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Vom Blepharospasmus.

Der tonische Augenliedkrampf ist eine, gewöhnlich plötzlich entstehende, anhaltende Zusammenziehung des obern und untern Augenliedes, wobei ́der Kranke nicht vermögend ist, auf den Willen die Augenlieder von einander zu entfernen. Das Oeffnen der Augenliedspalte kann nur durch eine äussere Kraft geschehen. Beim Nachlassen dieser Kraft erfolgt das Schliessen der Augenliedspalte. Es ist keine Unzweckmässigkeit des organischen Baues der Augenlieder wahrnehmbar. Die Haut des obern Augendeckels ist gerunzelt, und die das Auge umgebenden Muskeln sind contrahirt. Die Iris ist oft träge in ihren Bewegungen und das Selvermögen geschwächt. Dem Anfalle des Augenliedkrampfes geht halbseitiges Kopfweh voraus. Oft ist Harthörigkeit und Ohrenschmerz damit verbunden. Dieser Zustand kann ohne Nachlafs länZeit hindurch anhalten, oder aber er zeigt gere sich nur periodisch auftretend, ohne lange anhaltend zu bestehen.

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Der clonische Augenliedkrampf wird Nystagmus, nictitatio palpebrarum genannt, und spricht sich durch wechselnde Thätigkeit des Aufhebmuskels des Augenlides und des Schliefsmuskels aus, so, dafs ein Blinzeln fortdauernd besteht. 1st das Uebel im hohen Grade vorhanden, so stört es beträchtlich das Sehvermögen, besonders soll es nach Delarue") Täuschung bei Wahrnehmung verschiedener Farbenabstuffungen hervorbringen.

Die Ursachen des Blepharospasmus liegen gewöhnlich in allgemeinen krankhaften Stimmungen der Constitution, weswegen dieselbe bei Hysterie, Hypochondrie, Veitstanz, Wurmkrankheiten, Gesichtsschmerz, scrophulösen Ophtalmien vorzüglich bcobachtet wird. Das Blinzeln der Augenlieder wird

Cours complet des maladies des yeux. Paris, 1820. p, 102.

noch durch starke Abstuffungen des Lichts, durch fremde Körper, durch Verhärtungen der Hornhaut, auch Trübungen der Feuchtigkeiten des Auges etc. hervorgebracht, indem die anfangs willkürlich ausgeführten Bewegungen der Augenlieder, um die Hindernisse des freien Gebrauchs des Auges zu entfernen, durch die Gewohnheit unwillkürlich werden, und so der Nystagmus hervorgerufen wird 1). Zuweilen scheint das Blinzeln Folge des Verlustes der Augenbraunen und Cilien zu seyn; auch angeboren ohne wahrnehmbare Ursache wurde das→ selbe beobachtet.

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Bei der Behandlung richte man sich, wenn das Uebel blos symptomatisch ist, nach dem zu Grunde liegenden Hauptleiden. Man wird bald die stärkende, bald die auflösende Heilmethode mit antispastischen, antihysterischen Mitteln anzuwenden gezwungen seyn. Anthelmintica werden angewandt, wenn Würmer das Uebel verursachen. Ist das Uebel idiopathisch, dann berücksichtige der Arzt vorzüglich das Auge und dessen Umgebungen. Die Verdunklungen, die fremden Körper müssen entfernt, die zu grosse Empfindlichkeit des Auges mufs vermindert werden. Für den letzten Fall eignen sich die Narcotica sowohl örtlich als allgemein angewandt. Läfst sich die Ursache nicht ausfinden, und scheint das Leiden dynamisch zu seyn, so wende man kalte Waschungen, Electri cität, Galvanismus an. Ableitungen wirken vorzüglich. Man empfiehlt Vesicantien in der Nähe des Auges angebracht. Schmidt 2) hat ein durch Erfahrung bewährtes Mittel aufgestellt, das in jenen Fällen, welche allen Mitteln trotzten, Hülfe schaffte. Er legt unter das Ohr der leidenden Seite ein

ཟླ་མ

4) Dissert. de Nystagmo auctore Lorenz. Berolini, 1820. pag. 15.

2) Neue Heilung der Augenliedlähmung und des anhaltenden Augenliedkrampfes. In der Abhandl. der Josephisakademie in Wien. 2. B. S. 365.

Stück Klebepflaster, in welchem ein rundes Loch, das einen Zoll im Umfange hat, eingeschnitten ist. Auf die durchlöcherte Stelle wird ein Stück Aetzstein aufgelegt und mit Klebepflaster bedeckt. Nach 3 bis 4 Stunden hat der Aetzstein eine schwarze Borke eingebrannt, die mit Digestivsalbe behandelt, nach 6 bis 8 Tagen abfällt, und ein reines eiterndes Geschwür darstellt. In diesem Zustande wird die eiternde Fläche gehalten, bis Besserung erfolgt. Die Absicht dieses Verfahrens ist, einige nahe am Processus mastoideus liegende Nervenäste vom dritten Hauptaste des fünften Paares zu reizen, welche bekanntlich auch an die Augenlieder Zweige abgeben.

Vom Spasmus iridis.

Der tonische Krampfzustand der Iris bildet jenes Leiden, welches Myosis genannt wird. Die Pupille befindet sich im Zustand andauernder Verengerung, so, dafs auch an dunklen Orten die Iris expandirt bleibt. Das Gesicht wird dadurch geschwächt. Es ist dieses Uebel zuweilen angeboren, mehrentheils aber erworben, und findet sich vorzüglich bei Individuen, welche sich mit Untersuchen kleiner, glänzender Gegenstände beschäftigen. Oft hängt es mit einer abnormen Stimmung des Nervensystems zusammen, so, dafs man bei Hypochondristen und bei Hysterischen nicht selten dasselbe auffindet. Als Folge innerer Augenentzündungen wird ebenfalls die Myosis beobachtet). Oft ist sie Symptom eines entzündlichen Leidens.

Der clonische Krampf der Iris wird Hippos genannt. Die Pupille verengert und erweitert sich

*) Plenk (Doctrina de morbis oculorum. Viennae, 1777. P. 120) nimmt eine Myosis spasmodica und Myosis paralytica an, in ersterer soll ein Krampf der Kreisfasern, in letzterer eine Lähmung der strabligen Fasern die Ursache des Uebels seyn.

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continuirlich, ohne dafs das Licht in verschiedenen Abstuffungen einwirkt. Das idiopathische Hippos wird durch die Ursachen, welche die Nictitatio palpebrarum hervorrufen, gesetzt. Das symp→ tomatische Hippos ist als Zeichen eines ausgebreiteten convulsivischen Leidens wichtig..

Die Prognose ist meistens ungünstig, da die Mittel gewöhnlich ohne Erfolg angewandt werden. Man berücksichtige bei Behandlung vorzüglich das Ursächliche, und handle nach der beim Blepharospasmus angegebenen Verfahrungsweise. Das Einstreichen der Auflösung des Belladonnaextractes wird bei der dynamischen Myosis vorzüglich empfohlen, und ist auch beim Hippos angezeigt. Wurde die Myosis durch Betrachten kleiner Gegenstände, durch zu grelles Licht, durch microscopische Arbeiten etc. hervorgebracht, so meide man die schädlichen Ursachen, und suche das einfallende Licht durch einen grünen Schirm oder durch eine Röhrenbrille zu mässigen.

Vom Spasmus bulbi.

Dieser Zustand wird Nystagmus oder Instabilitas bulbi genannt, und giebt sich durch die rollenden Bewegungen des Augapfels, welche gegen den Willen des Patienten erfolgen, zu erkennen. Es findet dieser Zustaud oft bei Dyplopie Stalt, und geht dann dem Strabismus voraus, oft sind clonische Krämpfe der Augenlieder und der Iris gleichzeitig vorhanden. Bei der Behandlung nehme man auf alle jene Punete Rücksicht, welche bei Beschreibung des Nystagmus und des Hippos angegeben wurden.

Von der Blepharoplegia.

Wenn das Aufheben des obere Augenliedes in dem Zustande der Lähmung sich befindet, so er

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folgt ein Herabfallen des obern Augenlieds) vor den Augapfel, ohne dafs der Patient vermögend wäre, dasselbe über das Auge hinauf zu bewegen und geöffnet zu erhalten. Der Orbicularis ist meistens auch im paralytischen Zustande, so dafs ein vollkommenes Schliessen der Augenliedspalte nicht möglich ist. In dem Baue der Augenlieder läfst sich keine Unzweckmässigkeit auffinden. Die be-nachbarten Theile theilen gewöhnlich diesen krankhatten Zustand; der Patient klagt über Eingenommenheit des Kopfes auf der leidenden Seite, über ein Gefühl von Kälte über den Augenbrau nen, und über Schwäche in den benachbarten Theilen. Das Sehvermögen ist geschwächt, zuweilen ist Amaurose vorhanden 1), die Iris ist träge in ihren Bewegungen, und die Pupille weiter auf dieser als auf der gesunden Seite. Zuweilen scheinen selbst die Augenmuskeln, bei noch vorhandener Sehkraft, gelähmt zu seyn, in welchem Falle dieselben den Bulbus aus der Orbita gleichsam vorfallen lassen, wodurch die Ophtalmoptosis pa ralytica entsteht 2).

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Eine Schwäche der ganzen Constitution, vorzüglich Chlorosis, lange Unthätigkeit der Augenliedes, ein dieselben lange drückender Verband, die Bedeckung derselben mit erweichenden Cataplasmen, Quetschungen der Augengegend, diese Ursachen bedingen zuweilen dieses Uebel. Plenk 3) giebt an, dafs nach Unterdrückung der Menstrua

1) Plenk im a. W. p. 31.

2) Weller im a. W. S. 55. Nach Delarue (im a. W. p. 102) soll das Auge gewöhnlich nach aussen gestellt seyn, weil der obere, der untere und der innere gerade Augapfelmuskel mit dem Aufhebmuskel ihre Bewegungsfähigkeit gemeinschaftlich von dem dritten Nervenpaare erhalten. Die Lähmung des obern Augenliedes ist aus dieser Ursache nach Boyer (Traité des maladies chirurgicales. T.5. p. 254) mit Strabismus und Dyplopie verbunden. 3) I. a. W. p. 31.

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