt, und zwar in Tuchbreiten bis zu 190cm. In der Rauherei endlich werden die einzelnen Producte auf Reinigungs-, Rauh- und Calandermaschinen der letzten Bearbeitung unterzogen. Jedem Teilnehmer fiel aufs angenehmste die in sämmtlichen Fabrikräumen herrschende aufserordentliche Ordnung und Reinlichkeit auf, sowie die höchst beachtenswerten Feuerlöschvorrichtungen. In letzterer Beziehung scheint fast des guten mehr als genug gethan. Auf dem Hofe sind so ausgezeichnete Vorrichtungen getroffen, dass man bei einem Brandunglück in einem Augenblicke das ganze Etablissement von allen Seiten bestreichen kann. In jeder Abteilung im Inneren sind Hydranten vorgesehen, in den Treppenhäusern und den Eingängen stehen Extincteure neuester Construction. Auf dem Dache der Spinnerei ist ein Wasserbehälter von 30cm Tiefe angebracht, mittels dessen die ganze Spinnerei unter Wasser gesetzt werden kann. Endlich ist die Rauherei, die sich im dritten Stock eines erst kürzlich hergestellten grofsen Anbaues befindet, ganz mit Eisenplatten belegt. Nach Besichtigung des Etablissements wurden die Teilnehmer aufs angenehmste überrascht durch die freundliche Einladung des Hrn. Otto Böninger, in seinem Garten eine Erfrischung zu nehmen. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereines, Hr. Ingenieur A. Arntzen-Ruhrort, stattete namens des Vereines den Dank desselben in anerkennendster Weise ab und sprach gewiss jedem Teilnehmer aus der Seele. Hr. Otto Böninger dankte für das ihm ausgebrachte Hoch und toastete seinerseits mit herzlichen Worten auf den Ingenieurverein.

Dann gings zur neuen Sperrschleuse hin, wo Hr. Regierungsbaumeister Hirsch zunächst an zahlreichen Zeichnungen den Bau derselben in eingehender Weise erläuterte und dann die Teilnehmer zur Besichtigung der Anlagen selbst in liebenswürdigster Weise umherführte.

Diese

Der neben der Altstadt gelegene Teil des Duisburger Hafens konnte seit seinem Bestehen durch eine Sperrschleuse gegen das Hochwasser des Rheines abgeschlossen werden, um dadurch die niedrig gelegenen Teile der Stadt vor Ueberschwemmung zu bewahren. Diese in den Jahren 1840 bis 1842 erbaute Sperrschleuse, welche den damaligen Schiffsabmessungen entsprach, wurde im Laufe der Zeit ein arges Verkehrshemmnis, weil neuere breitere Schiffe überhaupt nicht hindurchfahren konnten und sämmtliche andern Schiffe bei niedrigen Wasserständen, der hohen Drempellage der Schleuse wegen, genötigt waren, vor dem Durchfahren zu lichten. Uebelstände veranlassten den Rhein-Ruhr - Kanalactienverein, den Besitzer des Hafens, zur Anlage der jetzt in der Ausführung begriffenen neuen Sperrschleuse, welche unmittelbar neben der alten angelegt wurde. Während die alte Schleuse 7,50 m Lichtweite und eine Drempellage von 0,40m Duisburger Pegel besitzt, hat die neue 11,0m Lichtweite und eine Drempellage von - 2,25m erhalten. Sie ist wie jene aus Ziegelmauerwerk, jedoch unter reichlicher Verwendung von Werksteinen aus Niedermendiger Basaltlava an allen vorspringenden Ecken, hergestellt. Der Verschluss gegen Hochwasser wird abweichend von demjenigen der alten Schleuse, welche hölzerne Stemmthore besitzt, durch einen eisernen, mit hölzernen Dichtungsleisten versehenen Verschlussponton bewirkt, der für gewöhnlich in einer Mauernische neben der Schleuse vor Anker liegt, bei Hochwasser aber wie ein Schiff eingefahren, vor den in der Schleuse befindlichen Falz gelegt und durch Einlassen von Wasserballast versenkt werden soll. Es hat derselbe zu diesem Ende in seinem unteren schiffsförmig gestalteten Teile bestimmte zur Aufnahme des Wassers eingerichtete Räume, in welche dasselbe durch Ventile eingelassen werden kann, und aus welchen es wieder ausgepumpt werden muss, wenn der Ponton bei ablaufendem Hochwasser

Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure.

gehoben und ausgefahren werden soll. Zum Auspumpen können entweder die unter Deck aufgestellten Handpumpen oder ein im Inneren des Pontons eingebauter Wasserstrahlapparat benutzt werden, der an die städtische Wasserleitung angeschlossen wird. Sämmtliche Ventile und die sonstige maschinelle Ausrüstung liegen im unteren Teile des Pontons in einem durch einen wasserdichten Einsteigeschacht von oben her stets zugänglichen Maschinenraume, während der ganze obere Teil im übrigen dem Eintritte des Aufsen wassers geöffnet bleibt, um zu verhindern, dass der Ponton bei wachsendem Wasser wieder zum Aufschwimmen komme. Der Ponton hat in der Vorderansicht eine fast quadratische Form von 11,60 von 11,60m Länge und 11,90m Höhe; der untere als Schiffsgefäfs ausgebildete Teil hat 4,50m, der obere nur zur Dichtung bestimmte 2m Breite. Das Eigengewicht des Pontons beträgt annähernd 100000kg. Ausserdem sind, um eine genügende Eintauchung und Stabilität zu erzielen, 50000kg Eisenballast in den untersten Teil eingelegt worden.

Aufser für den Verschluss gegen Hochwasser war noch für Ueberführung einer Strafse über das neue Bauwerk zu sorgen. Es ist zu diesem Ende eine 32m lange, 6,50m breite zweiarmige eiserne Drehbrücke zur Ausführung gekommen, welche gleichzeitig die neue und die alte Schleuse überspannt und deren Drehpunkt auf dem Mauerpfeiler zwischen beiden Durchfahrten liegt. Die Brücke ist gleicharmig und kann nach beiden Seiten hin ausgeschwenkt werden, so dass sie sich unmittelbar vor dem durchpassirenden Schiff öffnet und hinter demselben wieder sofort schliefst. In geöffnetem Zustande ruht die Brücke nur auf dem Drehzapfen und wird durch vier Laufräder abgestützt; im geschlossenen Zustande werden die vier Enden der Hauptträger durch unter ihnen angebrachte Schraubenspindeln unterstützt, die durch Andrehen von der Mitte der Brücke aus gleichzeitig zum Aufsetzen_gebracht werden können. Die Drehbrücke ist seit Ende vorigen Jahres in Betrieb und hat sich seither bestens bewährt. Da schon jetzt täglich oft 40 bis 50 Schiffe durchgelassen werden müssen und gleichzeitig an dieser Stelle ein lebhafter Strafsenverkehr stattfindet, so war es von der gröfsten Bedeutung, den für das Durchlaufen eines jeden einzelnen Schiffes erforderlichen Zeitraum möglichst abzukürzen. Das Aus- und Einschwenken der Brücke einschliefslich der erforderlichen Nebenarbeiten vom Schliefsen bis zum Oeffnen der Barrièren erfordert in der That nur 5 Minuten, in welcher Zeit ein Schiff durchpassiren kann, wenn nicht ungünstiger Wind oder sonstige Hemmnisse die Durchfahrt verzögern.

Zur Kenntlichmachung des Wasserstandes im Hafen ist in einer der Seitenmauern der Schleuse ein Schacht ausgespart, welcher mit dem Aufsenwasser in Verbindung steht und in welchem ein Schwimmer auf und nieder geht, der die Schwankungen des Wasserstandes sowohl auf ein oben in Manneshöhe angebrachtes Zeigerwerk als auch durch Vermittelung eines Schreibstiftes auf einen wöchentlich zur Auslösung gelangenden Papierbogen überträgt.

Das fertige Bauwerk, mit dessen Ausführung im Sommer 1882 begonnen wurde, erforderte einen Kostenaufwand von annähernd 400000 M. Durch das Novemberhochwasser jenes Jahres wurde der noch nicht ganz vollendete Fangdamm, welcher während der Bauzeit die Stadt gegen Hochwasser schützen sollte, teilweise zerstört und die noch in aller Duisburger Gedächtnis befindliche Ueberschwemmung herbeigeführt. Im Jahre 1883 wurde die Fundirung des Bauwerkes fertig gestellt. Von den Schwierigkeiten, welche man beim Einrammen der 10m tief eingeschlagenen Umfassungswände des Bauwerkes überwinden musste, legten die im Hafengebäude aufgestellten Spundpfahlköpfe und Spitzen wieder ausgezogener Pfähle Zeugnis ab, welche, die einen durch die Schläge des Rammbäres, die anderen durch den steinigen Untergrund, vollständig zerstört und gröfstenteils schliefslich verkohlt waren. Zum Ausbaggern der Baugrube wurde ein seither in Deutschland häufiger zur Anwendung gekommener englischer Baggerapparat benutzt, welcher von den Erfindern, Gebrüder Priestmann in Hull, bezogen wurde und der sich unter den obwaltenden Verhältnissen sehr gut bewährt hat, zumal er als Dampfkran bei den späteren Betonirungs- und Mauerarbeiten mit Vorteil weiter verwendet werden konnte.

Die Mauerarbeiten sind im Jahre 1884 ausgeführt, und in demselben Jahre wurde auch die Drehbrücke angeliefert. Der Verschlussponton geht seiner Vollendung entgegen und wird in kurzem zur Ablieferung gelangen. Mit den Arbeiten zur Erweiterung der Einfahrten ist man an der Innenseite flott beschäftigt, an der Aufsenseite musste der vorläufige Schutzdamm unverletzt bleiben, bis der für die spätere Absperrung bestimmte Verschlussponton abgenommen werden kann. Alsdann wird man sich beeilen, auch die äussere Einfahrt freizulegen, und man hofft, bis zum Herbste dieses Jahres das Bauwerk dem Verkehr übergeben zu können.

Für die Beseitigung der Baggermassen, sowohl der jetzt bei der Erweiterung der Einfahrten zur neuen Schleuse, als auch der bei einer für die nächste Zukunft beabsichtigten allgemeinen Vertiefung des Hafens zu gewinnenden, ist in der Nähe des Bauwerkes eine Drahtseilbahn zur Ausführung gekommen, mittels deren das aus den Nachen gehobene Baggergut über die Hafengeleise, die Magazine und den Schutzdeich hinweg in eine an dem letzteren gelegene Niederung geschafft und zur Ablagerung gebracht wird. Die Draht

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ausgeführt von der Görlitzer Maschinenbau-Anstalt und Eisengiesserei in Görlitz.

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10. October 1885.

seilbahn wird gleichzeitig mit den zum Heben der Baggermassen bestimmten beiden Winden von einem in der Beladestation stehenden achtpferdigen Gasmotor getrieben. Die Seilbahnwagen werden in den unter der Beladestation liegenden Baggernachen durch Arbeiter gefüllt, durch die Winden senkrecht bis in die Höhe der Drahtseilbahn gehoben und, nachdem sie auf das Laufseil gesetzt und an einem Zugseile festgekuppelt sind, von diesem nach der Entladestation hinübergezogen, wo sie durch einen Arbeiter ausgekippt werden, um sodann leer auf einem zweiten Seile nach der Beladestation zurückzukehren. Auf diese Weise werden täglich 150 bis 200cbm Baggergut beseitigt und dabei gegen die frühere Abführungsweise annähernd 30 Pfg. für 1cbm gespart. Die Anlagekosten betrugen etwa 25000 M. Der Entwurf zur Sperrschleuse sowohl wie zur Drahtseilbahn ist von Hrn. Regierungsbaumeister Hirsch angefertigt, dem auch die Leitung der gesammten Ausführung übertragen wurde. Die Drehbrücke und der Verschlussponton sind von der Gesellschaft Harkort in Duisburg, der selbstregistrirende Pegel von Hrn. Mechaniker Kappert in Bremen, der maschinelle Teil der Drahtseilbahn von der Firma A. Bleichert & Co. in Leipzig geliefert.

Bei dem grofsen Interesse, das die Teilnehmer des Ausfluges den ausführlichen Erläuterungen des Hrn. Regierungsbaumeister Hirsch schenkten, hatte die Besichtigung der Sperrschleuse so viel Zeit in Anspruch genommen, dass den grofsartigen Anlagen der Märkischen Mühlenactiengesellschaft nur ein verhältnismäfsig kurzer Besuch abgestattet werden konnte. Hr. Rosiny jun., dem für die freundliche Gewährung der Erlaubnis zur Besichtigung der beste Dank des Vereines gebührt, empfing die Besuchenden in zuvorkommender Weise und übernahm die Führung und Erläuterung. Das Etablissement besteht aus einem fünf Stockwerke hohen Doppelbau, der in der Mitte durch einen breiten, mit einem Glasdach überdachten Gang getrennt ist, in welchem bequeme eiserne Treppen zu den beiden Gebäulichkeiten hinauf führen. In dem einem Teile nach dem Hafen zu befinden sich die Lagerräume und der Silospeicher, während der andere Teil dem eigentlichen Mühlenbetriebe dient. In der Mühle, die hauptsächlich Roggen verarbeitet, kommt ein combinirtes Mahlsystem zur Anwendung mit Hartgusswalzen, Dismembratoren und Steinen. Besondere Reinigungsapparate von ganz vorzüglicher Wirkung helfen, jede fremde Beimischung zu entfernen, wobei namentlich die Verwendung von Magneten zur Entfernung von metallischen Beimengungen das allgemeine Interesse der Besucher hervorrief. In dem Maschinenhause fand ganz besonders die von Gebr. Sulzer in Winterthur gebaute Compoundmaschine von 350 N Beachtung, sowie ein neuer mit derselben in Verbindung stehender Schmierapparat (Patent Consolin). Die Beleuchtung der Mühle geschieht durch 102 Glühlampen (Edison-Gesellschaft), deren Installation die Firma Pfannkuch & Reinhardt in Köln besorgt hat. Die Leistungsfähigkeit der Mühle ist eine ganz bedeutende; sie vermag täglich 1000 Sack zu 100kg zu verarbeiten.

Ueberaus befriedigt von den mannigfachen Eindrücken des Ausfluges wandte man sich darauf gegen 7 Uhr der »Loge« zu, um eine Sitzung des Bezirksvereines abzuhalten. Vorsitzender: Hr. Arntzen. Schriftführer: Hr. Backhaus.

Hr. Quedenfeld erstattet Bericht ab namens der zur Beratung verschiedener Anträge des Magdeburger und Hamburger Bezirksvereines eingesetzten Commission; zu den Anträgen des Magdeburger und Hamburger Bezirksvereines schlägt er folgende Resolutionen vor: I. >>Dem Antrage des Magdeburger Bezirksvereines, der Hauptvorstand wolle die Redaction der Zeitschrift anweisen, das Gebiet der technischen Rechtsfragen dauernd zu bearbeiten, schliefst sich der Bezirksverein an der niederen Ruhr mit der Hoffnung an, dass aus den Kreisen der Vereinsmitglieder der Redaction recht zahlreiche Mitteilungen über technische Rechtsfragen zugehen mögen.

II. Dem zweiten Antrag über die Bildung technischer Schiedsgerichte durch die Bezirksvereine kann der Bezirksverein an der niederen Ruhr nicht ohne weiteres zustimmen, sondern glaubt dafür folgendes als zweckmäfsiger vorschlagen zu müssen.

1. Es ist mit allen Kräften dahin zu wirken, dass behufs Schlichtung technischer Streitigkeiten im Processwege jedesmal seitens des Richters der betreffende Bezirksverein ersucht werde, für den vorliegenden Fall am besten geeignet erscheinende technische Sachverständige namhaft zu machen bezw. vorzuschlagen.

2. Es erscheint zweckmässig, zur Schlichtung etwa entstehender Streitigkeiten in den bezüglichen Verträgen Schiedsgerichte durch. Sachverständige als erste Instanz vorzusehen, und mögen daher alle Mitglieder des Vereines deutscher Ingenieure bei Abschluss von Verträgen über technische Ausführungen und Lieferungen die Bildung von Schiedsgerichten für die erste Instanz zur Bedingung machen.

3. Die Bezirksvereine erklären sich bereit, jederzeit auf Verlangen sowohl für den gewöhnlichen Process als auch für die Bildung von Schiedsgerichten geeignete Sachverständige namhaft zu machen. III. Dem Antrage des Hamburger Bezirksvereines betreffs Bildung von eigenen Kammern für Gewerbe und Industriesachen an den Landgerichten schliefst sich der Bezirksverein an der niederen Ruhr vollständig an, um so mehr, als dadurch eine zweite geeignete

Instanz gegenüber den Schiedsgerichten erster Instanz gewonnen würde.<<

Der Berichterstatter begründet in der eingehendsten Weise die von der Commission vorgeschlagenen Resolutionen. In der darauf folgenden Besprechung, an der sich hauptsächlich aufser dem Berichterstatter die Herren Horn und Hollenberg beteiligten, zeigt sich grofse Uebereinstimmung mit den Ansichten der Commission, so dass bei der Abstimmung die Resolutionen fast einstimmig angenommen werden.

Sächsisch-anhaltinischer Bezirksverein.
(Schluss von Seite 643.)

Hr. Claufs macht im Anschluss an die erfolgte Besichtigung die folgenden Mitteilungen über

das Eisenhüttenwerk Thale.

>>Die Anfänge der Thaler Eisenindustrie, aus denen sich das heutige Hüttenwerk entwickelte, reichen in das Jahr 1778 zurück. Von einem Grafen Reedern begründet, beruhte dieselbe auf den drei Grundlagen eines jeden Hüttenbetriebes damaliger Zeit: Unmittelbare Nähe von Erz, von Erz, Brennstoff und Betriebskräften.

Erz wurde im Tiefenbachthal gebrochen, Brennstoff lieferte der umgebende Wald, Betriebskraft die Bode an der noch heute benutzten Stelle.

Für den Beginn waren somit die günstigsten Bedingungen geboten; doch als mit dem Ersatze der Holzkohlen durch die Steinkohlen der Kokshochofen und der Puddelprocess die Industrie mit Holzkohlen in den Hintergrund drängten, zeigten sich auch die Erzlagerstätten nicht so reich, um die Umwandlung der Holzkohlenindustrie in eine Steinkohlenindustrie auf die Dauer lohnend zu gestalten.

In dieser Zeit wurde das bald nach seinem Bestehen an den Staat übergegangene Werk veräussert und blieb von 1820 bis zur Begründung der Actiengesellschaft, 1872, in Privatbesitz.

Der Hauptsache nach wurde in dieser Periode der Frischeisénprocess aus Erzen und Schrotteisen betrieben, daraus Fertigfabrikate, Achsen und Blech hergestellt und aus letzterem Gefäfse getieft, die seit 50 Jahren emaillirt werden.

Der weitverbreitete Ruf, welchen die Fabrikate durch hervorragend gute Beschaffenheit genossen, und eine alte treue Kundschaft bestimmten die gebildete Actiengesellschaft, Mittel aufzuwenden, das Werk mit den besten technischen Einrichtungen auszurüsten und, durch die verbesserten Verkehrswege und Eisenbahnen unterstützt, zur Steinkohlen- und Roheisen-Industrie überzuführen.

Auf dieser neugeschaffenen Grundlage, bei welcher namentlich die Vervollkommnung und Erweiterung der Betriebe zur Veredlung unserer Fabrikate besonders berücksichtigt worden, geht das Werk einer stetigen Entwicklung und Aufschwung entgegen, und ist die Arbeiterzahl, welche im Jahre 1880 395 betrug, auf etwa 1100 gestiegen.

Das Werk besteht aus folgenden Anlagen:

1) dem Puddel- und Walzwerke für Stabeisen,

2) dem Walzwerke für Feinbleche,

3) dem Hammerwerk und der Achsenfabrik,

4) der Maschinenfabrik und der Eisengiefserei,

5) der Blech warenfabrik und dem Emaillirwerke. Diese 5 Werke liegen unmittelbar neben einander, haben jedoch vollständig getrennte Fabrikationen und umfassen ein Areal von 42 Morgen.

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Die Zeit, in welcher der Glanz kupferner Kasserollen und Kessel, der zinnernen Teller und Kannen den Stolz und die Wohlhabenheit des Hauses bildeten, ist abgelöst durch das unsere Cultur beherrschende Metall Eisen. Die blau, braun oder grau emaillirten Blechgeschirre bilden einen vollkommenen Ersatz aller dieser Ausstattungsgeräte der Küche und besitzen die Vorzüge gröfserer Billigkeit, Reinlichkeit und Unschädlichkeit.

Die Eisenbleche zu den Blechgeschirren werden auf dem eigenen Werke mit besonderer Sorgfalt und mit den höchsten Anforderungen hergestellt. Nachdem die Bleche beim Walzen zweimal decapirt (durch Beize gezogen, die Schlackenstellen mit Stahlbürsten entfernt) und genau auf Nummer gewalzt sind, werden dieselben durch allmähliche Erwärmung und Abkühlung in besonders dazu construirten Oefen zur Erlangung einer grofsen Weichheit in luftdicht verschlossenen Kästen vorsichtig ausgeglüht. Die so vorgerichteten Bleche gelangen je nach der Weiterverarbeitung in die Klempnerei oder in das Stanz- oder Prägewerk.

Eine derartige für den Grofsbetrieb eingerichtete Klempnerei ist, wie Sie gesehen haben, mit einer Menge der verschiedensten Blechbearbeitungsmaschinen; als: Tafelschere, Rundschere, Bördelmaschine, Falzmaschine, Sickenmaschine, Durchstofsmaschine, Biege- und Abkantmaschine, Nietmaschine, Hammerwerk, Walzwerk usw. ausgerüstet, welche genannten besonderen Zwecken dienen. Eine derartige moderne Klempnerwerkstätte, welche dem Arbeiter die nötigen Hilfsmaschinen an die Hand giebt, zeigt uns ein ganz anderes Arbeiten, als wir uns vorzustellen gewohnt sind. Die frühere Klempnerarbeit ist mit Hilfe der Maschinen in eine Anzahl einzelner mit diesen auszuführender Verrichtungen zerfallen, welche eine strenge Arbeitsteilung ermöglichen, wodurch die Leistungsfähigkeit erhöht und die Ausbildung eine schnellere und billigere wird. Der mit Handgeschicklichkeit ausgestattete Klempner wird daher auf höhere Aufgaben verwiesen, bei denen er die Hilfsmaschinen nicht bedient, wozu geringer vorgebildete Leute ausreichen, sondern sie als Werkzeug zum Arbeiten benutzt. Ist die Herstellung von Klempnerwaren, welche aufser der unmittelbaren Verarbeitung von Blechen im Zusammenfügen bereits gepresster Formen besteht, durch die Anwendung sinnreicher Maschinen vervollkommnet und erleichtert, so gilt dies in weit höherem Masse von der Prägeoder Stanzarbeit. Die Anfertigung der Zieh-, Kraft- oder Prägepressen bildet einen besonderen Zweig unseres neueren Maschinenbaues und hat vielfacher Erfahrungen und Versuche bedurft, um bei richtiger Stoffverteilung den Anforderungen an die Construction, welche eine ungemein kräftige sein muss, unter Anwendung nur besten Materiales und genauester Arbeit zu genügen.

Aus diesem Grunde haben wir zur Verwertung unserer Erfahrungen den Pressenbau in unserer Maschinenfabrik aufgenommen und die bedeutenderen Pressen selbst hergestellt.

Man unterscheidet Kraft- und Ziehpressen; erstere dienen für schwere Schnitt- und Formarbeiten sowie zur Aufnahme grofser Combinationsschnitte; demgemäfs fallen ihr Arbeiten zu wie: Ausstofsen von Scheiben, Böden, Kannenteilen, Feuerschaufeln, Ofengarnituren, oder leichtere Arbeiten, als leichtere Löffel, Gabeln usw. Die Anfertigung der Schnitte und namentlich grofser Combinationsschnitte erfordert reiche Erfahrung und bestes Stahlmaterial.

Die Ziehpressen ziehen, stanzen oder, wie es auch heifst, schlagen Blechgefäfse ohne Naht aus Eisen, Weifsblech oder irgend welchem anderen dehnbaren Metall. Die Construction der Ziehpressen wird dem besonderen Zweck angepasst, und wechselt deren Gestalt und Gröfse für die Herstellung von Stockzwingen, Senf-, Gewürz-, Wichs- und Pulverdosen, Gemüse-, Frucht- und Farbenbüchsen aller Gröfse, verschiedenen Kochgeschirren und Küchengeräten, grofsen Fassböden bis hinauf zu Kesseln von 1m Dmr. und 500mm Tiefe. Dementsprechend erhalten dieselben eine Leistungsfähigkeit von 7 bis 30 nutzbaren Arbeitsschlägen in 1 Minute. Die Arbeit der Ziehpresse besteht meistens in 3 Vorgängen; die für den bestimmten Zweck hergerichtete Blechplatte wird zwischen zwei ringförmigen Flächen unter starkem Drucke gehalten, während ein in der Mitte sich herabbewegender Stempel das Blech zwischen diesen Flächen heraus in seine ihm entsprechende Gestalt

deutscher Ingenieure

hineinzieht. Das Festhalten des äufseren Randes der rund, oval, je nach dem Zwecke, gestalteten Blechplatte erfolgt mittels des Schablonenhalters oder der Serage, welcher die Blechplatte gegen die auf dem Pressentische befestigte Matrize stark andrückt. Der Blechhalter oder die Serage wird in den Seragentisch durch Bolzen eingeschraubt; dieser Tisch wird durch <- oder V-förmige Leisten an der inneren Seite der Pressenständer geführt und erhält seine Auf- und Abwärtsbewegung durch zwei stählerne Daumen oder Excenter, welche so gestaltet sind, dass beim Aufeinandertreffen der Druckflächen von Serage und Matrize die Abwärtsbewegung längere Zeit aussetzt. Während dieses Stillstandes der Bewegung erfolgt der zweite Vorgang. Der von einer Kurbel getriebene Stempelhalter, welche die Stempel oder Pistons mit einer Spindel aufnimmt, führt während dieser Zeit den Stofs aus, wodurch das Blech aus den Druckflächen herausgezogen wird und durch den Druck sich der Form des Stempels anlegt. Der dritte Vorgang ist die selbstthätige Auslösung des Arbeitsstückes aus der Matrize durch einen Stöfsel, welcher seine Bewegung entweder durch Excenter oder Niederdrücken eines mit ihm verbundenen Gegengewichtes erhält.

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Der Blechhalter und der Stempelhalter sind unabhängig vom Hub, in bestimmten Mafsen verstellbar und genau adjustiren. Aufser der gewöhnlichen Fest- und Losscheibe kann die Presse durch eine Reibungskupplung während des vollen Ganges plötzlich ausgerückt werden und gestattet augenblickliche Ueberwachung der Bewegung des Stempels

und Blechhalters.

Die Zahl der Vorgänge, durch welche Gegenstände sich fertigen lassen, hängt natürlich von der Form sowie von der Art und Stärke des verwandten Stoffes ab. Bei dem Pressen von Kochgeschirren beträgt die Zahl der Drucke bei bestem Eisenblech im mittel 3 und höchstens 6. Je nach der Höhe des Druckes werden die Gegenstände nach jedem Drucke zur Verhütung von Bruch in geeigneten Oefen unter Abschluss der Luft ausgeglüht.

Für die Weiterverarbeitung auf der Presse werden die beim Zug entstandenen Falten aus dem Gefäßse herausgebügelt, indem dasselbe auf einen umlaufenden Piston gesteckt und durch Andrücken einer gleichfalls umlaufenden Rolle geglättet wird, um für den nächsten Druck der Serage und dem Stempel einen glatten centrischen Angriff zu ermöglichen.

Diese Hilfsmaschine heifst die Druckbank, und werden auf derselben auch in gleicher Weise die fertig gepressten Geschirre façonnirt vermittels entsprechend geformter Façonpistons und dann auf derselben beschnitten und gebördelt. Die Druckbänke sind für einzelne Gegenstände mit 3 Verrichtungen construirt, so dass, ohne umspannen zu müssen, façonnirt, beschnitten und gebördelt werden kann.

Die nunmehr fertig gestellte Rohware gelangt für einzelne zusammengesetzte Formen noch in die Klempnerei und dann zur letzten Verrichtung des Ueberziehens durch Emaillirung, Verzinnung, Verzinkung oder Galvanisirung in die betreffenden Werkstätten.

Die letzteren Methoden sind einfacher Art und dürfen als bekannt vorausgesetzt werden; die Emaillirungsarbeit ist die wertvollste und verlangt die gröfste Sorgfalt.

Das Emailliren von eisernen Gegenständen im grofsen ist vielleicht nicht länger als vierzig Jahre in Anwendung, und lange Zeit sind die Verrichtungen von den betreffenden Fabriken geheim gehalten worden. Dies gilt jetzt nur noch von der Zusammensetzung der Emailrecepte, die jede Fabrik für ihre Zwecke ausprobirt und nach Erfahrungen verbessert. In unseren Tagen wird jedoch jedermann, welcher Chemie studirt und namentlich ausgedehntere Kenntnisse in der Fabrikation des Glases sich angeeignet hat, nach genauer Untersuchung einer Emaille und einer Reihe auf letzterer basirter Schmelzungen bald imstande sein, ein Email von bestimmter Schmelzbarkeit und Farbe nachzuahmen.

Die Grundmasse jedes Emails besteht aus einem Glassatze, von dessen Beschaffenheit die Haltbarkeit des Emails bei Temperaturwechsel, die Unlöslichkeit gegen chemische Agentien abhängt; es ist also erforderlich, die Glassätze genau zu kennen, um Email von bestimmten Anforderungen darzustellen. Das Email besteht zunächst aus einem Glassatze (Quarz, Feldspat, Borax), dann Zusatz von Deckkörpern

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