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25. Juli 1885.

ausgeschnitten. Das Aufzeichnen müsste so wie so erfolgen, und das Ausschneiden nimmt nicht mehr Zeit in Anspruch, als die Vorbereitungen zu den Berechnungen bei den zeichnerischen und rechnerischen Verfahrungsarten; und überdies kann das Ausschneiden auch von einem geschickten Spängler oder sonstigen Hilfsarbeiter besorgt werden.

1. Die Ermittlung der Fläche erfolgt durch Wägen. Man schneidet aus der nämlichen Platte wie die zu berechnenden Figuren noch ein Rechteck oder einen Kreis von bekannter Fläche aus und wägt ihn, wodurch sich, wenn & die Dicke des Bleches und y seine Schwere pro Cubikeinheit bezeichnet, das Gewicht dy pro Flächenheit ergiebt. Hierauf wägt man die Blechschablonen und erhält aus ihrem Gewichte Go die Fläche ihrer Figur:

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Dies setzt natürlich voraus, dass man feine Gewichte und eine genaue Wage zur Verfügung habe. In Ermangelung der ersteren und insbesondere, wenn mehrere aus einerlei Blechtafel geschnittene Schablonen gleichzeitig bestimmt werden sollen, macht man sich aus der nämlichen Blechtafel auch noch Gewichtchen, d. h. rechteckige Streifchen von bestimmten Grundflächen. Eine Garnitur aus folgenden zwölf Stücken: 0,1, 0,2, 0,2, 0,5, 1, 2, 2, 5, 10, 20, 20, 50qcm würde z. B. hinreichen, um Flächen bis zu 1114cm Gröfse auf 0,19cm genau abzuwägen.

2. Die Bestimmung des Schwerpunktes erfolgt in der alten Weise durch Ausbalanciren auf einer Messerschneide u. dergł. Fast ebenso einfach ist nun

3. Die Ermittlung des Trägheitsmomentes, wenn ihre Erklärung auch einige Worte mehr erfordert.

Der Gedanke, welcher den Verfasser leitete, war: Wenn man durch Wägen die Fläche und durch Ausbalanciren den Schwerpunkt einer ebenen Figur finden könne, so müsse es möglich sein, durch Schwingenlassen zu ihrem Trägheitsmomente zu gelangen, wie dies übrigens behufs Bestimmung der Trägheitsmomente von Körpern längst üblich und u. a. auch in Ritter's » Technischer Mechanik« II. Aufl. 1870, S. 411 erwähnt ist.

Das Trägheitsmoment eines Körpers um irgend eine Achse ist bekanntlich gleich seiner Masse mal dem Quadrate seines »Trägheitshalbmessers « r; und dies Quadrat ist wiederum gleich dem Product aus dem Abstand a des Schwerpunktes des Körpers von jener Achse in die Länge I des » gleichwertigen<< Pendels; so dass also

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Fig.

1.

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wo L die Länge des Sekundenpendels bezeichnet. Bekanntermassen ist dagegen auch die Länge I des »physischen<< Pendels gleich dem Quotienten aus dem Trägheitsund dem statischen Momente des schwingenden Körpers um die Schwingungsachse oder

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Man hänge daher die ausgeschnittene Schablone so auf, dass sie um eine Achse schwingen kann, die parallel ist zu jener Achse, um welche man das Trägheitsmoment erhalten will, oder dass, umgekehrt, die letztgenannte Achse parallel liegt zur Schwingungsachse, und beobachte genau die Anzahl n der kleinen Schwingungen des Systemes pro Minute.

Erfolgt die Aufhängung mit Hilfe eines besonderen Gestänges, wie es bei gewissen Profilformen notwendig werden kann, so muss dessen Masse natürlich mitberücksichtigt werden.

Es bezeichne Go das Gewicht der Blechschablone; ferner, mit Bezug auf die Schwingungsachse, ao ihren Schwerpunktabstand, to ihren Trägheitshalbmesser, ihr Trägheits-,

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Wir haben das Verfahren zur Berechnung von Schienenprofilen angewendet und mit einem in der Eile sehr roh aus Draht hergestellten Aufhängegestänge sowie auch nach der Methode des Hrn. Pressel die Trägheitmomente auf etwa 3 pCt. genau bestimmt.

Der Luftwiderstand scheint praktisch gar keinen Einfluss zu haben.

Auch das Torsionspendel liefse sich (vergl. Ritter, a. a. O. S. 575) zu diesem Zwecke benutzen; doch dürfte eine Vorrichtung von möglichst allgemeiner Anwendbarkeit in diesem Falle sich nicht so einfach gestalten, wie die von uns vorgeschlagene 1).

Brünn, den 17. Mai 1885.

J. Kreuter, k. k. Professor u. Ingenieur.

Die Eigenschaften des schmiedbaren Eisens, abgeleitet aus der mikroskopischen Untersuchung des Gefüges.

Auf der Versammlung des »Iron and Steel Institute<< am 7. Mai d. J. hat Hr. Geh. Bergrat Dr. H. Wedding auf Grund einer besonderen Aufforderung des Vorsitzenden, Dr. Percy, einen Vortrag über das obengenannte Thema gehalten, dessen Inhalt wir im folgenden auszugsweise wiedergeben.

Die chemischen und physikalischen Eigenschaften des Eisens stehen unzweifelhaft in einem innigen gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnisse; dennoch ist es nicht möglich, die einen unmittelbar aus der Kenntnis der anderen abzuleiten. Am besten gelingt dies noch bei dem kohlenstoffreichen Rohoder Gusseisen, welches die Eigenschaft der Zähigkeit im geringsten Grade besitzt, während die Schwierigkeit mit der Abnahme an Kohlenstoff und der Zunahme an absoluter Festigkeit und Dehnbarkeit wächst.

Die in dieser Richtung an Schweifseisen und Schweifsstahl sowie an Flusseisen und Flussstahl bisher angestellten Untersuchungen haben gezeigt, dass noch keine Grundlage geschaffen ist, auf welcher das Verhältnis zwischen den chemischen und physikalischen Eigenschaften auch nur mit einem selbst geringen Grade von Genauigkeit festzustellen sei.

Die Bestrebungen, die Haltbarkeit der Schienen nach der chemischen Zusammensetzung des Stahles zu bestimmen, sind vollkommen resultatlos geblieben, und es ist bekannt, dass trotz absoluter Gleichheit in chemischer Beziehung zwei Schienen nicht selten ein ganz ungleiches Verhalten im Betriebe zeigen. Noch mehr tritt diese Verschiedenheit hervor, wenn mehrere Qualitäten von Eisen oder Stahl mit einander verbunden sind, wie z. B. in den Compound - Panzerplatten, oder bei gleichen Arten von Eisen, welche durch verschiedene Verfahren hergestellt worden sind, z. B. bei einem Vergleiche von weissem Puddeleisen, Flammofenflusseisen und Bessemerflusseisen aus der sauren und aus der basischen Birne. Diese können trotz vollständiger Gleichheit der chemischen Zusammensetzung in dem Verhalten bei der Verarbeitung und im Gebrauche eine grofse Verschiedenheit zeigen.

Um diese Widersprüche aufzuklären und die offenbare Lücke in der wissenschaftlichen Metallurgie auszufüllen, muss Zuflucht zum Mikroskope genommen werden, welches Eigentümlichkeiten aufdeckt, die weder durch die Analyse, noch durch die mechanische Probe aufzuklären sind.

Die Untersuchungen, welche ich vorgenommen habe, und über deren Resultate ich hier berichten will, haben das Gebiet durchaus nicht etwa erschöpft, sondern stellen nur die ersten Schritte auf einem weiten Felde dar, deren wesentlichster

1) Zweckmässige und genaue Pendelapparate, sowohl einfache, wie auch mit selbstthätigem Aufzeichner ausgerüstete, werden nach des Verfassers Angabe im mathematisch-mechanischen Institute von A. Ott in Kempten (Bayern) horgestellt, und die Constanten werden auf Grund von Hrn. Prof. Unferdinger's Berechnungen der Sekundenpendellängen (Grunert's Archiv der Mathematik und Physik, 49. Teil, S. 309) entsprechend der geographischen Breitenzone des Bestellungsortes vom Verfasser bestimmt.

deutscher Ingenieure.

Zweck durch die Veranlassung zu baldiger Nachfolge erfüllt sein würde.

Es sind bereits seit langer Zeit mikroskopische Untersuchungen von Eisen vorgenommen worden, aber nur in einigen Fällen ist dies in systematischer Ordnung geschehen. Diejenigen, welche der Vorsteher der kgl. preufsischen mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Berlin, Hr. A. Martens1), an Roheisenproben ausgeführt und beschrieben hat, dürften in letzter Beziehung wohl als die besten bezeichnet werden. Hr. Martens hat gleichzeitig eine sehr befriedigende Methode entdeckt, um die verschiedenen Bestandteile einer Eisenprobe durch Aetzen und Anlassen zu unterscheiden. Auf meine Veranlassung hat derselbe ferner für die königl. Bergakademie zu Berlin eine Sammlung von 120 Proben zusammengestellt, auf welche die nachstehend beschriebenen Untersuchungen in erster Linie begründet sind. Aufser diesen Schliffen wurden indessen noch zahlreiche Probestücke aus der reichen Sammlung des Museums der genannten Anstalt untersucht.

Die Vorbereitung der Probe geschieht in folgender Weise: Die von der Hauptmasse durch Brechen, Hobeln, Feilen oder Stampfen abgesonderten kleineren Teile werden zunächst vermittels einer groben Schmirgelscheibe vorgeschliffen, sodann auf Gusseisenscheiben unter Anwendung von Schmirgelsorten zunehmender Feinheit vollkommen eben und fein geschliffen. Die Eisenplättchen werden vermittels eines Kittes von Kolophonium und Wachs auf einer Spiegelglasplatte befestigt, welche während des Schleifens mit Wasser gekühlt wird, um ein Lösen des Kittes zu verhüten. Das Poliren geschieht alsdann von Hand vermittels vorsichtig gewaschener Polirmittel, wie Eisenoxyd (Polirrot), Zinnasche, Diamantine oder Wienerkalk. Die polirte Fläche wird nun mit sehr verdünnten Säuren geätzt, wozu Platinachlorid, Salpeter-, Salz-, Essig- oder Salicylsäure verwendet wird. Nach dem Aetzen wird schliesslich die Fläche vorsichtig erwärmt, wobei die einzelnen Teile verschiedener Art, welche an der polirten Oberfläche vorhanden sind, in verschiedenen Farben erscheinen, meistens goldgelb, purpurrot, violet oder dunkelblau. Eine nachfolgende schwache Vergoldung ist ebenfalls versucht worden. Es darf nicht vergessen werden, dass nicht der Farbenton an sich charakteristisch ist, sondern die Verschiedenheit der Farben.

In jeder der folgenden Abteilungen meines Vortrages gebe ich die Gründe für die Schlüsse, die ich aus meinen Beobachtungen gezogen habe, welche letztere bei richtiger Beurteilung leicht durch jeden anderen Beobachter bestätigt werden können, wenn derselbe die Untersuchungen auf gleicher Grundlage fortzusetzen beabsichtigt.

Die Bildung von Korn und Sehne.

Eisen in reinem Zustande sowohl als in Verbindung oder Vermischung mit denjenigen Mengen von amorphem Kohlenstoff, Silicium, Phosphor oder Schwefel, wie solche in schmiedbarem Eisen von technischem Werte enthalten sind, ferner mit geringem Gehalte, von Mangan, kristallisirt nach dem regulären System. Wenn in einer Höhlung die Kristallisation unbehindert erfolgen kann, so erscheinen die Kristalle in Octaëderform, der Regel nach mit körperlicher Entwickelung der Achsen, daher tannenbaumartig angeordnet, während in einer zusammenhängenden Eisenmasse die vollkommene Bildung der einzelnen Kristalle verhindert ist, diese daher in Form von an einander gepressten und meist von fünfeckigen Flächen begrenzten Körnern erscheinen. Hiervon giebt der Bruch einer jeden Eisenprobe Zeugnis, deren Uebergang aus dem flüssigen oder teigigen in den festen Aggregatzustand ohne äussere Störung hat stattfinden können, auch wenn das Eisen aus einem Frischprocesse des Roheisens hervorgegangen war.

Die Gröfse des Kornes, welches, als dem regulären Kristallsystem angehörend, auf allen Seiten in der Form gleich erscheint, ist von zwei Umständen abhängig: erstens von der Dauer des Abkühlungsprocesses, zweitens von der Natur und dem Vorkommen der anderen Elemente, welche entweder in Mischung oder in chemischer Verbindung in dem Eisen enthalten sind.

1) Z. 1878 S. 11, 205, 481.

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Für das schmiedbare Eisen wird das Vorkommen von Graphit in der Regel nicht inbetracht gezogen zu werden brauchen, da derselbe sich höchstens in den Stahlsorten von hohem Kohlenstoffgehalt in nennenswerter Menge vorfindet und auch dort nur ausnahmsweise eine Höhe erreicht, welche einen Einfluss auf die Gestaltung des Kornes zulässt, wie solcher bei dem grauen Roheisen meistenteils zu erkennen ist.

Unter sonst gleichen Umständen wächst die Gröfse des Kornes mit der Dauer des Abkühlungsprocesses, während andererseits bei Gleichheit der Abkühlung die Korngröfse mit dem Gehalte an Kohlenstoff bis zu 2 pCt. abnimmt und darüber hinaus nach beiden Seiten wächst, so dass die Korngröfse zunimmt, wenn der Kohlenstoffgehalt von 2 pCt. an zuoder abnimmt. Silicium, Schwefel und geringer Gehalt von Mangan, Titan, Chrom und Wolfram verursachen eine Abnahme der Gröfse der Kristalle, während Phosphor eine Vergröfserung begünstigt.

Die besten Beweise hierfür liefern Proben von Tiegelstahl mit verschiedenem Kohlenstoffgehalt und sonst gleicher Zusammensetzung oder Gleichheit des Kohlenstoffgehaltes bei Abweichungen in der Menge der anderen Stoffe. Wolframstahl mit 2 pCt. Kohlenstoff zeigt einen fast amorphen Bruch.

Das einzige Element, welches in bedeutender Menge die reguläre Kristallform des kohlenstoff haltigen Eisens zu verändern vermag, ist Mangan, und zwar entsteht durch dasselbe eine wahrscheinlich dem rhombischen System angehörige Kristallform! Der Einfluss beginnt wohl bei einem Gehalte von 2 pCt. und ist besser an den verschiedenen Sorten von strahligem Roheisen, Spiegeleisen und Ferromangan erkennbar, als an schmiedbarem Eisen, welches mehr als 2 pCt. Mangan kaum anders als bei einem fehlerhaften Bessemerbetrieb erhält.

Jedes Korn von schmiedbarem Eisen ist dehnbar, und die Schmiedbarkeit eines ganzen Eisenstückes ist daher von der Dehnbarkeit des einzelnen Kornes abhängig. Wenn ein Druck auf ein einzelnes Korn in der Richtung nur einer Achse ausgeübt wird, wie z. B. bei dem Hämmern von Eisen auf einem Ambosse, so wird das runde oder, genauer, vielseitige Korn zu einer Tafel oder Schuppe umgestaltet. Wirkt dagegen der Druck in der Richtung von zwei Achsen gleichzeitig, wie z. B. beim Walzen in Spitzbogenkalibern oder beim Walzen und Schmieden unter beständiger Wendung des Stabes um 90o, so wird das Korn in eine Säule verwandelt, welche scheinbar dem tetragonalen Kristallsystem angehört, in Wirklichkeit aber nur ein verlängerter regulärer Kristall ist und in der Praxis » Sehne« genannt wird.

Dies wird durch die Beobachtung von Schnittflächen von rohem und bearbeitetem Eisen unter dem Mikroskope bestätigt, wenn diese z. T. parallel, z. T. rechtwinklig zu der Richtung des Druckes stehen. Die Erscheinung tritt aus weiter unten näher zu erklärenden Gründen am meisten bei weichem schlackenreichem Schweifseisen hervor. In Bruchflächen parallel zu den Sehnen sind die einzelnen Säulen deutlich erkennbar, während die Verlängerung in den rechtwinklig zu den Sehnen stehenden Flächen nicht bemerkbar ist, was im übrigen gleichzeitig die Thatsache erklärt, dass eine Bruchfläche rechtwinklig zu der Sehnenbildung auch dem unbewaffneten Auge körnig erscheint.

Eine Sehne kann sich nicht über ein gewisses Mafs ausdehnen, ohne schliesslich wieder zu zerfallen. Der Kohlenstoffgehalt ist für diese Erscheinung in erster Linie mafsgebend; überschreitet derselbe 0,5 pCt., so zerfallen die Sehnen schon nach geringer Streckung wieder in Korn. Ein gleiches tritt ein, wenn zu einem auch geringen Gehalt an Kohlenstoff ein selbst sehr geringer Gehalt an Phosphor oder ein grofser Gehalt an Silicium oder ein erheblicher Gehalt an Schwefel tritt. Das auf diese Weise durch Zerfallen der Sehne entstehende Korn ist stets kleiner als dasjenige, aus welchem die Sehne stammte.

Diese Erscheinung ist besser unter der Lupe zu beobachten als unter dem Mikroskope, da das Feld des letzteren nicht grofs genug ist, um mehrere Körner gleichzeitig zu zeigen, wenn sie nicht sehr klein sind. Die Thatsache, dass kohlenstoffreicher Stahl und Feinkorneisen keine Sehnen bilden, ist in der Praxis bekannt; die Kornbildung durch Phosphor ist so charakteristisch, dass sie zur Bestimmung der kleinsten

Mengen von Phosphor bei der Probenahme nach dem basischen Bessemerprocess angewendet wird. Die beschriebenen Erscheinungen zeigen ferner, dass kein Einfluss irgend welcher Art, mit Ausnahme einer höheren Temperatur, imstande ist, aus sehnigem Eisen grobkörniges zu erzeugen. Die Theorie der Umwandlung des Sehneneisens in Grobkorn durch schwache Erschütterungen gehört daher in das Reich der Fabel. Der Bruch von sehnigem Eisen kann nur ein dem Querschnitte der Sehne entsprechendes Korn zeigen oder ein feineres, wenn eine Streckung stattgefunden hat; die Untersuchungen von Wöhler und Spangenberg haben dies übrigens ebenfalls hinreichend bestätigt.

Bedingungen zur Bildung von Sehne in
kohlenstoffarmem Eisen.

Obgleich kohlenstoffarmes Eisen allein zur Bildung von Sehne geeignet ist, so tritt doch eine solche nicht bei jedem solchen Eisen ein, wenn ein Druck in der Richtung zweier Achsen ausgeübt wird. Es ist bekannt, dass im Schweifseisen durch den Walzprocess leicht Sehne erzeugt wird, dass dagegen Flusseisen sehr selten Sehne bildet. Die Gründe zu dieser beachtenswerten Erscheinung finden ebenfalls durch das Mikroskop ihre Erklärung. Die mikroskopische Untersuchung von Brüchen von Schweifseisen mit parallel zu den Sehnen laufenden Flächen zeigt, dass die einzelnen Sehnen Bündel bilden, welche parallel zu einander liegen. Dieselben haben aber niemals eine grofse Länge; es schliefsen sich vielmehr stets neue Sehnenenden an, welche selten in der gleichen Achsenlinie, sondern meist zu den ersteren versetzt, indessen stets zu diesen parallel liegen.

Hieraus lässt sich schliefsen, dass die Festigkeit von sehnigem Eisen von der Eigentümlichkeit abhängig ist, dass die Enden der Sehnen in verschiedenen Querschnitten liegen, wie die Hanffäden in den Seilen.

Das Mikroskop zeigt ferner, dass keine Sehne mit der nebenliegenden unmittelbar verbunden ist, weder in der Quernoch in der Längsrichtung. In der That kann jede Sehne durch sorgfältiges Aetzen ausgelöst werden, etwa wie sich die Muskeln aus einem menschlichen Körper ausschälen lassen. Eine Untersuchung der Ursache der Abscheidung der Sehnen unter einander ergiebt das Vorhandensein einer trennenden Schicht, welche von Schlacken oder Glühspan (Feз 04) gebildet wird.

Diese Schichten umgeben die Sehnen stets bis zu ihren Enden, um dort in Form einer feinen Umhüllung entweder die Verbindung mit dem nächstfolgenden Sehnenbündel zu bilden oder infolge einer kurzen Unterbrechung zu verschwinden, in welchem letzteren Fall an diesem Punkte stets eine körnige Structur erscheint. Stehen die Sehnen im Gesichtsfelde des Mikroskopikers, so erscheinen diese Kristalle als eine moiréartige Masse, deren einzelne Teile schuppenartig über einander geschoben und durch einander geknetet sind... Ebenso wie diese Kornbildung zwischen den Sehnen nur da auftritt, wo keine trennende Schlackenschicht vorhanden ist, so ist die Bildung der Sehnen eng an die Schlackenschicht geknüpft; es folgt daraus, dass Sehnenbildung ohne die Gegenwart der Schlackenschicht nicht eintritt. Einen Beweis hierfür ergeben auch die Erfahrungen, welche neuerdings mit dem Kleinbessemerprocesse zu Avesta in Schweden gemacht sind, wo ein vollkommen sehniges Product durch eine absichtliche Beimischung von Schlacke erzielt wurde. Auch zeigt eine beim basischen Bessemerprocess aus der Birne entnommene schlackenhaltige Probe beim Ausschmieden eine sehnige seidenartige Structur, wenn der Phosphor verschwunden ist, wogegen die Gegenwart des letzteren Kornbildung bedingt und sich dadurch leicht erkennbar macht.

Die Gestaltung der einzelnen Eisenkristalle.

So geeignet das Schweifseisen für das mikroskopische Studium von Sehnen ist, so wenig ist es infolge des Schlackengehaltes für dasjenige des Kornes und der einzelnen Eisenkristalle passend; hierfür ist Flusseisen in erster Linie allein verwendbar.

Bei der mikroskopischen Untersuchung der verschiedenen Eisensorten erscheint nur Tiegelstahl, der eine verhältnismäfsig schnelle Abkühlung erfahren hat, annähernd homogen.

574 Die Eigenschaften des schmiedbaren Eisens, abgeleitet aus der mikroskopischen Untersuchung des Gefüges.

In allen anderen Sorten, zumal in Probestücken aus Blöcken von grofsem Querschnitt und verhältnismässig langsamer Abkühlung, sind zwei verschiedene Qualitäten durch Aetzen erkennbar, von denen eine in der anderen eingelagert ist, so dass die polirte, geätzte und angelassene Oberfläche des Objectes ein porphyrartiges Aussehen unter dem Mikroskope zeigt. Je mehr das Eisen sich dem rohen Zustande, d. h. dem Zustand, in dem es erstarrt war, nähert, desto deutlicher tritt diese Erscheinung hervor und um so klarer sind die beiden Sorten zu unterscheiden. Die eine bildet stets ein Netzwerk, welches die andere Sorte, winklig geformte Körper, einschliefst. Im nachfolgenden sind diese letzteren lediglich der Kürze wegen »kristallinisches Eisen« und die das Netzwerk bildenden Partien »homogenes Eisen<«< benannt.

Die Form der kristallinischen Körper ist diejenige von regulären Polygonen nur im Inneren von Blöcken, welche gleichmässig erkaltet sind.

In allen anderen Fällen sind die kristallinischen Eisenkörper in der Regel nach einer Richtung hin ausgedehnt, und die längere Achse steht rechtwinklig zu der Abkühlungsfläche, wenn nur ein einfaches Erstarren und keine weitere Verarbeitung des Eisens stattgefunden hat. Bei verarbeitetem Eisen folgt in der Regel die längere Achse der zu dem Drucke rechtwinklig stehenden Richtung, also gewöhnlich der Längsrichtung. Diese eckigen Körper kommen oft zu mehreren zusammen gruppirt vor und bilden daher Buchstaben ähnliche Formen von scheinbar unregelmäfsiger Gestaltung. stärkerer Vergröfserung löst sich indessen jeder dieser Körper in eine Anzahl regelmäfsiger, nur zusammenhängender Körper auf.

Bei

Die kristallinischen Eisenkörper kommen um so häufiger, aber gleichzeitig in um so kleineren Abmessungen vor, je mehr der Gehalt an Kohlenstoff sich 2 pCt. nähert. In weichem Eisen sind sie oft weit von einander entfernt, aber. dann stets in ansehnlicher Gröfse vorhanden. Das kristallinische Eisen ist in sich nicht gleichartig. Je unreiner das untersuchte Eisen ist, um so mehr gleicht die Oberfläche dieser Körper einem carrirtem Zeuge. Umgekehrt ist das das Netzwerk bildende Eisen stets homogen und lässt sich, selbst bei sehr starker Vergröfserung, nicht in verschiedene Teile auflösen.

Es ist auffällig, dass das Kristalleisen bald härter, bald weicher ist als das Homogeneisen. Wenn das Eisen durch einen Entkohlungsprocess entstanden ist, so ist das Homogeneisen weicher, im umgekehrten Falle, bei einem Kohlungsprocesse, z. B. beim Cementstahl, ist es härter. Dies ist leicht dadurch erkennbar, dass bei geätzten Proben der ersten Art das Netzwerk tiefer als die Oberfläche des Kristalleisens, bei denjenigen letzterer Art dagegen höher liegt. Der Schluss liegt nahe, dass das homogene Eisen den Leiter der Oxydation sowohl als auch der Kohlung bildet.

Wenn der Beobachter diese Erscheinungen durch das Studium von Flusseisen sich genügend eingeprägt hat, so gelingt es auch, denselben Weg für das Schweifseisen zu betreten. Hier findet man, dass das Homogeneisen die Eisenmasse in einer zu den Sehnenachsen geneigten Richtung blattähnlich durchdringt und oft gewissermassen das Bindemittel zwischen den Sehnenbündeln bildet. Bei anderer Einstellung des Mikroskopes, in der Weise, dass das kristallinische Eisen zwischen den Sehnen in das Gesichtsfeld tritt, zeigt sich hier die ganz gleiche Erscheinung, eine Trennung in zwei Arten Eisen.

Eine Erklärung der ganzen Erscheinung, soweit dieselbe bis jetzt von mir studirt ist, kann nur in dem Mangel an Gleichmässigkeit des Eisens überhaupt gefunden werden. Augenscheinlich ballen sich Teilchen von gleicher Beschaffenheit zusammen und scheiden sich aus der Masse aus, welche noch flüssig ist. Für jetzt bleibt es indessen unklar, warum das scheinbar ein reines Metall darstellende homogene Eisen die Grundmasse bildet, welche bis zuletzt flüssig bleibt, da man geneigt sein musste, anzunehmen, dass, wie im Puddelprocesse, die Körner von reinem Eisen sich zuerst ausscheiden und von einer unreineren Eisenmasse umgeben werden.

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Das Schweifsen.

Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure.

Die wissenschaftliche Erklärung, welche ich vor einigen Jahren gegeben habe, dass »Schweifsen« ein Uebergang von der Adhäsion zur Cohäsion sei, ist beinahe allgemein als genügend angenommen worden.

Diese Erklärung ist indessen nach den Resultaten der mikroskopischen Untersuchungen erheblich zu beschränken.

Die Sehnen von geschweifstem Eisen sind, wie parallele Drähte, in einem Bündel nur verbunden oder vielmehr getrennt durch Schlacke; wo aber die Sehnen durch Korn ersetzt sind, erscheint dieses umgeben oder durchdrungen von homogenem Eisen. Die Ecken und Biegungen, welche durch letzteres bei der Umfassung der Körner gemacht werden, wachsen an Stärke mit den Kristallen, und dies erklärt die Brüchigkeit eines grobkristallinischen Eisens, z. B. des phosphorhaltigen Eisens, wie die mikroskopische Untersuchung von kaltbrüchigem Eisen ergiebt.

In Flusseisen andererseits bildet das Homogeneisen eine gleichmässige, das Kristalleisen von allen Seiten umgebende Schicht und stellt in dieser Weise die verbindende Masse dar, so dass ein sehr feinkörniger Stahl in mancher Beziehung einer amorphen Substanz wie Glas gleicht, obgleich die einzelnen Kristalle beim Bruche dem unbewaffnetem Auge eine rauhe Bruchfläche darbieten. Die gröfsere Ungleichmässigkeit von Flusseisen inbezug auf die Verteilung der beiden Eisensorten und im Vergleiche mit Schweißseisen verhindert nicht, dass die Masse im ganzen mehr den Anschein der Homogenität hat als Schweifseisen.

Diese Thatsache erklärt die gröfsere Zugfestigkeit von Flusseisen im Vergleiche mit Schweisseisen, indem der Zug auf jede einzelne Sehne wirkt, wie etwa auf jeden Draht in einem Drahtbündel. Nachdem die Elasticitätsgrenze überschritten ist, streckt sich jede Sehne für sich allein und bricht, wenn die Grenze der Tragfähigkeit überschritten wird, woraus hervorgeht, dass Schweifseisen stets allmählich, niemals plötzlich zerreifsen oder brechen kann. Im Flusseisen dagegen strecken die Körner sich zwar unabhängig und verändern ihre relativen Stellungen, aber der Verband löst sich nicht, denn das homogene Eisen bildet stets die Verbindung, bis die Grenze der Tragfähigkeit erreicht ist; dann erfolgt erst ein nun aber plötzlicher Bruch.

Diese Eigenschaft des Flusseisens ist, vorurteilsfrei betrachtet, vorteilhaft im Vergleiche mit Schweifseisen und nicht nachteilig, wie noch manche Ingenieure annehmen, welche sich von veralteten Anschauungen loszusagen nicht vermögen.

Die Gleichmässigkeit des Flusseisens im ganzen wird nur durch die etwa vorhandenen Blasenräume unterbrochen, ohne welche dasselbe bekanntlich nicht darstellbar ist. Die Schwierigkeit der Darstellung eines dichten Flusseisenblockes wächst im umgekehrten Verhältnisse zum Kohlenstoffgehalte; sind bekanntlich auch Blasen durch Stehenlassen des flüssigen Metalles, Einhalten der rechten Temperatur für den Beginn des Giessens, Zusatz von Silicium, Ausübung eines Druckes auf das flüssige Metall usw. einigermassen zu beseitigen, so zeigt das Mikroskop doch, dass die Blasenräume niemals ganz verschwinden, wenngleich sie im Tiegelstahl in höchst geringem Masse vorhanden sein können, während im Bessemereisen der Regel nach die meisten und gröfsten auftreten und im Flammofenflusseisen ein mittleres Verhältnis besteht.

Die Blasenräume erscheinen stets umgeben von homogenem Eisen, kommen nie in dem kristallinischen vor, durchdringen wenigstens nie die Kristallkörper.

Die mikroskopische Untersuchung von Blasenräumen, welche in einiger Entfernung von der Oberfläche eines Flusseisenblockes vorkommen, bietet grofses Interesse. Die Verbindung der äufseren Schicht des Gusses mit der inneren wird in diesem Falle stets durch ein Netzwerk von homogenem Eisen gebildet, niemals durch die kristallinischen Eisenkörper, welche in verlängerter, genau abgegrenzter Form senkrecht zur Abkühlungsfläche stehend vorhanden sind, während fortlaufende Adern von homogenem Eisen von den Kanten ins Innere laufen.

Was ich bis jetzt berichtet habe, betrifft die Verbindung oder Zusammenschweifsung der einzelnen Eisenteile eines

XXIX

Juli 1885

Stückes. Einigermassen verschieden sind die Umstände und Erscheinungen bei dem Zusammenschweissen zweier Stücke. In diesem Falle sind die Verbindungsstellen unter dem Mikroskop stets erkennbar; indessen ist es natürlich, dass bei Schweifseisen an dem Punkte, wo die Sehnenenden zweier Stücke zusammenstofsen, ein Vermengen der Kristalle entsteht. Dieses sind wahrscheinlich solche Punkte, welche kristallinisch erscheinen, wenn eine Schweifsnaht durch einen Kaltmeifsel geöffnet und dann von einander gerissen wird, Punkte, an denen die Adhäsion zweier Stücke thatsächlich in Cohäsion übergegangen ist.

Ganz verschieden hiervon ist die Erscheinung bei zwei Stücken von Flusseisen. Hier lassen sich die Schweifsfugen stets ganz und deutlich erkennen und verfolgen. Die Kristall

eisenteile der Kanten einzelner Stücke werden zwar durch gründliche Bearbeitung in einander gepresst und halten daher hakenähnlich zusammen; aber das Homogeneisen, welches stets die Oberfläche einnimmt, scheint sich niemals wirklich

zu verbinden. Hieraus lässt sich schliefsen, dass, um eine gute Schweifsung von Flusseisen zu erzielen, stets eine Erhitzung bis nahe zum Schmelzpunkte erforderlich ist, und es erklärt sich ferner hierdurch die Unvollkommenheit aller Schweifsungen von Flusseisen. In der That würde es am besten sein, wenn dieselben in der Praxis vollkommen vermieden würden, indem nur ganze Stücke von geeigneter Form zur Verwendung kämen. Auch der Umstand, dass weiches schlackenhaltiges Flusseisen vollkommen schweisst, findet in obigem seine Erklärung.

Die Festigkeit eines fertigen Stückes von Eisen ist abhängig von der in dem beanspruchten Querschnitte enthaltenen Menge von Eisen, indem bei Schweifseisen die Schlackenmenge und bei Flusseisen die Fläche der Querschnitte der Blasen in Abzug zu bringen ist. Diese Berechnung fällt für das Flusseisen entschieden günstig aus, kann indessen bei dem heutigen Stande der Mikroskopie des Eisens nur noch ein ungenaues Resultat ergeben. R. M. D.

Die Umgestaltungen im Müllereibetriebe, ihre Ursachen und Wirkungen.

Von Felix v. d. Wyngaert in Berlin.

Vorgetragen in der Sitzung des Berliner Bezirksvereines vom 4. Februar 1885.

M. H. Wohl kein Gewerbe hat in einer verhältnismässig so kurzen Zeit eine so bedeutende Umwälzung erfahren wie die Müllerei, insbesondere die Vermahlung von Roggen und Weizen. Bis vor zwanzig Jahren etwa waren die Neuerungen in der Müllerei nur sehr vereinzelt; wurden sie auch in einigen gröfseren Mühlen eingeführt, so vermochten sie doch dem ganzen Gewerbe keine andere Richtung zu geben. Wo eigentlich der Grund für die gewaltigen Veränderungen zu suchen ist, lässt sich sehr schwer bestimmen, da es unstreitig eine ganze Reihe von Umständen sind, welche hier mitgewirkt haben. Meiner Ueberzeugung nach war es vor allen Dingen die Gewerbefreiheit, welche neue Kraft und Geld in den Mühlenbetrieb hineinbrachte, welche die Müllerei anspornte, nicht mehr hinter dem Auslande zurückzubleiben, sondern ihm voranzugehen. Die Mühlen waren früher mit grofsen Rechten und Lasten in enge Grenzen eingeengt; plötzlich mit der Gewerbefreiheit hörten alle Bannrechte, alle Mahlverpflichtungen auf, jeder konnte sein Getreide mahlen lassen wo er wollte, jeder konnte sich eine Mühle bauen. Aber noch andere wichtige Ereignisse führten eine Belebung der Müllerei herbei; vor allen Dingen der Freihandel, welcher es ermöglichte, unser kleberarmes Getreide mit kleberreichem zu verbessern, um ein leicht verkäufliches backfähiges Mehl herstellen zu können. Auch die Aufhebung der Mahlgangsteuer sowie der Mahlsteuer wirkten segensreich auf diese Industrie. Erstere Massregel ermöglichte es, mit dem Auslande zu concurriren, und letztere gestattete den Müllern, ihre überschüssige fertige Ware nach den grofsen Städten zu schicken, sie in eigenem Gewahrsam zu stapeln und zu behandeln, was ehedem nicht anging, da das Mehl nur nach den zollfreien Niederlagen gebracht werden konnte, wo tausende von Centnern, hoch übereinandergestapelt, dem Verderben preisgegeben waren.

Die alten ihrer Vorrechte und Lasten enthobenen Mühlen sahen sich mit einemmale mit einer Reihe von Concurrenten umgeben, die, um sich eine feste Stellung zu erwerben, notgedrungen zwei wichtige Punkte beachten mussten: entweder besseres Mehl für denselben Preis oder dasselbe Mehl billiger zu liefern. Zwei Wege waren es wiederum, dieses Ziel zu erreichen; entweder man musste eine Mühleneinrichtung schaffen, welche imstande war, besseres Mehl herzustellen, oder man musste die Herstellungskosten der Fabrikation durch Vergröfserung und Vereinfachung des Betriebes ermässigen.

Die notwendige Folge dieser Bestrebungen ist eine Trennung des Mühlengewerbes in die Müllerei der einzelnen Fruchtarten sowie die Anlage von sehr grossen Mühlen.

Mit dem Eindringen von neuer Kraft und neuen Geldmitteln in den Mühlenbetrieb vollzog sich und vollzieht sich natürlich noch derselbe Uebergang, wie wir ihn bei den anderen Gewerben beobachten: das Aufgehen der Mühlen in die Mehlfabriken, wenn ich so sagen darf. Um auf dem Welt

markte seinen Platz behaupten zu können, muss der Müller bestrebt sein, die Generalunkosten zu verringern, und dies kann er nur, wenn er viel leistet; 20t in 1 Tag machen so viel Spesen wie 40, und 50 dieselben wie 100t. Mit dem Uebergange der Darstellung des Mehles in die grofsen Fabriken geht auch das Streben danach, in den Mühlen so wenig wie möglich Leute zu beschäftigen, wenigstens den Betrieb so wenig wie möglich von dem Können oder der Aufmerksamkeit einzelner Menschen abhängig zu machen. Daher strebt man heute nach Maschinen, die nicht, wie der Mahlgang, täglich nachgesehen und stundenlang bearbeitet werden müssen, sondern nach solchen, die höchstens alle Monate, alle Jahre nachgesehen zu werden brauchen. Daher sucht man alle Handverrichtungen zu vermeiden und die Herstellung des Mehles selbstthätig herbeizuführen.

Dieses Streben ist durch grofse Erfindungen sehr erleichtert worden, und darum vollzieht sich der Umschwung auch so rasch. Vor allen Dingen ist es eine Erfindung, die eine grofse Umgestaltung herbeigeführt hat, meiner Meinung nach die wichtigste, die Mutter aller späteren. Wenn in ihr selbst auch nicht die Keime für die folgenden Erfindungen lagen, so konnten sie doch nur so gut gedeihen auf dem Boden, der von ihr vorbereitet war.

Es ist dies die Aspiration von Jacks & Behrens in Lübeck. Heute ist die Aspiration so notwendig in den Mühlen, sie ist so tausendfältig vorhanden, dass es keinem Müller einfallen würde, ohne sie zu mahlen, und doch ist sie kaum 10 Jahre alt. Die Aspiration in den Mühlen bezweckt, wie Ihnen ja wohl meistens bekannt ist, die bei der Fabrikation von Mehl entstehenden Wasserdämpfe zu entfernen. Wer vielleicht einmal eine Mühle gesehen hat, in der noch keine Aspiration war, der wird ermessen können, was sie gutes geschaffen. Vor allen Dingen schafft sie alle Feuchtigkeit aus der Mühle, ohne den geringsten Verlust an Mehl. Dadurch wird zunächst alles, was in Mühlen von Holz ist, und dies ist bekanntlich viel, bis zum Gebälk der Gebäude vor Nässe und Fäulnis bewahrt. Es wird ein bedeutendes Mehr an Mehl gewonnen, was früher mit dem Wasser gemengt überall als Kleister die Elevatorrohre, die Schnecken, kurz, fast alle Maschinen von innen überzog. Aber vor allen Dingen hat sie uns gelehrt, mit den einzelnen Maschinen mehr zu leisten, leichter zu arbeiten. Bekanntlich hat der theoretische Vater des Mühlenbaues, Wiebe, schon verschiedentlich Aspirationen der Mahlgänge angelegt und mit ihm viele andere; jeder wusste, wie wichtig dieselbe sei; aber lange dauerte es, eine praktische, eine gute Lösung zu finden. Man aspirirte aus zwei Gründen, einmal, um, wie schon gesagt, die Feuchtigkeit aus der Mühle zu entfernen, andererseits, um die Leistungsfähigkeit der Mahlgänge zu heben. Man sagte sich schon früher ganz richtig, dass das Mahlgut viel zu lange zwischen

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