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Die idiopathische Amblyopie spricht sich durch Erhöhung oder durch Verminderung der Recep tivität des Gebildes gegen den Lichtreiz aus, so dafs im ersten Falle die eindringenden Lichtstrallen das zu empfindlich gestimmte Gebilde treffend, den gehörigen Eindruck nicht hervorzubringen vermögen, wefshalb auch nur undeutliche Perception der Gegenstände folgen kann. Bei verminderter Receptivität, bei bestehendem Torpor des Gebildes wirkt der Lichtreiz auf ein seiner individuellen Stimmung entrücktes Nervengebilde, und auch hier wird keine Deutlichkeit der Wahrnehmung dem Eindrucke folgen. In beiden Fällen wird der modificirten Nervenstimmung AbändeFung im Gefäfsleben des Theiles folgen. Im erstern Falle wird durch die gesteigerte Empfindlichkeit vermehrter Andrang des Blutes zur Retina, ein an Entzündung streifender, bisweilen in Ent zündung sich umbildender Zustand bewirkt. Im letztern Falle entsteht hieraus Trägheit der Circulation, Stockung und Veränderung der Nutrition, so dafs gewöhnlich bei längerem Bestehen derselben der varicöse Zustand der Retina beobachtet wird.

Die Amplyopis mit gesteigerter Sensibilität der Retina leiden an grosser Empfindlichkeit gegen das Licht; sie haben bei einem matten Blicke eine ziemlich enge Pupille, wobei die Iris bei der leisesten Zunahme der Beleuchtung bedeutend sich expandirt. An dunklen Orten sehen diese Individuen besser. Die Diagnose wird erleichtert durch Berücksichtigung der vorausgegangenen ursächlichen Einwirkungen. Diese Amblyopie folgt einem lange anhaltenden Zustande der Unthätigkeit der Retina, der durch Entzündungen, krampfhafte Verschliessung der Augenliedspalte, Verdunklung der durchsichtigen Medien des Auges etc. bedingt wurde *).

*) Der Erethismus, gesetzt durch Unthätigkeit, ist wohl kein hyposthenischer, vielmehr ein hypersthenischer Zustand.

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Ist die Amblyopie durch Torpor bedingt, so werden bei einer vollkommen runden Pupille die Bewegungen der Iris träge sein, und die Schwäche des Gesichts wird zunehmen, sobald der Kranke an dunkeln Orten sich befindet. Ist ein varicöser Zustand der Retina und Chorioidca vorhanden, so findet man nebst etwas erweitertem Sehloche die Iris gegen die Hornhaut gewölbt, und die Pupille in die Quere gezogen. Die Bewegungen der Iris sind träge, die Conjunctiva euthält varicöse Gefäfsstränge; die Sclerotica ist zunächst der Hornhaut blaulicht, der Augapfel ist härter als im normalen Zustand. Es entstehen Lichtentwicklungen, welche sich durch die Bewegungen des Auges wiederholen. Diese Amblyopie wird bedingt durch Vorausgegangene Retinitis, durch heftige Anstrengungen des Auges, besonders durch microscopische Arbeiten, durch angeborne Verstimmung einzelner Nervenzweige oder des ganzen Systems, durch erworbene Schwäche, als Folge entkräftender Krankheiten, der Verschwendung edler Säfte, des gestörten Kreislaufes etc. Thierische Gifte scheinen vermöge der krankhaften Umstimmung des Sehnervengebildes Amblyopie zu setzen. die idiopatische Amblyopie leicht in Amaurose übergeht, so wird sie mit der Benennung Amblyopia amaurotica belegt. Die als Folge des Alters sich einstellende Gesichtsschwäche, gesetzt durch das allmählige Erlöschen der Nerventhätigkeit, die Trägheit des Stoffwechsels und die daraus hervorgehenden Trübungen wird Amblyopia senilis genannt.

Da

Die symptomatische Amblyopie wird bedingt durch Trübungen der Hornhaut, der wässerichten Feuchtigkeit, der Linsenkapsel, der Linse, des Glaskörpers, durch eine zu beträchtliche oder zu geringe Quantität der wässerichten Feuchtigkeit, durch andauernde Myosis etc.

Diese verschiedenen Zustände lassen sich leicht erkennen; dem grössern Theile derselben gehen

Eutzündungen voran, welche den Arzt auf den leidenden Theil aufmerksam machen. Bei Trübungen der Linsenkapsel und der Linse, die bedingt durch eine Capsulitis bestehen, findet sich die Pupille verengert, gewöhnlich winklicht verzogen, so, dafs dieselben, wenn sie auch noch so gering sind, dadurch um so leichter erkannt werden.

Die symptomatische Amblyopie fordert die Behandlung des dieselbe bedingenden Zustandes. Bei Behandlung der idiopathischen Amblyopie berücksichtige man die quantitative und qualitative Stimmung der Retina. Die erste Art der idiopatischen Amblyopie weicht ohne Zuthun der Kunst durch den schonenden Gebrauch des Sehorgans, das keine starke Reize verträgt. Die Patienten müssen sich der grünen Brillen bedienen, jede grelle Beleuchtung meiden, das Auge oft auf einer grünen Fläche verweilen lassen. Das Waschen mit kaltem Wasser wird besonders empfohlen. Hat die Empfindlichkeit sich gemässigt, so giebt man ein wenig reizendes Augenwasser, um das Auge allmählig an Reize zu gewöhnen, und um die angehäufte Sensibilität allmählig zu verzehren*). Sind mit der Amblyopie Congestionen gegen das Auge, Unordnungen im Kreislaufe etc. verbunden, so ist der Gebrauch abführender und ableitender Mittel nicht zu versäumen.

Die torpide Amblyopie fordert eine aufregende Behandlung. Geistige Einreibungen in der Nähe des Auges, Verdunstungen der Naphten, des Salmiakgeistes gegen das Auge, die Elektricität, der Galvanismus werden besonders empfohlen. Ist ein Zustand allgemeiner Entkräftung vorhanden, so müssen stärkende Mittel, unterstützt durch kräf

*) Plenk (i. a W. S. 190) empfiehlt den Gebrauch eines aromatischen Wassers, in Verbindung mit dem Spirit. Anthos. Vom letztern sollen so viele Quentchen genommen, als vom erstern Unzen verordnet werden.

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tige Nahrung angewendet werden. Da bei diesen Individuen selten eine radicale Heilung erhalten wird, so mufs man durch den Gebrauch der Brillen, welche beiderseits convex seyn müssen, abzuhelfen suchen ). Die Amblyopia senilis ist unheilbar. Ist die Amblyopie durch eine specifike Krankheitsursache gesetzt, so mufs eine dieser entsprechenden Behandlung eingeschlagen werden.

Hier verdient jener Gesichtsfehler aufgeführt zu werden, welchen man Crupsia, Myodesopia, Visus reticularis etc. zu nennen pflegt, vermöge dessen die Patienten Flecken, Funken, Fäden etc. zu sehen glauben. Diese täuschenden Bilder 2) sind mit keinem auffallend veränderten Zustande des Auges verknüpft; sie werden besonders beobachtet, wenn helle und dunkle Gegenstände abwechselnd betrachtet werden. Congestionen können dieselben leicht hervorrufen, und meistens sind Hypochondristen davon geplagt. Sie sind beweglich oder unbeweglich; letztere sind zuweilen die Vorläufer der Amaurose. Gewöhnlich aber bestehen sie lebenslänglich, ohne beträchtlichere Störungen zu verursachen. Richter 3) glaubt, dafs Reize, welche auf die Augennerven wirken, oder partielle Schwäche, oder Verdunklung einer einzelnen Stelle, welche die Lichtstrahlen aufhält, und einen umgrenzten Schatten auf die Retina wirft, starke Anschwellung eines Gefäfssträngchens der Retina als Ursachen dieses Leidens zu betrachten sind. Demours *) hält den Morgagui'schen Liquor für den Sitz des selben, wo hingegen Delarue 5, die Krankheit in die Chorioidea setzt. Purkinje ) glaubt, dafs es Sauvages, i. a. W. S. 744. 1. B.

Maitre Jean (Traité des maladies des yeux. pag. 279) nennt sie imaginations perpetuelles.

3) Anf. d. W. 3. B. S. 585.

4) I. a. W. 3. B. S. 409.

5) I. a. W. S. 515.

6) Beiträge zur Kenntnifs des Sebens in subjectiver Hin

sicht. Prag, 1819. S. 129.

frei in der wässerichten Feuchtigkeit herumschwimmende Blutkügelchen sind. Darin stimmen die Schrifsteller überein, dafs dieser Zustand gewöhnlich gefahrlos ist, oft aller Mittel ungeachtet die ganze Lebenszeit hindurch besteht, dafs zuweilen durch Schonung des Auges, durch Reisen, durch Ableitungen etc. Besserung erzweckt wird.

Von der Diplopie.

Richter'), Beer 2) und die meisten diesen folgenden Schriftsteller machen auf das Bestehen einer doppelten Art dieser Krankheit aufmerksam; denn der Kranke sieht entweder einen Gegenstand doppelt, wenn er beide Augen geöffnet hat, und sieht ihn nur einfach, sobald er das eine Auge schliefst, oder er erblickt das Object schon mit einem Auge doppelt. Selten sieht der Kranke beide Bilder des Gegenstandes gleich deutlich, gemeiniglich das eine vollkommener als das andere; das wahre Bild ist das deutlichere, wefshalb auch die an diesem Uebel leidenden Individuen gewöhnlich den wahren Gegenstand ergreifen. Die Krankheit ist vorübergehend, anhaltend, periodisch. Es werden Fälle erwähnt, in welchen nur in einer gewissen Entfernung des Gegenstandes, oder in einer bestimmten Stellung der Augen das Doppeltsehen Statt fand.

Die eine Art der Doppeltsichtigkeit, nämlich jene, welche aufhört, sobald der Patient nur von einem seiner Augen Gebrauch macht, entsteht dadurch, dafs in Hinsicht der Grösse, Entfernung, Stellung, Richtung und Deutlichkeit das Bild in einem Auge anders als im andern sich gestaltet. Die Ungleichheit im Baue des Auges, daher die Verschiedenheit in der Brechung der Lichtstrahlen,

4) I. a. W. 3. B. S. 435.

a) l. a. W. S. 30.

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