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XXIX

März 1885

sei, das Füllen unterirdisch vorzunehmen, weil ein Condensiren des Ausblasedampfes in den Gruben unbedingt nötig, bei der Lentzschen Locomotive aber unmöglich sei. Grade aus diesem letzteren Grunde erscheine für den unterirdischen Betrieb der Honigmannsche Natrondampfkessel auf den ersten Blick geeignet, und zweifellos werde derselbe sich auch überall da einführen, wo es möglich sei, die Abdampfstation unterirdisch einzurichten, namentlich wenn zugleich die Lagerungsverhältnisse die Anwendung geräumiger Strecken ermöglichen. Anders liege die Sache da, wo wegen des Vorkommens schlagender Wetter die Abdampfstation nur über Tage eingerichtet werden könne, so dass es nötig werde, die Natronkessel jedesmal durch die Schächte in die Grube einzufördern und zum Zwecke des Eindampfens der Lauge wieder auszufördern. Durch die geringen Dimensionen der Fördertrümmer und die mäfsige Belastung, welche man den Fördergerippen und Seilen nur zumuten dürfe, sei man dann an so kleine Kessel gebunden, dass allerdings ökonomische Resultate entweder gar nicht oder nur in wenigen Ausnahmefällen zu erwarten seien. Dieses hätten auch die von ihm bereits ausgeführten Versuche mit Bestimmtheit ergeben. Namentlich stelle sich bei solchen kleinen Kesseln ein sehr ungünstiges Verhältnis zwischen der Gröfse der Abkühlungsoberfläche und dem Inhalt des Kessels heraus, so dass es auf beste Einhüllung des letztern noch mehr ankomme, als dieses bei gröfsern Natronkesseln schon der Fall sei.

Dagegen habe er sich persönlich davon überzeugt, dass schon beim Betriebe einer 15 pferdigen Trambahnlocomotive mittels Natronkessels alle technischen Schwierigkeiten in glücklichster Weise überwunden seien. Die Füllung des Kessels nehme nur etwa 5 Minuten in Anspruch; dabei steige der Dampfdruck so rasch, dass die Maschine unmittelbar nach beendeter Füllung sich in Bewegung setzen könne, und habe er festgestellt, dass eine solche Maschine 51/2 Stunden ununterbrochen Dienst gethan und dabei nur Druckschwankungen zwischen 61/2 und 5 Atmosphären gezeigt habe. Es habe bei dieser Maschine in Zwischenräumen von etwa 20 Minuten ein Nachspeisen kalten Wassers stattgefunden, und habe am Schlusse des Versuches die Temperatur der Lauge noch 1520 betragen.

Sehr auffallend sei ihm zuerst die Thatsache gewesen, dass zum Ersatz von nur 2 Pferden eine Natronlocomotive von 15 N nötig sei.

Die Sache sei aber ziemlich einfach. Während die Pferde auf den vorhandenen erheblichen Steigungen (bis zu 1:30) nur den Wagen von höchstens 3000 bis 3500kg zu ziehen hätten, müsse die Maschine aufser diesem auch ihr eigenes Gewicht fortbewegen, und dieses betrage 6000kg, so dass also von ihr im ganzen die dreifache Leistung von 2 Pferden geleistet werde. Nun sei es aber bekannt, dass vorübergehend ein Pferd mehr als 1 N Nutzleistung liefere. Nehme man für die stärksten Steigungen eine vorübergehende Leistung von 2,5 N für jedes Pferd, so ergebe sich hieraus, dass in der That an diesen Stellen die Natronlocomotive 15 N Nutzleistung

Kl. 13. No. 29867.

hergeben müsse, wogegen sie an anderen Stellen mit ganz erheblichen Expansionen arbeiten könne. Uebrigens sei zu berücksichtigen, dass mindestens 6 Pferde erforderlich seien, um während einer Arbeitsschicht den Dienst zu versehen, so dass also eine Locomotive thatsächlich nicht 2, sondern 6 Pferde während 1 Arbeitsschicht ersetze.

Viel günstiger stelle sich natürlich das Verhältnis da, wo die Natronmaschine eine andere Maschine zu ersetzen habe, welche dieselben schädlichen Widerstände zu überwinden habe, wie auch sie.

Im ganzen habe er nach den Fortschritten, welche der Betrieb im Laufe von nunmehr 11/2 Jahren nach den verschiedensten Richtungen gemacht habe, den Eindruck erhalten und die Ueberzeugung gewonnen, dass die Honigmann'sche Erfindung nunmehr aus dem Zustande der Versuche herausgetreten und zu praktischen Verwendungen wohl geeignet sei. Es erachte für eine so grofse und wichtige Neuerung die Zeit von 11/2 Jahren als eine recht kurze und könne sich nicht verhehlen, dass es fortgesetzt grofser Energie und Ausdauer bedürfen werde, um dieser Erfindung die Anwendung in dem ganzen Umfange zu sichern, zu welcher sie befähigt sei. Hr. Honigmann übergiebt noch nachträglich das folgende Attest:

Attest!

Von den Unterzeichneten wurde heute auf Veranlassung des Hrn. Honigmann der Natronkessel einer auf der Aachener Strafsenbahn in Betrieb befindlichen Natronlocomotive einer genauen Besichtigung unterzogen.

Derselbe war zur Erprobung des von Hrn. Honigmann neuerdings beobachteten günstigen Verhaltens von Kupfer und Messing gegenüber Natronlauge vor einem Monat mit messingenen Heizröhren versehen worden und seit dieser Zeit ununterbrochen in Thätigkeit. Die Zahl der Röhren beträgt 120 bei 41mm äufserem Dmr., 2,5mm Dicke und 1150mm Länge.

Der Kessel sammt Heizröhren wurde freigelegt, und behufs eingehender Untersuchung der Oberflächenbeschaffenheit der letzteren wurden zwei Röhren herausgezogen. Beim Vergleich derselben mit vorhandenen ungebrauchten Messingröhren konnte keine Erscheinung wahrgenommen werden, die auf eine Abnützung schliefsen liefs.

Aachen, den 17. Januar 1885.

Patentbericht.

Condensationswasser-Ableiter. A. Baumann, Halle a/S. Der Apparat wirkt periodisch,

und zwar durch einen Ausdehnungskörper J, welcher z. B. aus zweierlei Metallscheiben oder -streifen von verschiedenen Ausdehnungscoëfficienten zusammengesetzt sein kann und in einem besonderen, von dem Sammelgefäfs A durch einen Doppelboden getrennten Behälter G untergebracht ist, damit J nur durch den Dampf, nicht aber durch die Wände und den Boden des Behälters erwärmt werden kann. A ist oben mit G durch eine oder mehrere Oeffnungen verbunden, welche durch ein Schwimmerventil oder durch einen an der Stange c befestigten Schieber oder auch (wenn hinreichend klein) gar nicht absperrbar sind. Ist in A das Wasser so hoch (bis h) gestiegen, dass die Ueberströmöffnungen durch Ventil, Schieber oder durch das Wasser selbst geschlossen sind, so wird der in G abgesperrte Dampf sich niederschlagen, der Körper J sich abkühlen und das Auslassventil E öffnen. Das Wasser fliefst dann durch s und das mittlere Rohr ab, bis der Wasserstand bis n gefallen ist, worauf wieder Dampf in den Behälter G gelangt, der Körper J ausgedehnt und Ventil E geschlossen wird.

P. Brauser,

Oberingenieur des Dampfkessel - Revisionsvereins für den Regierungsbezirk Aachen.

Kl. 13.

M. F. Gutermuth,

Assistent der techn. Hochschule Aachen. Gustav Herrmann,

Professor.

No. 29933. Selbstthätiger Kesselspeiseapparat. W. F. v. Nottbeck, Tammers fors (Finnland.) Ein Hohlkörper G ist durch zwei biegsame, im Gestelle T

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welcher andererseits die Ventile v1 und v trägt, aufgehängt. Letztere werden durch das Gewicht des in G befindlichen Wassers offen gehalten, so lange der Wasserstand über dem normalen liegt. Wenn dieser erreicht ist, ist G genügend erleichtert, um von den federnden Röhren R1 und R2 gehoben zu werden, so dass v1 und v2 sich schliefsen. Infolge der Condensation des nun in G eingeschlossenen Dampfes wird dann Wasser durch S angesaugt, G senkt sich und öffnet die Ventile v1 und 2 wieder, worauf das Saugeventil s sich schliefst und das Spiel sich wiederholt.

Kl. 18. No. 29874. Dampfkessel mit angehängten Doppelröhren. St. Lentner, Breslau. An Stelle der gebräuchlichen unten geschlossenen Field'schen Röhren sind offene Röhren verwendet, welche unterhalb des Feuerraumbodens g durch gusseiserne Kasten c mit einander verbunden

sind.

Letztere stehen wieder unter sich in Verbindung und sind unten mit Verschlussstücken versehen, welche das Reinigen und Auswechseln der Röhren gestatten. Die Heizgase werden durch Platten dreimal wagerecht zwischen den Röhren hindurchgeleitet und bestreichen schliesslich noch den cylindrischen Kessel fast an seinem ganzen Umfange.

Kl. 14. No. 30101. Niederdruckdampfmotor. H. Davey, Leeds. Der Dampf soll mit atmosphärischer Spannung in den Cylinder eintreten und der Ueberdruck nur durch Condensation des Abdampfes erzielt werden. Der Kessel, welcher dementsprechend weder Manometer noch besonderer Sicherheitsvorrichtungen bedarf, besteht aus einem C-förmigen gusseisernen Kasten, in welchen unten die Feuerbüchse A mit sich daranschliefsendem von Wasserröhren durchzogenem

Schornstein G und oben der bronzene Dampfcylinder E eingebaut ist. Neben dem Kessel ist ein Rohr aufgestellt, dessen eine Kammer cals Condensator dient, in welchen durch m und i aus einem etwas höher gelegenen Behälter Kühlwasser eingespritzt wird, während die andere Kammer d oben und unten mit dem Dampfkessel verbunden ist. Ein in der letzteren befindlicher Schwimmer mit daran hängendem Kegel x regelt den Zufluss des Speisewassers; P ist die Luftpumpe.

Kl. 20. No. 30238. Bremse für Strafsenbahnwagen. E. F. W. Müller, Berlin. Der Bremsklotz a ist mittels der Stangen cd, der Klotz b mittels einer dritten Stange am Wagen befestigt, a und b aber mittels Stange ƒ verbunden, und kann a mittels der Kette k in die punktirte Lage gehoben werden, während b dann seinem Gewichte folgend auch von dem Rade abrückt. Wird k nachgelassen, so dass a auf das Rad fällt und von ihm nach der Pfeilrichtung mitgenommen wird, so wird auch 6 an das Rad gezogen; bei einer geringen Weiterbewegung von a wird die Spannung in ƒ bald so grofs, dass

deutscher Ingenieure.

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Kl. 46. No. 29887. Luftdampfmotor. Hofmann & Zinkeisen, Zwickau. Die durch Einsätze pq.. rings geschlossene Feuerung C, der Arbeitscylinder 4, die Luftpumpe B und das Kurbelgetriebe M sind über einander aufgebaut. Die Luftpumpe saugt durch das Ventil va Luft in den ringförmigen Raum um B und presst sie in einen Behälter, aus welchem sie, verteilt durch einen von Hand zu regelnden Dreiwegehahn, teils durch s unter, teils durch vorwärmende Kanäle ƒ und einen Spalt x über dem Roste Z in das durch Füllschacht und Luftschleuse gespeiste Kohlenfeuer tritt, um eine durch i zu beobachtende vollkommene Verbrennung zu erzielen. Die Feuerluft trifft im Mischraume D auf eine beständig befeuchtete poröse Füllung, sättigt sich mit heifsen Dämpfen, ermäfsigt dadurch ihre Temperatur so weit, dass sie durch einen Schieber S mit starker Ueberdeckung gesteuert werden kann, und tritt nach starker Ausdehnung in A durch e ins Freie. Das für D nötige Verdampfungswasser wird durch eine an's Steuerexcenter Q gehängte Pumpe zunächst in den Mantelraum J gedrückt, gelangt dann durch Bohrungen o in die Luftpumpe, wo es die Verdichtungswärme der Luft mässigt, dann mit der Luft

in den erwähnten Behälter und durch das Ueberlaufrohr u nach D. Der Regulator N, eingebaut in das einseitig belastete Schwungrad, beherrscht durch Hebelverbindungen und Ventile v1 v3 gleichzeitig die Luft- und die Wasserzuführung.

Kl. 60. No. 30163 (Zusatz zu 8197.) Indirecter Uebertrager für Regulatoren. F. Knüttel, Barmen. Ein mittels Riemscheibe umgetriebenes Kegelrad greift gleich

zeitig in das Rad d der Regulatorspindel und in die Räder bc, welche lose auf der den Kraftzufluss regelnden Welle w sitzen; fest auf der etwas verschiebbaren Welle w sitzen die Kupplungsscheiben ki ką. Steigt der Regulator, so schiebt er

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14. März 1885.

mittels der Mutter m die Welle w nach links und rückt die Kupplung ka ein; dadurch wird w gedreht und schraubt sich in der nicht drehbaren Mutter m nach rechts, so dass die Kupplung wieder ausgerückt wird, bis fortgesetztes Steigen des Regulators eine entsprechende Weiterdrehung von w veranlasst. Aehnlich beim Fallen. Jeder Höhenstellung des Regulators entspricht also eine bestimmte Drehstellung der Welle w (Stellhemmung, vergl. W. 1882, S. 32). Die Kupplungen k1 k2 sind gröfser und leichter zugänglich, die Mutter m ist weniger der Abnutzung unterworfen als die entsprechenden Teile beim Hauptpatent.

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Kl. 46. No. 30004. (II. Zusatz zu 26767, Z. 1884, S. 693 und S. 935.) Neuerungen an einer geschlossenen Heifsluftmaschine. Gebr. Eimecke, Braunschweig. Der Feuertopf B, dessen Grundform unten ein abgestumpfter Kegel ist (s. punktirte Linien), ist daselbst mit vielen (24) bogenförmigen Rippen A besetzt, in welche von innen mit der Kreissäge Nuten cc eingeschnitten sind, um die Arbeitsluft in dünnen Schichten hindurchzuleiten. Zu demselben Zweck ist der als Kühltopf wirkende mittlere Teil des Arbeitscylinders F mit Rippen G besetzt, in welche von innen geradlinige Nuten gesägt sind, Fig. 2. Am Arbeitskolben H ist ein Blechcylinder K befestigt, welcher sich möglichst eng an den Cylinder und den Verdränger anschliefst, um der Luft, für welche oben viele Bohrlöcher angebracht sind, den Weg durch die Nuten in G anzuweisen. Der Verdränger ist, so weit er nicht in K eintaucht, mit freiliegender Asbestpappe umhüllt und trägt unten zwei Glocken In, von denen n sich möglichst dicht an den Heiztopf B anschliefst, um der Luft den durch Pfeile bezeichneten Weg vorzuschreiben. Dieser führt durch den Regenerator M, welcher aus zwei Blechcylindern o o' und dazwischen stehendem gefalteten Blech besteht, Fig. 3, und aufsen gleichfalls mit Asbestpappe umhüllt ist. Der Einsatz D ist an seinem äusseren cylindrischen Teil an allen den Stellen geschlitzt, wo sich Nuten cc

Fig. 2. Fig. 3. ww

befinden. Das Ventil R des Verdrängers wird bei zu schnellem Gange vom Regulator durch ein über den betreffenden Balancier geleitetes Gestänge geöffnet und so für die Arbeitsluft ein stark vergrösserter toter Raum geschaffen; im übrigen ist die Steuerung und Wirkungsweise wie beim Hauptpatent.

Kl. 82. No.30235. Centrifugalapparat zum Trocknen von Zucker und anderen Materialien. D. Stewart, Glasgow. Die horizontale Trommel dieser Centrifuge hat eine Vorrichtung, welche die zu schleudernden Stoffe während des Umlaufes ununterbrochen durch die Siebtrommel befördert. Die Trommel T läuft am Vorderende in ein in L gelagertes Rohrstück r aus, welches mittels Stopfbüchse mit dem Speisetrichter S verbunden ist, während das hintere erweiterte Ende der Trommel mittels des Rades R und dessen verlängerter Naben im Lager L1 umläuft. Der Antrieb erfolgt am Rade 8. Innerhalb der Trommel T läuft mit mäfsig grösserer Ge

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schwindigkeit eine zweite T1, von dem Rade 81 angetrieben, um, welche auf dem Umfange und auf dem durch den Hals r von T gehenden Stück ihrer Welle w Transportschnecken trägt. Diese befördern die im Speisetrichter durch eine Zackenwelle zerkleinerten (gemaischten) Stoffe (Zuckermasse) stetig durch r in den Raum zwischen den beiden Trommeln und werfen den Zucker durch Oeffnungen in der Erweiterung E der äufseren Trommel aus. Die Auffangemäntel für Zucker und Syrup sind durch die Scheidewand s2 und die Flansche a getrennt. Die Verdrängung des Syrups aus dem Zucker wird durch die Luft, welche durch die Oeffnungen der inneren Trommel dringt, oder wie sonst beim Decken durch Dampf, welcher durch die (hohle) Welle eingeleitet wird, vervollständigt.

Litteratur.

Theorie der Locomotiv-Tender-Kupplungen. Von Wilhelm Hartmann. Berlin, 1884, Verlag von Ernst & Korn.

Die Kupplung zwischen Locomotive und Tender ist von wesentlichem Einfluss auf die Sicherheit des Eisenbahnbetriebes, und die Bedingungen, denen sie sich anpassen muss, sind sehr vielseitige. Für die Aufstellung einer theoretisch erschöpfenden und alle praktischen Umstände sorgfältig berücksichtigenden Bearbeitung der Aufgabe lag daher ein Bedürfnis vor, welchem durch die obige kürzlich erschienene Schrift in dankenswerter Weise entsprochen worden ist.

Das Verdienst dieser Arbeit liegt aber nicht allein auf wissenschaftlichem Gebiete. Der Verfasser kommt vielmehr auf Grund seiner Untersuchungen auch zu neuen Constructionen, welche alle vorher bekannten, zumeist rein empirisch entstandenen Systeme wesentlich zu übertreffen scheinen und denselben vermutlich auch in der Praxis bald den Rang ablaufen werden.

Interessant ist das Buch sodann noch durch die in Anwendung gebrachten kinematischen Methoden, denen die erreichte Klarheit der Darstellung zu danken ist. Sind dieselben auch einem grofsen Teile der heutigen Techniker, insbesondere der jüngeren Generation, geläufig, so war es doch gewiss nicht überflüssig, dass der Verfasser in dieser Hinsicht bei seinem Leserkreise möglichst wenig vorausgesetzt und alle in Benutzung genommenen Sätze entwickelt hat. Hierdurch wird das Buch gleichzeitig über seine besondere Aufgabe

hinaus als Uebungsbuch für Studirende des Maschinenbaues besonders geeignet.

In nachfolgendem sollen die Hauptgedanken des Hartmann'schen Buches in gedrängter Kürze, wennschon żuṁ Teile nur andeutungsweise, wiedergegeben werden, nicht mit der Absicht, das Lesen desselben entbehrlich zu machen, sondern vielmehr mit dem Wunsche, weitere Anregung dazu zu geben.

Durch die Schienenbahn, welche aus geradlinigen Strecken und horizontalen sowie verticalen Curven zusammengesetzt ist, wird sowohl die Locomotive als der Tender zwangläufig geführt, wenn man von dem Spielraume zwischen Schienenkopf und Radflansche absieht. Hieraus folgen bestimmte Relativbewegungen zwischen Locomotive und Tender. Die Kupplung muss diese Bewegungen zulassen, da sie sonst brechen oder Entgleisungen veranlassen könnte. So ergeben sich die sogenannten >>kinematischen Bedingungen«. Hartmann stellt deren drei auf.

Die Bedingung I verlangt die Verschiebbarkeit zwischen Locomotive und Tender in senkrechtem Sinne und die Möglichkeit der Bildung eines Verticalwinkels, ersteres besonders mit Rücksicht auf Unregelmässigkeiten in der Höhenlage des Gleises, letzteres wegen der Verticalschwankungen der Fahrzeuge sowie mit Rücksicht auf Gefällwechsel.

Die Bedingung II verlangt, dass Locomotive und Tender sich gegen einander um ihre Längsachsen verdrehen können,

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was beim Einfahren in Strecken mit Gleisüberhöhung stattfindet.

Die Bedingung III endlich verlangt zum Zwecke des richtigen Fahrens in Horizontalcurven die relative Drehbarkeit zwischen Locomotive und Tender um eine bestimmte verticale Achse.

Zu diesen kinematischen Bedingungen kommen noch drei hinzu, welche Hartmann die teleologischen nennt, weil sie den Ausdruck des eigentlichen Zweckes der Kupplung bilden. Von diesen besagt IV, dass die Zugkraft zu übertragen ist, V, dass die Schlingerbewegungen der Locomotive auch dem Tender mitgeteilt werden sollen, um sie durch Vergröfserung der bewegten Masse zu mäfsigen, endlich VI, dass es vorteilhaft sei, wenn die Zugrichtung (auch in Curven) in die Verbindungslinie des Schwerpunktes der Locomotive mit einem geeigneten Punkte des Tenders fällt.

Von diesen Bedingungen sollten I bis III stets erfüllt sein, was bezüglich I und II keine besonderen Schwierigkeiten macht und auch schon längst in verschiedenster Weise gelungen ist. In dieser Hinsicht bietet daher auch das Hartmann'sche Werk nicht wesentlich neues, so dass hier von diesen Rücksichten kaum die Rede zu sein braucht. Anders steht es mit der Bedingung III. Diese steht scheinbar in den meisten Fällen mit V und VI in Widerspruch, und es giebt daher sehr viele Kupplungen, bei denen V unerfüllt bleibt, während die Erfüllung von VI sogar eine Ausnahme ist. Der Nachweis, dass die thatsächlichen Schwierigkeiten lösbar sind und die Angabe der Mittel und Wege hierzu tritt uns als der Kern des Buches entgegen, und nur mit diesem haben wir uns zu beschäftigen.

Hartmann nennt solche Kupplungen, welche V und VI unerfüllt lassen, entsprechend dem allgemeinen Gebrauche, »lose Kupplungen«, solche, bei denen VI unerfüllt bleibt, >>Getriebekupplungen erster Arts, endlich solche, bei denen alle Bedingungen erfüllt sind, »Getriebekupplungen zweiter Art«.

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deutscher Ingenieure.

stanter Entfernung von B und C. Mit Benutzung der in Fig. 2 eingeschriebenen Buchstaben finden sich für diese Entfernungen die Gleichungen

P1

81 + t ·t, p2 81 +82 + 2t

t

82 + t 81 +82 + 2t in denen t Pi + p2 eine constante Gröfse ist. In Wirklichkeit ist die Annahme constanter Krümmung für beide Fahrzeuge nicht genau erfüllt. Mit Rücksicht auf die Flanschenspielräume zwischen den Rädern und Schienen ist sie indessen statthaft, da sich der theoretische Schnittpunkt bei der Curvenaus- und -einfahrt in Wirklichkeit symmetrisch um diesen Punkt verschiebt, d. h. bei der Einfahrt etwa ebenso viel voreilt, wie er bei der Ausfahrt zurückbleibt.

Wie Hartmann angiebt, beträgt der Winkel, welchen bei der Fahrt durch Curven die Längsachsen von Locomotive und Tender mit einander bilden, nie mehr als 5o. Man begeht daher auch keinen erheblichen Fehler, wenn man Locomotive und Tender im theoretischen Schnittpunkte durch ein Kugelgelenk mit einander verbindet. Drei von Hartmann beschriebene Kupplungen beruhen auf diesem Gedanken: die Engerth'sche Kupplung, eine Kupplung der Kaiserin-Elisabeth-Eisenbahn und die sogenannte Dreibolzenkupplung der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. Hartmann nennt dieselben »einfache Punktkupplungen«. Sie werden mit Hinweglassung der auf Bedingung I und II bezüglichen Einzelteile durch Fig. 3 dargestellt. Leider liegt bei sehr vielen Locmotiven der theoretische Schnittpunkt F in der Feuerbüchse oder so nahe dabei, dass die Ausführung der einfachen Punktkupplung unmöglich ist. Deshalb ist die Anwendung dieses übrigens durchaus befriedigenden Systemes auf eine kleine Zahl von Locomotiven beschränkt geblieben.

Die meisten Versuche, die Bedingung V auf andere Weise zu erfüllen, haben von der losen Kupplung ihren Ausgang genommen; doch sind zum Nachteile der Sache die Gesetze der Kinematik dabei fast immer unberücksichtigt geblieben. Fig. 3. Fig. 4.

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Ist in Fig. 4 OP die eine lose Kupplung bildende Stange, welche den Zug der Locomotive auf den Tender überträgt, und F der theoretische Schnittpunkt, so kann die Bedingung V auch dadurch erfüllt werden, dass zwei mit Locomotive und Tender verbundene Curven mm und nn gezwungen sind, ohne Gleiten auf einander zu rollen, vorausgesetzt, dass der Berührungspunkt derselben nahe genug bei F bleibt. Man könnte z. B. diese Curven (Polbahnen) verzahnen, wie Reuleaux vorgeschlagen hat. Dabei entsteht aber die Vorfrage, ob dieselben beliebig gewählt bezw. der Aufgabe entsprechend angenommen werden können, oder ob sie nicht etwa schon durch die gegenseitige Lage der drei Punkte P, O, F in ihrer Form teilweise bedingt sind. Das letztere ist in der That der Fall. Denkt man sich die Locomotive festgehalten und den Tender bewegt, so kann, wenn mm und nn willkürlich gezeichnet wären, schon nach unendlich kleinem Ausschlage die Berührung der beiden Curven aufgehoben oder aber ein so starker Druck zwischen denselben entstanden sein, dass eine Weiterbewegung unmöglich ist. Sind aber, wie gezeichnet, mm und nn Kreise um Ō und P, so tritt keines von beiden ein. Die Curven bleiben vielmehr in regelrechter Berührung. Sie sind also richtig gewählt. Dennoch könnten sie durch andere ersetzt werden, ohne dass innerhalb des kleinen Ausschlagswinkels von 5o ein wesentlicher Fehler entstände; nur müssen die Radien 01 und 2 der neuen Curven der Savary'schen Gleichung

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14. März 1885.

deren bedingt. Da indessen hierbei für die Lösung der Aufgabe kein Vorteil erzielt würde, so ist kein Grund vorhanden, von den Radien OF und PF abzuweichen. 1)

Liegt F aufserhalb von O und P, so findet für einen der beiden Kreise innere Berührung statt, in Fig. 5 z. B. bei dem Kreise um P. Bei Verzahnung der Polbahnen müsste also das Rad um P ein Hohlrad werden. Eine dem entsprechende Construction nach Reuleaux Angaben ist in Fig. 87 des Atlas dargestellt. Nun lässt sich aber annehmen, dass, wenn der Punkt F zur Ausbildung einer einfachen Punktkupplung unzugänglich ist, er es nicht weniger für eine gewöhnliche Verzahnung sein wird. Man wird also die Zähne an anderer Stelle, entfernt vom Teilkreise, anordnen müssen. Fig. 5. Fig. 6.

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in welcher die Minuszeichen sich dadurch erklären, dass O und P sowie auch 01 und P1 auf derselben Seite vom Pole liegen.

Der an der Locomotive zu befestigende Zahn Z1 ist nach einer Aequidistante zu der Bahn von Pi zu profiliren, für welche bekanntlich ebenfalls O1 der Krümmungsmittelpunkt ist.

Zwischen den beiden Zähnen kann natürlich nur Druck übertragen werden. Verbindet man aber einen Tenderpunkt, z. B. P2, mit dem Krümmungsmittelpunkt O2 seiner Bahn gegen die Locomotive nach Anbringung zweier Zapfen durch eine Koppel P2 O2, so kann damit auch Zug übertragen werden.

Nach beiden Anordnungen, welche sich jedesmal symmetrisch wiederholen lassen, hat man es in der Hand, einen zwangläufigen Mechanismus zwischen Locomotive und Tender anzubringen und damit das Gleiten der Polbahnen zu verhindern, während das Rollen derselben beim Durchfahren von Curven vorschriftsmässig stattfindet.

Werden drei Koppeln angewandt, so erscheint es bequem, denselben gleiche Länge zu geben, damit sie mit einander vertauscht werden dürfen. Setzt man in der Savary'schen Gleichung

und

O1Fr1, P1F=

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=r2r1 = a

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Fig. 7.

2 Curven in Polarcoordinaten dar, welche sich leicht construiren lassen. Es sind die geometrischen Orte derjenigen Punkte, welche momentan Bahnelemente von gleicher Krümmung mit dem Krümmungsradius a beschreiben. In Fig. 7 sind zwei dieser Curven dargestellt, und zwar eine F001 für r1 und eine FPP1 für r2. Diese Curven, welche früher noch nicht bekannt gewesen sind, und welche man daher künftig als Hartmann'sche Curven bezeichnen dürfte, erleichtern dem Constructeur die Auswahl geeigneter Punkte 01 und P1 aufserordentlich und sind daher, ganz abgesehen von ihrer allgemeineren Bedeutung, für das vorliegende Problem sehr wertvoll.

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Derartiger einander paarweise zugeordneter Curven ergeben sich für verschiedene Annahmen von a unendlich viele. Setzt man a = =∞, so erhält man den Wendekreis 1) und eine unendlich Ferne. Der Wendekreis ist also nur ein specieller Fall der Hartmann'schen Curven.

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Fig. 8.

In welcher Weise von den Resultaten der vorstehenden Erörterungen praktischer Gebrauch zu machen ist, kann man aus Fig. 8 ersehen, welche eine Hartmann'sche Kupplung für die Verhältnisse der preufsischen Normalgüterzuglocomotive nach den Atlasfiguren 120 und 122 darstellen. Zur Uebertragung der Schlingerbewegung nach Bedingung V dienen hauptsächlich die Zähne Zi und Zą mit den Rollen R1 und R2, während die drei gleich langen Koppeln ( P, 01 P1 und O2 P2 gemeinsam die Zugkraft übertragen, wozu indessen auch die mittlere oder die beiden seitlichen allein genügen würden. Letztere würden auch ohne die Zähne Z1 und Z2 imstande sein, bei hinreichend kräftiger Dimensionirung die Schlingerbewegungen zu übertragen. Die Zähne entlasten sie aber von den hierbei auftretenden Druckbeanspruchungen, was gewiss zweckmässig ist und die Bruchsicherheit erhöht. Bricht dennoch eine von den drei Koppeln, so wird das Functioniren der ganzen Kupplung nicht gestört. Man kann sonach z. B.

OP als Hauptkoppel, O1 P1 und O2 P2 aber als Notkoppeln betrachten, entsprechend der Einrichtung bei den preussischen Normalkupplungen.

Die soeben beschriebene Construction ist nicht ohne Vorgänger, welche mit derselben grofse Aehnlichkeit haben; insbesondere sind hier die Kupplungen von Watzka und von v. Borries zu nennen. Die Hartmann'sche Grundauffassung, dass es sich um das Rollen von Polbahnen handelt, scheint aber früher gefehlt zu haben, weshalb es den Constructeuren nicht gelungen ist, die kinematisch richtigen Verhältnisse zu treffen. Geringe Fehler in der Wahl der Krümmungsmittelpunkte genügen aber bereits, Klemmungen oder Spielräume

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1) Der Wendekreis ist der geometrische Ort aller Punkte, welche in einem bestimmten Moment einer ebenen Bewegung Wendepunkte oder gerade Linien beschreiben.

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