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rungen zu verursachen. Dieselben sind weit überwiegend nicht undulatorisch, sondern gleichsam nur elektrische Stöfse, welche sich in ganz unregelmässigen Abständen wiederholen, und die deshalb in dem Telephone überhaupt nur dadurch für das Ohr wahrnehmbar werden, dass sie Impulse zu selbstthätigen also nicht zwangläufigen Schwingungen der tönenden Membran abgeben. Ich wüsste Ihnen den verschiedenartigen Charakter dieser zweierlei Schwingungsarten nicht besser anschaulich zu machen, als indem ich Sie bitte, sich vorstellen zu wollen, dass in diesem Augenblick etwa von dem Platze da draufsen her durch die geschlossenen Fenster die Klänge einer Regimentsmusik zu uns hereindringen, während gleichzeitig einige Vertreter der Aachener Jugend sich das Vergnügen machen, dieselben Fenster mit Erbsen zu bewerfen. In diesem Falle würden offenbar die Scheiben unter dem Einflusse der musikalischen Luftwellen gezwungen, hiermit concordante, zugleich aber auch infolge des Anpralles der Erbsen selbstthätig discordante Schwingungen auszuführen, welche, durch die im Innern des Saales befindliche Luft übertragen, beide gemeinsam unser Ohr treffen müssten. Solche ungebundene Schwingungen aus dem Telephon gänzlich beseitigt oder vielmehr die Mittel zu deren Beseitigung angegeben zu haben, ist das Verdienst des genannten Forschers.

Nachdem er einmal die Natur dieser Vibrationen erkannt hatte, sagte er sich, dass es zur Unterdrückung der störendsten unter denselben, nämlich derjenigen, welche auf die Inductionswirkung der Batterieströme unserer elektrischen Telegraphen zurückzuführen waren, nur erforderlich sein könne, dem Ein- und Austritte dieser Ströme, wie stark letztere im übrigen auch sein mochten, diejenige Plötzlichkeit der Stofswirkung zu nehmen, vermittels deren allein der Impuls zu freiwilligen Schwingungen der Membran gegeben werden konnte. Zu diesem Ende versuchte er zunächst, an den Telegraphenapparaten eine Einrichtung zu treffen, welche bewirken sollte, dass bei jeder Zeichengebung der elektrische Strom nicht sogleich in seiner ganzen Stärke, sondern allmählich oder vielmehr stufenweise in die Leitung eingeführt bezw. wieder unterbrochen werde. Er that dies, indem er den starren Metallkörper, mit welchem der sogenannte >>Schlüssel<< beim Niederdrücken in Contact gebracht wird, durch ein Bündel dünner, federnder Lamellen ersetzte, die, gegen einander isolirt, einzeln unter Einschaltung passender Widerstände mit der Stromquelle verbunden wurden. Indem nun bei der Bewegung des Schlüssels nur eine Lamelle nach der anderen mit demselben in leitenden Contact trat bezw. sich davon ablöste, wurde der Ein- und Austritt der Ströme gewissermassen abgestuft und dadurch die Stofswirkung derselben schon sehr wesentlich gemildert.

Bald aber gelang es dem genannten Erfinder, ein noch weit vollkommneres Mittel zur Erreichung seines Zieles ausfindig zu machen, dessen Wirksamkeit sich überdies zugleich auch noch auf alle anderen durch Induction in die Telephonleitungen gelangenden Stromimpulse erstreckt. Er sagte sich nämlich, dass ein in eine solche Leitung eingeschalteter Elektromagnet notwendig eine ganz ähnliche Rolle spielen müsse, wie sie dem Windkessel in einer Druckwasserleitung zufällt, da der unter dem Einflusse des elektrischen Stromes in dem Eisenkerne hervorgerufene Magnetismus gewissermassen ein ausgleichendes und elastisches Elektricitätsreservoir bilde, indem er die ersten Anteile derselben bei Beginn der Strömung aufspeichere, um sie demnächst nach Unterbrechung der letzteren allmählich wieder zurückzuerstatten. Der Erfolg bestätigte diese Voraussetzung in vollem Mafse, da es durch Anwendung jenes Mittels bei passenden Abmessungen sofort gelang, die störenden Einflüsse aller plötzlichen Stromimpulse auf das Telephon zu beseitigen oder doch wenigstens in dem Grad abzuschwächen, dass der Erfinder die Aufgabe, welche er sich ursprünglich gestellt hatte, bereits als gelöst betrachten durfte.

Doch blieb derselbe hierbei nicht stehen, sondern sagte sich angesichts dieses Erfolges, dass nun auch die Möglichkeit vorliege, die Telegraphendrähte selbst, und zwar ohne die gleichzeitige Uebermittlung von gewöhnlichen Depeschen durch dieselben im mindesten zu stören, für den Telephonverkehr

deutscher Ingenieure.

nutzbar zu machen. War dies doch in einem unvollkommenen Grade schon durch das vorerwähnte einfache Mittel erreicht, da dessen Anwendung genügte, um selbst die direkte Einwirkung der zum Telegraphiren benutzen Batterieströme durch Abstufung der Anfänge und Endigungen für das Telephon wenigstens insoweit unschädlich zu machen, dass dadurch das Verständnis des gesprochenen Wortes nicht mehr gehindert wurde. Um indessen auch noch den letzten Rest dieser Einwirkung und damit namentlich auch die Gefahr einer Ablauschung der Depeschen vermittels des Telephones zu beseitigen, kam Hr. van Rysselberghe auf den Gedanken, mit Hilfe des bekannten Condensators eine Art von Separation der elektrischen Ströme vorzunehmen, d. h. diejenigen, welche zur Vermittlung des Telephonverkehres bestimmt sind, von den zum Telegraphendienste benutzten zu trennen und nur den ersteren, nicht aber den letzteren, den Zutritt zu dem Telephone zu gestatten. Der Erfolg war wiederum ein überraschend vollkommener.

Der Erfinder selbst nennt die Wirkung dieses Condensators eine >>siebartige« und vergleicht sie mit der Scheidung von Licht- und Wärmestrahlen vermittels eines Alaunkrystalles bezw. einer alkoholischen Auflösung. Diese Vergleiche scheinen mir indessen nicht ganz glücklich gewählt. In den letzteren Fällen findet wirklich eine Art von »Absieben« statt, indem gewissen Strahlen oder Schwingungen der Durchgang durch ein Medium verstattet, anderen aber versperrt wird. In Ansehung der Elektricität aber trifft diese Vorstellung nicht zu, da irgend welche qualitative Verschiedenheit der zum Telegraphiren benutzten und der das Telephon zum Tönen bringenden Ströme nicht besteht. Ich muss mich daher, um die Wirkung des erwähnten Condensators zu verdeutlichen, lieber des Bildes einer Druckwasserleitung bedienen.

Stellen Sie sich vor, m. H., dass in einer Abzweigung einer solchen etwa bei dem Punkte m (Fig. 1) eine Membran eingeschaltet sei, welche das Wasser selbst nicht hindurchlässt. Erzeugt man nun aber in dem die Druckleitung durchfliefsenden Wasser durch eine rasche Folge von Stössen eine pulsirende Bewegung, so werden ohne Zweifel diese Vibrationen auch durch jene Membran hindurchgehen und sich auf eine oberhalb derselben befindliche ruhende Wassersäule

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XXIX

März 1885

Nachdem ich Ihnen nun, m. H., die Theorie der von Hrn. van Rysselberghe angewandten Hilfsmittel kurz angedeutet, gestatten Sie mir gütigst noch, Ihnen flüchtig zu skizziren, wie sich die Ausführung der Sache, welche heute in Belgien bereits bis zur directen telephonischen Verbindung einer gröfseren Anzahl von Städten, wie beispielsweise von Verviers bis Ostende, gediehen ist, in der Praxis gestaltet.

Verfolgen wir einen Telegraphendraht bei seinem Eintritte in ein mit den gewöhnlichen Morseapparaten ausgestattetes Stationsbureau, so finden wir ihn hier an den bereits erwähnten doppelarmigen Hebel, den sogenannten >>Schlüssel<< S (Fig. 2) eines solchen Apparates angeschlossen, welcher Schlüssel seinerseits in der Ruhelage mittels Federkraft auf einem mit dem Elektromagneten des Schreibapparates in leitender Verbindung stehenden Metallcontact a aufruht, beim Niederdrücken des andern Armes auf den sogenannten »Arbeitscontact<< b aber, unter gleichzeitiger Ausschaltung jenes Elektromagneten, mit der Batterie B in Verbindung tritt und so den Eintritt des Stromes in die Leitung L vermittelt.

Soll nun an dieselbe Drahtleitung auch noch ein Telephon T angeschlossen werden, so zweigt man an irgend einer Stelle oberhalb des vorbemerkten Schlüssels, etwa bei dem Punkte x, einen besondern Draht ab, um ihn zu dem Telephon zu führen, dessen anderer Pol selbstverständlich an die Erde E gelegt ist. In diese Abzweigung muss nun, um den Batterieströmen den Durchgang zu versperren, der Condensator C eingeschaltet werden, welcher eine Capacität von nicht unter 2 Mikrofarad, entsprechend etwa 4 qm Staniolblatt, besitzen soll. Wollte man jedoch in dieselbe Zweigleitung auch noch den zur Abstufung der Stromanfänge und Endigungen, also zur Beseitigung der elektrischen Stöfse, noch erforderlichen Elektromagneten W, dessen Bobine einen Widerstand von nicht unter 500 Ohm darbieten soll, einfügen, so würde jener Zweck zwar sicherlich erreicht werden, zugleich aber auch, von dem Punkte x aus gerechnet, die Summe aller Widerstände in jener Abzweigung auf etwa 700 Ohm anwachsen, während auf die den Elektromagneten des Morseapparates in sich einschliefsende Hauptlänge nur etwa 40 Ohm entfielen. Unter solchen Umständen würde dem Telephon nur ungefähr 1/18 der Gesammtstärke der für dasselbe bestimmten Ströme zugutekommen, wobei eine Verständigung mittels desselben wohl kaum noch möglich wäre. Daher schaltet man die Widerstandsrolle W in die Hauptleitung und zwar zwischen der Abzweigungsstelle x und dem Schlüssel des Telegraphenapparates ein, wodurch sich sofort jenes Anteils verhältnis zu Gunsten des Telephons so sehr verändert, dass für letzteres nunmehr fast 3/4 der ganzen Stärke der betreffenden Ströme wirksam werden.

Von den Batterieströmen geht durch die erwähnte Zweigleitung praktisch gar nichts verloren, weil diesen durch den eingeschalteten Condensator dort der Weg verlegt ist. Dagegen nehmen neben jenen freilich auch die Telephonströme selbst ihren Weg durch den Morseapparat hindurch zur Erde, ohne indessen auf diesen ihrer Schwäche und ihres steten raschen Wechsels wegen eine Wirkung ausüben zu können.

Andererseits aber würden die von der Localbatterie B erzeugten Ströme, welche noch nicht durch den Widerstand einer langen Luftleitung geschwächt sind, trotz der Drahtrolle W noch mit einer zu grofsen Heftigkeit gegen den Condensator Canprallen und sich so in dem Telephon T im Augenblicke des Schliefsens und Oeffnens vielleicht doch noch vernehmlich machen, wenn man nicht zwischen dieser Batterie und dem Schlüssel S noch einen zweiten Elektromagneten Wi von gleichem Widerstande, wie jener einschaltete, sowie ferner von diesem Schlüssel aus unter Einschaltung eines zweiten Condensators C1, welcher übrigens von weit geringerer Capacität als C sein darf, einen directen Anschluss an die Erde herstellte.

Sie ersehen hieraus, m. H., dass die Sache doch nicht ganz ohne Schattenseiten ist. Insbesondere ergiebt sich eine solche in den recht beträchtlichen Widerständen, welche durch die van Rysselberghe'schen Vorrichtungen den Telegraphenströmen in den Weg gelegt werden. Es betragen dieselben für je zwei mit einander correspondirende Stationen insgesammt etwa 1500 Ohm, was etwa denjenigen von 220 km gewöhn

lichen Leitungsdrahtes von 5 mm Durchmesser gleichkommt. Selbstverständlich ist hierdurch eine entsprechende Verstärkung der Batterien oder sonstigen Stromquellen bedingt. Doch fallen die Kosten dieser, gegenüber den durch den Wegfall der besondern Leitung erzielten Ersparnissen, weder hinsichtlich der Anschaffung, noch auch in der Unterhaltung, wesentlich ins Gewicht.

Die vorerwähnten Vorrichtungen reichen nun vollkommen aus, um das Telephon unbeschadet seiner Empfindlichkeit für undulatorische Ströme für alle andern elektrischen Ströme gänzlich unempfindlich zu machen.

Aber leider giebt es auch unter den ersteren solche, deren Einfluss auf jenes Instrument ein höchst unliebsamer ist. Würde doch ganz gewiss mancher bei einer telephonischen Unterhaltung lieber noch irgend ein störendes Geräusch sich gefallen lassen, als das unbehagliche Bewusstsein, dass seine nnr für eine Person bestimmten Mitteilungen leicht mit Hilfe der an Paralleldrähte angeschlossenen Telephone von Unberufenen belauscht werden können! Leider ist es bisher nur noch in einem relativ geringen Mafse gelungen, diese telephonische Induction unschädlich zu machen.

Von einem durchschlagenden Erfolge ist freilich in dieser Hinsicht ein schon vor mehreren Jahren von einem Amerikaner erfundenes Mittel, dessen Anwendung indessen ohne Zweifel der damit verbundenen Mehrkosten wegen bisher nur noch eine sehr beschränkte geblieben zu sein scheint.

Dasselbe erheischt nämlich, neben der Benutzung der Erde als Rückleitung, die Verbindung von je zwei Telephonstationen durch zwei getrennte und ganz verschiedene Wege verfolgende Drahtleitungen, welche vermittels eines durch ein Uhrwerk oder einen ähnlichen Mechanismus betriebenen Umschalters abwechselnd in sehr rascher Folge an das gebende Telephon oder Mikrophon angeschlossen werden. Auf diese Weise erhält jeder der beiden Drähte für sich allein nur unverständliche Bruchstücke der einzelnen gesprochenen Worte, die erst in dem empfangenden Telephon wieder zu einem Ganzen vereinigt werden.

Es liegt auf der Hand, dass auf diese Weise die vorbemerkte Gefahr gänzlich beseitigt ist.

Die übrigen zur Bekämpfung der telephonischen Induction oder vielmehr der schädlichen Folgen derselben angewandten Mittel laufen im Grundgedanken darauf hinaus, die einzelnen Stromimpulse gewissermassen gegen einander zu Felde zu führen und dadurch in Verwirrung zu bringen.

Zu diesem Ende bedient sich Hr. van Rysselberghe aufser der Erdleitung ebenfalls zweier getrennter Leitungsdrähte bezw. Telegraphendrähte, die indessen parallel laufen können und sich nur in verschiedenen Abständen von dem inducirenden Drahte befinden müssen. Infolge dessen scheinen sich die in den parallel geschalteten Einzeldrähten inducirten Stromwellen bei ihrem Zusammentreffen in dem Telephon der Empfangstation gegenseitig teils zu verstärken, teils aber abzuschwächen und dadurch diejenige Gleichförmigkeit einzubüfsen, welche zur deutlichen Uebertragung des gesprochenen Wortes erforderlich ist. Doch ist die Wirksamkeit dieses Mittels immerhin nur eine beschränkte und namentlich dann nicht mehr ausreichend, wenn der Abstand von dem inducirenden Drahte weniger als 1m beträgt. Selbst diese beschränkte Wirkung ist aber noch wesentlich dadurch bedingt, dass die für das empfangende Telephon bestimmten und selbstverständlich zur Abhaltung der Batterieströme mit zwischengeschalteten Condensatoren versehenen Abzweigungen der beiden Parallelleitungen nicht unmittelbar an jenes angeschlossen werden, sondern beide getrennt auf ihrem Wege zur Erde je eine hohle Drahtrolle passiren, deren gemeinsamer Kern eine dritte langgestreckte Bobine bildet, die nun erst einerseits mit jenem Telephon und andererseits ebenfalls mit der Erde verbunden ist. Es gelangen also auf diese Weise die Stromwellen erst durch eine gewissermalsen potenzirte Induction zu dem Telephon.

In Belgien sind diese sämmtlich auf die Benutzung des eigentlichen Telegraphennetzes basirten Einrichtungen, wie bereits angedeutet, schon in grofsem Mafsstabe durchgeführt, jedoch erst seit etwa zwei Monaten teilweise dem öffent

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lichen Gebrauche übergeben. Nichtsdestoweniger aber wurden mit Hilfe derselben nach einer mir vorliegenden Zeitungsnotiz schon in dem ersten Monate nach der Eröffnung, im November v. J., im ganzen 17452 sogenannte »telephonische Depeschen<< zwischen Brüssel und Antwerpen ausgetauscht, obgleich der Satz von 1 Fr. für eine Unterhaltung von 5 Minuten gewiss etwas hoch erscheint.

Aufserhalb dieses Geburtslandes der betreffenden Erfindung hat man sich bisher nur erst in der Argentinischen Republik und ganz neuerdings auch in Portugal zu einem gleichen Vorgehen entschlossen. Doch wird es gewiss nicht lange dauern, bis auch die übrigen civilisirten Staaten diesen Beispielen folgen und dadurch zugleich einem internationalen Telephondienste die Wege bahnen.

Es folgt ein Vortrag des Hrn. Dr. Forchheimer über Temperaturveränderung von Metalldrähten während der Dehnung, welcher in dieser Nummer der Zeitschrift S. 202 zum Abdrucke gelangt ist.

Hierauf macht Hr. M. Honigmann eine Mitteilung über das ihm patentirte Verfahren der Dampferzeugung mit Aetznatron, indem er zunächst die bereits in No. 3 d. Bl. veröffentlichten Aeufserungen des Hrn. Lentz und das Zeugnis des Maschinenmeisters Pulzner vorträgt, s. Z. 1885, S. 55.

Er fährt darauf fort:

>>Betrachten wir das gesagte mit Hinblick auf die erwiesenen. thatsächlichen Verhältnisse, so geht daraus hervor, dass Hr. Lentz in seinem Vortrage von dem Natrondampfkessel ein durchaus unzutreffendes Bild entworfen hat. Seine Berechnungen müssen auch zu einem solchen führen, weil dieselben auf unrichtigen Annahmen beruhen. Er sagt nämlich, der Temperaturunterschied zwischen Heizgasen und Wasser sei bei der gefeuerten Locomotive 700 bis 800° C. Zugegeben bei der Verbrennung; aber dieses ist doch nicht das Mittel des Unterschiedes in den Heizröhren, denn sonst gingen ja die Feuergase fast ebenso heifs zum Schornsteine hinaus, wie sie bei der Verbrennung entstehen! Thatsächlich ist der mittlere für solche Berechnungen anzunehmende Unterschied nicht 700 bis 800° C., sondern etwa 250° C. Genau wie mit dieser ersten Annahme, deren Unrichtigkeit aus gesagtem hervorgeht, verhält es sich auch mit der zweiten Annahme, auf welche Hr. Lentz seine Rechnungen stützt. Er sagt, das Wärmeleitungsvermögen zwischen Flüssigkeiten unter sich, gegenüber demjenigen zwischen Gasen und Flüssigkeiten, verhalte sich wie 20:1. Beim Natrondampfkessel trifft diese Hypothese aber ganz und gar nicht zu, denn bei der lebhaften Bewegung der Flüssigkeiten in demselben, infolge dessen stets neue Mengen Natron und Wasser mit grofser Geschwindigkeit die Heizröhren bespülen, ist der Wärmeaustausch thatsächlich mehr als zehnfach gröfser, als Hr. Lentz annimmt; auch kommt es wegen der lebhaften Bewegung der Flüssigkeiten weniger auf das Wärmeleitungsvermögen dieser an, als auf dasjenige der Heizröhren, und dieses ist bei den Messingröhren des Natronkessels ganz bedeutend. Zum Schlusse dieser Richtigstellung kann ich nicht umhin, darauf hinzuweisen, dass Hr. Lentz auf meine Einladung hin nur wenige Tage vor seinem Vortrage zum Zwecke des Studiums der Natronlocomotiven seinen Ingenieur Hrn. Oelbermann nach Grevenberg-Aachen gesandt hatte, und dass dieser Herr nicht nur den feuerlosen Betrieb auf der Aachener Strafsenbahn und der Aachen-Jülicher Eisenbahn eingehend studirt, sondern auch sämmtliche gewünschte Angaben und Zeichnungen erhalten hat. Hr. Lentz konnte und musste demnach vollkommen unterrichtet sein, als er über den Natronkessel sprach.

Gestatten Sie mir nach diesen Richtigstellungen, Ihnen einige Mitteilungen über den feuerlosen Maschinenbetrieb auf der hiesigen Strafsenbahn zu machen. Den meisten von Ihnen wird ja meine Strafsenlocomotive bekannt sein, und wissen Sie, dass dieselbe ohne jegliche Schwierigkeit oder Störung den Dienst an Stelle der Pferde versieht. Weniger bekannt aber sind die Resultate, welche dieser Betrieb betreffs des Brennmaterialverbrauches und der Leistungsfähigkeit mit einer Natronfüllung ergeben hat. Um diese beiden Fragen, von welchen die Zukunft des Verfahrens abhängt, genau und sicher festzustellen, habe ich den Hrn. M. F. Gutermuth,

deutscher Ingenieure.

Assistenten für Maschinenbau an der hiesigen Hochschule, und Hrn. Haselmann, Director der hiesigen Pferdebahngesellschaft, um ihre Mitwirkung gebeten. Dieselben konnten mir infolge dessen den Thatbestand wie folgt attestiren.

Attest!

Die Unterzeichneten bestätigen hiermit dem Hrn. Honigmann folgendes:

>> Auf der Aachen - Burtscheider Pferdebahn ist seit einem halben Jahre eine feuerlose Natronlocomotive nebst

Abdampfvorrichtung im Betriebe. Um die Leistungs-
fähigkeit dieser Locomotive und den Verbrauch an Brenn-
material an einem bestimmten Tage zu constatiren, wurde
heute von 83/4 Uhr morgens bis 8 Uhr abends die Honig-
mann'sche Locomotive mit einer Pause von 3/4 Stunden
Die Maschine war
für die zweite Füllung betrieben.
demnach volle 102 Stunden im Dienste, und zwar mit
der ersten Füllung 512 Stunden lang, mit der zweiten
5 Stunden. Die Strecke Heinrichsallee-Wilhelmstrasse,
auf welcher die Locomotive den fahrplanmässigen Dienst
versehen hat, ist 1km lang und hat Steigungen

von etwa 1:30 auf 400m Länge

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Diese Strecke wurde 64 mal durchfahren und wurden demnach einschl. Zu- und Abgang der Locomotive 66km zurückgelegt. Auf der stärksten Steigung dieser Strecke. entwickelt die Maschine bei einem Gesammtzuggewicht von 81/2 bis 9t, wovon 6t auf die Locomotive; 211⁄2 bis 3t auf den Wagen kommen, volle 15 N. Dieselbe arbeitete mit einem durchschnittlichen Drucke von 5 Atm. und hat 180mm Cylinderdurchmesser, 220mm Hub, dazu Zahnradübersetzung 2:3 und einen Triebraddurchmesser von 700mm. Das während dieser 101/2 stündigen Betriebszeit verdampfte Wasser wurde zu etwa 1600kg ermittelt; demnach wurden von einer Natronfüllung, deren Gewicht zu etwa 1100kg ermittelt ward, rund 800kg Dampf absorbirt. Die Heizfläche berechnet sich auf 9,8qm im mittel, der Temperaturunterschied zwischen Natron und Wasser betrug gegen Ende nur etwa 3o C. Zum Wiedereindampfen der Laugen für den 101/2 stündigen Betrieb wurden 243kg Förderkohlen gebraucht, was eine 6,6 fache Verdampfung ergiebt. Aachen, den 5. Januar 1885.

gez. M. F. Gutermuth, Assistent für Maschinenbau der königl. techn. Hochschule, Aachen. gez. Haselmann,

Director der Aachener und Burtscheider Pferdeeisenbahn.<«<

Hiernach ergeben sich also folgende Zahlen:

Verdampftes Wasser mit einer Natronfüllung 800kg
Natronfüllung, welche diesen Wasserdampf

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Demnach Gesammtgewicht des gefüllten Kessels 3000kg. Dauer des Betriebes mit einer Natronfüllung 51/2 Stunde. Druck von Anfang bis zu Ende der Fahrt 5 Atm., Kosten des Eindampfens auf 1012 Stunden 243kg oder auf den Tag rund 300kg im Werte von etwa M 0,80 für 100kg; macht M 2,40 für Tag und Locomotive.

Die Verdampfung beträgt mit 1kg Kohlen 6,6kg Wasser, wobei zu berücksichtigen, dass der Dampf beim Natrondampfkessel absolut trocken ist. Dieses sehr günstige Resultat ist mit vorläufigen Abdampfkesseln von Gusseisen erzielt und wird demnach bei den kupfernen Kesseln einer endgiltigen Anlage noch bedeutend günstiger werden. Es ist damit also der Beweis geliefert, dass die Betriebskosten dieser feuerlosen Locomotive keinesfalls gröfser sind, als die der direct gefeuerten Locomotive.«

Hr. Hilt bemerkt hierzu: Wenn er mit wenigen Worten über die Anwendung der feuerlosen Locomotive von Lentz und des Honigmann'schen Natrondampf kessels, insbesondere beim unterirdischen Grubenbetriebe, seine Meinung sagen solle, so gehe diese dahin, dass erstere hierbei ganz unanwendbar sei, auch selbst da, wo es beim Vorhandensein von unterirdischen Dampfleitungen möglich

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