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die Hirten und die dryadischen Jungfrauen. (60) Und nicht bereitet der Wolf Nachstellungen dem Vieh noch bereiten irgendwelche Neze Lift den Hirschen; es liebt die Ruhe der gute Daphnis. Vor Freude ließen ihre Stimmen bis zu den Sternen schallen unbehauene (waldige) Berge; schon tönen von Liedern die Felsen selbst; es tönen selbst die Sträucher; ein Gott, ein Gott ist er, Menalcas!

(65) Sei gütig und glückbringend den Deinen! Siehe die vier Altäre; siehe, zwei für dich, Daphnis, zwei als Altäre für den Phöbus. Je zwei Becher, von frischer Milch schäumend, will ich dir jährlich weihen und zwei Krüge von Oliven triefend, und vor Allem das Mal mit vielem Weine erheiternd neben dem Herde, wenn es kalt ist, (70) wenn Ernte ist, im Schatten, will ich ariusischen Wein gießen aus Schalen, neuen Nektar. Singen werden für mich Damötas und der Lyctier Aegon; die tanzenden Satyren wird Alphesiböus nachahmen. Dies wird dir immer bleiben, sowol wenn wir feierliche Gelübde den Nymphen bringen, (75) als auch, wenn wir durch die Aecker wandeln.

Solange die Bergeshöhen der Eber, solange die Flüsse der Fisch liebt, solange von Quendel sich die Bienen nähren, solange vom Thau die Cikaden: wird ewig dein Name und dein Ruhm währen. Wie dem Bacchus und der Ceres, so werden dir jährlich die Landleute Gelübde thun; (80) auch du wirst sie zur Erfüllung bringen.

Mo. Welches Geschenk soll ich dir, welches für ein solches Lied geben? denn mich erfreut nicht so sehr das Säuseln des kommenden Südwindes noch das von der Flut gepeitschte Gestade, noch wie zwischen felsige Thäler die Flüffe herabstürzen.

(85) Men. Mit dieser gebrechlichen Pfeife will ich dich zuerst beschenfen. Sie hat mich "für den schönen Corydon glühte Alexis;" sie hat mich ebenso gelehrt: "Wem gehört das Vieh? etwa dem Meliböus?"

Mo. Aber nimm du den Hirtenstab, den Antigenes nicht erhielt obgleich er mich oft bat und er war damals werth geliebt zu werden (den Stab), (90) schön durch gleiche Knoten und durch Erz, o Menalcas,'

Inhalt der 5. Ecloge. Zwei Hirten, Menalcas und Mopsus,

Ersterer im Gesange, Leßterer auf der Rohrpfeife tüchtig, begegnen ein-
ander auf der Bergweide und kommen überein, einen Wechselgesang
anzustimmen; zum Thema wählen sie den Tod ihres gemeinschaftlichen
Lieblings Daphnis. Nachdem Mopsus ein klagelied über den Lezz-
tern ausgeführt, besingt Menalcas die Vergötterung deffelben. Beim
Scheiden wechseln sie Geschenke gegen einander aus. Diese Dichtung
ist vielfach Nachbildung der 1. Ecloge des Theotrit; s. im Folg.
1—3. Vgl. Theocr. 1, 12—14:

Λῇς ποτὶ τῶν Νυμφᾶν, λῆς αἰπόλε τεῖδε καθίξας,
ὡς τὸ κάταντες τοῦτο γεώλοφον αἵ τε μυρῖκαι
συρίσδεν, τὰς δ' αἶγας ἔγων ἐν τῷδε νομευσῶ,

boni inflare, dicere, 'geschickt, kundig, tüchtig zu blasen, zu singen'; die bekannte dichter. Construction des Adjectivs mit dem respectiven Infinitiv. — 10. Phyllis, Alcon, Codrus, erdichtete Namen. scentes haedos, vgl. Theocr. 3, 1 u. 2.:

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12. pa

ταὶ δέ μοι αἶγες βόσκονται κατ' ὄρος, καὶ ὁ Τίτυρος αὐτὰς ἐλαύνει.

14. alterna, 'abwechselnd', 'als Wechselgesang', vgl. oben 3, 59 alternis dicetis; amant alterna Camenae; und unten 7, 18: alternis igitur contendere versibus ambo coepere.

15. iubeto, ut, zur iubebat, ut facerem

Construction vgl. Hor. Sat. 1, 4, 121: sive quid; und Lucan. 9, 896: iussit, ut . . mixti serpentibus essent. - 16. pallenti, 'der blaßgrünen, graugrünen'. 19. desine plura, vgl. unten 8, 61: desine Maenalios, iam desine, tibia, versus.

20 ff. Exstinctum. . Daphnim etc., Beginn des Klageliedes über den Tod des Daphnis; zum Thema vgl. Theocr. 1, 66: πεῖ ποκ ̓ ἄρ ̓ ἦσθ ̓, ὅκα Δάφνις ἐτάκετο, πεῖ ποκα Νύμφαι; 24 ff. non ulli . . ad flumina, vgl. Theocr. 1, 71 ff.: Τῆνον μὰν θῶες, τῆνον λύκοι ὠρύσαντο,

τῆνον χωκ δρυμοῖο λέων ἔκλαυσε θανόντα . .
πολλαί οἱ πὰρ ποσσὶ βόες, πολλοὶ δέ τε ταῦροι,
πολλαὶ δ ̓ αὖ δαμάλαι καὶ πόρτιες ὠδύραντο.

34. te fata tulerunt, nach Hom. II. 2, 302: ovs un Kñoes ἔβαν θανάτοιο φέρουσαι,

35. Pales, eine altitalische Hirtengöttin, welche Hirten und Heerden Schuß verlieh. Ihr zu Ehren wurden am 21. April die Palilia (auch Parilia genannt) gefeiert (an demselben Tage war auch das Fest der Gründung Roms).

43 ff. Daphnis ego in silvis etc., vgl. Theocr. 1, 120 ff.:
Δάφνις ἐγὼν ὅδε τῆνος ὁ τας βόας ὧδε νομεύων,
Δάφνις ὁ τὼς ταύρως καὶ πόρτιας ὧδε ποτίσδων.
45 ff. tale tuum carmen etc., vgl. Theocr. 1, 7 ff.
Αδιον ὦ ποιμὴν τὸ τεὸν μέλος ἢ τὸ καταχές

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τὴν ἀπὸ τᾶς πέτρας καταλείβεται υψόθεν ὕδωρ. 48. magistrum, näml. den Daphnis. 49. alter ab illo, 'der Zweite (nächste) nach jenem'; vgl. Hor. Sat. 2, 3, 193: Aiax heros ab Achille secundus. 54. puer, näml. Daphnis als junger Hirt.

55. Stimichon, Name eines Hirten. 56. candidus, dichter. glänzend', 'strahlend', 'verklärt', von den zu den Göttern erhobenen Menschen; vgl. so von Bacchus Tibull. 3, 6, 1: candide Liber, ades. 59. Dryades, 4ovádɛs, die Baumn ymphen, auch Hamadryades Αμαδρυάδες gen. 67. pocula bina, 'je zwei Becher', näml. auf jeden Altar zwei, dagegen das folg. crateras duos, ‘zwei Becher', d. i. auf jeden Altar Einen.

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71. Ariusia vina, 'ariusische Weine'. Ariusius, zum Vorgebirg Ariusium auf der Insel Chios gehörig, dah. dichterisch ‘ariusisch' s. v. a. chiisch; auf Chios wuchs bekanntlich ein vortrefflicher Wein. vum nectar, ein neu eingeführter, den Landleuten noch nicht bekannter Wein. 72. Lyctius, aus Lyctos, einer Stadt auf der Insel Kreta. 80. damnabis votis, du wirst sie (durch Erfüllung ihrer Wünsche) zur Zahlung ihrer Gelübde veranlassen.

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85. cicuta, eigentl. Wasserschierling, dah. in dichter. Uebertragung die aus dem Schierlingsstengel gefertigte 'Rohrpfeife', 'Hirtenpfeife'; vgl. oben 2, 36: disparibus septem compacta cicutis fistula. 86. haec, näml. cicuta, diese Hirtenpfeife. formosum. . Alexin, Bezeichnung der obigen zweiten Ecloge nach deren Anfange: Formosum pastor Corydon ardebat Alexim. 87. cuium pecus? an Meliboei, Bezeichnung der dritten Ecloge nach deren Anfange: Dic mihi, Damoeta

cuium pecus? an Meliboei? Der Sinn unsrer Stelle ist also: auf eben dieser Rohrpfeife habe ich (d. i. Vergil) die zweite und dritte

Ecloge componirt. 88. pedum, der gekrümmte Hirtenstab. Vgl. Fest. p. 249 ed. Müll.: Pedum est baculum incurvum, quo pastores utuntur ad comprehendendas oves aut capras a pedibus: cuius meminit etiam Vergilius in Bucolicis (V, 88) cum ait: "At tu sume pedum". 89. Antigenes, Name eines Hirten. 90. paribus nodis atque aere, vgl. Theocr. 17, 31: to dè oidágɛiov oxvταλον κεχαραγμένον ὄζοις.

Sechste Ecloge.

(1) 'Unsre Thalia hat zuerst beliebt, in syrakusischem Liede zu scherzen und ist nicht erröthet in den Wäldern zu wohnen. Als ich von Königen und Schlachten fingen wollte, zupfte mich der Cynthier (Apollo) am Ohre und ermahnte mich, “der Hirt, Tityrus, muß die fetten Schafe weiden, und ein herabgestimmtes Lied fingen".

(5) Jest will ich denn es werden dir immer Leute übrig (vorhanden) sein, welche begehren, dein Lob zu singen, o Varus, und die trau= rigen Kriege zu erzählen an die ländliche Muse mit schwachem Rohre denken. Nichts singe ich ohne Befehl. Wenn jedoch Jemand auch dieses, wenn Jemand, von Liebe ergriffen, es lesen wird; (10) dich, o Varus, sollen unsere Tamarisken, dich der ganze Hain besingen; und nicht ist dem Phöbus irgend eine Seite (ein Blatt) willkommener als die, welche (als das, welches) sich den Namen des Varus voranschrieb.

Wolan, Pieriden, Chromis und Mnasylos, die Knaben, sahen in der Grotte den Silenus schlafend liegen, (15) die Adern, wie immer, angeschwollen vom gestrigen Weine;; neben ihm lagen die Kränze, eben vom Haupte entfallen, und hing der schwere Krug an dem abgegriffenen Henkel. Sie schreiten heran denn oft hatte der Greis mit der Hoffnung auf ein Lied Beide getäuscht — und legen ihm Fesseln an aus den Kränzen selbst. (20) Alz Theilnehmerin geselt fich zu und kommt zu den Furchtsamen Aegle, Aegle, die schönste der Najaden, und bemalt dem bereits Sehenden (Erwachten) Stirn und Schläfen mit rothen Maulbeeren. Jener, über die Lift lächelnd, sagt: Vergil, Bucolica.

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"Wozu schlinget ihr die Ketten? Bindet mich los, Knaben, es ́genügt, daß es scheine, ihr habet es gekonnt. (25) Erfahret die Lieder, welche ihr wollt; Lieder werden euch, diese etwas Anderes belohnen". Zugleich fängt er selbst an.

Da aber hätte man nach dem Tacte Faunen und wilde Thiere scherzen (tanzen) sehen können, da die starren Wipfel der Eichen sich bewegen; und nicht freut sich so über Phöbus der parnasische Felsen, (30) und nicht bewundert Rhodope so sehr und Jsmarus den Orpheus.

Denn er sang, wie durch die große Leere die Keime der Länder und der Luft und des Meeres getrieben wurden und zugleich des flüssigen Feuers; wie aus diesen Anfängen Alles, und selbst der dünne (ätherische) Weltkreis (Himmel) sich gestaltete; (35) wie dann der Erdboden hart zu werden und den Nereus im Meere einzuschließen begann, und allmälig die Form von Gegenständen zu gewinnen; und schon die Länder staunen, wie die neue Sonne leuchtet, und höher herab aus den entfernten Wolken die Regengüsse herabstürzten, während zum ersten Mal die Wälder beginnen sich zu erheben, (40) und während einzelne Thiere durch die unbekannten Berge irren. Darauf besingt er die geworfenen Steine der Pyrrha, das Reich des Saturnus und die caucasischen Vögel und den Diebstahl des Prometheus.

Diesem fügt er hinzu, wie die Schiffer den an der Quelle zurückgelaffenen Hylas riefen, wie das ganze Gestade von “Hylas, Hylas”, ertönte; (45) und die Pasiphaë, welche glücklich gewesen wäre, wenn es niemals Rinder gegeben hätte, tröstet er mit der Liebe des schneeweißen Stieres. Ach, unglückliche Jungfrau, welcher Wahnsinn hat dich ergriffen! Die Töchter des Prötus erfüllten die Felder mit falschem Gebrülle; (50) aber so schmachvoll hat noch keine nach Buhlschaft mit Vieh gestrebt, obgleich sie am Halse den Pflug gefürchtet und oft auf der glatten Stirn nach Hörnern gesucht hat. Ach, unglückliche Jungfrau! du irrst jezt in den Bergen umher; jener mit der schneeweißen Seite auf weißen Hyacinthus gestüßt, kaut blasse Gräser unter der dunklen Eiche oder er folgt irgendeiner Kuh in der großen Heerde.

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