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andere von der Amaurose unabhängige Erscheinungen, welche eine Störung jenes Organs beurkunden, vorzüglich abnorme Zustände anderer Sinne.

Die Prognose dieses Uebels, das früher im Rufe gänzlicher Unheilbarkeit stand, ist höchst ungünstig; nur selten gelingt die Heilung desselben. Die plötzlich entstandene Amaurose wird leichter entfernt, als die allmählig ausgebildete. Die inveterirte Amaurose giebt weniger Hoffnung als die frisch entstandene, die ausgebildete weniger als die unvollkommene. Die Vorhersage ist ungünstig bei der Amaurose mit gesunkener Sensibilität, weniger ungünstig bei jener mit gesteigerter Sensibilität. Je mehr die Organisation des Sehnervengebildes gelitten hat, je weniger die Ursachen auszumitteln oder zu entfernen sind, desto geringer ist die Hoffnung zur Herstellung. Die hereditäre und die angeborne Amaurose, die organischen Krankheiten des Gehirns und des Sehnervens weissen alle Heilung zurück. Die symtomatische Amaurose gewährt mehr Hoffnung zur Herstellung. Ist Erblindung eines Auges vorhanden, so ist, wenn diese durch eine allgemeine Ursache bewirkt wurde, der Verlust des noch gesunden Auges zu befürchten. Die traumatische Amaurose des einen Auges bleibt gewöhnlich die ganze Lebenszeit hindurch, ohne Nachtheil für das andere Auge. Die gesunde Constitution des Individuums, und der zuvor normale Zustand des Auges sind Umstände, welche einige Hoffnung zur Herstellung des Gesichts gewähren.

Bei der Behandlung müssen wir vorzüglich das Ursächliche berücksichtigen. Hat_als_ Folge des vermehrten Säfteandranges oder der Entzündung des Sehnervengebildes, Ueberfüllung der Gefässe und dadurch Hindernifs der freien Verrichtung der Retina Statt, dann besteht die Anzeige dieses gesteigerten Gefäfslebens, diese Ueberfüllung durch

Blutentziehung zu heben. Mit dem besten Erfolge werden Aderlässe an dem vordern Aste der Schlafschlagader, am Arm, am Fusse nach der Heftigkeit und dem Bedingenden des Uebels vorgenom→ men. Blutigel, blutige Schröpfköpfe an den Kopf, an den After bei unterdrückten Hämorrhoiden, an die Genitalien und den Damm bei Störung der Menstruen gesetzt, müssen diesen folgen. Nach Umständen sind die Blutentziehungen zu wiederholen *). Hat die krankhafte Reaction ihre Quelle in unvorsichtig gestörter Absonderung eines Organs krankhaften Ursprungs, dann sind nebst diesen die kräftigsten Ableitungen anzustellen. Ueberhaupt mufs hier ein ableitendes Verfahren eingeschlagen werden, wozu die, die Darmsecretion vermehrenden Mittel, der Mercur, die Mittelsalze etc., Fufsbäder, rothmachende und blasenziehende Mittel an die Waden oder Fufssohlen, selbst auf den geschornen Kopf gesetzt, sich vorzüglich empfehlen. Kalte Waschungen der Augengegend, Vermeidung aller, Congestion gegen den Kopf setzenden, Momente, ein sorgfältiges Regimen sind anzurathen. Die Nauseosa scheinen besonders zweckmässig den gehörigen Ausleerungen zu folgen, iudem sie die Thätigkeit des Gefäfssystems mindernd das gestörte Nervenleben steigern.

Ist die Störung des Gefäfslebens weniger ausgedrückt, spricht sich das nervöse Leiden reiner aus, so müssen beim erethischen Zustand sorgfältig die Reizmittel gemieden werden, welche nur Entzündung der Retina, oder Torpor derselben, nicht aber Heilung zu bewirken vermögen. Hier eignen sich die Narcotica, um die exaltirte Sensibilität in die Sphäre des Normalen zurückzuführen. In die Augengegend wird die Belladonna, das Opium, der Hyosciamus eingerieben, in Form der Breie aufgelegt, die Auflösungen derselben in

*) Schmucker's chirurg. Schriften. 2. B. p. 17.

die Augen eingetröpfelt. Dem innerlichen Gebrauch entsprechen die Mittel derselben Klasse, das Opium, die Belladonna, der Hyosc., das Aconit., Laurocer., Stramon., Pulsatill., Digital., Nux vomica. Den Schlufs der Kur bewirken die anhaltend reizenden, stärkenden Mittel, die China und das Eisen.

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Besteht ein Sensibilitätsstupor, dann greife man kräftig in die Klasse reizender Mittel ein; jedoch sey die Reizkraft des Mittels der Receptivität anpassend. Da sich dieses Verhältnifs zum Voraus nicht genau bestimmen läfst, so beginne man mit den weniger heftigen Mitteln, gehe zu den stärkern über, und schreite bei erfolgender Besserung mit kluger Umsicht zurück. Die Verdunstungen der Naphten, des Salmiakgeistes gegen das Auge, die Einreibungen desselben in Verbindung mit aro-matischen Geistern in die Augengegend, der örtliche Gebrauch des Phosphors als Einreibung, der aromatischen Infusionen, der Vesicantien, der scharfen Salben in der Nähe des Auges, alle diese Mittel wurden schon in solchen Fällen mit Erfolg verordnet. Die Moxa und das Glüheisen auf die Schläfe- und Oberaugenhöhlengegend verdienen als die kräftigsten Reiz- und Ableitungsmittel die vorzüglichste Berücksichtigung. Nicht weniger verdient die Elektricität und der Galvanismus, da unbezweifelte Erfahrungen für deren Wirksamkeit sprechen, häufiger in Anwendung gezogen zu werden. Bei dieser Art der Amaurose wird das concentrirte Licht als vorzügliches Mittel empfohlen. Das Schauen in die Sonne wird angerathen, selbst das durch convexe Gläser gesammelte Licht wird zum Auge geführt, und der ganze Körper soll einem intensiven Lichtgrade ausgesetzt werden. Zum innerlichen Gebrauche müssen Mittel aus derselben Klasse gewählt werden. Das flüchtige Laugensalz, ätherische Oele und Tincturen, der Moschus,

der Camphor 1), der Phosphor 2), das Rhus taxicodendron 3) sind die vorzüglichsten hier anzuwendenden Mittel. Da jedes Arzneimittel durch seine Heterogenität auf den Organismus wirkt, dieser aber leicht an Reizen sich gewöhnt, so ist es nöthig, dafs man nicht nur das Quantitative, sondern auch das Qualitative der Reize berücksichtige, und oft mit denselben wechsle. Eine passende

Lebensweise mufs dieses Verfahren unterstützen.

Die symptomatische Amaurose erfordert die Bekämpfung jenes Uebels, dessen Aeusserung sie ist. Sind Verstopfungen der Unterleibsorgane vorhanden, so wende man auflösende, zertheilende, alterirende Mittel, den Tartar. emt. in kleiner Dosis, den Grem. tartar., tartart. tartar., Mercur. etc. an. Liegt der Heerd der Krankheit im Intestinaltrakt, so handle man darnach, Säure in den ersten Wegen wird durch absorbirende, bittere Mittel gehoben, Unreinigkeiten, welche nach aufwärts turgiren, werden durch Brechmittel, solche, welche nach abwärts turgiren, durch Abführmittel beseitiget. Würmer verlangen den anthelmintischen Heilapparat. Ist die Schleimabsonderung in der Stirn und Nasenhöhle unterdrückt, so dienen Niefsmittel. Ist die Amaurose in Folge einer unterdrückten Hautkrankheit, eines unvorsichtig abgeschnittenen Geschwürs, durch Störung einer gichtischen oder rheumatischen Entzündung entstanden, so mufs durch Herstellung des primären Leidens die krankhafte Thätigkeit auf ihren ursprünglichen Sitz zurückgeführt werden. Die syphilitische Amaurose fordert den Gebrauch des Mercurs. Haben Nervenkrankheiten, Hysterie, Hypo

1) Flemming (allg. medic. Annalen, Aprilheft 1811. p. 362) hat durch ausserordentliche Gaben Camphors die Amaurose geheilt.

2) Löbenstein Löbel (Intell, Bl. Nro. 55. der Jenens. Lit. Zeit. v. J. 1815) hat damit geheilt.

3) Dissertatio de Amaurosi auctore Seveneik. Berolini p.22

chondrie, Epilepsie, Convulsionen, Lähmungen u. dgl. die Amaurose in ihrem Gefolge, so werden äusserlich und innerlich die diesen Zuständen entsprechenden Mittel angewandt, die um so mehr angezeigt sind, da die Amaurose den Typus des Allgemeinleidens in sich trägt. Ist die Amaurose mit einem intermittirenden Fieberparoxismus verknüpft, so werden nach vorhergegangenen Ausleerungen anhaltend stärkende Mittel, vorzüglich die China mit Erfolg gegeben. Bei der Amaurose, welche Symptom des Wasserkopfes ist, giebt mau ableitende und diuretische Mittel, vorzüglich em→ pfehlen sich die Digitalis und das Calomel.

Ausser den angegebenen Mitteln sind noch einige durch die Erfahrung bewährt; vorzüglich sind Brechmittel und Nauseosa, die Arnica, die Valeriana, und die auflösenden Gummiarten, die Mercurialien, die Millepedes durch viele gelun→ gene Fälle erprobt. Ob der animalische Magnetismus 1) etwas vermöge, möchte, der Beobachtung Harke's ungeachtet, sehr zu bezweifeln seyn.

Von der Amblyopie.

Die Individuen, welche an diesem Uebel leiden, haben ein schwaches Gesicht, so, dafs sie die Gegenstände in ihren grössern Umrissen erkennen, ohne jedoch die feineren Verschiedenheiten derselben angeben zu können. Die Gesichtsschwäche besteht in jeder Entfernung der Gegenstände und bei jeder Tageszeit 2). Man unterscheidet die idiopathische von der symptomatischen Amblyopie, Die erstere ist durch die Störung des Sehnervens bedingt, während letztere als Symptom anderwärtiger Leiden sich ausspricht.

1) Hufeland's neues Journal der pract. Heilkunde. 18. B. 1. St.

2) Sauvages (i. a. W. 1. B. S. 743) nennt dieses Uebel Amblyopia absoluta.

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