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deutscher Ingenieure.

Mitteilungen von der Gewerbe- und Industrieausstellung in Görlitz 1885. Ingenieur in Berlin.

Von H. Maihak,

Am 15. Mai d. J. wurde in Görlitz, dem Hauptorte der preussischen Oberlausitz, eine auf die Dauer von 4 Monaten berechnete Gewerbe- und Industrieausstellung eröffnet, welche in erster Linie die industriellen Erzeugnisse der Bezirke: Niederschlesien mit dem Waldenburger Gebiete, den Kreisen Schweidnitz, Reichenbach und Frankenstein, der preufsischen Lausitz, der sächsischen Oberlausitz und Nordböhmen (Reichenberger und Zittauer Handelskammerbezirk) umfasst. Jeder der einzelnen Gruppen, in welcher die Producte vorgenannter Industriebezirke untergebracht sind, ist eine zweite Abteilung angefügt, in welcher beachtenswerte gewerbliche Erzeugnisse ohne Rücksicht auf Ort und Zeit ihres Ursprunges Platz gefunden haben.

Entgegen der in letzter Zeit mannigfach hervorgetretenen absprechenden Beurteilung über den Wert derartiger Provinzialausstellungen wurde die Görlitzer Ausstellung von fast 1400 Ausstellern beschickt, und ist dieselbe demnach die reichhaltigste der bisher in schlesischen Gebieten veranstalteten Gewerbeausstellungen; leider ist jedoch die für viele unserer Leser besonders interessante Gruppe 4: Dampfkessel und Dampfmaschinen, nicht sehr reichhaltig beschickt und kann darum kein genügendes Bild der Leistungen dieses Zweiges der Lausitzer Industrie gewähren, wenn auch das gebotene vorzügliches enthält.

Im übrigen, besonders inbezug auf die Wahl des Platzes, Einteilung desselben sowie der Gebäude und die Ausgestaltung desAusstellungsplatzes, kann das Unternehmen als wohlgelungen bezeichnet werden.

Das den Ausstellungsplatz von zwei Seiten im rechten Winkel begrenzende Ausstellungsgebäude wurde nach den Entwürfen der bei der Ausschreibung preisgekrönten Archi

Fig. 1.

tekten Cremer und Wolffenstein, Berlin 1) und Aug. Hartelt, Leipzig, ausgeführt. Dasselbe zeigt durchweg Holzconstruction und eine in einfachen, doch zierlichen Verhältnissen gehaltene Architektur und stellt sich wirksam im Innenwinkel mit etwa 270m Front dar; die geschlossenen Hallen bedecken 105934m, die offenen Hallen 2092qm, während die gesammte Fläche des Ausstellungsplatzes etwa 52000qm misst. Nach Fig. 1 befindet sich gegenüber dem Hauptportal in der Achse der ursprünglich schon vorhanden gewesenen Baumallee die durch eine 40m hohe Kuppel von 14m Spannweite überwölbte Vorhalle mit rechts und links sich anschliefsenden 20m breiten Hallen; der andere Schenkel des Winkels wird im wesentlichen durch die ebenfalls durch einen Kuppelbau überragte Haupthalle mit gleicher Vorhalle gebildet.

Die Maschinenhalle wurde in den linksseitigen Teil der Haupthalle verlegt, weil nur dort gewachsener Grund für gröfsere Maschinenfundamente vorhanden ist; die übrige allgemeine Einteilung ist aus dem Plane Fig. 1 und den derselben beigefügten Erläuterungen ersichtlich.

Die Beleuchtung des Ausstellungsplatzes sowie des gröfsten Teiles der Restaurationen geschieht durch elektrische Bogen- und Glühlichtlampen und bildet mit ihren zugehörigen Betriebs- und Lichtmaschinen einen sehr wertvollen Teil der Ausstellung. Zwei grundsätzlich verschiedene Beleuchtungssysteme sind vertreten. Alexander Wacker in Leipzig mit Schuckert'schen Dynamomaschinen und Lampen benutzt die Hintereinanderschaltung, die Görlitzer Maschinen

1) Dieselben erhielten inzwischen auch für den zur Bebauung der Kaiser - Wilhelm - Strafse in Berlin eingereichten Entwurf den ersten Preis.

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22. August 1885.

bauanstalt in Görlitz mit Gülcher'schen Lichtmaschinen und Lampen die Parallelschaltung. Letztere bringt das Gülcher'sche Beleuchtungssystem 1) in der Ausstellung zum erstenmale zur Anschauung. Die Anlage umfasst 11 im Parke verteilte Bogenlampen von 1100 N.-K., 2 grofse auf den beiden Portalen des Hauptgebäudes angebrachte Lampen von 5000 N.-K. und 78 Siemens - Glühlampen von 8, 16 und 32 N.-K. zur Beleuchtung zweier Restaurationen. Die Hauptstromleitung besteht aus 2 Bleikabeln mit 100,879mm bezw. 29,254mm Querschnitt der durch eine isolirende Hülle und einen Bleimantel geschützten Kupferseele und einer Länge für jedes Kabel von 740m. Die Legung derselben war wegen der notwendigen Umgehung von Dampf-, Wasser- und Gasleitungsröhren, eines .zu durchschneidenden Wasserbeckens usw. nicht ohne Schwierigkeiten.

Eine Gülcher'sche Compound- Dynamo-Maschine von beträchtlichen Abmessungen liefert den Strom für die Gülcher-Lampen; dieselbe läuft mit 300 Umdr. in 1 Min. und entwickelt, der Eigenart des Systems entsprechend, einen Strom von 320 Amp. bei nur 65 Volt Spannung, entsprechend einer Gesammtlichtwirkung von etwa 44 000 N.-K. Vermöge der Compoundschaltung der Elektromagnete, bestehend aus einer dickdrähtigen, im Hauptstromkreise liegenden, und einer dünndrähtigen, in einem Nebenschlusse befindlichen Bewicklung, regelt sich der Kraftbedarf der Maschine selbstthätig nach der Anzahl der brennenden Lampen, indem bei Einschaltung einer oder mehrerer Lampen in den Hauptstromkreis die Stromstärke in demselben abnimmt, wobei gleichzeitig eine Verstärkung des Stromes in der dünndrähtigen Nebenleitung eintritt, so dass den Elektromagneten, welche infolge der Schwächung des Hauptstromes an Kraft verlieren würden, durch die Wirkung der dünndrähtigen Spirale die erforderliche inducirende Kraft bewahrt bleibt. Wird jedoch der Strom im Hauptstromkreise durch Ausschalten von Lampen wieder stärker, so wird der Strom in der Nebenschliefsung schwächer, so dass immer die der Anzahl der brennenden Lampen entsprechende Stromstärke vorhanden ist. Ihren Antrieb erhält die Dynamomaschine durch eine direct mit derselben gekuppelte, eigens zu dem Zwecke von der Görlitzer Maschinenbauanstalt gebaute schnelllaufende liegende CompoundDampfmaschine, auf welche später ausführlicher zurückgekommen werden soll.

Zwei neben der Gülcher-Maschine aufgestellte Schuckert'sche Dynamomaschinen erhalten ihren Antrieb mittels Riemen von einer ebenfalls von der Görlitzer Maschinenbauanstalt ausgestellten eincylindrigen liegenden Dampfmaschine von 350mm Dmr., 700mm Hub mit Collmann-Steuerung 2) und einer Leistung von 45 N. Die Umdrehungszahl derselben, ihrem Verwendungszweck entsprechend hoch, beträgt 110, welche Geschwindigkeit bei dem sehr sanften Anhub und Schluss der Ventile sich als durchaus zulässig erweist.

Die eine der von Alexander Wacker, Leipzig (Filiale für Norddeutschland von S. Schuckert, Nürnberg), ausgestellten oben erwähnten Lichtmaschinen ist eine Schuckert'sche Flachringmaschine TL5, welche in Verbindung mit 12 Differentiallampen, Patent Piette & Křižik, die hinteren Parkanlagen beleuchtet. Die Stromleitungen sind wegen der nicht dauernden Anlage oberirdisch geführt. Eine zweite Flachringmaschine JL5 mit Compoundbewicklung liefert den Strom für 103 Glühlampen von 10 und 16 N.-K., welche 3 weitere Restaurationen beleuchten.

Ausserdem wird im Ausstellungsgebäude unter Benutzung dieser Glühlicht-Compound-Maschine die Parallelschaltung von Glühlampen und Bogenlampen in einem Stromkreise vorgeführt; da diese in letzter Zeit vielfach erörterte und zur Lösung

1) Das Ausführungsrecht für das Gülcher'sche Beleuchtungssystem besitzen die Actien - Gesellschaft für elektrisches Licht und Telegraphenbau Helios in Ehrenfeld-Köln für Rheinland und Westfalen, die Maschinenfabrik Oerlikon in Zürich für Baden, Württemberg und die Schweiz, die Berliner Maschinenbau-ActienGesellschaft vorm. Schwartzkopff für die Provinzen Sachsen, Brandenburg und Pommern und die Actien-Gesellschaft Görlitzer Maschinenbau-Anstalt und Eisengiefserei in Görlitz für die Provinz Schlesien und das Königreich Sachsen.

2) Z. 1884 S. 179.

gestellte Frage des Betriebes von Glüh- und Bogenlicht von einer Maschine aus von besonderem Interesse ist, soll in dem folgenden auf die in Betracht kommenden Verhältnisse etwas näher eingegangen werden.

an.

Fast ausschliesslich wendet man gegenwärtig Spannungen von etwa 90 bis 100 Volt für den Betrieb von Glühlampen Sollen mit dieser Spannung direct parallel geschaltete Bogenlampen gespeist werden, so muss hinter jeder Lampe ein sehr bedeutender Widerstand eingeschaltet werden, welcher, da eine gewöhnliche Bogenlampe. im mittel nur 42 Volt gebraucht, die überflüssige Spannung aufnimmt und derart zu einem sehr bedeutenden Effectverluste führt. Würde man zur Vermeidung dessen vielleicht Glühlampen von 45 Volt Spannung verwenden, also Bogen- und Glühlampen von annähernd gleicher Spannung parallel schalten, so böte die praktische Durchführung folgende Schwierigkeit. Es sei der Fall gedacht, dass sich zwei Kohlen einer parallel geschalteten Bogenlampe berühren (was beim Einschalten derselben stets der Fall ist); die Maschine ist dann durch diese Lampe kürzer geschlossen, so dass ein zu starker Strom die Lampe passirt und infolge dessen bezw. der plötzlich eintretenden Spannungserniedrigung für die übrigen Bogenlampen die Gefahr des Verlöschens sehr nahe liegt. Anders verhält es sich, wenn hinter jede Lampe ein Widerstand eingeschaltet ist; es kann alsdann so kurzer Schluss nicht eintreten, da immer noch ein Widerstand im Stromkreise vorhanden ist. Man wendet in solchem Falle Glühlampen von nicht unter 65 Volt Spannung an, wobei jedoch die im Widerstande für die Bogenlampen verloren gehende Spannung im mittel noch 23 Volt beträgt.

wird.

Schuckert hat deshalb einen anderen Weg eingeschlagen und schaltet je zwei hintereinander geschaltete Bogenlampen in eine Glühlichtleitung mit Glühlampen von 90 bis 100 Volt Spannung, wie solches auf der Görlitzer Ausstellung gezeigt Durch diese Schaltung wurde es beispielsweise ermöglicht, mit einer Klemmenspannung von 88 Volt noch zwei Lampen hintereinander sicher zu brennen, so dass für jede Lampe nur noch ein Spannungsverlust von einigen Volt zu rechnen ist. Dieser Schaltungsweise in Verbindung mit der Anwendung von Stromspannungen von 90 bis 100 Volt wird aus vorstehendem Grunde und mit Rücksicht auf den bei Anwendung niedriger Spannungen gröfser werdenden Aufwand an Leitungsmaterial und Leitungsverlust bei Anwendung der Parallelschaltung von Schuckert der Vorzug gegeben.

Aufser den elektrischen Beleuchtungsanlagen giebt eine von Siemens & Halske in Berlin eingerichtete Anlage für Kraftübertragung das wesentliche des elektrotechnischen Gebietes der Ausstellung. Genannte Firma betreibt eine von dem Publikum viel befahrene elektrische Stollenbahn, wie solche von ihr bereits mehrfach für Bergwerksbetrieb ausgeführt worden ist. Der besonders hergerichtete Stollen hat eine Länge von 150m, einen Querschnitt von 2 × 2m und verbindet den Platz vor der Haupthalle mit dem hinter derselben gelegenen Teile des Ausstellungsplatzes. (Siehe Ain Fig. 1.) Infolge der unebenen Bodenfläche liegt der Stollen teilweise bis 5m unter derselben. Die Bahn ist eingeleisig und wird von einer Siemens'schen Grubenlocomotive mit einem angehängten Personenwagen für 20 Fahrgäste in kaum 45 Sekunden durchfahren. An der First des Stollens sind in seiner ganzen Länge zwei L-Schienen isolirt entlang geführt; der in dieselben geleitete Strom wird mittels des auf den L-Schienen gleitenden Contactschlittens aufgenommen und durch ein biegsames Kupferseil, welches die leitende Verbindung zwischen der Locomotive und dem Contactschlitten herstellt und letzteren während der Fahrt nachschleift, der sekundären Maschine der Locomotive zugeführt.

Den Strom liefert eine in der Maschinenabteilung der Haupthalle aufgestellte Siemens'sche Trommelmaschine; eine gleiche, nur kleinere, Maschine erzeugt den Strom für die ‹ mittels Siemens-Glühlampen bewirkte Beleuchtung des Stollens. Diese Maschinen werden durch eine liegende Compoundmaschine, Hochdruckcylinder mit dahinterliegendem Niederdruckcylinder, mit Collmann-Steuerung für beide Cylinder bewegt. Es ist diese die gröfste der drei von der A.-G. Görlitzer Maschinenbauanstalt und Eisengiefserei ausgestellten Maschinen, und soll die nähere Beschreibung derselben nebst ausführlichen Zeichnungen ebenso wie diejenige der bereits

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3675mm Länge durch gusseiserne Röhren derart verbunden sind, dass gusseiserne Rohrköpfe kk einerseits mit Gewinde auf die Kesselröhren dicht aufgezogen und andererseits mit den Verbindungsröhren r und r1 mittels Schraubenbolzen vereinigt sind. Die freie Länge, der Röhren beträgt 3500mm und sind dieselben um 1/10 ihrer Länge nach hinten geneigt; die Heizfläche berechnet sich auf 122,59m. Der Rost, 1760mm lang und 2000mm breit, hat 3,529m Gesammtfläche; gusseiserne Platten pp bewirken eine schlangenförmige Führung der Feuergase. Das Speisewasser gelangt zuerst in den Vorwärmer v, dann durch Rohr s rechts in den vorderen Dampfsammler w, aus diesem links in den zweiten Sammler wi und sinkt rechts durch Rohr f in den hinten unten liegenden Schlammsammler z, um sich von diesem aus in die hinteren Enden sämmtlicher Kesselröhren zu verteilen. Das in diesen gebildete Dampf- und Wassergemisch steigt durch die vorderen

1) Die Einrichtung ist von Alwin Hempel in Dresden hergestellt.

Röhren r in den Sammler n und aus diesem durch die Rohre 7 in den Behälter w, um daselbst beim Ueberfallen über die Kante der Rinne g den Dampf auszuscheiden und sich mit dem frisch eintretenden Speisewasser zu mischen. Hierdurch soll letzterem bereits in den Behältern w und w1 die der Dampfspannung entsprechende Temperatur erteilt und eine Ausscheidung von Kesselsteinbildnern bewirkt werden.

Die Verbrennungsluft gelangt einesteils durch den Aschenfall unter den Rost, anderenteils wird den Feuergasen secundäre vorgewärmte Verbrennungsluft am hinteren Ende des Rostes bei zugeführt. Dieselbe tritt an der vorderen und hinteren Seite des Kessels durch regelbare Schieber a a in Kanäle b, welche in den unteren Teil der Seitenwände seitlich der Feuerung gelegt sind und sich in dem Kanal m der Feuerbrücke vereinigen, von welchem aus die Luft durch die Oeffnungen in den Verbrennungsraum tritt. Die Speisung des Kessels erfolgt durch eine Dampfpumpe bezw. einen Körting'schen Universalinjector; die höchste Dampfspannung beträgt 10 Atm. (Fortsetzung folgt.)

Eisenhüttenwesen.

Ein neuer einräumiger, sogenannter Regenerativ

Winderhitzer.

Auf der Versammlung des American Institute of Mining Engineers im Februar 1885 in New-York hielt John C. Long aus Mechanicsburgh einen Vortrag, über dessen Inhalt in folgendem berichtet wird.

Long führte aus, dass es dem praktischen Hochofenbetriebsleiter sehr willkommen sein würde, wenn es möglich wäre, die Windtemperatur so zu beherrschen, dass etwaige Aenderungen des Ganges des Hochofens durch Windtemperaturveränderungen sofort ausgeglichen werden könnten. Auf diese Weise würde der Hochofenbetrieb vorteilhafter und sicherer geführt und ein gleichmässigeres Roheisen erblasen werden können, als durch die bisher gebräuchlichen, lang

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samer wirkenden Aenderungen der Gichten. Man habe bisher geglaubt, dieses Mittel schon darin zu finden, dass man sowohl bei eisernen als auch bei steinernen Winderhitzern die Temperatur etwas unter dem erreichbaren höchsten Masse hielt; hierbei sei die Möglichkeit, d. h. der Grad der Temperaturänderung, jedoch so gering, dass der Erfolg für den Hochofenbetrieb selbstverständlich auch nur ein geringer sein könne. Mit den in folgendem beschriebenen Winderhitzern sowie mit Hilfe der Anordnungen und des Betriebes derselben könne dagegen nicht allein die Temperatur dauernd höher gehalten, sondern auch rasch und bedeutend gesteigert werden.

Bislang sei es gebräuchlich, die Winderhitzer mit Hochofengasen zu heizen, deren beim Austritt aus der Gicht vorhandene niedrige Temperatur noch vermindert werde durch die Abkühlung, welche sie auf dem Wege zur Verbrennungsstelle erlitten.

Die Anfangstemperatur der Hochofengase sei nach Kerl bei Holzkohlen 100o C., bei Koks 228° C. und wechsele mit dem Gange des Ofens. Bei dem Mont-Alto-Holzkohlenofen in Pennsylvanien, welchen der Vortragende während der drei letzten Betriebszeiten geleitet hat, sei die Gichtgastemperatur immer sehr gering gewesen; man habe stündlich Temperatur und Pressung der Gichtgase gemessen; als Durchschnitt der Gastemperatur für die Monate November und December 1884 seien 218° F. (103o C.) und in den Tagen vom 20. bis 28. November nur 117° F. (47o C.) gefunden.

Man wisse, dass der Hochofen am vorteilhaftesten arbeite, welcher die kühlste Gicht habe, weil in diesem Falle von der in den unteren Teilen des Hochofens gebildeten CO2 in den oberen Teilen desselben, wenn deren Temperatur eine niedrige sei, nicht so viel in CO zurückgeführt werden könne. Die entweichenden Gichtgase seien allerdings bei geringerem Gehalt an CO als Brenngase weniger wert, doch sei der damit verbundene Betrieb für den Hochofen vorteilhafter. So habe man bei dem Mont-Alto-Ofen, bei Gichten vor 720 Pfund Holzkohle, 2000 bis 2100 Pfund Erz und 500 bis 525 Pfund Kalkstein, Last gehabt, mit den Gichtgasen den nötigen Dampf und die Windtemperatur auf 550 bis 600° F. (290 bis 325o C.) zu halten, während man bei leichteren Sätzen einen Ueberfluss an Gas bei gleichen eingeblasenen Windmengen gehabt habe.

Um nun einem an sich schon vorteilhaft arbeitenden Hochofen einen noch viel wärmeren Wind zu liefern, müsse man bedacht sein, die zu verbrennenden Gichtgase vorher zu erwärmen.

Die Hochofengase enthielten nach Hawdon 1) CO 27,34; CO2 16,23; N 56,34. Nehme man an, dass diese Gase 100o C. und die Verbrennungsluft 0° C. habe, so erfordern die 27,34 CO zur Verbrennung 27,34 15,62 an O, welcher in 67,91 atm. Luft mit einem Gehalte von 52,29 N enthalten ist. Die Verbrennungsproducte des obigen Gases bestehen nun aus

4 7

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wäre also um 31,7 pCt. gröfser, als wenn die Gase nur mit einer Temperatur von 1000 zur Verbrennung gebracht worden wären. 1)

In die Winderhitzer, führt der Vortragende aus, werde nun bisher auch die Verbrennungsluft nur mit der Temperatur der atm. Luft oder aber in Zügen der Umgebung des Verbrennungsraumes nur wenig erhitzt eingeführt. Es sei aber klar, dass mit der letzteren Einrichtung keine Vorteile verbunden sein könnten, denn die von der Luft aufgenommene Wärme sei durch die Wandungen des Verbrennungsraumes der Flamme entzogen, welcher sie nun wieder zugeführt werde, und deshalb sei hiermit weder eine Erhöhung der Temperatur noch der Wärmemenge verbunden. Würden dagegen Gas sowohl als auch Luft vor der Verbrennung hoch erhitzt, und zwar an anderer Stelle als im Verbrennungsraume selbst, so würde auch die von der Luft aufgenommene Wärme derjenigen zugeführt, welche durch die Verbrennung entstehen könnte. 2)

Führe man z. B. dem oben angegebenen Hochofengase von 100o C. heifse Luft von 1100o C. zur Verbrennung zu, dann stelle sich die Rechnung wie folgt:

durch die Luft zugeführte Wärme
67,91 × 0,2374 × 1100
durch das Gichtgas zugeführte Wärme
durch Verbrennung des CO erzeugte
Wärme =
27,34 2400
Summe
85744,471
39,28

Verbrennungstemperatur

17734,017 W.-E. 2394,454

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65616,000 85 744,471 W.-E. 2182,90 C.,

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Verbrenne man aber Gichtgas von 1000° C. und Luft von 1100o zusammen, so stelle sich die Rechnung wie folgt: es ist die durch Gichtgas von 1100o C. zugeführte Wärmemenge Luft von 1100o C. zugeführte Wärmemenge.. Verbrennung des CO erzeugte Wärmemenge Summe 107 294,557 39,28

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Verbrennungstemperatur

17734,017 »

65 616,000 > 107 294,557 W.-E. = 27310 C.,

oder 57,7 pCt. mehr, als wenn Gichtgas von 100o C. mit Luft von 0o C. verbrannt worden wäre.

Die Anordnung nun, mit Hilfe derer diese Resultate erreicht werden sollen, besteht nach dem Vortragenden in der Verbindung von drei der zu beschreibenden und in den Figuren auf S. 655 dargestellten Winderhitzer. Neben den Winderhitzern J, K und L sind die Leitungen für kalten und heissen Wind sowie für kaltes und heifses Gichtgas so angeordnet, dass man jeden der 3 Erhitzer benutzen kann, um den Wind für den Hochofen oder die Verbrennungsluft für die Gichtgase oder das Gichtgas selbst, bevor es zur Verbrennung gelangt, zu erwärmen. Der Vortragende glaubt nun, den Erhitzer, welcher vorher zur Erhitzung des Windes für den Hochofen benutzt worden ist, und welcher noch eine grofse Menge

1) Hierzu ist zu bemerken, dass diese Temperaturen nicht erreicht werden können, weil schon lange vorher eine Dissociation entgegenwirkt; ich komme darauf noch zurück. L.

2) Auch hierauf werde ich unten noch zurückkommen. L.

Wärme, jedoch von geringerer Temperatur, enthält, trotzdem benutzen zu können, um die Gase auf fast dieselbe Temperatur wie den Wind zu erhitzen. Dies soll zu erreichen sein, weil die Gasmenge viel geringer als die des Windes für den Hochofen, während die spec. Wärme dagegen dieselbe und die Wärmeaufnahmefähigkeit grösser sei. Die Verbrennungsluft soll entweder mit der Temperatur der freien Luft oder aus der heifsen Windleitung zugeführt werden, in welchem Falle die Verbrennungsluft doch auf andere Weise als durch den Verbrennungsraum erhitzt werde.

Hierzu bemerke ich, dass die Wärme, welche von der zu erwärmenden Luft aus der Umgebung des Verbrennungsraumes aufgenommen wird, auf dem Wege war, durch die Wandungen in die Atmosphäre auszustrahlen, d. h. verloren zu gehen, während diese Wärme durch die damit in den Wandungen erwärmte Luft wieder in den Verbrennungsraum, also in den Erhitzer zurückgeführt wird. Wird dagegen die Luft in dem Erhitzer selbst vorgewärmt, so führt sie aus dem Inneren desselben Wärme fort, welche immer wieder durch die Verbrennung neuen Gichtgases und zugeführter heisser Luft erzeugt, also ersetzt werden muss, welche ohne dies ganz ruhig in dem Inneren des Erhitzers bleiben könnte. Wie dieses Gichtgas aufserdem auch nur auf annähernd die Temperatur des Windes gebracht werden kann, obgleich der betreffende Winderhitzer doch schon auf 5- bis 600o abgekühlt wurde, ist mir unverständlich.

Die vom Vortragenden vorgeschlagenen Winderhitzer sind, wie aus den Figuren zu ersehen, von rechteckigem Querschnitt mit etwas gewölbten Aufsenwandungen a, welche innerhalb der Blechumhüllung aus Schlacken, roten Ziegeln oder Sand hergestellt sein sollen. 1) Der Erhitzer ist durch Scheidewände e in Verbrennungs- und Wärmespeicherräume so getrennt, dass die Verbrennungsgase den Erhitzer in bestimmter Weise durchstreichen müssen.

In den bisherigen Winderhitzern sind nach Ansicht des Vortragenden keine von einander unabhängigen Wärmespeicherräume vorgesehen 2), und da nun die Verbrennungsproducte durch dieselben immer den kürzesten Weg zum Schornstein nehmen, so würden nur die mittleren Teile des Erhitzers auf eine hohe Temperatur gebracht, während der Wind, welcher in diesem heisseren Teil einen gröfseren Widerstand für seine Fortbewegung finde, sich die kälteren Wege aussuche. Das sei ein Nachteil dieser bisherigen nicht eingeteilten Erhitzer (z. B. Cowper).

Die Züge in den Wärmespeichern seien, wie aus der Zeichnung zu sehen, so eingerichtet, dass deren Oberflächen und Querschnitte in dem Malse abnehmen, wie die Verbrennungsproducte kälter und von geringerem Volumen würden, und in umgekehrter Richtung zunehmen, wie der Wind wärmer würde. Da der Grad der Ausdehnung und Zusammenziehung aller Gase so grofs sei, wie der der Luft, so müsse die Geschwindigkeit sowohl als auch die Reibung in beiden Fällen, wenn der Erhitzer oder der Wind erwärmt würden, gleichmässig sein. 3) Diese Einrichtung der Züge sei darum von ganz besonderer Wichtigkeit, weil die Gase und die Luft sich um 0,00367 ihres Volumens, welches sie bei 0o C. einnehmen, vergröfsern oder verkleinern, wenn die Temperatur um einen Grad zu- oder abnehme. So sei das Volumen für ein gegebenes Gewicht bei 272,5o C. doppelt, bei 545o C. dreimal, bei 817,5o C. viermal und bei 1090o C. fünfmal so grofs als bei 0o C.

Die Decke der Erhitzer sei aus scheitrechten Gewölbstücken r gebildet, welche auf den Scheidewänden e ruhend von Blech- oder Eisenträgern gehalten werden. Die Scheidewände e werden aus feuerfesten Steinen gewöhnlichen Formats oder aus gleichmässig gebildeten Formsteinen in diagonaler Stellung und in den auf einander folgenden Lagen in Verband, wie Schnitt z-z1 zeigt, so gesetzt, dass die Längenaus

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deutscher Ingenieure.

dehnung sich nicht, wie bei den bisherigen Winderhitzern, gegen die Aussenmauern richte, während die Ausdehnung in der Breite den Steinen nur eine Stellung unter einem anderen Winkel gebe. Ausserdem sei durch diese Steinaussetzung die Heizfläche fast einhalbmal gröfser, als bei glatten Mauern bisheriger Ausführung.

In Stahl und Eisen 1) habe ich die Heizflächen- und Inhaltsverhältnisse von sieben verschiedenen Steinausfüllungen für Cowper-Winderhitzer veröffentlicht. Davon sind nach meinen Rechnungen, wenn ich die Long'sche Steinausfüllung in denselben Raumverhältnissen anwende, welche den genannten Berechnungen zu Grunde gelegt sind, von den älteren Steinausfüllungen 5 vorteilhafter und 2 nur unbedeutend unvorteilhafter in der Heizfläche usw. als die Long'sche Steinausfüllung.

So stellen sich z. B. die Verhältnisse zwischen der vorteilhaftesten, der Siemens-Cowper'schen, und der Longschen Steinausfüllungsweise wie folgt:

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Die ferneren Gründe, welche Long für die Art seiner Steinausfüllung anführt, sind jedoch beachtenswert. Er hebt hervor, die Scheidemauern e seien, in dieser Weise hergestellt, viel fester und könnten deshalb dünner gemacht werden. Da man annehme, dass die Tiefe, um welche die Wärme in die Steine eindringe, und aus welcher dieselbe wieder abgegeben würde, 40 bis 50mm betrage, so könne bei dieser Anordnung der ganze Inhalt der Steine ausnutzbar gemacht werden. Deshalb könne ein in dieser Weise ausgeführter kleinerer Erhitzer ebenso viel leisten wie ein gröfserer mit vollen Mauern. Die Verbrennungsluft werde entweder durch die Ventile c aus der freien Luft oder aus der Heilswindleitung durch die Ventile d und die Anschlussröhren p in die Luftcylinder o geführt, welche mit Oeffnungen (Düsen) so versehen seien, dass die Luftstrahlen in allen Richtungen in das Gichtgas ausströmten. Die angewandten Ventile seien einfache Tellerventile, welche direct bewegt würden; ein Kühlrohr, welches durch Dampf von Kesselstein befreit werden könne, führe hindurch; die Sitze seien auf gewöhnliche Weise in den Gehäusen befestigt.

Der Betrieb für drei solcher Erhitzer, wie in den Figuren angeordnet, in welchen sowohl der Wind als auch das Gichtgas erhitzt wird, und in welchen letzteres mit heifser Luft verbrannt werden soll, ist nun folgender: Unter der Annahme, dass alle Ventile geschlossen waren, wird z. B. das Ventil D der Kaltwindleitung des Erhitzers J zuerst und dann das Ventil S der Heilswindleitung desselben Erhitzers geöffnet, so dass der Wind also in diesem Erhitzer für den Hochofen auf die nötige Temperatur gebracht wird.

Bei dem Erhitzer K wird nun erst Ventil U der Kaltgasleitung und dann das Ventil T der Heifsgasleitung geöffnet, nachdem das Ventil W der Heifsgasleitung zwischen Hochofen und Erhitzer geschlossen wurde. Das Gichtgas wird also in diesem Falle im Erhitzer K vorgewärmt. Wenn das Ventil W geöffnet wird, dann ist dadurch die Verwendung auch von kaltem Gichtgase zur Verbrennung in den Erhitzern ermöglicht.

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In dem Erhitzer L endlich, welcher neu beheizt werden soll, wird nun im Anschluss an den eben beschriebenen Betriebsfall zunächst das Schornsteinventil M, dann das Ventil T der Heifsgasleitung und endlich das Ventil d der Heifswindleitung, letztere beiden zur Verbrennungskammer führend, geöffnet. Nach einer gewissen Zeit, wenn der Wind in J für den Hochofen nicht mehr heifs genug wird, muss ein anderer Betriebsfall eingestellt werden, und zwar wird der Wind für den Hochofen dann durch den Erhitzer geleitet, welcher vorher mit frischem Gase geheizt wurde, in dem vorliegenden Falle der Erhitzer L; das Gas wird durch den Erhitzer ge

1) Verschiedene Steinausfüllungen für Cowper-Winderhitzer. 1884, Heft 8, S. 484.

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