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Recht der Stellvertretung das einzige wirksame Mittel gegen das unberechtigte aber unvermeidliche Uebergewicht des dem Orte der Hauptversammlung nächst benachbarten Bezirksvereines. Da überdies auch nicht nachgewiesen ist, dass die Stellvertretung jemals die wirklichen Vereinsinteressen geschädigt habe, so kann deren Billigkeit, Zweckmässigkeit und fernere Zulassung nicht bestritten werden. Die Commission empfiehlt Ihnen daher, sich für die Beibehaltung des § 34 aussprechen zu wollen.

2. Was den Antrag des engeren Vorstandes, betreffend die Vorauszahlung des Jahresbeitrages im Monat November, anbelangt, so entspringt derselbe den heute geltenden Bestimmungen über den Vertrieb der Zeitungen durch das deutsche Postzeitungsamt. Dieser Zwangslage gegenüber erscheint eine besondere statutarische Festsetzung zwar zulässig und wünschenswert, indessen kann ihr doch nur eine vorübergehende Bedeutung zuerkannt werden, die verschwindet, sobald die Finanzen des Vereines sich günstiger gestalten werden. Die Commission für innere Angelegenheiten empfiehlt Ihnen hiernach, sich dafür auszusprechen, dass der vom engeren Vorstande beantragte Passus dem Statut in der Form einer vorübergehenden Massnahme hinten angefügt werde.

Die Versammlung tritt einstimmig diesen Vorschlägen der Commission bei.

Hr. Hasenclever berichtet über die Delegirtenversammlung in Berlin wie folgt:

»M. H. Wenn auch in der No. 4 und 5 der Zeitschrift unseres Vereines die Verhandlungen der Delegirtenversammlung zur Beratung der Patentgesetzvorlage vom 5. und 6. Januar d. J. eingehend wiedergegeben sind, gestatte ich mir doch heute einige Bemerkungen zu diesem Berichte, indem ich zu meinem Bedauern verhindert war, der Februarsitzung beizuwohnen.

Nach dem Verhalten des Aachener Bezirksvereines wäre eigentlich ein Besuch Ihres Delegirten in Berlin unnötig gewesen. Wir hatten bekanntlich die einzelnen Vorschläge der Patentcommission geprüft und in einer Generalversammlung beraten, kamen jedoch zu dem Schlusse, dass eine Aenderung des im Jahre 1877 erlassenen Patentgesetzes noch nicht erforderlich sei.

Bedenkt man, dass sich zur Erörterung dieser Frage von 29 Bezirksvereinen nur 16 Delegirte in Berlin eingefunden hatten, so darf daraus meines Erachtens im allgemeinen auch geschlossen werden, dass der Ingenieurverein für die Aenderungen des Patentgesetzes jetzt noch keine Notwendigkeit erblickt.

Der Delegirte des Kölner Vereines, welcher mit uns der gleichen Ansicht war, hat folgende Erklärung abgegeben:

>> Der Vertreter des Kölner Bezirksvereines erklärt zu Protokoll, dass eine einhellige Ansicht seines Bezirksvereines, wonach eine in das Wesen des Patentgesetzes zu tief eingreifende Reform zur Zeit zu vermeiden sei, ihm nicht gestatte, der Gesammtvorlage beizustimmen, dass ihm jedoch durch das Festhalten an seinem Mandat die Einigkeit des Vereines gefährdet erscheine, und dass nur dieser Grund ihn veranlassen könne, darauf zu verzichten, dass sein abweichendes Votum der Eingabe an den Reichskanzler beigefügt werde.«

Ich habe mich dieser Erklärung nicht angeschlossen, weil wir zwar eine Aenderung des Gesetzes vermeiden wollten, wohl aber in der Handhabung des Gesetzes manche Aenderungen wünschten und in Berlin hervorgehoben wurde, es sei besser, wenn solche eingreifende Verordnungen nicht dem Befinden des Vorsitzenden des Patentamtes überlassen, sondern gesetzlich festgestellt würden.

be

Ich hoffe, dass Sie mit mir hierin übereinstimmen, merke noch, dass an zwei Tagen sehr ernst und fleifsig gearbeitet worden ist, und verweise, wenn sonst keine besonderen Fragen vorliegen, hinsichtlich der Beschlüsse auf den Bericht in der Zeitschrift.

Der Berliner Bezirksverein hat den Delegirten die Ehre erwiesen, sie zu einem Festessen einzuladen, wo die Vertreter der verschiedenen Bezirksvereine Gelegenheit hatten, unter sich und mit den Berliner Collegen bekannt zu werden und einen sehr angenehmen Abend verbrachten.<<

Eine dem Fragekasten entnommene Frage, lautend:

»Auf welche Ursachen ist das Anfressen von Maschinen

deutscher Ingenieure.

teilen, welche im Betriebe der directen Einwirkung von gespanntem Dampf und einem Schmiermittel ausgesetzt sind, in den meisten Fällen zurückzuführen, und welche Mittel giebt es zur Beseitigung desselben?

sind diesbezügliche Untersuchungen schon angestellt worden und von wem?«<

legt der Vorsitzende den Mitgliedern zur Beantwortung in einer der nächsten Sitzungen vor.

Nachdem zu den in den beiden vorhergehenden Sitzungen gehaltenen Vorträgen der Herren Müller, Forchheimer und Hilt niemand das Wort verlangt, äufsert sich der Vorsitzende in Beziehung auf den Vortrag des Hrn. Honigmann über seine Locomotiven mit Natrondampfkessel1) etwa wie folgt:

Die beiden Veränderungen, welche Hr. Honigmann in der Einrichtung bezw. der Betriebsweise seines Dampfkessels getroffen habe, nämlich einerseits die Anwendung von Kupfer oder Messing für die der Berührung mit Natron ausgesetzten Kesselwände bezw. Röhren an Stelle von Eisen und andererseits die Anwendung_von höherer als atmosphärischer Spannung im Natronraume zu Ende jeder Betriebsperiode, also das schliessliche Arbeiten mit geschlossenem Natronraum, erscheinen ihm (dem Redner) von gröfster Bedeutung. Er sei der Ansicht, dass die sehr wichtige Erfindung nunmehr auf dem Standpunkte der Verwendbarkeit in gröfserem Mafsstabe stehe. Zwei erhebliche Schwierigkeiten seien jetzt als beseitigt anzusehen. Die mehrmonatlichen mit dem neuen Kesselmaterial gemachten Erfahrungen versprechen eine lange Dauer der Kessel. Das Schliefsen des Natronraumes ermögliche, die Absorptionsfähigkeit des Natrons in ganz erheblich höherem Masse auszunutzen, als bei dauernd offenem Natronraume, so dass man dem letzteren Falle gegenüber entweder bei gleicher Betriebsdauer die Natronfüllung und dadurch das Gewicht des Kessels ganz bedeutend herabmindern oder bei gleicher Füllungsmenge die Betriebsdauer wesentlich erhöhen, unter Umständen fast verdoppeln könne. Zwar sei anzunehmen, dass die auf 1 N bei geschlossenem Raume gebrauchte Dampfmenge etwas gröfser ausfalle; doch werde der hierin liegende Nachteil dadurch aufgewogen, dass die auf der Eindampfstation von dem Ueberdruck entlastete Lauge die Gewichtseinheit des zuletzt aufgenommenen Dampfes unter Aufwendung einer geringeren Brennstoffmenge wieder ausstofse, als die des bei offenem Natronraum absorbirten.

Seiner Ansicht nach sei für Strafsenbahnlocomotiven eine Verminderung des Laugen- und damit des Kesselgewichtes der Vergröfserung der Betriebsdauer vorzuziehen, da bei dem gewöhnlich verhältnismäfsig geringen Gewicht der gezogenen Wagen leichte Locomotiven erforderlich_seien, um mit möglichst geringer Arbeitsleistung auszukommen. Dass die hierdurch bedingte Verkleinerung der Heizfläche unstatthaft sein sollte, glaube er nicht, da der Dampfbedarf ebenfalls abnehme, und da Versuche gezeigt hätten, dass die Dampferzeugungsfähigkeit des Natronkessels sich der Dampfentnahme einigermafsen anpasse.

In einem anderen Vereine sei die Behauptung: »die Wärmeleitungsfähigkeit zwischen zwei Flüssigkeiten gegenüber heifser Luft und Flüssigkeit ist etwa 20mal so grofs« ohne Einschränkung aufgestellt und durch dieselbe der Nachweis versucht worden, dass der Wert der Heizfläche der Honigmann'schen Maschine erheblich geringer sei, als bei gefeuerten Locomotiven, insbesondere, dass er nur etwa den fünften Teil desjenigen von gefeuerten Strafsenbahnmaschinen betrage; dieser Satz könne aber in der angedeuteten Richtung nur dann von Bedeutung sein, wenn er allgemeine Giltigkeit hätte, was nicht der Fall sei.

Der Coefficient für die Wärmeübertragung von Flüssigkeit zu Flüssigkeit durch eine Wand von gegebener Art und Beschaffenheit ändere sich erheblich mit dem Zustande, insbesondere dem Bewegungszustande sowohl der geheizten, als auch der heizenden Flüssigkeit; so habe sich bei zwei vergleichenden Versuchen mit einem dünnwandigen Messingrohre bei Anwendung von sich condensirendem Dampf als heizender und Wasser als geheizter Flüssigkeit der Wärmeübertragungscoëfficient bezogen auf 1qm, 1 Stunde und 1o C. zu rund 2400 Wärmeeinheiten ergeben, während das Wasser bei atm. Druck siedete, dagegen zu rund 875 bei nicht siedendem Wasser. Aehnlich verhalte es sich mit der heizenden Flüssigkeit. Ferner könne auch die Natur der Flüssigkeit von Einfluss sein. Der Wärmeübertragungscoefficient für Natronlauge, während dieselbe mehr oder weniger schnell Wasserdampf absorbire, sei wohl noch nicht ermittelt worden und dürfe deshalb nicht wie eine bekannte Gröfse behandelt werden, um Schlüsse bezüglich des Verhaltens des Natronkessels zu ziehen, vielmehr könne umgekehrt das letztere zur Ermittelung des Wärmeübertragungscoëfficienten dienen, und zeige sich durch die Versuche, dass diese Gröfse schnell wachse mit der Stärke der Dampfeinleitung. So seien neuerdings bei derselben Strafsenbahnlocomotive, bei welcher man bei dem gewöhnlichen Betriebe mit einer Verdampfung von etwa 20 bis 25kg Wasser auf 1qm Heizfläche und Stunde bei etwa 5 bis 60 Temperaturunterschied

1) Z. 1883 S. 729; 1884 S. 69 u. 533; 1885 S. 101 u. 210.

XXIX

Juni 1885

ausgekommen sei, bei besonderem Versuch etwa 120kg ebenfalls auf 1qm und Stunde bei 70 Temperaturunterschied verdampft worden.

Es bestehe also eine so hohe Leistungsfähigkeit der Heizfläche, dass die Beschaffung der letztern nicht wohl Ursache von gröfserem Gewichte der Strafsenbahnmaschine mit Natronkessel gegen die gefeuerte sein könne; sie werde vielmehr für gleiche Arbeitsleistung leichter gehalten werden können als die gefeuerte mit Condensation, mit der sie gerechterweise verglichen werden müsse, und werde für die meisten Fälle nicht schwerer zu sein brauchen, als die gefeuerte mit recht kräftiger Blaserohrwirkung, beides unter der Voraussetzung, dass man nicht zu hohe Anforderung betreffs der Dauer der Betriebsperioden stelle.

Hierauf erhält Hr. Salomon das Wort zu seinem Vortrage

über selbstthätige Bremsen.

Der Redner will im Anschluss an eine schon vor mehreren Monaten gestellte Frage, betreffend »die Einrichtung der CarpenterBremse«<, die neueren Bremsconstructionen im Zusammenhang erörtern 1). Nach kurzem Hinweis auf die Entwicklung der Bremsfrage besonders in England erwähnt derselbe die ersten wichtigen Versuche in Preufsen im Jahre 1876, welche bekanntlich zu keinem endgiltigen Ergebnisse führten, da keine der damaligen Bremsen allen Anforderungen genügte.

>>Im Herbste 1881 wurden die Versuche mit den inzwischen meist verbesserten Constructionen in grofsem Mafsstabe wiederholt, indem Züge, die mit den wetteifernden Systemen ausgerüstet waren, zunächst auf der Strecke Halensee-Dreilinden (bei Berlin) geprüft wurden und alsdann im regelmässigen Verkehr während eines halben Jahres auf der Strecke Berlin-Breslau liefen. Um eine vorläufige Lösung dieser wichtigen Frage zu ermöglichen, sollte vorerst nur eine zweckmässige Bremseinrichtung für die schnell fahrenden Personenzüge gewählt werden, während die langsamer fahrenden Güterzüge aufser Betracht blieben. Es traten bei diesen letzten Versuchen in Wettstreit:

1) die drei selbstthätigen Luftdruckbremsen von Westing-
house, Steel und Carpenter,

2) die selbstthätige Vacuumbremse von Sanders,
3) die nicht selbstthätige Vacuumbremse von Smith-
Hardy,

4) die Heberlein'sche Reibungsbremse,
5) die gewöhnlichen Handspindelbremsen.

Von diesen wurde für die Personenzüge der preussischen Hauptbahnen die Carpenterbremse und für die Züge der Nebenbahnen die hier allein mit Vorteil anwendbare Heberleinbremse gewählt. Diese beiden Constructionen und im Anschluss an dieselben die Hardy'sche nicht selbstthätige und selbstthätige Vacuumbremse als Vertreterin des dritten Hauptsystemes sollen unter Vorlage von Zeichnungen ausführlicher besprochen werden.<<

Zunächst erläutert der Redner jedoch die wesentlichsten Grundbedingungen, welche an die Bremsen der Eisenbahnfahrzeuge zu stellen sind. Solche Bedingungen wurden schon vor 10 Jahren von dem englischen Handelsamte aufgestellt, die auch heute noch als richtig zu betrachten und nur inzwischen wesentlich vermehrt sind; ausführliches findet sich hierüber in einem Vortrage des MaschinenInspectors Garbe in Berlin in der Zeitschrift 1883 S. 95 ff.

>> Von diesen Bedingungen hat diejenige der Selbstthätigkeit die meisten Meinungsverschiedenheiten hervorgerufen; doch dürfte heute wohl der gröfste Teil der Eisenbahningenieure sich für dieselbe erklären. Als selbstthätige

Bremsen sind solche zu betrachten, bei denen die Bremskraft unter jedem zu bremsenden Fahrzeuge in gleichem Masse stets vorhanden und zur Wirkung bereit ist, und bei denen ein Selbstanlegen bei Unfällen (durch Zugtrennung, Schadhaftwerden der Bremsen usw.) eintritt. Im Gegensatze dazu wird bei nicht selbstthätigen Bremsen die Bremskraft jedesmal nur an einer Stelle des Zuges gewöhnlich auf der Locomotive erzeugt und muss sich von da aus allmählich über den ganzen Zug verteilen; bei Beschädigung der Bremsleitung oder sogar bei Zugunfällen legen diese Bremsen sich nicht selbstthätig an und werden im allgemeinen auch sogar nach Einleitung der Bremskraft versagen.

Bei der nicht selbstthätigen Vacuum- und Luftdruckbremse erstreckt sich unter dem ganzen Zuge her eine

1) Siehe auch Z. 1878, S. 253; 1883, S. 95; 1884, S. 848 und 962. W. 1877, S. 341; 1878, S. 113.

an einem Ende geschlossene Leitung, mit welcher unter jedem Bremswagen die rückwärtige Seite eines vorn offenen Cylinders verbunden ist; lässt man gespannte Luft in diese Leitung eintreten oder saugt man die Luft aus derselben ab, so tritt eine Vorwärts- bezw. Rückwärtsbewegung der in den Cylindern befindlichen Kolben und dadurch ein Anziehen der Bremsgestänge ein, während bei beschädigter Hauptleitung die Bremswirkung unmöglich gemacht ist. Die Bremsen können in der Weise zu selbstthätigen gemacht werden, dass die Stangen der Bremskolben durch die vorderen Cylinderdeckel durch Stopfbüchsen dicht geführt, jeder vordere Čylinderraum mit der Hauptleitung verbunden wird, während jede rückwärtige Cylinderseite mit einem Hilfsbehälter in Verbindung steht, welcher ebenfalls an die Hauptleitung, jedoch unter Einschaltung eines Ventiles, des sog. Ventilationsventiles, angeschlossen ist.

Lässt man gespannte Luft in die Leitung eintreten, so werden sämmtliche Räume mit derselben angefüllt, bezw. bei der Vacuumbremse wird aus sämmtlichen Räumen die Luft abgesaugt. Soll der Zug gehemmt werden, so lässt man bei der Luftdruckbremse die gespannte Luft aus der Hauptleitung schnell ausströmen, diejenige in den Hilfsbehältern kann nicht in gleichem Mafse nachfolgen, die Functionsventile schliefsen sich infolge dessen, und es expandirt nunmehr die Luft aus jedem Hilfsbehälter in den zugehörigen Cylinder hinein unter Verschiebung des Kolbens und somit Anlegen der Bremse. Bei der selbstthätigen Vacuumbremse lässt man in entsprechender Weise die atm. Luft in die Hauptleitung eintreten; das Vacuum in den Hilfsbehältern wird hierbei nicht so schnell wie in der Leitung beseitigt, die Functionsventile schliefsen sich, und es werden nunmehr die Kolben durch den atm. Luftdruck gegen das Vacuum der Hilfsbehälter zurückgeführt. Man erkennt ohne weiteres, dass diese beiden letzten Systeme in dem vorher genannten Sinne selbstthätig sind; zugleich kann man bei denselben von jeder beliebigen Stelle des Zuges aus, z. B. von jedem Coupé, die Bremswirkung herbeiführen, wenn man in der Hauptleitung Hähne anbringt, die von den Coupés aus geöffnet werden können, und durch welche die gespannte Luft aus der Hauptleitung austreten bezw. die atm. Luft eindringen kann. Diese Grundzüge finden sich bei allen continuirlichen Bremsen wieder.

Bei

Bei der selbstthätigen Luftdruckbremse von Carpenter ist der oben erwähnte besondere Hilfsbehälter sowie das zugehörige Functionsventil dadurch vermieden, dass Carpenter den Bremscylinder durch den Kolben in zwei ungleiche Räume I nnd II teilt und den Kolben selbst mit einer stark federnden Manschettenliderung ausrüstet; der vordere gröfsere Cylinderraum I dient als Hilfsbehälter, die Manschette als Functionsventil. Die letztere erhält die nötige Steifigkeit durch einen eingelegten federnden Ring von Stahldraht. gelösten Bremsen stützt sich der Kolben mit seiner Nabe auf eine rohrförmige Verlängerung der Cylinderstopfbüchse, so dass diese entlastet ist; der Kolben wird in dieser Lage durch den Druck einer Spiralfeder erhalten, welche zwischen Kolbenrückseite und hinterem Cylinderdeckel eingespannt ist. Die Hauptrohrleitung ist mit dem rückwärtigen Cylinderraume II verbunden, aus welchem die gespannte Luft über die Manschette des Kolbens und durch eine kleine in der Cylinderwandung befindliche Nute auch in den vordern Cylinderraum, den Hilfsbehälter, eindringt. Soll gebremst werden, so lässt

man, wie oben beschrieben, die Luft aus der Hauptleitung ausströmen, die Kolbenmanschette legt sich unter dem Drucke der in dem Raume I befindlichen Luft dicht an die Wandungen an und verhindert das Ausströmen dieser Luft, durch welche nunmehr der Kolben zurückgeschoben und dabei zugleich die Nute in der Cylinderwand gedeckt wird. Da immerhin etwas Luft aus dem Raume I überströmt und der letztere im allgemeinen auch nicht so grofs ist, wie die besonderen Hilfsbehälter, so tritt die volle Bremswirkung etwas später als bei denjenigen Bremsen ein, die solche Behälter haben (z. B. die Westinghouse-Bremse).

Der gröfste Hub des Kolbens beträgt 80mm, der normale soll nur 50mm sein; der geringe Unterschied von 3()mm würde jedoch nicht genügen, um stark abgenutzte Bremsklötze zum Anliegen zu bringen, und hat deshalb Carpenter eine sinnreiche Vorrichtung construirt, welche bei Ueberschreitung des

normalen Hubes um 25mm entsprechend 3 bis 5mm Bremsklotzabnutzung selbstthätig das Bremsgestänge verkürzt. Es wird hierdurch zugleich der Vorteil erreicht, dass der Cylinder kurz sein kann, und dass die Druckwirkung der Luft infolge zu starker Expansion nicht zu sehr herabgezogen wird. Die Vorrichtung besteht in folgendem. Die eigentliche Kolbenstange ist hohl und nimmt in sich eine zweite gezahnte Stange von 25 mm Theilung auf, die mit dem Bremsgestänge verbunden ist; auf dieser Zahnstange sitzen zwei plattenförmige Schieber, deren erster nur durch sein Gewicht und eine kleine Spiralfeder in senkrechter Lage in der Zahnlücke erhalten wird, während der zweite in einem Ausschnitte einer auf das vordere Ende der hohlen Kolbenstange aufgeschraubten Hülse sizt und die Verbindung zwischen beiden Stangen herbeiführt. Die Bewegung des ersten Schiebers in wagerechter Richtung beträgt höchstens 50mm und ist nach vorn durch die Wand eines an dem Bremscylinder befestigten Gehäuses und nach rückwärts durch in diesem Gehäuse befindliche Rippen begrenzt; der zweite Schieber macht jedesmal den ganzen Kolbenhub mit. Beträgt dieser letztere mehr als 50mm, etwa gerade 50+ 25 = 75mm, 75mm, so wird die gezahnte Stange um 25 mm aus dem ersten Schieber herausgezogen, der demnach in die nächste Zahnlücke einfällt. Bei der darauf folgenden entgegengesetzten Kolbenbewegung entsprechend dem Lösen der Bremse wird dieser Schieber und dadurch auch die Zahnstange nach einem Wege von 50 mm durch die Gehäusewand festgehalten, während die hohle Kolbenstange mit dem zweiten Schieber sich noch um 25mm weiter bewegt und jetzt dieser Schieber in die nächste Zahnlücke einfällt. Es hat also im ganzen eine Verkürzung des Gestänges um 25 mm stattgefunden.

In ähnlicher Weise wie bei Carpenter wird bei der neueren Construction von Schleifer die Verkürzung des Bremsgestänges bewirkt. Es liegt bei derselben die Zahnstange aufserhalb des Cylinders, und wird die Schaltung durch eine Differentialbewegung der beiden Schieber herbeigeführt; diese sind durch kurze Lenkstangen an einen drehbaren Hebel, auf den die Kolbenstange einwirkt, in ungleichen Entfernungen vom Drehungsmittelpunkte angeschlossen, so dass bei jeder Drehung des Hebels die Wege der beiden Schieber verschieden grofs ausfallen und die Zahnstange um den Unterschied beider Wege zurückgezogen wird. Der Bremscylinder ist von Schleifer in der Weise abgeändert, dass er sich nach vorne hin etwas erweitert, so dass um den mit steifer Manschette ausgeführten Kolben herum ein ringförmiger freier Raum entsteht, durch den die gespannte Luft von der hinteren auf die vordere Kolbenseite übertreten kann; bei eintretender Bremswirkung genügt eine geringe Rückwärtsbewegung des Kolbens, um die Manschette an die Wandungen des engeren Cylinderraumes dicht anzulegen.

Die Compression der Luft findet auf der Locomotive durch eine direct wirkende kleine Dampfluftpumpe statt, die durch gröfseren oder geringeren Dampfzufluss auf schnelleren oder langsameren Gang gestellt werden kann; der Abdampf wird in den Locomotivschornstein geleitet. Die Luft wird von der Pumpe zunächst in einen Hauptbehälter gepresst, aus welchem sie durch ein Druckverminderungsventil und den Hauptbremshahn in die Wagenleitung gelangt. In dieser soll ein möglichst gleichbleibender Druck von 4 Atm. herrschen, während der normale Druck im Hauptbehälter 6 Atm. beträgt, um nach erfolgter Bremsung in kürzester Zeit die Hauptleitung und Cylinder wieder mit Luft anfüllen und die Bremsen lösen zu können; die Drucke in dem Hauptbehälter und in der Hauptleitung erkennt der Führer durch zwei auf dem Führerstande angebrachte Manometer.

Die Verbindung der einzelnen schmiedeisernen Leitungsröhren zweier. Wagen wird durch Kautschukschläuche und besondere Kupplungen bewirkt; an jedem Wagenende befindet sich ein Absperrhahn in der Leitung, um die Wagen auch bei gefüllter Leitung rangiren zu können. Ebenso kann jeder einzelne Bremscylinder von der Leitung durch einen Hahn abgesperrt werden.

Der Hauptbremshahn ist ein eigentümlich gestalteter Dreiweghahn, welcher gestattet, die Wagenleitung entweder mit dem Hauptbehälter oder mit der atmosphärischen Luft zu verbinden oder gegen beide abzuschliefsen; in der ersten

deutscher Ingenieure.

Stellung des Hahnes werden die Bremsen gelöst, in der zweiten angezogen und in der dritten (mittleren) Stellung in ihrer jeweiligen Lage festgehalten.<<

Der Redner erläutert das Druckverminderungsventil und den Hauptbremshahn unter Vorzeigung einiger Modelle, die ihm von Hrn. Ingenieur Carpenter in bereitwilligster Weise zur Verfügung gestellt worden waren.

Anschliessend an die Luftdruckbremse geht Redner auf die nicht selbstthätige und die selbstthätige Hardy'schen Vacuumbremsen über. Bei beiden wird die Luftverdünnung durch einen auf der Locomotive befindlichen Dampfstrahlsauger (Ejector)1) bewirkt. Anstatt eines festgeführten Kolbens verwendet Hardy eine zwischen die Flanschen des aus zwei fast gleichen Hälften bestehenden senkrechten Cylinders eingeklemmte Ledermembran, an welcher mittels zweier aufgelegter eiserner Platten die Kolbenstange befestigt ist. Bei behufs der nicht selbstthätigen Bremse wird die Luft Hemmung des Zuges nur oberhalb der Membran abgesaugt, wobei diese letztere sich aufwärts bewegt und das Gestänge anzieht. Bei der selbstthätigen Bremse findet die Luftverdünnung zu beiden Kolbenseiten statt; dieselbe ist mit einem Hilfsbehälter und einem Kugelventil als Functionsventil versehen, und es entspricht die Wirkungsweise derselben genau der oben allgemein dargestellten. Um auch bei der nicht nicht selbstthätigen Bremse dem Führer eine Controle über den Zustand der Hauptleitung zu geben, ist ein kleiner Dampfstrahlsauger angebracht, welcher dauernd ein Vacuum von etwa 4cm erzeugt, welches jedoch zu gering ist, um die Bremskolben zu heben. Behufs starker Verdünnung der Luft muss der Führer jedesmal einen zweiten grofsen Sauger ansetzen, der mit Sicherheit ein Vacuum von 50 cm 2/3 Atm. erzeugt.

Bei der selbstthätigen Bremse muss der grofse Sauger zum Lösen der Bremsen angesetzt werden, während zum Anziehen der Bremsklötze die atm. Luft in die Leitung einströmen muss. Ein kleiner Sauger ist hier aufserdem noch vorgesehen, um die einmal erzeugte Luftverdünnung in der Leitung während der Fahrt und somit die Bremsen gelöst zu erhalten. Bei der gewählten Construction genügt auch hier ein einfaches Umlegen eines Hahngriffes, um entweder den grofsen oder den kleinen Sauger auf die Hauptleitung wirken zu lassen, oder um diese mit der Atmosphäre in Verbindung zu bringen und beide Sauger abzuschliefsen, entsprechend bezw. dem Lösen der Bremsen, dem Festhalten der gelösten Bremsen und dem Anziehen derselben.

Bezüglich der alsdann näher erläuterten Heberleinbremse mag hier auf den bereits erwähnten Vortrag von Garbe (Zeitschr. 1883, S. 95) und die daselbst gegebenen ausführlichen Zeichnungen verwiesen werden.

Der Redner untersucht schliesslich kurz, wie weit die besprochenen Systeme die eingangs erwähnten Grundbedingungen erfüllen, und führt die besonderen Vorteile und Nachteile der einzelnen Constructionen an.

Eingegangen 4. April 1885.

Oberschlesischer Bezirksverein. Versammlung am 6. Februar 1885 in Kattowitz. Vorsitzender: Hr. Menzel. Schriftführer: Hr. Pistorius. Anwesend 30 Mitglieder und 3 Gäste.

Hr. Pistorius berichtet als Referent der Commission, welche den Antrag des Frankfurter Bezirksvereines_vorzuberaten hatte; die Commission beantragt folgende Resolution: Der Oberschlesische Bezirksverein hält die im Antrage des Frankfurter Bezirksvereines vorgeschlagenen Massnahmen behufs Hebung des deutschen Technikerstandes für wünschenswert, kann sich jedoch der Ansicht nicht verschliefsen, dass vorläufig jegliche Organe fehlen, welche diese Anträge zur Ausführung bringen könnten.

Im Laufe einer längeren Verhandlung beantragt Hr. Freudenberg, den Nachsatz zu streichen und nur den ersten Satz bis zum Komma anzunehmen. Hr. Donders schliefst sich dem an, die Commission widerspricht, die Versammlung nimmt jedoch den Antrag Freudenberg und damit den Satz: »Der Oberschlesische Bezirksverein der Ingenieure hält die im Antrage des Frankfurter Bezirksvereines vorgeschlagenen Massnahmen zur Hebung des deutschen Technikerstandes für wünschenswert« an.

Die Commission hatte weiter folgendes beantragt: »Für den Antrag 2 kann sich der Oberschlesische Bezirksverein nicht aus1) S. Zeitschrift 1878 Tafel XIX.

6. Juni 1885.

sprechen, da bei derartigen Berichten persönliche individuelle Ansichten zu sehr zur Geltung kommen und somit die Berichte sogar Schaden bringen können. Wenn ferner durch die Anträge 3, 4 und 5 etwas erreicht werden soll, so müssen bestimmtere Vorschläge gemacht werden; auf so allgemein gefasste Wünsche wird und kann das Reichskanzleramt nicht eingehen. Insbesondere kann aber der Antrag 5 nicht als passend für den Ingenieurverein angesehen werden; auch ist eine Förderung des Standes durch den Antrag nicht abzusehen.

Der Antrag 6, Passus 1, ist dagegen zur Berücksichtigung zu empfehlen, und zwar sollten die Veröffentlichungen in Form von tabellarischen Uebersichten gebracht werden, wie dies jetzt schon im Wochenblatt für Architekten und Ingenieure für jene Kreise geschieht.

Die in Passus 2 beantragte Berechtigung ist jedoch nur auf 1 Jahr zu gewähren, und der Antrag in Passus 3 kann von Seiten des Oberschlesischen Bezirksvereines schliefslich fallen, da diese Sitte hier schon jetzt erfüllt ist.

Zu Antrag 2 beantragt Hr. Freudenberg, ebenfalls dem Commissionsvorschlage nicht zuzustimmen, vielmehr den Antrag des Frankfurter Bezirksvereines mit dem Zusatze anzunehmen, dass die so gewonnenen Correspondenzen der Mitglieder und fremder Personen zu honoriren seien. Der Antrag Freudenberg wird angenommen. Die Anträge 3 und 4 werden auf Antrag des Hrn. Freudenberg an die Commission zurückverwiesen.

Zu Antrag 5 beantragt auch Hr. Freudenberg, den Commissionsantrag anzunehmen, und erklärt den Standpunkt der Commission für den einzig richtigen.

Die Commissionsanträge zu 5 und 6 werden angenommen. Der Resolution des Kölner Bezirksvereines, betr. die Tagesordnung der Hauptversammlung, stimmt der Bezirksverein zu; er erklärt sich gegen die Stellvertretung auf den Hauptversammlungen durch Vollmachtgabe und für die Zahlung der Jahresbeiträge zum Hauptverein vor dem 15. November jeden Jahres.

Hr. Freudenberg berichtet über die Delegirtenversammlung zur Beratung der Industrieschutzgesetze.

Hr. Donders hält einen Vortrag über maschinelle Grubenförderungen1) unter besonderer Bezugnahme auf eine kürzlich gemachte Instructionsreise sowie auf einen vorliegenden Entwurf, eine maschinelle Förderung auf der Ferdinandgrube der v. TieleWinckler'schen Verwaltung einzuführen.

Nachdem der Vortragende das wesentlichste der einzelnen StreckenFördermethoden hervorgehoben, macht er Mitteilung von den in der Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen von Vogel angeführten Betriebskosten.

Nach diesen Angaben würden sich die jährlichen Betriebskosten der Ferdinandgrube bei jährlich 450 000t auf eine mittlere Länge von 1600m ohne Berücksichtigung der Abschreibung berechnen: 1. bei automotorischer Kettenförderung auf 13 000 M, 18 000

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»

2.

» elektrischer Locomotivförderung >>

3.

» gewöhnlicher Kettenförderung für Tief

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Ketten- Seil- Pferde-Förderung 6.

: 3 : 3,5 :

Nach Mitteilungen über Construction und Unterhaltungskosten der Förderbahn und Wagen bei den einzelnen Fördermethoden geht der Vortragende zur Besprechung der Anwendbarkeit derselben, insbesondere für Ferdinandgrube, über und kommt zu dem Schlusse, dass nur die Wahl bleibe zwischen einer elektrischen Grubenbahn und dem Betriebe mit Natronlocomotiven.

Eine Berechnung der Anlagen und der Betriebskosten einer elektrischen Bahn für die Verhältnisse der Ferdinandgrube, aufgestellt nach den im sächsischen Jahrbuche über die Bahn in Zaukeroda und nach den in der Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen über die Bahn auf Grube Hohenzollern gemachten Angaben, ergiebt:

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d. i. bei 720 000tkm 3,47 Pf. für 1tkm. Zum Betriebe der elektrischen Bahn ist eine Betriebsmaschine von etwa 180 N erforderlich; den oben berechneten Betriebskosten müssten also die zum Betriebe dieser Maschine nötigen Kosten der Dampferzeugung für 180 N hinzutreten, ebenso bei den Anlagekosten die Anschaffungskosten der Kessel.

Žum Betriebe der Natronlocomotiven treten an Stelle der Kessel und deren Heizung die in der Rechnung aufgeführten Abdampfstationen nebst Bedienung.

Die Natronlocomotiven sollen eine Zugkraft von 375kg bei 3m Geschwindigkeit ausüben können. Mit einer Natronfüllung sollen 1200kg Wasser verdampft werden. 1,6m,

Die Hauptmafse der Locomotiven würden sein: Breite Höhe 2,2m, Länge = 3,2m, Cylinderdmr. 220mm, Hub 300mm, Raddmr. 550mm, Spurweite 630mm, Dampfdruck = 5 Atm., Gewicht im Dienst 8000kg.

Zum Schlusse macht Hr. Donders noch einige Mitteilungen über die Heilswasser-Locomotiven, insbesondere über die von Hrn. Lentz in einem vor kurzem gehaltenen Vortrage gemachten Angaben 1).

Eingegangen 8. April 1885.

Siegener Bezirksverein.

Versammlung vom 14. März 1885. Vorsitzender: Hr. H. Majert. Schriftführer: Hr. H. Dresler. Anwesend 24 Mitglieder und 3 Gäste.

Die Vorlage des Vereinsdirectors betr. § 34 des Statuts wird einer besonderen Commission, bestehend aus dem Vorstande und den Herren Weyland, Siemsen und Pohlig, zur Vorberatung übertragen.

Hr. Weinlig berichtet über die Anträge des Frankfurter Bezirksvereines betr. die Hebung des Technikerstandes. Nach ausführlicher Darlegung der vom Frankfurter Vereine geltend gemachten Ansichten beschliefst die Versammlung, den Anträgen des Frankfurter Bezirksvereines beizutreten; nur über Punkt I soll erst nach näherer Begründung_eine endgiltige Entscheidung getroffen werden.

Hr. Teichgräber nimmt das Wort zu einem Vortrage
Ueber Gasanalysen.

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Der Vortragende geht aus von der wissenschaftlichen Grundlage gasanalytischer Methoden. Die Gasanalyse sei in ihrer jetzigen Gestaltung noch sehr jung, und lasse sich deshalb wohl annehmen, dass sie noch einer weiteren Ausbildung fähig sei. Er erwähnt, dass sich schon viele Untersuchungsmethoden für Gase in Fabriken und Hütten Eingang verschafft haben und gute Dienste leisten. Von solchen Methoden müsse man verlangen, dass ihre Erlernung leicht, ihre Handhabung einfach und schnell sei. Als Beispiele führt er die Wichtigkeit von Gasuntersuchungen in Schwefelsäurefabriken und von Rauchgasen zunächst an und betont inbetreff letzterer hauptsächlich, dass die Untersuchungen der abziehenden Gase an vielen Feuerungen grofse Luftüberschüsse ergeben würden; eine Brennstoffersparnis sei also hier leicht zu erzielen.

1) Z. 1885 S. 119, 160, 194.

Nach diesen Betrachtungen spricht er über solche technisch wichtige Gasuntersuchungen, welche insofern meist keinen unmittelbaren Nutzen gewähren, als sich durch dieselben wohl ein fehlerhaftes Arbeiten nachweisen lasse, nicht aber, wo der Fehler zu suchen sei. Als Beispiel erwähnt er hier die Wichtigkeit des Verhältnisses von Kohlensäure zu Kohlenoxyd in den Gichtgasen der Hochöfen. Nach seiner Beobachtung habe sich ein kleiner Rohgang durch eine ganz abnorme Gaszusammensetzung bereits Stunden vorher angekündigt, während am Ofengange noch nicht das geringste zu bemerken war. Ein anderes Mal zeigte eine Aenderung des Verhältnisses in der umgekehrten Richtung an, dass die Gichten sich gehängt hatten.

Nach diesen Erörterungen geht der Redner über zur Beschreibung der Untersuchung von Gasen. Dieselbe sei in der Hauptsache gänzlich verschieden von der Analyse fester und tropfbar flüssiger Körper, da die Wage hierbei garnicht gebraucht werde.

Die verschiedenen Methoden lassen sich einteilen in:

I. Bestimmungen auf dem Wege der Absorption,
a) directe gasvolumetrische,

b) titrimetrische,

c) Gewichtsbestimmungen.

II. Bestimmungen auf dem Wege der Verbrennung.

Er bespricht diese Methoden in der angeführten Reihenfolge und beginnt demgemäfs mit der directen gasvolumetrischen Untersuchungsmethode, welche darin besteht, dass ein Bestandteil des Gasgemenges nach dem anderen durch gewisse Stoffe gelöst oder chemisch gebunden wird und demnach durch die Volumenabnahme nach der Absorption bestimmt wird. Als Beispiel führt er Gemenge an, bestehend aus Stickstoff, Kohlensäure und Kohlenoxyd bezw. Sauerstoff (Gichtgas und Rauchgas), von welchen zuerst Kohlensäure durch Kaliumhydroxyd, danach Sauerstoff durch Phosphor oder eine alkalische Lösung von Pyrogallussäure, Kohlenoxyd durch saure oder ammoniakalische Kupferchlorürlösung absorbirt werden, während der nicht absorbirte Gasrest aus Stickstoff und Wasserdampf bestehe. Die Apparate, in denen diese Bestimmungen vorgenommen werden, seien so verschiedenartig, dass nur ein kleiner Teil erwähnt werden könne.

Als hauptsächlichstes Beispiel der Apparate mit vereinigter Mafs- und Absorptions vorrichtung führt er die Bunte'sche Bürette an und hebt deren Vorzüge hervor. Bei den Apparaten mit gesonderter Absorptions- und Messvorrichtung erwähnt er die Vorteile gegenüber der ersteren Art von Apparaten; zur Erläuterung dient ein Orsat'scher Apparat, welcher sich für die Untersuchung einer grofsen Anzahl industrieller Gase sehr gut eigne und mit welchem sich hinreichend genaue Resultate in sehr kurzer Zeit erzielen lassen. Demnach erwähnt er die Mängel des Apparates. Dieselben bestehen hauptsächlich in der nur langsam vor sich gehenden Absorption, besonders von Kohlenoxyd und Sauerstoff, sowie in den vielen durch Gummischläuche nur schwer dicht zu haltenden Verbindungen. Ausserdem macht er noch auf die verschiedenen am Orsat-Apparat angebrachten Aenderungen aufmerksam.

Auf die titrimetrischen Methoden eingehend beschreibt der Vortragende kurz das Wesen dieser Methoden und erläutert es an der Bestimmung der Kohlensäure in Gasen durch Barytwasser. Letzteres ist von bekanntem Wirkungsgrade und wird nach der

deutscher Ingenieure.

Absorption der Kohlensäure durch Oxalsäure unter Zusatz von Phenolphtaleïn rücktitrirt. Einige ähnliche Bestimmungen deutet er

nur an.

Zum Schlusse spricht der Vortragende noch von der Untersuchung solcher Gase, die nicht ohne weiteres absorbirbar sind. Er geht dabei aus von der Coquillion'schen Entdeckung, dass brennbare Gase bei Gegenwart von Sauerstoff durch einen rotglühenden Palladiumdraht vollständig verbrannt werden können. Auf diese Beobachtung hin habe Coquillion seine Apparate zur Untersuchung von Gruben- und Generatorgas construirt. Was hauptsächlich ersteres betreffe, so lasse sich der Untersuchung von Grubengas ein sehr hoher Wert nicht abstreiten, und finde man tägliche Wetteruntersuchungen heute bereits auf vielen Gruben.

Einen noch wirksameren Ersatz für Palladiumdraht habe Winkler in besonders präparirtem Palladiumasbest gefunden, welcher die Verbrennung schon bei gelinder Erwärmung in vollkommener Weise herbeiführe.

Schliesslich erwähnt der Redner, dass sich leichter Kohlenwasserstoff (Sumpfgas) sehr einfach bestimmen lasse, indem er bei einem elektrisch glühenden, in einem Cappillarrohre befindlichen dünnen Palladiumdraht vorbeigeführt werde.

Im Anschluss an den Vortrag werden Untersuchungen von Gicht- und Rauchgasen vorgenommen.

Bei der hierauf folgenden Verhandlung macht Hr. Weinlig noch besonders aufmerksam auf die Wichtigkeit der häufigen Gasuntersuchungen sowohl inbezug auf den Gang des Hochofens als auch auf die zweckmäfsige Verbrennung der Gichtgase. Das von Gruner zuerst mitgeteilte Verhältnis von Kohlensäure zu Kohlenoxyd der Gichtgase gebe einen Anhalt für den Koksverbrauch im Hochofen. Je mehr dieses Verhältnis sich der Zahl 1,217 nähere, so besser sei der Gang des Hochofens. Bei hochgekohlten Eisensorten (Bessemer-, Spiegel- und Giefsereieisen) werde das Verhältnis ungünstiger als bei Puddeleisen, ein Merkmal für den Gang des Hochofens bleibe es aber immerhin. Störungen im Betriebe könne man häufig vermittels der Gasanalyse voraussehen und sei somit in der Lage, Vorsorge treffen zu können.

um

Einen noch gröfseren Wert habe die Gasanalyse für die Verbrennung bei Kesseln und Warmwindapparaten. Auf gut geleiteten Werken finde man heute schon allgemein Apparate zur Bestimmung der Gase. Er empfehle ganz besonders zu diesem Zwecke die Bunte'sche Bürette, die am einfachsten und leichtesten zu handhaben sei und es ermögliche, die Bestimmungen an Ort und Stelle vorzunehmen.

Hr. Esskuchen glaubt, dass der Orsat'sche Apparat dieselben Dienste thue und ebenso zweckmäfsig sei.

Der Vorsitzende hält die richtige Entnahme der verbrannten Gase zur Analyse für schwierig, insofern als die abgezogenen Mengen selten der durchschnittlichen Zusammensetzung entsprächen; er spricht schliesslich die Hoffnung aus, dass der heutige Vortrag Anregung zu weiteren Gasanalysen und somit zu verbesserten Verbrennungseinrichtungen Veranlassung geben möge.

Auf Anregung des Vorsitzenden machen Hr. Renard und Hr. Wolff Mitteilungen über ihre durchweg sehr günstigen Erfahrungen mit Metallstopfbüchsenpackungen; Hr. Wolff sagt freundlichst zu, dem Vereine gelegentlich solche Packungen vorzulegen.

Patentbericht.

Kl. 10. No. 31004. Neuerung an Regenerativ-Koksöfen. III. Zusatz zu No. 18795 (s. W. 1882, S. 315). Dr. C. Otto & Co., Dahlhausen a/Ruhr. Die vorliegende Ofenconstruction, bei welcher nur die Verbrennungsluft vorgewärmt wird, bezweckt eine möglichst gleichmässige Erwärmung der Sohle und Seitenwände des Ofens durch An

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ordnung mehrerer auf einander folgender Verbrennungszonen, indem

die Verbrennungsluft nicht nur, wie bisher, unter der Sohle des Ofens, sondern auch in den Seitenzügen mit den von der Condensation zurückkehrenden bezw. bereits teilweise verbrannten Gasen zusammengeführt wird. Es wird zunächst eine gewisse, zur vollständigen Verbrennung ungenügende Menge von

in dem Regenerator R1 vorgewärmter Luft in dem unter der Sohle befindlichen Raum K mit den durch R1 eintretenden von Teer usw. gereinigten Gasen zusammengebracht, welche eine teilweise Verbrennung der Gase bewirkt. Sodann wird denselben zur völligen Verbrennung in dem die Seitenzüge verbindenden Längszuge L nochmals Verbrennungsluft zugeführt, und zwar durch die Kanäle 7 und l2, von denen ersterer mit der atm. Luft, letzterer durch Oeffnungen o in der Scheidewand mit dem Längszuge L in Verbindung steht.

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Kl. 5. No. 31071. Bremsbergeinrichtung für variables Einfallen. R. Pierre, Herne. Um die gröfsere Hälfte der Bremstrommel w ist in bekannter Weise das Förderseil ƒƒ1 geschlungen, während sich um die kleinere Hälfte ein Seil ohne Ende ab legt, an welches die beiden Gegengewichte c1 c2 abwechselnd angreifen. Steht das leere Fördergestell im Tiefsten des Bremsberges, so nehmen die einzelnen Teile die dargestellte Lage ein. Wird nun die Bremse w gelöst, so zieht das Gegengewicht c1 das Seil ohne Ende ab am Anschlag b1 nach unten, das Fördergestell nach oben bringend. Hat letzteres den Punkt n, an welchem der Einfallwinkel des Bremsberges ein anderer wird, erreicht, so kommt das Gegengewicht cl in der Strecke m zur Ruhe, während der

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