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Ludwik hebt hervor, daß es sich hier um angenäherte Wertziffern handelt, die nur in mittelbarer Beziehung zu Zäbigkeitswerten stehen, die auf andere Weise bestimmt worden sind, da der Begriff der Zähigkeit, Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit durchaus nicht eindeutig ist. Auch bleibt der für das Verfahren gewählte Begriff der Schmeidigkeit abhängig von der Art der Beanspruchung. So lassen sich z. B. die Probestücke eines zerrissenen Kupferstabes doch noch im Zieheisen weiter strecken und darauf durch Kaltwalzen noch weiter behandeln. Verschiedene Verfahren könnten also zu einer ganz verschiedenartigen Beurteilung des Materials bezüglich seiner Schmeidigkeit führen. Ist jedoch einmal durch die Erfahrung festgestellt worden, daß sich ein Stoff von bestimmter Schmeidigkeit, die nach dem einem oder andern Verfahren ermittelt worden ist, für gewisse Zwecke eignet, so kann diese Probe, auch wenn sie den Stoff in andrer Weise beansprucht, als das bei der Verwendung geschieht, durchaus brauchbare Wertziffern liefern.

Der Betrag, um den der Kegel gegen den Band ausweicht, bevor die Kohäsion überschritten wird, hängt übrigens auch von der Geschwindigkeit der Belastung ab, da sich viele Stoffe gegen stoßartige Belastungen ganz anders verhalten, als gegen ruhende. Die absolute Höhe der er reichten Belastung ist für die Beurteilung der Schmeidigkeit völlig belanglos, braucht also nicht abgelesen zu werden. Zum Messen des Eindruckes und der Ausbauchung benutzt Ludwik ein Meßmikroskop von 100 mm Genauigkeit. Er nimmt jedoch an, daß in manchen Fällen eine Messung überhaupt nicht nötig ist, sondern ein bloßer Vergleich der Eindrücke und Ausbauchungen mit freiem Auge genügt. Bei einiger Uebung wird dies unter Umständen insofern vorzuziehen sein, als der Fließ- und Bruchvorgang in seiner Gesamtheit ein mehr vollständiges und darum besser kennzeichnendes Bild gibt, als die Größe des einen oder andern Abstandes.

Ein neues elektrisches Torsionsdynamometer, das auf Veranlassung der Siemens-Schuckert Werke von Dr.-Ing. Keinath entworfen wurde, aber infolge der Einstellung des Kriegschiffbaues nicht mehr ausgeführt worden ist, beruht auf der Verwendung einer eisengeschlossenen Drosselspule, die mit Veränderung des Luftspaltes ihre Selbstinduktion, also auch ihre Stromabgabe bei unveränderter Spannung des angeschlossenen Wechselstromes stark verändert. Anstatt aber je eine Hälfte der Drosselspule mit einem der beiden Wellenenden zu verbinden und den Strom mittels zweier Schleifringe zuzuführen, was man schon früher vorgeschlagen hat, werden zwei Drosselspulen mit zwei Luftspalten benutzt, die parallel an den Hilfsstromkreis angeschlossen und so angeordnet sind, daß bei Belastung der Welle der eine Luftspalt größer und der andere kleiner wird. Infolgedessen wird nicht die volle Größe des aufgenommenen Stromes, sondern nur das Verhältnis der aufgenommenen Ströme in einem besonderen selbstschreibenden Gerät gemessen. Dieses enthält statt des üblichen einzelnen Weicheisensystems mit Feder- oder Gewichtspannung zwei solcher Meßwerke, die den Zeiger nach entgegengesetzten Richtungen beeinflussen. (Dinglers polytechnisches Journal 11. Dezember 1920)

Der Berliner Eisenbahnverkehr nach dem Kriege.

Nach dem ersten für den Eisenbahndirektionsbezirk Berlin nach dem Kriege veröffentlichten Verkehrsbericht 1), der für die Zeit vom 1. April 1919 bis 31. März 1920 gilt, hat sich der Verkehr, wie aus den inzwischen bereits bekanntgegebenen Einzelziffern zu schließen war, gegen das Rechnungsjahr 1913/14 ganz gewaltig vermehrt. So belief sich der Verkauf von Fahrkarten für den Fernverkehr auf dem Bahnhof Alexanderplatz auf rd. 624000 gegen 493000. Die Vergleichszahlen betragen für den Stettiner Bahnhof rd. 3 Mill. gegen 2,9 Mill., für den Bahnhof Charlottenburg rd. 945 000 gegen 338 000. Auf dem Görlitzer Bahnhof hat sich der Fahrkartenverkauf um fast 150000 vermehrt, auf dem Schlesischen Bahn

1) › Verkehrstechnik 15. Dezember 1920.

deutscher Ingenieure.

hof um fast 1 Mill. auf rd. 1,7 Mill. Ein ganz geringer Rückgang ist eingetreten auf dem Potsdamer Bahnhof und auf dem Bahnhof Friedrichstraße ein solcher um 300000 Karten.

Noch größere Zunahme als der Fernverkehr weist der Vorortverkehr auf. Auf dem Bahnhof Alexanderplatz wurden hierfür mit rd. 8 Mill. etwa 1,2 Mill. Fahrkarten mehr als 1913 verkauft; auf dem Stettiner Bahnhof beläuft sich die Zunahme bei 4 Mill. auf fast 2 Mill. Fahrkarten, auf dem Bahnhof Charlottenburg bei rd. 6 Mill. auf 1,5 Mill. und auf dem Lehrter Bahnhof bei rd 1,1 Mill. auf fast das Doppelte von 1913; auf dem Görlitzer Bahnhof beträgt die Zunahme rd. 100000, auf dem Bahnhof Friedrichstraße rd. 2 Mill. Fahrkarten. Zusammen wurden auf allen Berliner Bahnhöfen im Rechnungsjahr 1919 rd. 19 Mill. Fernfahrkarten gegen 13,5 Mill. im Jahre 1913 verkauft, im Vorortverkehr 201,4 gegen rd. 160 Mill., wobei noch zu beachten ist, daß außer den durch Kohlenmangel verursachten Verkehrseinschränkungen der Betrieb auf der Stadtbahn im Anschluß an den Generalstreik im März 1919 wochenlang eingestellt war.

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Bewährte Eisenbetonschwelle für Kleinbahnen.

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Th. Güdel, Graz, berichtet1) über eine in neunjährigem Betriebe bei der schmalspurigen Bahn Weiz-Birkfeld in Steiermark mit Erfolg verwendete Eisenbetonschwelle, der bei den heutigen Baustoffverhältnissen Beachtung geschenkt werden sollte. Der Oberbau der Bahn besteht aus 18 kg/m schweren Schienen von 90 mm Höhe, 42 mm Kopf- und 75 mm Fußbreite, 22,7 cm2 Querschnitt und 235 cm Trägheitsmoment, sowie aus je 13 Schwellen von 1600 mm Länge, 200 mm Breite und 160 mm Höhe auf die 9 m lange Schiene. Der größte zulässige Achsdruck beträgt 7,5 t. Die auf der Bahnstrecke sonst verwendeten Hartholzschwellen haben dieselben Abmessungen wie die Eisenbetonschwellen.

Die Betonschwellen sind längs mit vier Rundeisen von 12 mm Dmr. in den Ecken des Querschnittes und mit einem mehrmals nach unten und oben abgebogenen 12 mm-Eisen in der Mitte bewehrt. An den Enden sind die Längseisen als Rundhaken ausgebildet. Zur Verbindung dienen verdrillte Bügel aus Draht von 1 und 2 mm Dmr., die den Sperrbügeln von Züblin ähnlich sind. Mit diesen Bügeln läßt sich die Bewehrung in größerer Zahl vor dem Einbringen in die Formen fertigstellen. Soweit sich bei Berechnungen für Eisenbahnoberbau feststellen läßt, beträgt die größte Zugbelastung im Eisen 800 kg/cm3, die Druckspannung im Beton 30 kg/cm3 und die Schubspannung 8 kg/cm2. Auf der Unterseite der Schwellen sind zwei 30 mm breite Rillen ausgespart, die das Unterstopfen erleichtern sollen. Auch die Betonschwellen müssen nachgekrampt werden; wegen des großen Schwellengewichtes von je 120 kg liegt der Oberbau aber viel fester als bei Holz- oder Eisenschwellen. Für die Schienenbefestigung sind je vier 38 mm breite Hartholzklötze in den Beton eingelassen, die sich in der Längsrichtung der Schwelle von unten 82 auf oben 67 mm verjüngen und oben gegen Aufsprengen durch einen 20 mm hohen schmiedeisernen Ring gesichert sind. Bei der genannten Bahn sind zur Schienen befestigung Nägel benutzt, für die die Hartholzklötze vorgebohrt wurden; es können aber ebenso gut Schrauben verwendet werden.

Teilweise sind 1911 die Schwellen schon nach vierzehntägigem Erhärten verlegt und sofort befahren worden. Diese Erhärtungszeit erwies sich als zu kurz, da die Schwellen Risse bekamen. Sie sind aber trotzdem betriebsfähig geblieben und brauchten nicht ausgewechselt zu werden. Ueber die mit Betonschwellen versehenen Streckenabschnitte sind bisher ungefähr 20000 Züge gerollt, ohne daß sich irgendwelche Anstände ergeben hätten. Die Kosten stellten sich 1911 auf rd. 5 M für die Schwelle einschließlich Verlegens und ersten Unterstopfens. Die sonst verwendeten Schwellen aus Lärchenholz waren nur halb so teuer, haben aber weit geringere Lebensdauer; die gleichzeitig verlegten Holzschwellen müssen heute schon zum Teil ausgewechselt werden, während die Betonschwellen noch auf Jahre hinaus betriebsfähig sind.

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1. Januar 1921.

Wirtschaftliche Umschau.

Das Wirtschaftsjahr 1920.

Zwei Verträge, die Deutschland als Folge des verlorenen Krieges aufgezwungen sind, beherrschen das gesamte deutsche Wirtschaftsleben des Jahres 1920: der Friedensvertrag von Versailles, der am 10. Januar in Kraft trat, und das Abkommen in Spa (16. Juli), das auf dem Gebiete der Kohlenlieferungen die vernichtenden Unmöglichkeiten jenes Vertrages in zwar noch eben durchführbare, aber in ihrer Wirkung furchtbare Verpflichtungen zu wandeln bestimmt war. Hat auch die Sorge um die Kohle, das Lebensmark unserer Industrie und den einzigen Reichtum, der uns noch geblieben ist, alles andere überschattet, so sind doch auch die übrigen Verpflichtungen in ihrer ganzen Schwere nach und nach immer mehr in die Erscheinung getreten. Die Abtrennung von rd. 70 vH unserer Eisen schaffenden Industrie, von rd. 10 vH des Steinkohle fördernden Bergbaues, ausgedehnter, für die Ernährung des Gesamtvolkes und namentlich der Industriearbeiter ebenso wie für die Werte schaffende Ausfuhr wichtiger Landbaugebiete, die Auslieferung der Handelsflotte und des Hafenbaugerätes, Bauverbote und Fabrikationsbeschränkungen der mannigfachsten Art sind nur einige dem Gedächtnis naheliegende Beispiele. Die Verarmung, die wirtschaftliche und körperliche Entkräftung weiter Bevölkerungsschichten, das maßlose Kinderelend infolge der kümmerlichen Ernährung und der Verwahrlosung an Kleidung und Wohnung, die immer weiter zunehmende Verrottung der bürgerlichen und geschäftlichen Moral sind weitere, mittelbare Folgen dieses Friedens<-Vertrages, der mit bewußter Grausamkeit Deutschland nicht das Leben, sondern höchstens das Vegetieren gestatten will.

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Starres Festhalten am Buchstaben, Auslegung zuungunsten Deutschlands in Zweifelsfällen und planmäßiges, nervenzermürbendes Hinziehen von Entscheidungen erschweren die Last des Vertrages. Immer noch nicht ist die Entscheidung über das Schicksal Oberschlesiens herbeigeführt, immer noch lebt das deutsche Volk in Ungewißheit, wie groß denn nun eigentlich seine endgültigen Geld wertverpflichtungen sein sollen. Noch immer werden Milliarden and Abermilliarden in das bodenlose Faß des >Wiedergutmachungskontos< gegossen. Konferenzen über Konferenzen haben stattgefunden, die Habgier und den Vernichtungswillen der feindlichen Staaten mit der deutschen Leistungsfähigkeit in Einklang zu bringen auch die neueste, Brüssel, ist vorübergegangen, ohne ein wirklich greifbares Ergebnis zu zeitigen, wenn auch ein erfreulicher Zug zu einer Annäherung der Gedankengänge nicht zu verkennen ist. Bis zum 1. Mai 1921 läuft die Frist, die das »Friedensinstruments der Entente selbst für die Festsetzung der Entschädigungssumme setzt wohlverstanden, der in Zahlen ausgedrückten Summe! die bisherigen Erfahrungen berechtigen nicht zu der Zuversicht, daß die Entente die von ihr selbst gegebene Bestimmung einhalten wird. Bis aber die Summe festliegt und sei sie noch so hoch, kann der deutsche Unternehmungsgeist keinen Aufschwung nehmen, selbst wenn die rechnende Habgier ihm eine »Schonzeit, eine Erholungsfrist zu neuer Fronarbeit bietet.

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Was das Abkommen von Spa, das immerhin eine Milderung der ursprünglichen Forderungen von Versailles darstellt, für die deutsche Wirtschaft bedeutet, ist aus dem beklagenswerten Zustand unserer gesamten Kohlenwirtschaft, aus dem Erliegen zahlreicher Werke und ganzer Industriezweige, aus der Not der Eisenbahnen, der Landwirtschaft, der Hausbrandversorgung, kurz des ganzen deutschen Wirtschaftslebens genugsam bekannt. Ueber das, was es den andern, unsern Feinden und den Neutralen, was es für die Weltwirtschaft bedeutet, wird noch an andrer Stelle zu sprechen sein.

In

Unter diesem düstren Himmel mußte der Neubau der deutschen Wirtschaft fortgesetzt werden. Mehr eine parteipolitische Forderung, als eine organische wirtschaftliche Notwendigkeit, steht die Füllung des im Sozialisierungsgesetz vom 23. März 1919 gegebenen Rahmens noch aus. den Wirren der Kapp-Zeit des März 1920 ist das Versprechen einer Sozialisierung des Bergbaues erneuert worden, noch im November hat die sozialdemokratische Partei im Reichstage eine ausdrückliche Erklärung des Reichswirtschaftsministers herbeigeführt, daß die Regierung sich an die Erfüllung dieses Versprechens durch Vorlage eines entsprechenden Gesetzes noch im laufenden Jahre 1920 gebunden halte. Die Sozialisierungskommission, die ihre Arbeiten im Sommer 1919 als ergebnislos aufgegeben hatte, wurde im Sommer 1920 verstärkt von neuem einberufen, auch ihre Vorschläge Lederer und Rathenau - haben nicht befriedigt. Eine

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>Verständigungskommission stellte zwei neue Vorschläge neben die bestehenden zur »Vierzehner-Kommission« verstärkt, sucht sie nun nochmals nach neuen Wegen und scheint den gestellten Termin weit zu überschreiten; eine Gesetzvorlage konnte dem Reichstage vor den Weihnachtsferien doch nicht mehr unterbreitet werden. Dem neuen Jahr bleibt also voraussichtlich als eine der ersten Aufgaben eine Klärung der Bergbau-Sozialisierung; hoffen wir, daß die, die sie aus Prinzip für das abgelaufene Jahr schon gefordert hatten, Geduld zeigen und Einsicht dafür, daß diese für das deutsche Wirtschaftsleben grundlegend wichtige Frage nicht als Erfüllung von Parteidogmen, sondern nur als organisches Wachsen bestehender Lebensformen zur Reife kommen kann!

Für den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft von erheblicher Bedeutung ist die Bildung des Reichswirtschaftsrates, der in der Form des »vorläufigen« durch Verordnung vom 4. Mai 1920 ins Leben gerufen ist. Zwar hat er im Lauf seiner Wirksamkeit noch wiederholt über eine mangelnde Berücksichtigung bei der Beschlußfassung über wichtige wirtschaftliche Maßnahmen zu klagen gehabt, doch kann immerhin diese Vernachlässigung noch bis zu gewissem Grade aus aus der Neuheit der Einrichtung erklärt werden.

Die Behandlung wirtschaftlicher Fragen in den Kreisen der Wirtschaft selbst sollte durch Bildung von Selbstverwaltungskörpern erzielt werden. Einer der wichtigsten dieser Selbstverwaltungskörper, der Eisenwirtschaftsbund, ist durch Verordnung vom 1. April 1920 geschaffen worden, doch haben sich in den Bestimmungen dieser Verordnung derartige Mißstände ergeben, daß bereits die erste Vollversammlung des Bundes selbst weitgehende Aenderungen verlangt hat, und daß gegenwärtig Verhandlungen über eine völlige Umgestaltung des Bundes stattfinden.

Das am 10. Februar 1920 im Reichsanzeiger veröffentlichte Betriebsrätegesetz hat weitreichende Rechte zur Einflußnahme der Arbeitnehmerschaft auf die Betriebsleitungen gebracht; besonders umstritten worden sind noch die Ausführungsgesetze über die Einsichtnahme in die Betriebsbilanz und die Betriebsgewinn- und verlustrechnung, die erst kurz vor Weihnachten dem Reichsrat und dem Reichswirtschaftsrat zur Genehmigung vorgelegt werden konnten.

Die Arbeitsgesetzgebung ist auf dreien ihrer Hauptgebiete, der Arbeitlosen versicherung, dem Arbeitsnachweis und dem Schlichtungswesen, bis zur Ausarbeitung von Gesetzentwürfen vorgeschritten, die voraussichtlich im kommenden Jahre die gesetzgebenden Körperschaften beschäftigen werden. Die am 10. November 1920 erlassene Verordnung zum Schutz lebenswichtiger Betriebe, die bei Arbeitstreitigkeiten das Abwarten eines Schiedspruches zur Pflicht macht, ist nur als vorübergehende, vorläufige Regelung anzusehen.

Die Umstellung der Industriebetriebe von der Kriegsproduktion auf die Friedens wirtschaft hat auch im Jahre 1920 noch erhebliche Tatkraft erfordert. Die Umwandlung der ehemaligen Heeresbetriebe in die Aktiengesellschaft » Deutsche Werke ist ganz naturgemäß nicht ohne große Schwierigkeiten, die in der Eigenart der Betriebe und ihrer Verwaltung wie der Arbeiter- und Beamtenschaft lagen, vor sich gegangen; der Kahn-Vertrag, der in den letzten Wochen des Jahres die Oeffentlichkeit erregt hat, dürfte wohl auch noch zu den Kinderkrankheiten des gewaltigen Betriebskörpers zu rechnen sein. Mit großer Tatkraft ist die Umstellung in den Krupp-Werken erfolgt, die naturgemäß als besonders ausgeprägter Kriegsbetrieb besondere Schwierigkeiten in der Auffindung und Ausbildung von neuen Arbeitszweigen haben mußten. Wenn auch die Belegschaft gegen 170000 Mann zur Zeit der Kriegs-Hochkonjunktur heute nur 92300, davon in Essen allein 49 800 Köpfe beträgt, so ist es doch gelungen, die Betriebe soweit zu beschäftigen, daß den Werken der alte Arbeiterstamm erhalten bleiben konnte. Aus einem Betriebsüberschuß von 159 Mill. M für das Geschäftsjahr 1919/20 (gegen 11,7 Mill. M im Vorjahre!) hat sich ein Reingewinn von 79,5 Mill M ergeben, der für Sonderrücklagen, Wohnungsbau und Wohlfahrtseinrichtungen verwendet wird, so daß die Ausschüttung einer Dividende unterbleiben muß.

Die bestehende wirtschaftliche Not - Schwierigkeiten der Brennstoff, Rohstoff- und Geldbeschaffung, Stocken des Absatzes im Inland und Ausland, ständige Steigerung der Produktionskosten und die Sorge um wachsende Erschwernis des wirtschaftlichen Daseins, nicht zuletzt auch wohl schwerste Bedenken gegen die Möglichkeiten einer unüberlegten, überhasteten Durchführung der nicht hinreichend

durchdachten Sozialisierungsforderungen haben die Industrie zu weitreichenden Umstellungen und Zusammenschlüssen veranlaßt, wie die deutsche Industriegeschichte sie bisher nicht gesehen hatte. Lag schließlich auch die Uebernahme der Staatseisenbahnen auf das Reich (1. April 1920) ähnlich im Sinne einer zentralisierenden Zusammenfassung gleichartiger Betriebe, wie etwa die bereits im Sommer erfolgten großen Zusammenschlüsse in der Elektrizitätsindustrie (AEGFelten & Guilleaume, Bildung der Osramgesellschaft als Glühlampentrust) und in der Berg- und Hüttenindustrie (Zusammenschluß Rhein-Elbe-Union), so ist die im November schlagartig einsetzende Zusammenschlußbewegung in den weitesten. Kreisen der Industrie gekennzeichnet durch das Bestreben, jeweils einen möglichst weit reichenden Verarbeitungsvorgang vom Rohstoff bis zum hochveredelten Fertigerzeugnis in einer Unternehmungsgruppe zu vereinigen, um innerhalb der Gruppe Stetigkeit und Sicherheit des Roh- und Hilfstoffbezuges, der Halbzeugbeschaffung und des Absatzes zu gewährleisten. Ja, darüber hinaus sind weit reichende Handels- und Absatzorganisationen in die Interessenkreise dieser gewaltigen Wirtschaftskörper einbezogen werden.

Das deutsche Geldwesen war durch eine ungeheure Entwertung der Mark im internationalen Zahlungsverkehr gekennzeichnet. Während zu Anfang Oktober 1919 der holländische Gulden noch für 9,40 M zu haben war, stieg sein Preis bis Ende Januar auf mehr als 40 M; die Mark war damit auf rd. 4 vH ihres Pariwertes angelangt und konnte sich erst Anfang März unter dem Einfluß von Erwägungen einer internationalen Kredithilfe allmählich wieder etwas erholen. Sie erreichte Ende Mai den Stand von etwa 14 vH des Pariwertes und hielt sich dort bis Ende Juli. Dann trat wieder ein langsames, stetiges Abfallen bis auf rd. 7 vH im November ein, gegen Jahresende eine leichte Besserung.

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Die Folge dieser Geldentwertung in Deutschland war auf der einen Seite eine außerordentliche Kaufkraft des Auslandes und damit der berüchtigte Ausverkauf« Deutschlands im Frühjahr 1920, auf der anderen die Notwendigkeit, dem summenmäßig ungeheuer steigenden Geldbedarf durch die Notenpresse immer von neuem nachzukommen. Der Notenumlauf hat von rd. 36 Milliarden M bei Beginn des Jahres auf rd. 70 Milliarden M gegen das Jahresende zugenommen. In weiterer Folge drückte natürlich diese Zunahme der papiernen Zahlungsmittel ihrerseits wieder weiter auf den Markwert. Die Erscheinung der »Flucht vor der Mark« machte sich bemerkbar, ausgedrückt dadurch, daß jeder Sachbesitz sicherer schien als der von Geld oder Rentenpapieren, und ein Emporschnellen aller Preise und Aktienkurse zu früher kaum vorstellbaren Höhen war die Folge, die dann wieder ständig sich überstürzende Lohn- und Gehaltforderungen nach sich zog. Für die Industrie entstanden dadurch Gestehungskosten, die trotz des geringen Mark wertes einen Wettbewerb im Ausland unmöglich zu machen begannen. War es im Frühjahr für die Industrie möglich gewesen, bei dem steilen Ansteigen der Valutakurve »Valutagewinne« in großem Umfange zu erzielen, so ergab der Abfall der Kurve im weiteren Verlauf häufig den Eintritt so empfindlicher, zuweilen unerträglicher Verluste, daß der Rücktritt von Verträgen oder weitgehende Preisnachforderungen zur Notwendigkeit wurden. Leider ist die Zwangslage, in die die deutsche Industrie hier geriet, im Auslande nicht immer hinreichend gewürdigt worden. Die >soziale<< Ausfuhrabgabe, die das Uebermaß an Valutagewinnen zugunsten der notleidenden Industriearbeiterschaft erfassen sollte, erwies sich bereits bei ihrem Inkrafttreten als in ihren Voraussetzungen größtenteils überholt. Es hat harter Kämpfe bedurft, ibre Auswirkungen auf den Ausfuhrhandel wenigstens in den schwersten Schädigungen herabzumindern, und auch heute noch sind diese Kämpfe keineswegs zu einem zufriedenstellenden Ende geführt.

Eine gewisse Aufhilfe schien das deutsche Geldwesen durch die Vereinbarungen von Spa zu erfahren, nach denen Deutschland ein Vorschuß in Höhe des Unterschiedes zwischen dem deutschen Inlandpreis und dem Weltmarktpreis der gelieferten Kohlen gewährt werden und außerdem für jede auf dem Landwege gelieferte Tonne ein Entgelt von 5 Goldmark für das Recht der Sortenauswahl gezahlt werden sollte. Für diese Summen sollten insbesondere Nahrungsmittel und Bekleidung für die Bergarbeiterbevölkerung beschafft werden.

Allein es hat sich gezeigt, daß auch diese namhaften Summen nicht ausreichen konnten, das deutsche Geldwesen aufrecht zu erhalten. An die Grenze der Belastung ist es schließlich geführt worden durch die ungeheuren Lasten der Besatzungskosten im Rheinland und durch die Art der Verrechnung der sogenannten Ausgleichschulden. Die Summe der Besatzungskosten ist vom Staatssekretär Dr. Bergmann in Brüssel für das laufende Geschäftsjahr auf rd. 15 Milliarden M Bar

deutscher Ingenieure.

leistungen geschätzt worden, ohne Einbeziehung des Wertes der Sachaufwendungen. Nach dem Friedensvertrage wird ferner zwischen Deutschland und den feindlichen Ländern über die privaten Forderungen der einzelnen Staatsangehörigen monatlich abgerechnet; Ueberschüsse zugunsten der Gegner soll Deutschland bar bezahlen, Ueberschüsse zu seinen Gunsten werden ihm dagegen lediglich auf das »Wiedergutmachungskonto< gutgeschrieben. Wenn nun die feindlichen Ausgleichämter schneller arbeiten als die deutschen und das Ausland hatte diese Ausgleichämter sorgfältig vorbereitet so entsteht naturgemäß jetzt zunächst stets eine erhebliche Mehrforderung gegenüber der deutschen, gleichgültig. ob und wie die endgültigen Forderungen sich ausgleichen. Die damit für die deutsche Zahlungsverpflichtung auflaufenden Summen sind so groß, daß die deutsche Regierung Anfang Dezember erklärt hat, dieses Verrechnungsverfahren nicht weiter durchführen zu können und zur Zahlung der fälligen Novemberverpflichtung nicht fähig zu sein, da es sonst für Deutschland nicht mehr möglich wäre, die für die Bevölkerung unbedingt erforderlichen Lebensmittel im Auslande zu kaufen. Die Bezeichnung dieses Vorgehens als >Wirtschaftsbankerott< oder »Staatsbankerott< erscheint mindestens verfrüht; zunächst wird das Verhalten der Ententestaaten gegenüber diesen deutschen Notwendigkeiten abzuwarten sein.

Durch ungeheure Steuerlasten sucht das Reich wenigstens einen Teil seines Geldbedarfes aufzubringen, obwohl es immer noch nicht gelungen ist und bei den bestehenden Verhältnissen auch nicht gelingen kann im Reichshaushalt Ausgaben und Einnahmen ins Gleichgewicht zu bringen. Besitz, Einkommen und Umsatz unterliegen Abgaben, die das gesamte Wirtschaftsleben in um so größere Gefahr bringen, als namentlich durch die plötzliche, »beschleunigte Einziehung namhafter Beträge den wirtschaftlichen Unternehmungen lebenswichtige Betriebskapitalien entzogen werden. Die Verquickung einer beschleunigten Einziehung des Reichsnotopfers mit der Ausgabe einer Zwangsanleihe war bereits früher erörtert, durch den neuen Vorschlag des Reichsbankpräsidenten Dr. Havenstein im Steuerausschuß des Reichstages am 1. Dezember von neuem in den Vordergrund der Erörterung gestellt worden, ist aber durch die Annahme des Gesetzes über die beschleunigte Einziehung des Reichsnotopfers gegenstandslos geworden.

Der Geldbedarf der Industrie ist, der Entwertung des Geldes, der Wertsteigerung aller Anlagen und der Preissteigerung aller Rohstoffe und Betriebskosten entsprechend, ungeheuer gestiegen. Bis zum November (einschließlich) betrug die Neuausgabe von Aktien und Obligationen in der deutschen Industrie rd. 9,5 Milliarden M. Die erforderlich werdende Erhöhung der Aktienkapitalien im allgemeinen Verdoppelung bis Verdreifachung brachte bei der Zahlungsfähigkeit und Kauflust des Auslandes die starke Gefahr der »>Ueberfremdung mit sich, so daß weitreichende Maßnahmen zur Wahrung des deutschen Charakters der Unternehmungen notwendig und üblich geworden sind, nicht ohne daß vorher zahlreiche Einzelwerke und ganze, wichtige Industriegruppen (z. B. die Margarine-Industrie) zu wesentlichen Teilen in den Besitz oder doch unter den bestimmenden Einfluß des Auslandes gelangt sind.

In den deutschen Beziehungen zum Ausland ist im ganzen noch nicht viel Klärung eingetreten. Die Völkerbundtagung mit ihrer Klasseneinteilung der Völker in »große« und kleine und in völkerbundfähige und solche, denen diese Eigenschaft nicht zuerkannt wird, hat zur Zulassung Deutschlands zum Völkerbunde nur durch eine stürmische Rede des französischen Vertreters Stellung genommen; für ein Aufnahmebegehren Deutschlands ist offenbar die Zeit noch nicht gekommen.

Die häufigen Nachforderungen und Verzögerungen bei deutschen Lieferungen ins Ausland sind dort an vielen Stellen sehr schlecht beurteilt worden. Auf der anderen Seite aber kann festgestellt werden, daß das Ausland zunächst gern und in weitem Ausmaß deutsche Waren und deutsche Güter jeder Art gekauft hat, als das Währungsverhältnis das vorteilhaft erscheinen ließ, daß aber auch, als keine Valutagewinne in erheblicher Höhe mehr winkten, wertvolle Aufträge an die deutsche Industrie vom Auslande her in immer steigendem Umfange vergeben wurden. Ist auch heute noch im Gegensatz zu der im September veröffentlichten amtlichen Statistik der deutsche Außenhandel nach den Angaben des Reichsbankpräsidenten Dr. Havenstein auf der Konferenz in Brüssel monatlich um 5 bis 6 Milliarden M passiv, d. h. überwiegt der Wert der Einfuhr den der Ausfuhr um diese Summe, so besteht doch angesichts der immer stärker sich wieder anbahnenden Beziehungen zum Auslande die Hoffnung, daß es deutschem Fleiß und deutscher Tatkraft gelingen wird, sich allmählich wieder einen Weg aus dem Elend zu bahnen.

1. Janmar 1921.

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Konjunktur-Tafel. Die Tafel zeigt die Preisbewegung während des letzten Jahres in Deutschland für eine Reihe der wichtigsten Produktionsgrundlagen der Industrie, nämlich

Kohle: Ruhr-Fettstückkohle I (Verkaufspreise des Reichskohlenverbandes, frei Eisenbahnwagen vom Werk, einschl. Kohlen- und Umsatzsteuer, M/t)

Eisen: Thomas-Stabeisen (Höchstpreis des Eisenwirtschaftsbundes, ab Oberhausen, M/t)

Kupfer: Elektrolytkupfernotiz des Vereines für die deutsche Elektrolytkupfernotiz, Berlin, (wire bars, prompt cif Hamburg, Bremen oder Rotterdam, M/100 kg)

Baumwolle: Amtliche Notierung der Bremer Baumwollbörse für amerikanische Baum wolle, (Fully middling, loco, /kg)

22. Dez.:

29,00

22. Dez.: 2217

Zement: Amtliche Höchstpreise für Privatabnehmer (vom Werk, ohne Verpackung, einschl. Umsatzsteuer, (t) Nahrung: Reichsindexziffer von Richard Calwer (wöchentliche Ernährungskosten einer Familie im Durchschnitt von 200 Orten, M) Dollar: Wechselkurs für New York an der Berliner Börse, Mittel aus •Geld und •Brief« (M/$)

Aktien: Börsenindexziffer der Frankfurter Zeitung, Summe der Kurse von 25 Aktien (Gelsenkirchen, Harpen, Laurahütte, Mannesmann, Westeregeln, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Deutsche Ueberseebank, AEG, Akkumulatoren Hagen, Badische Anilin, Scheideanstalt, Hapag, MAN, Kleyer, Waggonfabrik Fuchs, Orenstein & Koppel, Vereinigte Glanzstoff, Spinnerel Pfersee, Aschaffenburger Papier, Brauerei Schultheiß, Zuckerfabrik Frankenthal, Zementwerk Heidelberg, Deutsche Erdöl, Baltimore and Ohio).

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1) Berlin: Notierungen der Kommission des Vorstandes der Berliner Metallbörse; Hamburg: Notierungen der Metallbörse. Aluminium Original-Hüttenaluminium 98 bis 99 vH in gekerbten Blöckchen, ab Hütte oder loco Groß-Berlin oder Hamburg. Antimon: Regulus, loco Hamburg oder Groß-Berlin. Blei: Original-Hüttenweichblei, Berlin: ab Hütte oder loco Groß-Berlin, Hamburg: ab Hütte oder unbesetztem deutschem Lager. Kupfer: Elektrolytkupfer (wire bars). Berlin: Notiz der Vereinigung für die deutsche Elektrolytkupfernotiz, prompt cif Hamburg, Bremen oder Rotterdam; Hamburg: prompt ab Lager Hamburg oder Berlin. Raffinadekupfer. Berlin: 99 bis 99,3 vH, prompt Groß-Berlin, Hamburg: mindestens 99,3 vH, loco ab Lager Hamburg oder Berlin. Nickel: Reinnickel 98 bis 99 vH, loco Hamburg oder Berlin. Zink: Original-Hüttenrohzink, Preis im freien Verkehr, prompte Lagerware ab Lager Groß-Berlin oder Hamburg. Umgeschmolzenes Plattenzink, handelsübliche Ware, ab Lager GroßBerlin oder Hamburg.

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Silber: Die Berliner Notierung bezieht sich auf Barrensilber von rd. 900/1000 Feingehalt, die Hamburger auf solches von 870/1000 Mindestfeingehalt, die Londoner auf englisches Standardsilber< von 925/1000 Feingehalt; die englische Gewichteinheit ist ebenfalls 1 Troy-ounce = 31,1035 g.

Preisstellung: In Berlin werden die Preise vor der Börse durch eine Kommission ermittelt, in Hamburg werden Brief«- und Geld<Preise notiert; wir gehen, soweit nichts anderes vermerkt, bei der Notierung von Preisspannen, ebenso bei der Brief- und Geld-Notierung in Zukunft jeweils den Mittelwert wieder. Die Londoner und New Yorker Notierungen rechnen wir nach dem Mittelwert des Devisenkurses am Tage der Notierung an der Berliner Börse um.

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