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für Holz, selbst wenn man nur 1/4 oder 10000 m3 des für hölzerne Wagen mehr gebrauchten eingeführt hätte, bei einem Holzpreise von 85 M/m3 850 000 M oder das 31/2fache an das Ausland zahlen müssen. Da die Preise für Holz etwa in gleichem Maße gestiegen sind wie für Erze, so gilt diese Zahl auch heute noch. Man kann jedoch damit rechnen, daß bei Wiedereintritt geordneter Verhältnisse die Erzpreise stärker fallen werden als die für Holz, da diese durch den allgemeinen Mangel auf dem Weltmarkte bedingt sind, während erstere vorwiegend von der Auslandswährung abhängen.

Die jährlich durch Verwendung der eisernen Wagen zu ersparenden Betriebskohlenmengen gleichen die Nachteile des Erzbezuges aus dem Auslande reichlich aus. Die Kohlenersparnis entspricht der Gewichtverringerung bei D-Zügen um 13,5 vH und bei Personenzügen um 10 vH des auf die Beförderung der leeren Wagengewichte entfallenden Koblenverbrauches oder etwa 11 vH bezw 8,5 vH der gesamten für die Zugleistungen in den Lokomotiven verfeuerten Kohlen, vergl. Zahlentafel 6.

deutscher Ingenieure.

Wirtschaftlichkeit der Beschaffung und Unterhaltung. Nunmehr wäre noch kurz die Wirtschaftlichkeit der eisernen Wagen in bezug auf Beschaffung und Unterhaltung. zu prüfen. Bei den ausgeführten Wagen handelt es sich, obwohl bereits etwa 300 Stück in Betrieb genommen worden sind, im wesentlichen noch um Einzelausführungen, bei denen während des Baues auf Grund der inzwischen gemachten Erfahrungen noch häufig Aenderungen berücksichtigt werden mußten. Die Wagenbauanstalten waren noch nicht so weit eingerichtet, daß sie die Vorteile der wirtschaftlichen Fertigung, die Eisen als Baustoff bietet, voll hätten ausnutzen können. Die durch die Verwendung von Eisen ermöglichte Nutzbarmachung der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Baustoffe und Bauteile konnte noch nicht vorteilhaft in Erscheinung treten. Außerdem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere auf dem Holz- und Eisenmarkte, gegenwärtig noch völlig unübersehbar. Ein Vergleich der jetzigen Beschaffungspreise gibt deswegen keine sichere Unterlage für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit.

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In den Jahren 1909 bis 1914 im Mittel jährlich beschaffte Personenwagen.

4 630 800

2 620 800

1 953 000

2 010 000

3 314 000

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Die Ersparung von Kohlen ist gegenwärtig doch die dringendste Forderung des Wirtschaftslebens. Jede Möglichkeit, den Betriebskohlenverbrauch der Eisenbahnen zu verringern, muß daher voll ausgenutzt werden, auch wenn hierbei für die Beschaffung der Betriebsmittel ein geringer Mehrverbrauch an Eisen entstehen sollte. Die Verringerung der Eigengewichte der Eisenbahnfahrzeuge ist daher ein unbedingtes Gebot der Gegenwart. Bestrebungen, geringe Mengen Eisen zu sparen, wie etwa beim Betonwagenbau, sind deshalb aussichtslos, wenn sie nur durch Gewichtvergrößerung durchführbar sind. Der Kohlenverbrauch für die Herstellung des Mehrbedarfs an Eisen für die eisernen Personenwagen (nach Zahlentafel 2 etwa 11 300 t) ist gegenüber den Ersparungen verschwindend. Zu beachten ist noch, daß das Eisen des Wagenkastens bei Ausmusterung wertvollen Schrott ergibt und als solches wenigstens etwa zu 60 vH der Volkswirtschaft erhalten bleibt. Die Herstellung der eisernen Personenwagen ist also trotz des Mehrverbrauchs an Eisen nicht nur zu verantworten, sondern geradezu geboten.

für die Beschaffung an jährlichen Ausgaben:
für das Deutsche Reich 5,22 Mill. M.

250 M)

für das Deutsche Reich 91,875 Mill M,

88

, ein Personenzugwagen 220000 M)
für das Deutsche Reich 74,4 Mill M.

vH der Ausgaben für Beschaffung hölzerner Wagen. 125,5 >

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Zum Nachweis der Vorteile des eisernen Wagens soll deshalb folgende Betrachtung dienen: Nach Zahlentafel 6 wären im Jahre 1913 allein aus dem verringerten Betriebskohlenverbrauch etwa 4,63 Mill. M erspart worden. Zur Beschaffung sämtlicher hölzerner Wagen sind jährlich 5,22 Mill. M Kapitalkosten aufzuwenden. Die Betriebsersparnisse durch die eiserne Bauart hätten 1913 also etwa 88 vH der für hölzerne Wagen erforderlichen Mittel betragen. Die eisernen Wagen wären daher den hölzernen in bezug auf die Beschaffungskosten noch gleichwertig, wenn sie 88 vH teurer wären. 1920 hätte dieses Verhältnis sogar den Wert von 125 vH gehabt. Tatsächlich kann man aber annehmen, daß die eisernen Wagen bei Reihenherstellung mindestens nicht teurer werden.

Nach Zahlentafel 7 wären 1913 bei Wagen jetziger Bauart an Baustoffkosten 6,3 bezw. 6,5 vH erspart worden (1920 10,3 bezw. 10,6 vH). Die Ausgaben für Löhne usw. dürften nicht erheblich größer sein. Holz läßt sich zwar schneller und leichter bearbeiten; dafür ist aber bei Eisen bedeutend weniger Einzel- und Handarbeit nötig. Durch weitgehende

19. März 1921.

Zahlentafel 7.

Verringerung der Baustoffkosten eiserner gegenüber hölzernen Personenwagen im Jahre 1913. (Die eingeklammerten Werte gelten für Mitte August 1920.)

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Vereinheitlichung der Bauteile, Verringerung der Wagengattungen und Vergebung möglichst wenig verschiedener Bauarten an die einzelnen Wagenbauanstalten läßt sich bei Eisen im Gegensatz zum Holz die Fertigung wesentlich vereinfachen und mithin auch verbilligen. Durch Fortfall der großen Lagerplätze für das lange Jahre zu lagernde Holz lassen sich weitere Ersparnisse erzielen. Die letzten Preisermittlungen, denen brauchbare Unterlagen zugrunde gelegt werden konnten, ergaben zwar für eiserne Wagen noch einen Mehrpreis von 6 bis 11 vH für D-Zugwagen und 11 vH für Abteilwagen. Hier handelte es sich aber noch um einzelne Versuchsausführungen, bei denen die Vorteile der Verwendung von Eisen in keiner Weise zur Geltung kommen konnten.

Die laufende Unterhaltung der eisernen Wagen wird wesentlich billiger sein als die der hölzernen. Am eisernen Kasten gestell werden im allgemeinen überhaupt keine wesentlichen Arbeiten auszuführen sein. Lediglich der Rostanstrich wäre zu prüfen und gegebenenfalls zu erneuern, was aber, wie bereits erörtert, sehr selten nötig sein dürfte. Bei einem guten Schutzanstrich ist der eiserne Wagen fast unbegrenzt haltbar. Bei Holzwagen sind dagegen häufig

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Wilhelm Riehn +

Am 24. Dezember v. J. verschied plötzlich und unerwartet im 80. Jahre seines Lebens der Geheime Regierungsrat Professor Dr.-Ing. ehrenhalber Wilhelm Riehn, tief betrauert von seinen ehemaligen Kollegen an der Technischen Hochschule zu Hannover, seinen zahlreichen Schülern und den übrigen Fachgenossen, vor allem auch vom Hannoverschen Bezirksverein deutscher Ingenieure, dem der Entschlafene seit langen Jahren als eines seiner eifrigsten Mitglieder angehört hat.

Riehn wurde im Jahre 1841 in Estebrügge, Prov. Hannover, geboren als Sohn des später in Neuenfelde bei Harburg wohnenden praktischen Arztes Dr. Rieln. Nachdem er die Realklassen des Gymnasiums in Stade durchgemacht hatte, arbeitete er mit der ursprünglichen Absicht, sich später ganz dem Schiffbau zu widmen, in verschiedenen Maschinenwerkstätten und einer Schiffswerft, die sich vorzugsweise mit dem Holzschiffbau beschäftigte, und besuchte dann vom Herbst 1860 ab die Polytechnische Schule zu Hannover während dreier Studienjahre mit großem durch ausgezeichnete Zeugnisse erhärtetem Erfolg.

Nach Vollendung seiner Studien trat Riehn in die Dienste der Hamburg-Magdeburger Dampfschiffahrtsgesellschaft zu Magdeburg, die ihn hauptsächlich in ihrer Maschinenfabrik zu Buckau beschäftigte. Hier fand er Gelegenheit, sich bei der Ausführung von Maschinenentwürfen und Anlagen für die verschiedensten Zweige der Industrie zu betätigen, besonders aber auch beim Bau eiserner Flußdampfer, Schiffsmaschinen, Kessel usw. für Fluß- und Seeschiffe, die ein hervorragendes Sondergebiet der unter Andreacs Leitung berühmt gewordenen Fabrik bildeten. In seiner vollständig selbständigen Stellung hatte er dabei vielfach Gelegenheit, sich durch Studium, Reisen usw. auch Kenntnisse im Bau von eisernen Seeschiffen zu erwerben. Im Jahre 1868 trat Riehn unter den Stellungsverhältnissen eines kgl. Baumeisters in den Dienst des Oberbergamts in Clausthal, um die Ausführung bedeutender betriebstechnischer Anlagen zu leiten, gab diese Stellung aber

bald nach der im Jahre 1872. erfolgenden Umgestaltung der Verwaltung auf, um nunmehr selbständig als Zivilingenieur neben anderen Arbeiten noch eine Reihe wichtiger Anlagen für fiskalische Werke des genannten Oberbergamtbezirkes zu, entwerfen und ihre Ausführung zu leiten. Im Jahre 1874 gründete er mit zwei Fachgenossen unter der Firma Riehn, Meinicke & Wolf ein selbständiges Zivilingenieur-Geschäft in Görlitz zum Zweck des Entwerfens und der Ausführung von Anlagen für industrielle Werke, insbesondere auf dem Gebiete des Berg- und Hüttenwesens.

Als im Jahr 1879 an der damaligen Polytechnischen Schule zu Hannover der Plan gefaßt wurde, durch entsprechende Erweiterung des Lehrgebietes den Studierenden des Maschinenfaches auch in beschränktem Umfange die Gelegenheit zur Ausbildung im Schiffbau zu geben und daher eine neue Professur zu schaffen, die gleichzeitig zur Entlastung der bisherigen Fachprofessoren dienen sollte, war es zunächst schwierig, hierfür eine geeignete Lehrkraft zu finden, bis das Auge auf den bei seinen früheren Lehrern noch in gutem Andenken stehenden, inzwischen aber durch seine Veröffentlichungen auch weiteren Kreisen bekannt gewordenen Zivilingenieur Riehn fiel, und es wurde mit Freude begrüßt, als dieser den an ihn ergehenden Ruf annahm.

Im Herbst 1879 begann Riehn seine Lehrtätigkeit, nachdem er zuvor eine mehrmonatige Studienreise unternommen hatte, um weitere deutsche sowie englische Schiffswerften aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Unerwartete Schwierigkeiten boten sich ihm bei der Uebernahme seines Lehramtes; denn inzwischen hatte der Hauptvertreter der konstruktiven Lehrfächer des Maschinenbaues, Professor Otto Grove, einen Ruf nach Berlin erhalten, und da ein Nachfolger nicht so rasch zu beschaffen war, sah sich Riehn in die Notwendigkeit versetzt, zunächst außer dem eigenen auch noch das ganze umfangreiche Lehrgebiet Groves (mit alleiniger Ausnahme des Eisenbahnmaschinenwesens) zu übernehmen

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19. März 1921.

Rundschau.

Binnenschiffahrt und Wasserkraftanlagen - Verkehrswesen: Lokomotiven, AEG-Bahn in Berlin Maschinentechnisches und Verschiedenes - Hochschulbesuch Persönliches.

Süddeutsche

Großwasserkraftwirtschaft und Großschiffahrt.

Deutschland galt bisher als arm an Wasserkräften und man hatte wenig Hoffnung, daß seine Energiewirtschaft aus dieser Quelle eine wesentliche Verstärkung je würde erfahren können. Man wußte wohl, daß das südliche Bayern, der Oberrhein und der Schwarzwald bemerkenswerte Kraftvorräte darboten, aber die Schätzungen darüber bewegten sich in engem Rahmen. Die deutschen Mittelgebirge versprachen außerdem eine Reihe kleinerer Kraftnutzungsmöglichkeiten. Mit diesen natürlich gegebenen Verhältnissen glaubte man, sich abfinden zu müssen, und die Wasserkraftwirtschaft fand daher sogar noch im Kriege keine wesentliche Beachtung. Man hatte überdies gegen ihre Betriebsverläßlichkeit Mißtrauen,

und die Kohle galt als die einzige nachhaltige Kraftquelle.

Durch die Entwicklung der letzten Jahre hat sich das Blatt gewendet. Die Kohlenknappheit und -teuerung nach dem Kriege hat zu einem eifrigen Suchen nach Wasserkräften geführt, das nicht erfolglos gewesen ist. Während man noch vor kurzem die nutzbaren Wasserkräfte Deutschlands auf etwa 1'1⁄2 Mill. PS schätzte, haben neuere Untersuchungen erkennen lassen, daß viel größere Kräfte in seinen Wasserläufen schlummern. Man hat heute guten Grund, die Vorräte auf 6 Mill. PS anzunehmen, und damit sind wir scheinbar noch nicht am Ende.

Die Geschicklich-
keit des Inge-
nieurs im Entwer-
fen und Erfassen
aller technischen

Möglichkeiten ist.
dabei von großer
Es
Bedeutung.
lassen sich meist
sehr viel größere
Werte erschlie-
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die wasserwirt-
schaftlichen, die
Gelände- und Ge-

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neuen Fundstätten deutscher Wasserkräfte zu hören, namentlich hat der Gedanke, die Abflußmengen der großen Flüsse an den Staustufen der für die Schiffahrt eingebauten Wehre zu nutzen, sich endlich durchgerungen. Das ist auch bei den Planungen für die süd- und südwestdeutschen Schifffahrtskanäle geschehen, und die Entwürfe bekundeten, daß bei der Neckarkanalisierung etwa 80000 PS, beim Main-DonauWeg 166000 PS gewonnen werden könnten. Die wirtschaftlichen Verhältnisse stellten sich dabei für die Kostendeckung so günstig, daß an Einnahmen aus dem Schiffahrtsverkehr 10 vH, aus dem Stromverkauf 90 vH erwartet werden konnten. Die Einnahmen aus dem Kraftverkauf wären also neunmal so hoch wie die aus der Schiffahrt, so daß es möglich erschien,

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Abb. 1.

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diese ganz von Abgaben frei zu halten. Die Benutzung von Lechwasser durch einen Zubringerkanal nach Nürnberg zu Kraftzwecken und

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Zubringer 400 km

200
Abb. 2.
Höhenplan im Zuge des Lech-Zubringers und Main-Donau-Kanales.

fällverhältnisse einer tiefergehenden Würdigung unterzieht, als es bei einer oberflächlichen überschläglichen Bearbeitung scheint. Das ist auch mit den Talsperren so gegangen. Erst hat man bezweifelt, daß wir genügend ausbauwürdige Täler besäßen, aber je mehr man sich mit örtlichen Untersuchungen abgab, um so mehr trat die überraschende Fülle zu großen Aufspeicherungen geeigneter Talbecken in unseren Gebirgen zutage, und man erkannte, daß die Rohkräfte der Wasserläufe durch Wasserausgleich und Gefällgewinnung in Talsperren auf das Mehrfache gesteigert werden könnten.

Man ist in der allerletzten Zeit gewohnt, von immer

dem Abfall von

der Lechmündung zum Main und Rhein ein stärke

res Gefälle zur Verfügung steht, als in der Donau selbst bis zur Landesgrenze. Dort können 343 m genutzt werden, hier nur etwa 82 m. Entsprechend

günstig ist der Mehrgewinn

Wasserkräften.

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an

Dabei betont Hallinger, daß die bayerischen Wasserkräfte, die im Süden Deutschlands überreichlich vorhanden

sind, auf diese

Weise nach Norden in den Frank

furter Bezirk und nach Mitteldeutschland übergeleitet werden könnten, wo Mangel daran ist. Die Wasservorräte des Lechs, die im Sommer am größten sind, sollen dabei mit der reichen Wasserführung des Maines im Winter zu gemeinsamer Arbeit ausgeglichen werden. Die hydraulische Uebertragung durch Ueberleitung des Wassers in Kanälen stelle sich übrigens vorteilhafter als die elektrische Fernleitung durch hochgespannten

1) Die Großwasserkräfte an der Main - Donau-Wasserstraße. Mit 26 Textbildern, 24 Blattzeichnungen und 30 Zahlentafeln. Dießen vor München 1920, Jos. C. Huber.

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Strom, besonders bei den heutigen unerschwinglichen Baustoffpreisen. Die elektrische Fernleitung soll erst in Bamberg und Frankfurt für einen Umkreis von 150 km einsetzen. Der Lechzubringer soll eine Aufnahmefähigkeit von 150 m3/s erhalten, während in den früheren Plänen für Speisungs- und Kraftzwecke nur rd. 30 m3/s vorgesehen waren. Die im MainDonau-Kanal abzuleitenden Wassermengen betragen 154 bis 230 m3/s. Die gewinnbaren Wasserkräfte werden hiernach zu 660000 PS am Main-Donau-Kanal und 140 000 PS auf der oberen Donau: Ulm-Kelheim (ohne Lech), zusammen also zu 800000 PS berechnet, und durch spätere Speicherung und Ausgleich würde rd. 1 Mill. PS erschlossen werden Die Kraft kann für Landes- und Eisenbahnversorgung und für Industriezwecke Verwendung finden. Die Gesamtanlagekosten sind bei einer zehnfachen Verteuerung gegenüber den Vorkriegspreisen zu 12 Milliarden M, die laufenden Jahreskosten zu 560 Mill. M ermittelt. Bei Annahme eines Preises von 30 /kWh ergeben sich die Jahreseinnahmen zu 1020 Mill. M, und es wird somit die Deckung der Kosten und noch ein erheblicher Ueberschuß von 460 Mill. M berechnet. Die Durchführung ist in Form eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens unter Beteiligung des Reiches und der Staaten für die Mittelbeschaffung gedacht.

Dieser Plan ist großzügig und bedeutend. Es scheint, daß wir uns gegenwärtig in der Festlegung der Grundzüge für eine neue große Wasserwirtschaft befinden, und solche Entwürfe können den Ausbau für lange Zeiten, wenn nicht für immer festlegen. Es ist daher alle Vorsicht geboten, daß man nicht in den Grundlinien irrt, und alle Möglichkeiten müssen auf das sorgfältigste geprüft werden, um so mehr, als es sich nicht nur um die Schaffung eines europäischen Großschiffahrtweges, sondern auch um die Grundpfeiler der deutschen Elektrizitäts- und Kraftwirtschaft handelt.

Kaum ist der Plan Hallingers aufgetaucht, so beginnt auch der Streit um die Urheberschaft. Der Main-DonauStromverband weist in einer Pressemitteilung darauf hin, daß der Gedanke einer über den Betriebsbedarf des Kanales hinausgehenden Vermehrung des Lechzuschußwassers für Kraftzwecke schon zu Anfang seiner Vorarbeiten erörtert worden sei, und behält sich weitere Aufklärungen vor. Neue Gedanken sind allerdings selten, und auch die Umleitung der Wasserläufe aus ihren natürlichen Gerinnen, um die Vorräte anderer Niederschlagsgebiete zu verstärken der Grundgedanke der Hallingerschen Arbeit ist in der bisherigen Wasserwirtschaft schon vielfach vorgekommen. Ich verweise auf meine Darlegungen über Ausführungen dieser Art in >>Technik und Wirtschaft« 1919 S. 508 und 850; auch Böhmler hatte bereits die Ueberleitung von Donauwasser nach dem Neckar für Kraftzwecke angeregt.

Ebenso ist der Hallingersche Hinweis, daß im vorliegenden Falle die hydraulische Ueberleitung von Bayern nach Mitteldeutschland billiger sei als die elektrische Fernübertragung der Kräfte, schon anderwärts, wenn auch in kleinen Verhältnissen, praktisch erprobt. Als die Stadt Nordhausen im Jahre 1906 ihre Talsperre im Harz für die Trinkwasserversorgung der Stadt erbaute, machte sie auf Vorschlag des Verfassers dieser Zeilen das Talgefälle zugleich für Kraftgewinnung nutzbar. Die Kraft sollte nach Nordhausen auf 11 km übertragen werden. Die wirtschaftlichen Untersuchungen ergaben, daß die Uebertragung durch eine Rohrleitung sich vorteilhafter stellte als durch den elektrischen Strom. Die Rohrleitung mußte für die Ueberführung des Trinkwassers an sich hergestellt werden, und es bedurfte nur einer entsprechenden Erweiterung des Querschnittes, um zugleich auch das Kraftwasser aufzunehmen. Es entfiel demnach auf die Kraftübertragung nur die Mehraufwendung für das weitere Rohr, während ein Mehrgefälle von etwa 72 m und ein entsprechend größerer Kraftgewinn erzielt wurde. Das Kraftwerk wurde in der Stadt hergestellt und arbeitet bei stark wellenförmiger Linienführung der Rohrleitung mit einem Gefälle von 192 m1). Durch den Streit um das geistige Eigentum darf naturgemäß die Allgemeinwirtschaft keinen Schaden erleiden. Es kommt nur darauf an, ob das Vaterland aus der Verwirklichung dieser Pläne eine wirtschaftliche Stärkung erfahren kann, wie wir alle hoffen möchten.

És kann an dieser Stelle eine eingehende Würdigung und Prüfung der Hallingerschen Vorschläge um so weniger stattfinden, als entsprechende Unterlagen dazu fehlen. Es sollen nur einige ins Auge fallende Erscheinungen berührt werden. Die Größe der Absichten tritt schon unmittelbar zutage, wenn man sich die zur Durchführung erforderlichen Kanalquerschnitte vergegenwärtigt. Während wir unsere bisherigen Schiffahrtskanäle für den 600 t-Verkehr mit etwa 70 qm Wasserquerschnitt ausgebaut haben und bei den für den

1) s. Mattern, Ausnutzung der Wasserkräfte, 2. Aufl 1908 S. 422 und 3. Aufl. 1921 S. 699. Vergl. auch Z. 1907 S. 1888.

deutscher Ingenieure.

1000- bis 1200 t-Verkehr geplanten Wasserstraßen Querschnitte von 80 bis 85 qm in Aussicht nehmen, würde der Lechzubringer, der zugleich einem Verkehr von Schiffen mit 675 t Tragfähigkeit dienen soll, 200 qm, die anderen Strecken des Main-DonauKanals 220 bis 310 qm Wasserquerschnitt erhalten. Grunderwerb, Erdarbeiten, Brückenbauten verlassen damit die üblichen Ausmaße unserer bisherigen Kanalausführungen, die dagegen gleichsam ins Kleine versinken.

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Die technischen Grundlagen bedürfen, wie es scheint, noch mancherlei Klärung. Es ist z. B. nicht ersichtlich, daß die Wasservorräte für den Kraftgewinn in der Winterzeit aus dem Main gedeckt sind, da der Lech im Winter kleines Wasser führt und der Main erst von Bamberg ab nennenswerten Zuschuß liefert. Es wird also noch nachzuweisen sein, daß auch die Kraftwasserversorgung des Kanals von der Scheitelstrecke bis Bamberg im Winter sichergestellt ist. Ueber die Wasserentziehung, die die Donau erfährt, gleitet der Entwurfaufsteller einigermaßen schnell hinweg, obwohl dies doch eine Frage von allergrößter Bedeutung ist und Einsprüche und Forderungen der Unterlieger an der Donau sicherlich zu erwarten sind. Es kommen hier die Ansprüche der Schiffahrt, Landeskultur und von Kraftbetrieben, die infolge Ableitung des Lechwassers in ein anderes Niederschlagsgebiet betroffen werden, in Betracht. Durch Entschädigungen hierfür würde naturgemäß der Kraftgewinn am Donau-Main-Kanal eine starke Belastung erfahren.

Die Anordnungen der Kraftwerke, Kanäle, die Sicherungen gegen Wasserverluste im Lechzubringer und andere technische Einzelheiten schließen sich im ganzen den früheren Vorschlägen Hallingers für den Ausbau der bayerischen und Rheinkräfte an. Man gewinnt bei der Durchsicht der Pläne den Eindruck, daß die kritischen Bemerkungen in der Literatur hierüber und die Erörterungen über die gemeinsame Benutzung von Kanälen für Schiffahrt und Wasserkraftausnutzung mit Aufmerksamkeit von ihm verfolgt und ihre Ergebnisse bei der neuen Ausarbeitung wohl beachtet sind.

Die Vorschläge können im ganzen nur als vorläufige angesehen werden, ebenso bedürfen die Einträglichkeitsberechnungen einer eingehenden Nachprüfung, auch hinsichtlich der für die bisherigen Entwürfe von Hallinger herausgerechneten Fehlbeträge. Vor allem ist zu klären, ob der Kraftabsatz gesichert ist. Die geschätzten Kosten sind mit einer Aufwendung von 12 Milliarden M, besonders angesichts der schlechten Geldlage des Reiches, beträchtlich. Aber wenn es zutrifft, daß der Stromverkauf zu angemessenen Preisen die Kosten deckt, so würde es sich nicht um eine unproduktive Belastung, sondern um ein werbendes, sich selbst tragendes Unternehmen handeln, und das könnte die etwa zu fassenden Entschlüsse wesentlich erleichtern.

Die Entwürfe gehen, wie bemerkt, technisch und wirtschaftlich über das gewöhnliche Maß hinaus. Aber sie' scheinen technisch richtig zu sein, und man kann nur wünschen, daß sie einer ernsten Würdigung unterzogen werden. Man sollte den Vorschlag nicht etwa als unausführbar ohne weiteres bei Seite legen; denn er enthält viel Beachtenswertes. Findet man ihn brauchbar, so wird sich auch ein Weg zeigen, der seine künftige Verwirklichung nicht ausschließt. Vor allem käme es darauf an, den Grund und Boden zu sichern; dann könnte sich ein allmählicher Ausbau nach dem auftretenden Bedürfnis, vollziehen.

Es zeigen sich gegebenenfalls weite Ziele für eine großzügige Wasserkraftpolitik zur Förderung der Volkswirtschaft. Die bedeutenden im Bau begriffenen und geplanten Kraftanlagen und die Schiffahrtskanäle werden der südwestdeutschen Wasserwirtschaft eine ansehnliche Stellung in der Gesamtwirtschaft des Reiches geben. Man könnte fast meinen, daß sich der Schwerpunkt der Wasserwirtschaft Deutschlands bis zu einem gewissen Grade zu verschieben beginnt. Im Norden hatte bisher die Schiffahrt auf den Strömen und dem schon vorhandenen leistungsfähigen Kanalnetz zusammen mit dem landwirtschaftlichen Wasserbau eine überragende Bedeutung, im Süden, wo noch eben der Kulturbau in den Gebirgstälern vorherrschend und die Schiffahrt ein Stiefkind war, cilen die Kraftwirtschaft und der Ausbau der gemeinsamen Verkehrund Kraftwasserstraßen einem lebhaften Aufschwung entgegen. Die Durchführung der vorerörterten Pläne würde die deutsche Ingenieurwelt vor Aufgaben stellen, die in der Welt bisher nur wenig ihresgleichen haben. Sie treten selbst gegenüber dem Suez- und Panamaunternehmen und den neuesten französischen Plänen für den Kraftausbau der Rhone und für Herstellung des Mittelmeer-Rhone-Rhein-Nordsee-Kanals 1) nicht zurück. Potsdam.

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1) s. Z. 1921 S 41 u f.

Mattern.

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