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Eine eigenthümliche Form der Blepharoconjunctivitis ist die Psorophthalmie. Der Augenliedrand schwillt, röthet sich, und ist der Sitz brennender Schmerzen. Es erheben sich auf dem rothen Grunde frieselartige Bläschen, welche mit einer dünnen, jauchichten Lymphe gefüllt sind. Diese öffnen sich, verwandeln sich in kleine Geschwüre, welche Eiter, der in Krusten auf der Oberfläche des Geschwüres sich ablegt, absondern. Es häuft sich unter den gebildeten Krusten der Eiter an, bis die Krusten durch denselben erhoben werden, der ganze Augenliedrand wird in geschwürigen Zustand versetzt und überkrustet, so dafs der von den Meibom'schen Drüschen abgesonderte Schleim nicht mehr ausgesondert werden kann, die Drüschen selbst in Entzündung und Eiterung gesetzt werden. Die Augenlieder verkleben während der Nacht, und bei unvorsichtigem Oeffnen des Auges entsteht eine Blutung aus den Augenliedrändern. Die Verschwürung und Ueberkrustung verbreitet sich bisweilen über die Blepharoconjunctiva; man will selbst das Auftreten derselben auf der Bindehaut des Augapfels beobachtet haben 1). Bisweilen verbreitet sich die Ulceration über eine grosse Fläche der äussern Bedeckungen des Augenliedes. Leicht kann als Folge dieser Entzündung durch Verbildung der Augenliedränder eine Trichiasis oder Distichiasis, durch Ulceration eine Zerstörung der Haarzwiebel und Kahlheit des Augenliedrandes, eine theilweise Verwachsung der Augenlieder, durch Verschrumpfung des Tarsus ein Entropium, durch Luxuriren der Conjunctiva ein Ectropium zurückbleiben.

Die Benennung erhielt die Entzündung von ihrer pustulösen Form und dem sie begleitenden

1) Sauvages Nosologia methodica. T. 2. p. 60.

juckenden Schmerz. Die wichtigsten Schriftsteller ) behaupten, dafs durch unmittelbares Uebertragen des Krätzstoffes auf die Augenlieder diese Entzündung erregt werde, wogegen jedoch zu bemerken ist, dafs vielleicht, da das Krätzgift nur die Bedeckungshaut als fruchtbringenden Boden erkennt, und der bei der Psorophthalmie vorhandene Eiter nach des Verfassers Versuchen keine ansteckende Kraft äussert, diese Ansicht keinen Beifall verdienen möchte. Die Entstehung findet durch keine materielle Uebertragung des Krätzstoffes, sondern auf dynamische Weise, durch Uebertragung der krankhaften Thätigkeit, veranlafst durch die Wechselbeziehung der Gebilde gegen einander, Statt. Da die Natur an das absondernde Organ gewöhnt, und der Organismus krankhaft verstimmt ist, so wird durch Störung der ursprünglichen Secretion ein neues Organ krankhaften Ursprunges mit ähnlicher Secretionskraft hervorgerufen. Nicht die schnelle Abheilung lange bestandener Krätze allein, sondern auch andere schnell vertrocknende und abheilende impetiginöse Hautübel, z. B. Kopfgrind, Milchschorf, Flechten etc. veranlassen diese Entzündung. Die Benennung Blepharoconjunctivitis impetiginosa, als Sitz und Sache bezeichnend, könnte füglich mit der gehenden Bezeichnung Psorophthalmia vertauscht werden, besonders da letztere zu dem oben gerügten Irrthum Anlafs gegeben zu haben und noch zu geben scheint 2). Auch kann, wenn die krankhafte Stimmung des Organismus beträchtlicher wird, das Uebel seines Bestehens auf der Haut

1) Beer (i. a. W. 1. B. S. 566), Walther (i. a. W. S. 471), Benedict (i. a. W. S. 366).

2) Die von Benedict (i. a. W. S. 367) aufgestellte Unterscheidung der Psorophthalmic in Blepharophthalmia psorica, ulcerosa, impetiginosa scheint nicht gehörig begründet zu seyn.

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ungeachtet auf die schleimhäutige Fläche des Auges sich fortsetzen, ohne jedoch, dafs ein materielles Uebertragen eines Krankheitsstoffes und das Produciren desselben dabei Statt findet. Bisweilen entsteht diese Entzündung bei Individuen, welche unverdauliche Nahrungsmittel geniessen, eine ungesunde Wohnung haben und die Reinigung der Haut vernachlässigen. Nicht selten scheint Wurmreitz im Spiele zu seyn.

Bei der Behandlung nehme man vorzüglich darauf Rücksicht, die krankhafte Thätigkeit auf ihren ursprünglichen Sitz zurückzuführen. Hierzu dienen besonders jene Mittel, welche die peripherische Thätigkeit steigern, und den vermehrten Zuflufs der Säfte gegen die Haut bewirken. Man gebe Schwefel mit Campher etc., man lasse ein Unguentum acre einreiben, Seidelbast und Vesicantien auflegen, und Bäder gebrauchen. In Fällen, in welchen die Entzündung durch Unterdrückung der Krätze entstund, hat man vorgeschlagen, den Kranken einer neuen Ansteckung zu unterwerfen, was jedoch unpassend ist, da keine materielle Uebertragung des Krankheitsstoffes auf das Auge Statt findet. Die Beseitigung gastrischer Reitze ist hier vorzüglich durch Brechmittel, durch Calomel mit Jalappa und andere Abführmittel zu bewirken. Bei Kindern wirkt, wenn die Entzündung in Begleitung des Milchschorfs auftritt, der innerliche und örtliche Gebrauch einer Abkochung der Viola tricolor vorzüglich. Man verbessere die krankhafte Stimmung des Organismus vorzüglich durch Vermeidung der bedingenden und unterhaltenden Ursachen. Besteht die Entzündung in Begleitung der Krätze, so werde diese vorsichtig durch innerliche Mittel und den Gebrauch der Bäder gehoben. Die örtliche Behandlung beschränkt sich im Anfange auf Verminderung der bestehenden Irritation, Ausspülen der abgesonderten Lymphe

und Entfernung der Krusten. Diesen Zwecken entspricht ein erwärmter Malvenabsud mit Cicuta und das Einreiben einer Salbe von Wachs und Oel. Ist der Zustand der Rohheit vorüber und die heftige Irritation beschwichtigt, so dient ein Tabakdecoct, um die krankhafte Irritation aufzuheben, und das Ungt. hydrarg. citr., welches täglich zweimal über die Augenliedränder aufgestrichen wird. Besonders wird die aus gleichen Theilen ungesalzener Butter, Wachs und rothem Präcipitat bestehende Hufeland'sche Salbe empfohlen. Auch die Zink-, Kupfer- und Camphersalbe entsprechen diesem Zustand der Entzündung.

Nicht selten ist die, das Weisse des Auges umkleidende, Conjunctiva der primäre Sitz der Entzündung, welche dann die Benennung Ophthalmoconjunctivitis verdient. 'Die Bindehaut des Augapfels röthet sich, gegen die Winkel der Augen bildet sich ein Gefäfsnetz, aus welchem die aufgetriebenen Gefässe gegen die Hornhaut hinlaufen; je mehr sie sich dieser nähern, desto mehr nehmen sie an Zahl und Ausdehnung ab. Der Patient hat ein belästigendes Gefühl im Auge, indem die wulstigen Gefäfsstränge beim Bewegen des Auges die Empfindung wecken, welche ein fremder Körper im Auge zu bewirken pflegt. Die Lichtscheue ist nicht beträchtlich, Abends exacerbirt diese Entzündung, gewöhnlich ist die Thränenabsonderung etwas vermehrt. Von der Sclerotitis unterscheidet sich diese Entzündung, dafs die entwickelten Gefässe hier dunkler geröthet, wulstiger und oberflächlicher liegend sind, dafs das Gefäfsnetz durch die sich bewegenden Augenlieder verschoben wird und der Schmerz geringer ist. Oft beschränkt sich die Entzündung auf einen oder den andern Augenwinkel, oft schreitet sie auf die Conjunctiva des Augenliedes fort, und setzt dadurch die Normalität der Secretionen

störend, nach der Heftigkeit des Entzündungsgrades bald einen feuchten bald trockenen Žustand des Augapfels.

Bis hierher steigt die Taraxis, welche dann in den Stufen zurückgeht, auf welchen sie vorgeschritten ist, oder aber die Taraxis steigert sich zur Chemosis, indem der Entzündungsprocess an Heftigkeit und Ausbreitung gewinnend nicht mehr auf die Conjunctiva sich beschränkt, sondern auf die Sclerotica sich fortsetzt. Unter dem dunkelrothen Gefälsnetze der Conjunctiva zeigt sich die mit Carminröthe gefärbte Sclerotica, wobei ein heftig spannender Schmerz des Auges sich bemächtigt. Je höher der Entzüngszustand der Sclerotica steigt, desto deutlicher spricht sich auch ein entzündliches Hornhautleiden aus. Die Hornhaut verliert ihren Glanz und trübt sich, was auf Alienation der darin befindlichen halituösen Flüssigkeit hindeutet. Die Gefäfsstränge drängen sich immer mehr zusammen, so dafs allmählig dieselben in eine allgemeine Röthung der Conjunctiva zusammenfliessen. Die Taraxis hebt sich gewöhnlich ohne eine Spur zurückzulassen; nach der Chemosis im beschriebenen Grade bleiben nicht selten Verdunklungen der Hornhaut zurück.

Nicht immer bleibt die Entzündung auf den beschriebenen Stufen, sondern, indem sie von der Sclerotica aus auf Hornhaut, Iris und die edelsten Gebilde des Auges sich fortsetzt, wulstet die Conjunctiva sich auf, und umlagert als fester, gleichförmiger, scharlachrother, schmerz-hafter Wall die Hornhaut, welche trübe ist, grauröthlich wird, worauf die wäfsrichte Flüssigkeit sich trübt, die Pupille dem untersuchenden Blicke dadurch entzogen, und das Sehvermögen bis auf eine geringe Lichtempfindung aufgehoben wird. Der Schmerz ist sehr heftig, der Kranke hat das Gefühl, als wäre die Augengrube zu klein, um

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