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das Schielen (denn im Anfange jedes Schielens sicht der Schielende doppelt, das schielende Auge wird in der Folge des lästigen Doppeltsehens wegen, gänzlich vernachlässig), dieses sind die veranlassenden Ursachen dieses Zustandes. Die andere Art dieses Doppeltsehens wird durch solche Ursachen gesetzt, welche eine doppelte Gestaltung des Bildes auf der Retina bewirken; diese bestehen in bedeutenden Narben oder Flecken auf der Mitte der Hornhaut, oder der vordern Linsenkapsel oder der Linse selbst, oder von Druck auf den Bulbus oder von einer doppelten Pupille. In allen diesen Fällen ist die Diplopie bedingt durch kein der Retina eigenthümliches Leiden. Zuweilen aber erscheint dieselbe als rein nervöses Leiden in Folge der fehlerhaften Empfindung des Sehnervens. In diesem Falle findet Doppeltsehen Statt, der Patient mag mit einen oder mit beiden Augen die Gegenstände betrachten. Das Leiden ist dann idiopathisch oder consensuell,

Jene Individuen, bei welchen ein verstimmter Zustand des Nervensystems obwaltet, wie Hysterische und Hypochondristen, werden leichter hievon befallen,

Bei der Behandlung berücksichtige man die Ursache und die Stuffe der Stimmungsänderung der Retina. Die symptomatische Diplopie weicht nach glucklicher Bekämpfung des Uebels, das dem Doppeltsehen zum Grunde liegt.

Von der Hemiopie.

Diese Krankheit ist selten beobachtet worden. Der Kranke sieht den Gegenstand, den er auschaut, nicht ganz, sondern nur einen kleinern oder grössern Theil desselben, zuweilen aur die Mitte, nicht den Umfang, zuweilen den Umfang, nicht die Mitte, zuweilen blos die obere oder untere Hälfte. Auf eine so unvollkommene Art

sieht er den Gegenstand entweder in der Nähe sowohl, als in der Entfernung, oder blos in der Nähe, nicht in der Entfernung ).

Das Uebel wird bedingt durch ein Leiden der durchsichtigen oder bedeckenden Theile des Auges, ohne dafs die Retina im Zustande der Erkrankung sich befände, z. B. durch Verdunklungen der Hornhaut, der Linsenkapsel und der Linse, durch fehlerhaften Zustand der Augenlieder, z. B. beim Ancyloblepharon partiale, bei Blepharoplegia, durch fehlerhafte Stellung der Pupille etc. In diesen Fäl— len findet das Halbsehen nur bei Entfernung des Gegenstandes, in gewisser Stellung des Auges und bei Anschauung grösserer Objecte Statt.

Zuweilen wird die Hemiopie durch fehlerhafte Stimmung des Sehnervengebildes erregt, und ist dann entweder vorübergehend, was gewöhnlich der Fall ist, oder anhaltend, wo dann das Uebel den Namen Amaurosis dimidiata erhält. Die meisten beobachteten Fälle 2) zeigen, dafs eine allgemeine Verstimmung des Nervensystems, Hysterismus oder Hypochondrie mit oder ohne auffallende Störungen der Reproductionsorgane, als gewöhnliche Ursache dieses Uebels anzusehen sey; als Folge dieser bildet sich dann partielle Lähmung, oder theilweiser Irritationszustand der Retina.

Bei der Behandlung richte man sich nach den bei der Amaurose entwickelten Heilregeln 3).

1) Richter's Anf. d. W. 3. B. S. 549.

2) Dissertatio de visu duplicato et dimidiato. Auct. Heinicke. Wittemberg, 1723.

3) Mit der Hemiopie hat der Gesichtsfehler Aehnlichkeit, vermöge dessen einzelne Farben nicht von einander unterschieden werden können. Wenn die Flüssigkeiten des Auges gefärbt sind, z. B bei icterischen Individuen gelb, nach starker Contusion des Auges in Folge der sich bildenden Blutaustretungen roth, so werden alle Objecte auf eine oder die andere Weise tingirt wahrgenommen.

Von der Hemeralopie).

Dieser Gesichtsfehler ist von doppelter Art. Die Kranken sehen am Tage gut, bei Nacht aber, es mag hell oder dunkel seyn, gar nicht, oder aber, sie sehen ohne Unterschied der Zeit, blos an einem stark erleuchteten Orte, wenig oder gar nicht an einem weniger hellern Orte.

Die erste Art ist eine periodische Amaurose; der Kranke fängt an, in diesem Falle die Gegenstände wahrzunehmen, sobald die Sonne aufgeht; gegen Mittag ist das Gesicht so deutlich, als es vor dem Beginnen der Krankheit war; je mehr die Sonne dem Untergange sich nähert, desto mehr vermindert sich das Sehvermögen, so dafs im Zeitpuncte, in welchem die Sonne unter unserm Horizonte, sich befindet, völlige Blindheit entsteht, und der Kranke selbst bei künstlicher Beleuchtung nichts wahrzunehmen vermag 2). Man hat Fälle beobachtet, in welchen die Krankheit immer einen Tag aussetzte und den folgenden wiederkehrte. So lange die Natur der Periodicität der Krankheiten noch nicht aufgehellt ist, bleibt auch diese Erscheinung eine unerklärbare Aufgabe. Wahrscheinlich, wird die Leitungsfähigkeit des Sehnervens periodisch aufgehoben.

Die zweite Art ist eine Amblyopie, welche durch verminderte Empfindlichkeit der Retina gesetzt wird, so dafs eine mässige Beleuchtung nicht hinreicht, die Gegenstände sichtbar zu machen, sondern ein starker Eindruck auf die Retina nothwendig ist. In diesem Falle sicht der Kranke Nachts bei künstlicher Beleuchtung. Oft ist diese Art die erste Stuffe der Amaurose. Die Pupille befindet sich

1) Caecitas nocturna, caecitas crepuscularis, Nachtblindheit. Einige Schriftsteller gebrauchen diese Benennung für den Zustand, welchen die Mehrzahl mit dem Namen Nycta lopie belegt.

2) Demours, a. W. 1. B. S. 433.

gewöhnlich im Zustande der Erweiterung, und der Kranke hat nicht selten Sinnestäuschungen.

Dem Entstehen der Hemeralopie geht gewöhnlich Schwere und Betäubung des Kopfes, und ziehende Schmerzen in den Gliedern voraus, der Kopfschmerz kehrt gewöhnlich bei einbrechender Dämmerung mit der Erblindung zurück, nachdem er den Patienten den ganzen Tag hindurch frei gelassen hatte, was mich anzunehmen bestimmt, dafs die Ursache weniger in der Retina, als in den übrigen Theilen des Sehnervengebildes zu suchen ist. Die Dauer der Hemeralopie verhält sich verschieden, gewöhnlich hält sie mehrere Monate an; den Bemühungen der Kunst weicht sie früher. Sich selbst überlassen, verschwindet sie allmählig, und nur in wenigen Fällen hat man den Uebergang in Amaurose beobachtet. Auflallend ist, dafs sie leicht vou einem Jahre zum andern sich wieder einstellt, was ihr mit andern periodischen Krankheiten gemein ist.

Man hat die Hemeralopie epidemisch herrschend beobachtet, endemisch ist sie in China, Brasilien, auf den Molukkischen Inselu, in einigen Gegenden von Frankreich. Schädlichkeiten, welche die Hautthätigkeit stören, veranlassen vorzüglich dieselbe, weishalb die Marinesoldaten häufig von ihr befallen werden. Als Folge der Unterdrückung der Hautthätigkeit, erzeugen sich gastrische Zufälle, welche zur Hervorbringung des Uebels thätig einwirken.

Die Brechmittel und die Eckelkur in Verbindung mit flüchtigen Reizen, welche auf das Auge und die Augengegend gewöhnlich in Dunstgestalt angewendet werden, haben sich vorzüglich wirksam gezeigt. Zeigen sich Symptome von Vollblütigkeit und vermehrtem Zuströmen des Blutes gegen den Kopf, dann mufs der Anwendung dieser Mittel eine Venäsection vorhergehen. Den Schlufs der Cur macht man mit dem innerlichen Gebrauche to

nischer und reizender Mittel. Die Störung der Hautthätigkeit beim Entstehen des Uebels als wahrscheinliche Ursache desselben verlangt Rücksichtsnahme auf die Transpiration und Beförderung derselben, wenn durch die angegebene evacuirende und alterirende Methode die Haut nicht in voller Thätigkeit sich zeigt. Daher erklärt sich die günstige Wirkung der schweifstreibenden Mittel, des Guajak, der Sassaparill etc., der Vesicantien und endlich der Anwendung der Dämpfe von gekochten Ochsenlebern auf die Augengegend und den ganzen Kopf, eines Mittels, das nicht so sicher wirkt, wie man zu glauben beliebte, und das, wenn es günstig einwirkt, durch keine specifische Kraft, sondern nur mittelst des Wasserdampfes, und die dadurch verstärkte Transpiration des Kopfes den günstigen Erfolg herbeiführt. Nebst den angeführten Mitteln sind noch Dämpfe von Bernstein, Caffee, Storax und Masticatoria von Ange→ lica- und Bertrams wurzel mit Nutzen angewandt worden.

Dafs ein der Hemeralopie ähnlicher Zustand durch Myosis herbeigeführt werde, wird von den berühmtesten Schriftstellern behauptet, indem sich dann dem Beleuchtungsgrade angemessen, die Pupille nicht zu erweitern vermag.

Von der Nyctalopie *).

Kranke, welche an diesem Gesichtsfehler leiden, sehen bei Tage, es sey an einem hellen oder dunkeln Orte, gar nicht, bei Nacht hingegen es mag helle oder dunkel seyn, unfehlerhaft, oder aber sie sehen an einem hellen Orte undeutlich, es mag Tag oder Nacht seyn, an einem dunkeln deutlicher. Die erste dieser beiden Arten der Nyctalopie

*) Synonyme luminis.

Amblyopia meridiana, Vespertina Dysopia Caecitas diurna.

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