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Siebentes Kapitel.

Burgundische Vermittlungsversuche.

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Wiederausbruch des Kampfes. Der Plan des Herzogs Philipp von Burgund, die niederrheinischen Fürstenthümer zu mediatisiren. Nicolaus von Cusa als Vorläufer des Cardinals Johann Carvajal.

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Vermittlung des 'Dux Cliviae papa est in terris suis'.

Der große vom Herzog Philipp von Burgund aufgewandte Eifer zur Herstellung friedlicher Beziehungen zwischen Köln und Cleve blieb ohne entsprechenden Erfolg. In Folge der am 22. September 1447 festgesetzten Zusazartikel zum ersten Waffenstillstandsvertrage 1) sollten die weiteren Verhandlungen über Herstellung definitiven Friedens durch Vermittlung des Herzogs geführt werden. Zu diesem Zweck wurde der am 11. November ablaufende Waffenstillstand zunächst bis zum 30. November, sodann bis zum 8. Dezember 1447, hierauf noch einmal bis zum 2. Februar, endlich bis zum 31. März 1448 verlängert 2). Die Verhandlungen fanden inzwischen in Löwen und in Brüssel vor Herzog Philipp theils in persönlicher Anwesenheit des Jungherzogs Johann 3), theils durch clevische und kölnische Abgeordnete statt. Nach mehrmonatlicher Dauer derselben stellte der burgundische Herzog wohl den Wortlaut der Bedingungen fest, unter welchen beide Parteien die Beendigung ihrer Streitigkeiten seiner Entscheidung unterwerfen sollten, und schickte den Dietrich von Mengersreut mit diesem Schriftstück nach Köln zum Erzbischof 4). Aber Dietrich von Moers war mit dem Inhalt desselben nicht einverstanden; auch das Zureden seines Bruders, des Grafen Friedrich von Moers, war nicht im Stande, ihn zum Nachgeben zu bewegen; er konnte sich, jedenfalls im Vertrauen auf Zusicherungen, welche ihm von der Curie und von König Friedrich III. für seine eben geleistete Obedienz gemacht worden waren, nicht dazu verstehen, Soest und seinen Antheil an der Stadt Xanten in den Händen Johanns von Cleve zu lassen, was dieser als maßgebende Bedingung und Grundlage friedlicher Einigung festhielt.

Es war in der That ein nicht zu unterschäßender Ausgleich seiner Niederlage vor Soest, welcher dem Erzbischof Dietrich durch seine Unterwerfung unter den römischen Stuhl gelungen war. Schon Anfangs Dezember, eben in den Tagen, wo der Papst seine Wiedereinfeßung verfügte,

1) Nr. 332.

2) Nr. 335, 338, 339, 340, 341, 343, 349, 353. Vgl. auch Bartholomäus, Anhang, 1. c. S. 403, und die Zeugenaussagen, unten Nr. 416.

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traf in Cleve ein Sendschreiben des Königs Friedrich III. ein, durch welches Herzog Adolf aufgefordert wurde, sich hinsichtlich der von Dietrich von Moers erhobenen Klage zu rechtfertigen, daß dieser sich ihm gegenüber seither vergeblich erboten habe, vor dem König, den Kurfürsten und den ́ Fürsten zu Recht zu stehen und von ihnen die Entscheidung ihrer Differenzen entgegen zu nehmen. Diesen Vorwurf suchte der Herzog in seinem Antwortschreiben vom 9. Dezember möglichst zu entkräften 1). Zur Sache selbst brachte er wenig vor, und er konnte überhaupt auch dem römischen Könige gegenüber darauf unmöglich näher eingehen, weil die Thatsache nicht wegzuleugnen war, daß er mit der von Friedrich III. mit Acht und Aberacht belegten Stadt Soest gemeinsame Sache gemacht, sie in ihrem Aufruhr bestärkt und seinem Sohn erlaubt hatte, ihr Landesherr zu werden. Auch den obwaltenden tiefern Gegensat berührte er nur obenhin, indem er zu seinen Gunsten anführte, daß er im kirchenpolitischen Zwist immer als ein getreuer Unterthan der Kirche sich geführt, gegen welche der 'ehemalige' Erzbischof Dietrich sich empört habe, von der derselbe durch richterliches Erkenntniß ausgestoßen worden sei; weiter durfte er auch auf diesen Punkt nicht eingehen, er hätte denn dem König ins Gesicht sagen müssen, daß der Papst sein Verhalten durch Cassation der königlichen Sentenzen gebilligt habe. Seine ausführliche Erwiderung vertagte Adolf bis zur Rückkehr seiner Räthe, welche augenblicklich beim burgundischen Herzog der Friedensverhandlungen wegen sich aufhielten.

Wir wissen nicht, ob später der Herzog von Cleve König Friedrich III. gegenüber nochmals auf diese Angelegenheit zurückgekommen ist. Doch ist dies zu bezweifeln, da der Schwerpunkt der Entscheidung überhaupt nicht bei Friedrich III., sondern in den Händen Nicolaus' V. und der an der römischen Curie maßgebenden Persönlichkeiten lag. Jedenfalls erschien jedoch der Rückhalt, welchen der Erzbischof sich durch den Wechsel seiner politischen Stellung in Rom und in Wien gesichert hatte, diesem genügend, um die burgundische Vermittlung abzulehnen und die Entscheidung noch eine Weile hinauszuschieben.

Mit dem Ablauf des Waffenstillstandes begann somit die Fehde am 1. April 1448 für ein halbes Jahr noch einmal in der herkömmlichen Weise. Die Städte der Grafschaft Mark, Hamm, Unna, Camen und Iserlohn, welche schon früher den Soester Bürgern ihre Sympathien zu erkennen gegeben hatten und von ihrem Landesherrn, dem Grafen Gerhard von der Mark, trog oftmaliger Vorstellungen den erbetenen Schuß gegen die Uebergriffe Kölns nicht erhielten, hatten schon im Juni des vergangenen Jahres, als das böhmische Heer sich näherte, dem Erzbischof die Fehde angesagt 2);

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am 18. November desselben Jahres schlossen sie ein Schuß- und Trußbündniß mit der Stadt Soest 1), in welchem sie derselben gelobten, niemals in ihre Trennung von Cleve-Mark willigen zu wollen. Sie nahmen nunmehr an den Kämpfen des Jahres 1448 regen Antheil und erhielten in Folge dessen im Juni von den Bundesgenossen des Erzbischofs, den Dortmunder Bürgern, die Kriegserklärung 2), wogegen sie Jungherzog Johann seines besondern Schußes versicherte, wenn sie auf der Seite von Cleve und Soest verharren würden 3).

Um seinem Sohn die Kriegführung zu erleichtern, ging Herzog Adolf von Cleve im Mai dazu über, demselben zu den schon früher abgetretenen Landestheilen noch einige weitere zu überlassen1); aber die clevischen Gebiete insgesammt waren durch den langen Krieg finanziell so erschöpft, daß die Bedrängniß des Jungherzogs auch dadurch nicht ganz beseitigt wurde. Er und sein Vater hatten bereits im April den Versuch gemacht, bei der Stadt Köln eine Anleihe von 12000 Gulden zu machen, diese Absicht scheint jedoch ebenso wenig in Erfüllung gegangen zu sein, wie die etwas spätere des Erzbischofs, 4000 Gulden bei derselben Stadt aufzunehmen 5).

Die einzige größere vom Erzbischof ins Werk gesezte Unternehmung dieses Jahres war die mit großen Truppenmassen ausgeführte zehntägige Verwüstung der Soester Börde im Juni. Zu einem Angriff fühlte er sich nicht stark genug; er machte aber in einem an die Stadt und insbesondere noch an die Schmiedegilde gerichteten Schreiben einen lezten Versuch, die abgefallenen Bürger zur Rückkehr unter die kölnische Landeshoheit zu veranlassen, indem er ihnen für diesen Fall vollständige Straflosigkeit zusicherte 6). Aber auch diesmal war sein Bemühen erfolglos.

Von den einförmigen kriegerischen Ereignissen des Jahres 1448 sind im übrigen nur zwei besonderer Erwähnung werth. Das eine von ihnen. rief in Westfalen solches Aufsehen hervor, daß die beiden Betheiligten ihr Verhalten öffentlich rechtfertigen zu müssen glaubten. Johann von Cleve schickte nämlich am 18. Juni, als die beiden Heere nicht weit von Soest einander gegenüberstanden, seine Herolde Namur und Johann von Laer

1) Nr. 344, 345.

2) Vgl. die Chronik des Johann Kerkhörde (Städtechroniken XX, 102).

3) Am 15. Juni 1448 (vgl. Ztschr. des Bergischen Geschichtsvereins V, 360).

4) Lacomblet, U. B. IV, 285; von diesen Gebieten verpfändete Johann am 17. Juni Büderich seinem Vater für 3000 Gulden wieder zurück (Düsseldorf, Cleve- Mark, Urk. Nr. 1222).

5) Am 6. April 1448 baten der Herzog Adolf und sein Sohn die Stadt Köln um 12000 Gulden, am 15. Juli der Erzbischof Dietrich dieselbe um 4000 Gulden (Stadtarchiv Köln, Akten betr. Köln und das Territorium).

6) Vgl. Nr. 359, 363, 364; Städtechroniken XX, 103.

zum Erzbischof, um ihn zu veranlassen, in eine Entscheidungsschlacht zu willigen, welche dem schon vier Jahre währenden Kampf ein Ende machen sollte 1). Der Erzbischof aber antwortete, er könne solches Blutvergießen nicht verantworten; er sei jedoch bereit, als treuer Hirt für seine Herde Blut und Leben einzusehen und erbiete sich dem Jungherzog zu ehrlichem Zweikampf mit oder ohne Waffen, in einer Kammer oder auf freiem Felde. Als nun aber Johann diese seltsame Herausforderung des alten geistlichen Herrn ernst nahm und seine Herolde nochmals ins kölnische Lager sandte, um das Nähere festzustellen, da wich der Erzbischof aus; er stellte sich weder zur Schlacht noch zum Zweikampf, er behielt sogar die Herolde gewaltsam zurück und versteckte sich später, um sein Benehmen zu rechtfertigen, hinter seinen geistlichen Stand, welcher ihm den Kampf verbiete 2).

Im September brachte dann etwas Abwechselung in das Einerlei des Kampfes, in welchen seit dem August auch der Bischof Heinrich von Münster wieder eingetreten war, indem er zugleich einige seiner Städte und Unterfassen zur Theilnahme veranlaßte 3), ein bedeutenderer Erfolg des clevischen Heeres, welchem es gelang, die Dortmunder Bürger in der Nähe ihrer Stadt in einen Hinterhalt zu locken und mehr als 300 von ihnen gefangen zu nehmen, von welchen reichliches Lösegeld erpreßt wurde 4). Das war die lezte größere Waffenthat in der Soester Fehde; mit dem Herbst 1448 stellte sich auf beiden Seiten, besonders aber bei Köln, das aufrichtige Bedürfniß nach Frieden ein. Beim Erzbischof wirkten in erster Linie die vollkommen zerrütteten finanziellen Verhältnisse. Es wurde bereits darauf hingewiesen, einen wie großen Theil der Einkünfte des Erzstifts Dietrich von Moers hatte verpfänden müssen, um die Mittel zur Führung des Kampfes zu erhalten; durch seine zahlreichen Mißerfolge wurde seine Lage immer bedrängter, er war genöthigt, Anleihe nach Anleihe aufzunehmen, und sah schließlich gegenüber dem Drängen der Gläubiger keinen andern Ausweg, als weitere Verpfändungen. So verschrieb er denn im Januar und Februar 1449 Deug und das Schloß Neuenahr an Wilhelm von Nesselrode 5), das Amt Altenwied und die Stadt Linz an Heinrich von Nassau ®), das Schloß und Amt Waldenburg und Bilstein an Dietrich

1) Nr. 366, 369. Vgl. Gert von der Schüren S. 121.

2) Für einen ähnlichen Vorfall vgl. Löher im Münchener Historischen Jahrbuch 1866 S. 406, 407.

153).

3) Lacomblet, U. B. IV, 287; Nr. 367, 383, 403, 421.

4) Städtechroniken XX, 108, 319.

5) Am 15. Januar bezw. 2. Februar (Düsseldorf, Kur-Köln Urk. 1842, Supplement Vgl. auch Ennen, Stadt Köln III, 423.

6) Am 25. Januar (ebd. 1831 und Supplement 142).

von Sayn1), das Amt Werl und den Zoll zu Büderich an Wichart von Ense 2).

Die allgemeine Erschöpfung der niederrheinisch - westfälischen Gebiete, aus welchen, wie des öftern geklagt wurde, durch den langen Krieg das baare Geld fast ganz verschwunden war, zwang beide Parteien, sich endlich dem Friedenswerk mit Nachdruck und Aufrichtigkeit zu widmen.

Bevor wir aber die hierüber im Lauf des Jahres 1448 eröffneten Verhandlungen. besprechen, müssen wir noch einen Augenblick bei Adolfs von Cleve Verhältniß zu seinem Schwager, dem Herzog Philipp von Burgund, verweilen. In zwei seiner früheren Schreiben aus dem März und Juni 14473) an seinen Sohn Johann und seine Gemahlin klingt ein Ton getäuschter Erwartung durch, daß der über so viele und reiche Länder gebietende burgundische Herzog in dieser Angelegenheit so wenig für seinen Neffen thue. Es wurde bereits darauf aufmerksam gemacht, daß die Schwankungen der Politik Burgunds während des Jahres 1447 und die geheimen Verhandlungen des Herzogs mit König Friedrich III., deren Verlauf in Folge der beiderseitigen Spannung damals noch gar nicht abzusehen war, die Haltung Philipps bestimmten.

Diese Unterhandlungen hatten sich von Anfang an auf mehrere Punkte erstreckt, von denen wir jedoch an dieser Stelle nur zwei zu berücksichtigen haben, nämlich einmal die Frage nach der zukünftigen Gestaltung des Verhältnisses derjenigen von Philipps Ländern, welche von Alters her im Lehnsnexus zum Reiche standen, und in zweiter Linie die Erhebung der burgundischen Länder zum Königreich 4). Die Bevollmächtigten Burgunds beim Hof in Wien waren Heinrich und Wilhelm Heefsel, an deren Stelle im October 1447 Adrian van der Ee trat. Schon durch die beiden Agenten Heefsel hatte Herzog Philipp fordern lassen, daß zu dem neu zu gründenden Königreich nicht allein Brabant, sondern auch alle andern jezt in seinem Besiß befindlichen Länder unmittelbar gehören, die Herzogthümer Geldern, Jülich, Berg und andere niederdeutsche Fürstenthümer dagegen von diesem burgundischen Königreich lehnrührig sein sollten 5). König Friedrich III. hatte jedoch nur soviel zugestanden, daß der burgundische Königstitel auf Brabant allein lauten, auch nur Holland und Seeland als Herzogthümer zum neuen Königreich im Lehnsverbande stehen, die Herzogthümer Geldern,

1) Am 6. Februar (ebd. 1833).

2) dsgl. (ebd. 1832). Vgl. auch Nr. 387. Für die außerordentliche im September 1449 bewilligte Landessteuer vgl. Lacomblet, U. B. IV, 292.

3) Vgl. oben S. 115* f.

4) Vgl. die von Birk in Chmels Desterreichischem Geschichtsforscher I, 233 ff. veröffentlichten Aktenstücke aus dem Wiener Archiv.

5) Ebb. S. 235.

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