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lich erkennt, so nennt man es fernsichtig. Die Individuen, welche fernsichtig sind, entfernen kleine Gegenstände auf 1 bis 3 Fufs, um sie deutlich zu erkennen. Die Pupille ist hier gewöhnlich im Zustande der Verengerung. Die Fernsichtigen lieben starke Beleuchtung.

Das Nächstursächliche der Fernsichtigkeit liegt in der zu langsamen Brechung der Lichtstrahlen, so dafs diese die Retina beruhren, ehe sie sich vereinigt haben. Nur entferntere Gegenstände können daher deutlich wahrgenommen werden. Objecte, welche in einer sehr grossen Entfernung liegen, erscheinen, der in diesen Augen wenig empfindlichen Retina wegen, undeutlich, da die in grosser Entfernung liegenden Gegenstände eine geringe Menge der Lichtstrahlen dem Auge zusenden. Die gewöhnlichen Bedingungen, aus welchen Fernsichtigkeit entsteht, sind: 1. zu geringe Convexität der Hornhaut oder der Linse, oder beider zugleich; 2. zu geringe Entfernung der Hornhaut und der Linse, oder der Linse und der Netzhaut; 3. Verminderung der die Lichtstrahlen brechenden Kraft der durchsichtigen Theile des Auges.

Die Abplattung der Hornhaut und der Linse können in Folge der ursprünglichen Gestaltung des Auges sich zeigen, allein es ist sehr selten, dafs vor dem 4osten Jahre die Presbyopie sich entwickelt. Gewöhnlich ist sie Folge des Alters, der verminderten Ernährung der Theile und des gesunkenen Turgor vitalis. Durch Vereiterung der Hornhaut, durch Atrophie der Linse könnte ein solcher Zustand bedingt werden *). Wenn durch einen fehlerhaften Nutritionsprocefs die Sclerotica sich verdickt, und in dem Grade sich zusammenzieht, als die von ihr eingeschlossenen Theile an

*) Man hat Augen zergliedert, in welchen auch nicht die geringste Spur der Linse wahrgenommen wurde. (Delpech, i. a. W. V. I. pag. 444).

Umfang abnehmen, wie dieses bei alten Individuen in Folge der mangelhaften Ernährung der Theile geschieht, so entsteht eine zu grosse Annäherung zwischen Linse und Netzhaut, oder Hornhaut und Linse, und dadurch die zweite Bedingung - zur Fernsichtigkeit. Diese Bedingung kann Folge besouderer ursprünglicher Bildung seyn, oder auch durch die überwiegende Thätigkeit der vier geraden Augenmuskeln gesetzt werden, welche gleichzeitig wirkend den Augapfel verkürzen *). Wenn die Dichtigkeit der Hornhaut, der wässerichten Feuchtigkeit oder des Glaskörpers vermindert ist, so entsteht ebenfalls Presbyopie. Wenn man Fälle beobachtet hat, in welchen eine von Jugend an vorliandene Fernsichtigkeit durch das Alter gehoben wurde, so ist dieses aus der eingetretenen Verdichtung und Verdickung der Hornhaut zu erklären, Da aber die übrigen angegebenen Umstände im Alter gewöhnlich überwiegen, da endlich die wässerichte und die gläserne Feuchtigkeit in einem flüssigeren Zustande sich befinden, so wird es sich erklären, warum der gewöhnlichen Verdickung der Hornhaut ungeachtet, denuoch Fernsichtigkeit als häufig beobachtete Folge des Alters auftritt. Die durch Gewohnheit entstehende Presbyopic bildet sich durch die allmählige Verminderung der Längenachse des Augapfels. Eine Radicalkur ist hier nicht möglich; palliative Hülfe wird durch die convexen Brillen geschafft.-Sobald man bemerkt, dafs der Horopter sich merklich entfernt, und der Grad der Beleuchtung, um

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*) Wenn beide schiefe Augenmuskeln im Zustande der Thatigkeit gleichzeitig sich befinden, so wird der Augapfet verlängert; verkürzt wird derselbe durch die gleichzeitige Thätigkeit der vier geraden Muskeln. Die Individuen, welche nahe und entfernte Gegenstände gleichdeutlich zu erkennen vermögen, scheinen diese vortheilhafte Eigenschaft dem regelmässigen Spiele dieser Theile verdanken

zu müssen,

deutlich zu sehen, mehr und mehr verstärkt werden mufs, so ist nach Beer 1) der Zeitpunct für die Anwendung der Brillen vorhanden. Da die Presbyopie immer zunimmt, so folgt daraus, dafs man im Anfange mit schwach convexen Gläsern sich begnügen mufs, die man nur allmählig mit mehr convexen vertauschen darf. Zuweilen findet sich ein Auge fernsichtig, während das andere kurzsichtig ist 2).

4) I. a. W. 2. B. S. 664.

2) Die Brillen dienen nicht nur bei Kurz- und Fernsichsigkeit, sondern auch bei abgestumpfter Empfindlichkeit der Retina, und bei Unreinheit und Trübung der brechenden Medien des Augapfels. In den letztern Fällen bedürfen die Leidenden der Flachgläser von 100 bis 140 Zoll Brennweite, welche kaum vergrössern, weil hier nur ein concentrirteres Licht auf die Nervenhaut fallen, die Objecte erhellt und deutlicher gemacht werden sollen. Die Augengläser für Weitsichtige haben zwischen 45 bis 70 und 80 Zoll Brennweite; die für Kurzsichtige zwischen 8 bis 30 und mehrere Zolle. Dafs ein Augenglas völlig passend ist, wird dadurch erkannt, dafs man durch dasselbe so lesen, schreiben und mit den Augen arbeiten kann, als ob man ein ganz gesundes Gesicht hätte. Zuweilen hat das Auge eine andere Brille bei der künstlichen Beleuchtung, als bei dem Tageslichte nöthig; die Abendbrille mufs dann immer schärfer seyn. Die runden, ziemlich grossen Brillengläser in einer schmalen Fassung befindlich, sind besser als die ovalen oder eckigen, da letztere ein zu geringes Sehfeld darbieten, und zu viel Nebenlicht auf das Auge fallen lassen. Die Gläser müssen vollkommen rein, ohne Adern oder Sprünge seyn. (S. Bernstein systematische Darstellung des chirurg. Verbandes. Jena, 1798, p. 174. Weller, Diätetik für gesunde und schwache Augen, p. 188).

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2. Klasse. Organische Krankheiten.

Von den Hypervegetationen.

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Die organischen Krankheiten, bei welchen 'die Structur- und Formveränderung durch Ueberschufs der organischen Masse, durch Vergrösserung des Umfangs sich ausspricht, werden hicher gerechnet. Diese werden bedingt durch den wuchernden Ernährungs- und Bildungsprocefs, und zwar 1. durch einseitige Entwicklung der productiven Sphäre, und dadurch gesteigertes Vegetationsleben; 2. durch Anhäufung secernirter Stoffe mit gleichzeitiger Organisationsabweichung einzelner Theile; 3. durch eigenthümliche Umbildung eines Theiles; 4. durch Zerstörung eines Theiles und Bildung eines neuen Organes, so dafs der zerstörte Theil der Boden des neu sich bildenden Organs ist. Die Krankheiten kommen demnach in folgende Gruppen: Wucherungen.

Ectropium, Sarcoma palpebrae.

Pannus.

Pterygium,

Encanthis fungosa.

Organisationsveränderung mit gleichzeitiger Anhäufung secretirter Flüssigkeiten.

Oedema calidum et frigidum palpebrarum.
Hydrophthalmos, Buphthalmos.

Umbildungen der Theile.

Tylosis, Hydatis, Milium, Morum, Verucaè palpebrarum.

Cirsophthalmia, Staphyloma scleroticae..

Staphyloma totale et partiale,

Bildungen neuer Organe.

Chalacion, tumores cistici.

Tumores in orbita.

Cancer palpebrae et oculi.

Vom Ectropium und Sarcoma palpebrae.

Unter Ectropium versteht man die Auswärtswendung der innern Fläche eines oder des andern, gewöhnlich des untern Augenliedes. Ausser der Entstellung, welche durch die, einer rohen Fleischmasse vergleichbaren, ausgestülpten Conjunctiva hervorgebracht wird, erleidet der Patient in Folge des Ectropium des untern Augenliedes Thränenträufeln, weil die durch dieses Augenlied gebildete Rinne fehlt, Trockenheit des Augapfels und, das Ectropium mag am obern oder untern Augenliede haften, häufiges Wiederkehren entzündlicher Zufälle, in deren Folge die Cornea an Glanz und Durchsichtigkeit einbüfst.

Wir müssen die Verschiedenheit der Zustände und Gestalten, unter welchen dieses Leiden sich ausspricht, berücksichtigen, da hiernach das Heilverfahren eingerichtet werden mufs. Diese ver schiedenen Gestalten sind selbstständige Zustände, die in ihrer Form ursprünglich aufzutreten, und sich zu behaupten vermögen, zuweilen jedoch ein stuffenweises Durchlaufen durch die einzelnen Zustände zeigen.

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In Folge chronischer Reizung der Conjunctiva entwickelt sich in diesem Gebilde ein gesteigerter Vegationsprocefs mit Auflockerung und vermehrter Absonderung. Es drängt sich die aufgelockerte Conjunctiva in Form eines röthlichten Wulstes hervor, and durch die vermehrte Schleimsecretion sind die Augenlieder verklebt und mit Krusten bedeckt. Es findet sich diese Art des Ectropiums bei Alten, bei Wüstlingen, bei unreinlichen cachectischen Individuen. Sie wird, im geringsten Grade bestehend, als Lippitudo, Triefauge der Alten, Ectropium senile, beschrieben. Ausser der Auflockerung der Conjunctiva wird noch die Läbnung des Orbicularis als Ursache derselben aufgeführt. Diesem Zustande reihet sich an das Ectropium

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