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Claffe der eine so eben erst die Elementarschule, der andere die Prima oder Secunda eines Gymnasiums oder einer Realschule verlassen hatte. Durch Frische der Auffassung, energischen und ungetheilten Fleiß zeichneten sich vielfach besonders folche Zöglinge aus, welche nicht durch höhere Schulen vorbereitet wurden; andererseits zeigten sie aber in Bezug auf ihre allgemeine Bildung ganz auffallende Lücken."

Die Vereinigung so heterogener geistiger Elemente zu demselben Zwecke birgt in sich die beiden Mängel einer verschiedenen geistigen Capacität und einer ungleichen allgemeinen Bildung. Beide gehen so ziemlich Hand in Hand, obwohl angenommen werden kann, daß Erstere selbst bei geringer allgemeiner Bildung, aber geistiger Begabung mit zunehmendem Alter erstarkt. Ist nun gleichwohl für den Primaner des Gymnasiums, wie für den Elementarschüler, welche beide gleichzeitig denselben Cursus beginnen, in einzelnen Lehrfächern der Unterrichtsstoff neu, so steht der Primaner diesem neuen Stoffe doch mit einer ganz anderen Faffungskraft gegenüber, als der Zögling der Volksschule. Dieser Contrast wird noch vergrößert durch die Ungleichheit der allgemeinen Bildung Beider; zur Ausgleichung dieses Mißverhältnisses bieten die Gewerbes schulen in ihrer gegenwärtigen Gestalt keine ausreichende Gelegenheit. Zwar hat man, um diesen Uebelstand abzuschwächen, zur Errichtung einer Vorbereitungsclaffe feine Zuflucht genommen und in den Lehrplan derselben zur Ergänzung der mangelnden allgemeinen Bildung Geographie, deutsche und französische Sprache aufgenommen; allein die nur einjährige Dauer dieses ergänzenden Unterrichtes verbürgt für Viele keinen ausreichenden Erfolg. Ein solcher ist nur zu erwarten. bei einer systematischen Erweiterung der Gewerbeschulen nach unten und einer entsprechenden Vermehrung der Jahrescurse. Der Eintritt eines Primaners des Gymnasiums oder der Realschule in die Gewerbeschule ist eine außergewöhnliche Erscheinung, und seine allgemeine Bildung erhebt sich ebenso weit über jene zum erfolgreichen Beginne technischer Studien unumgänglich nothwendige Norm, wie die des Volksschülers und Bürgerschülers unter derselben zurückbleibt. Der Organisationsplan des Gewerbeschulwesens in Preußen vom 5. Juni 1850 stellt als eine solche Norm allgemeiner Bildung die Reife für Tertia eines Gymnasiums fest; wenn dieselbe auch zum Beginne technischer Studien für ausreichend erachtet werden kann, so muß sie gleichwohl für unzureichend erklärt werden, weil sie in dem gegenwärtigen Lehrplane der Gewerbeschule keine Fortseyung findet.

Die Ergänzung der allgemeinen Bildung einerseits und ihre Fortführung und Erweiterung andererseits sind für die Gewerbeschulen ein unabweisbares Bedürfniß, dessen Befriedigung aber bei der ungleichartigen Vorbildung und dem verschiedenen Lebensalter der Aspiranten mit großen Schwierigfeiten verbunden ist.

Zur Ergänzung und Fortführung der allgemeinen Bildung empfiehlt sich die Aufnahme von Geschichte und Geographie, sowie sprachlicher Studien in den Lehrplan der erweiterten Gewerbeschule.

Der Unterricht in Geschichte und Geographie wird seinen Abschluß im Allgemeinen vor Beginn der specifisch technischen Studien finden müssen und kann nur den Zweck einer Ergänzung der allgemeinen Bildung haben, während die sprach

lichen Studien deren Erweiterung bezwecken. Der Standpunkt eines Tertianers in Geschichte und Geographie ist kein so er= habener, daß zwischen ihm und dem Wissen eines Bürgerschülers ein bedeutender Unterschied stattfände; es werden sich vielmehr die verschiedenartigen Elemente bald in dieselbe Bahn bringen und dem gemeinsamen Unterrichtsziele zuführen lassen, als welches für Geschichte mindestens das Wissen eines versegungsfähigen Tertianers der Realschule I. Ordnung festzuhalten sein dürfte. Der geographische Unterricht ist für den fünftigen Techniker von höherer Wichtigkeit, als Geschichte; es ist deshalb auf denselben ein größeres Gewicht zu legen und ihm mehr Zeit zu widmen; ja es dürfte sich empfehlen, den geographischen Unterricht in geringer Stundenzahl noch neben den eigentlich technischen Studien fortzuseßen, so daß dadurch das Unterrichtspensum für die Secunda der Realschule Erledigung findet.

Der sprachliche Unterricht der Gewerbeschule erstreckt sich) gegenwärtig nur auf die Muttersprache. Eine sorgfältige Fortführung dieses Unterrichtes durch alle Curse hindurch ist ein hervorragendes Bedürfniß.

Mehr als irgend welche Lehranstalt hat die Gewerbeschule Gelegenheit, alljährlich die Ueberzeugung zu gewinnen, daß das Wissen und Können im Deutschen sowohl, wie auch im praktischen Rechnen, für Schüler der verschiedenartigsten Anstalten berechtigten Erwartungen im Durchschnitte nicht entsprechen. Die Erfahrung legt hier zwei Schwächen aller Kategorien von Unterrichtsanstalten bloß. Wir sind weit davon entfernt, in allen Fällen die Minderleistungen in beiden Disciplinen dem genossenen deutschen und Rechenunterrichte ausschließlich zur Last zu legen; allein die anderweitig gemachte Erfahrung, daß auch die Leistungen der aus höheren Classen der Realschulen und Gymnasien ohne Aufnahmeprüfung in die Gewerbeschule übertretenden Zöglinge im Deutschen und Rechnen mit einzelnen Ausnahmen durchschnittlich noch sehr der Hebung und Befestigung bedürfen, beweist, daß jene alten pädagogischen Schwächen noch immer nicht geheilt sind. Eine große Stüße findet der deutsche Unterricht in der allwöchentlich wiederkehrenden Anfertigung schriftlicher, physikalischer, chemischer, technologischer und mechanischer Ausarbeitungen.

Die Aufnahme der neueren Sprachen, des Französischen und Englischen, in den Unterrichtsplan der Gewerbeschule ist nicht nur des allgemein bildenden Einflusses halber, welchen das Studium fremder Sprachen ausübt, wünschenswerth, sondern ihre Erlernung machen dem Techniker auch die schäzenswerthe französische und englische technische Literatur zugänglich und gestatten ihm, seine praktische Ausbildung auch außerhalb der Grenzen des eigenen Vaterlandes zu suchen. Wenngleich zugegeben werden muß, daß die lateinische Sprache die natürlichste, fast unentbehrliche Grundlage für ein gediegenes, auf wahre sprachliche Bildung abzielendes Studium der neueren Sprachen ist, so kann dieselbe dennoch in den Lehrplan der Gewerbeschule keine Aufnahme finden. Denn abgesehen davon, daß bei der verschiedenartigen Vorbildung der aus Gymnasien, Realschulen und Lyceen in die Gewerbeschulen übertretenden Schüler eine Einreihung derselben nach der Gleichartigkeit ihres Standpunktes im Lateinischen in verschiedene Curse zu extremen Erscheinungen führen würde, müßten auch alle jene Aspiranten von der Aufnahme zurück

gewiesen werden, denen die lateinische Sprache fremd ist. Es würde sich folglich dadurch solchen jungen Leuten eine Anstalt verschließen, auf welche allein sie hinsichtlich ihrer Berufsstudien angewiesen sind, und die ihren Schwerpunkt in die Pflege der mathematischen, realen und graphischen, nicht aber der sprachlichen Fächer zu legen hat. Eine der schäßenswerthesten Eigenschaften der Gewerbeschule, Allen zugänglich zu sein und eben dadurch der oben erwähnten Bedürfnißfrage zu entsprechen, würde dann verloren gehen. Der strebsame, talentvolle junge Mann, welchem unverschuldete Verhältnisse es versagten, eine andere als elementare Ausbildung zu erhalten, oder der durch besondere Umstände gezwungen wurde, seine Bildung als Tertianer zu unterbrechen, würde verurtheilt sein, von jeder höheren geistigen Ausbildung Abstand nehmen, auf jeden Aufschwung in der menschlichen Gesellschaft verzichten und nur in Verwerthung seiner physischen Kraft sein Lebensziel erkennen zu müssen. Die Abgeschlossenheit aller derjenigen Anstalten, welche in Folge des Studiums der lateinischen Sprache in vielen Jahrescursen ein nicht zu unterbrechendes Ganze bilden, steht zu der erwähnten Einrichtung der Gewerbeschule im entschiedenen Gegensage. Die Bedeutung des Lateinischen für technische Institute und Vorbereitungsanstalten für polytechnische Schulen ist durch die Entwickelungsgeschichte der Realanstalt zu Stuttgart, einer der ältesten und ausgezeichnetsten derartiger Vorbereitungsanstalten endgültig entschieden worden.

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Ein Schüler der Stuttgarter Realschule, welcher dieselbe nach vollendetem 14. Jahre verließ, um in die Lehre zu treten, hatte im Ganzen lateinischen Unterricht gehabt unter Annahme von 43 Unterrichtswochen pro Jahr:

im Jahre 1818 bei 5 jährigem Cursus in 4 Haupt- und einer Elementarclasse 1634 Stunden;

im Jahre 1821 bei 6jährigem Cursus in 6 Classen 1720 Stunden;

im Jahre 1845 bei 6jährigem Cursus in den Abtheilungen c 301 Stunden;

und im Jahre 1862 bei 6jährigem Cursus in den Abtheilungen c keine Stunden.

Die Realschule wurde von dem Gymnasium im Jahre 1818 getrennt; sie erhielt vier Haupt- und eine Elementarclasse, welche theils für die Realschule, theils für das Gymna= fium vorzubereiten hatte, und deren Lectionsplan wohl einzig in seiner Art dasteht. Während in demselben der deutschen Sprache wöchentlich 4, dem Rechnen 3, der Geographie 1, der Religion 2, dem Zeichnen 1 und dem Schönschreiben 3 Stunden überwiesen waren, wurde die lateinische Sprache in wöchentlich zwanzig Stunden betrieben. Diese Elementarclasse sollte den Grund legen zu einer eigenen „allen pädagogischen und den bewährten neuesten Grundsägen entsprechenden, für die formelle Bildung der jüngsten Schüler, ohne Rücksicht auf ihren fünftigen Beruf bestimmten Elementarschule“, aus welcher die Schüler je nach ihrer künftigen Bestimmung in das Gymnasium oder die Realschule übergehen sollten.

Im Jahre 1821 bestand die Realschule aus 6 Classen (und die Stundenzahl im Lateinischen fiel auf 10, in den höheren Claffen auf 6); im Jahre 1845 hatte sie dieselbe Zahl Hauptclaffen, doch schloß sich ihnen schon damals einerseits ein einjähriger Vorbereitungscursus für die polytechnische

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nur noch in einzelnen Abtheilungen betrieben und im Jahre 1862 ganz aus dem Lectionsplane gestrichen.)“*)

Wie aus später zu entwickelnden Gründen hervorgehen wird, kann der Unterricht in den neueren Sprachen nicht obligatorisch, sondern nur facultativ sein. Ersteres sei er für diejenigen Schüler, welche sich durch Ablegung der Entlassungsprüfung die Berechtigung zur Fortseßung ihrer Studien auf der polytechnischen Schule erwerben wollen. Das Unterrichtsziel im Französischen und Englischen sei dasselbe wie für Secunda der Realschule I. Ordnung und werde im Besonderen mindestens bemessen nach den geseßlichen Anforderungen der Departements - Prüfungscommissionen für den einjährigen freiwilligen Militärdienst in Preußen.

Außer den aus anderen Lehranstalten unmittelbar, also ohne Unterbrechung ihrer Schulbildung, in die Gewerbeschule Eintretenden sind noch diejenigen jungen Leute zu berücksichtigen, welche erst nach einer ein- oder mehrjährigen praktischen Beschäftigung in den Gewerbeschulen die ihrem technischen Berufe entsprechende theoretische Ausbildung suchen. Auch sie sind aus den verschiedenartigsten Schulanstalten hervorgegangen; für sie tritt aber bei Wiederaufnahme ihrer theoretischen Fortbildung der erschwerende Umstand hinzu, daß von den früher erlernten Kenntnissen und Fertigkeiten während der praktischen Arbeit ein größerer oder geringerer Theil verloren gegangen ift, und ihre Auffaffungskraft die jugendliche Frische und Lebhaftigkeit nicht mehr besigt. Bisher wurden derartige junge Leute, wenn sie den Aufnahmebedingungen entsprachen, aufgenommen und wie alle übrigen Schüler behandelt. Im Falle einer Reorganisation der Gewerbeschulen nach den angedeuteten Principien würde es von dem Grade der früheren Bildung und dem mehr oder weniger vorgerückten Lebensalter solcher Schüler abhängen, ob sie in den systematischen Unterrichtsgang ganz eintreten, mithin auch an den die Fortführung der allgemeinen Bildung bezweckenden Fächern, wie Französisch und Englisch, Theil nehmen können, oder ob ihre Stellung in der Anstalt eine Ausnahmestellung sein wird, in welcher sich ihnen zwar die Gelegenheit zu einer theoretischen Berufsbildung bietet, und ihnen vielleicht auch das Recht zur Zulassung zu einer weniger rigorösen, mit einzelnen Privilegien verbundenen Entlassungsprüfung zusteht, ihnen jedoch die Berechtigung zur Fortseßung technischer Studien auf einem Polytechnicum (im Sinne der vorgeschlagenen Organisation polytechnischer Schulen) nicht zuerkannt werden kann. Die Zahl der aus der Praxis zur Gewerbeschule zurückkehrenden jungen Leute ist bei der gegenwärtigen Einrichtung dieser Anstalten beträchtlich; so z. B. hatten von den seit 1851 geprüften 162 Abiturienten der Halberstädter Gewerbeschule 105 bereits praktisch gearbeitet. In Zukunft, wenn nach systematischer Vermehrung der Jahrescurse sich die Gewerbeschulen mehr aus sich selber recrutiren werden, wird sich dieses Verhältniß ändern.

Die Unterrichtsgegenstände der preußischen Gewerbeschulen entsprechen bereits der Hauptsache nach den von dem Vereine deutscher Ingenieure adoptirten Principien der Organisation

*) Jahresbericht über die höhere und niedere Gewerbeschule zu Barmen pro 1863 bis 1864 von Dr. Walter Zehme. [Vergl. auch Bd. VIII, S. 63 d. 3. D. Red. (L.)]

pölytechnischer Schulen, mit Ausnahme von Geschichte, Geographie und neueren Sprachen.

Der Organisationsplan für das Gewerbeschulwesen in Preußen vom 5. Juni 1850 bezeichnet genau den Umfang des Unterrichtsstoffes der einzelnen Fächer und stellt die Anforderungen für die zur Aufnahme in das Königl. Gewerbeinstitut (Gewerbeakademie) zu Berlin berechtigenden Entlassungsprüfung fest. Auf diese Unterrichts- und Prüfungsordnung *) verweisen wir anstatt einer detaillirten Besprechung der inneren Einrichtung und Thätigkeit der Gewerbeschulen, worüber auch die durch den Druck veröffentlichten Jahresberichte mancher dieser Anstalten ganz specielle Auskunft geben. Nur das werde an dieser Stelle ausdrücklich hervorgehoben, daß die Unterrichtsziele der Gewerbeschule in den mathematischen Fächern mindestens dieselben, wie die des Gymnasiums und der Real

*) Verordnungen über die Organisation des Gewerbeschulwesens in Preußen 2. vom 5. Juni 1850. Berlin. Verlag der Decker'schen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei.

schule I. Ordnung, find. In den naturwissenschaftlichen Disciplinen und den graphischen Fächern überragen die Leistungen der Gewerbeschulen die der Gymnaften bedeutend, während fie mit denen der Realschulen I. Ordnung auf einer Stufe stehen, ausgenommen im Zeichnen, in der Chemie und Technologie, worin die Gewerbeschulen die Realschulen übertreffen.

Troß der verschiedenen, oben erwähnten Uebelstände, mit welchen die Gewerbeschulen hinsichtlich ihrer Recrutirung kämpfen, haben dieselben bis jezt die schwierige Aufgabe befriedigend gelöst, einen nicht geringen Theil ihrer Schüler in einem zweijährigen Cursus den Anforderungen des Prüfungsreglements genügend auszubilden. Seit Verleihung der Berechtigung zur Abhaltung von Entlassungsprüfungen im Jahre 1851 entließ z. B. die Halberstädter Gewerbeschule im Ganzen 162, also jährlich im Durchschnitte 40 pCt. der Schüler mit dem Zeugnisse der Reife.

Folgende Tabelle giebt eine Uebersicht über die Vorbildung der Abiturienten und die Prädicate ihrer Prüfungszeugnisse.

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Aus dieser Tabelle geht hervor, daß Schüler von der verschiedenartigsten Vorbildung den Anforderungen des Prü

fungsreglements entsprochen haben. Die möglicherweise von

Manchem gehegte Vermuthung, aus dieser Tabelle eine Ueber

einstimmung der Vorbildung mit den Prädicaten der Prüfungszeugnisse zu ersehen, kann sich wohl deshalb nicht bestätigen, weil nicht vorauszuseßen ist, daß einer guten Vorbereitung stets ein höheres Prädicat als einer geringeren Vorbildung entsprechen müsse. Ebenso wenig würde selbstverständlich der specielle Nachweis, welches Prädicat jeder einzelne Examinand bei seiner aus der Tabelle ersichtlichen Vorbildung erzielte, einen Causalnexus zwischen der Vorbildung und dem Grade der Reife erkennen lassen. Es entscheidet mithin für die Ausbildung durch die Gewerbeschule weniger die Art der Vorbildung, als vielmehr Talent und Fleiß des Schülers.

Hinsichtlich des Berufes der 162 Abiturienten ergab sich folgendes Resultat:

Maschinenbauer, Schlosser, Schmiede, Mechaniker 91,
Bauhandwerker

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162.

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Die Anzahl der Abiturienten, welche ihre technischen Studien auf der Gewerbeakademie zu Berlin und anderen polytechnischen Schulen weiter fortgesezt haben, konnte nicht festgestellt werden.

Das Regulativ für die Organisation des Königlichen Gewerbeinstitutes (Gewerbeakademie) zu Berlin bestimmt, daß 1) außer den Abiturienten einer zur Entlassungsprüfung berechtigten Provinzial - Gewerbeschule auch diejenigen Bewerber zum Besuche des Gewerbeinstitutes zuzulassen sind, welche 2) auf einer Realschule oder 3) bei einem Gymnasium das Zeugniß der Reife erlangt haben.

Diese Bedingungen sind heterogen und enthalten Inconsequenzen. Während bei Erfüllung der ersten Bedingung von einem bestimmten Grade allgemein wissenschaftlicher Vorbildung abgesehen, und der Schwerpunkt nur in die erlangte specifisch technische Bildung gelegt wird, entscheidet bei Erfüllung der zweiten und dritten Bedingung der bestimmte Nachweis einer rein wissenschaftlichen Vorbildung ohne Rücksicht auf das Vorhandensein irgend welcher technischen Kenntnisse und Fertigkeiten.

Die Recrutirung eines Polytechnicums nach solchen Maßnahmen genügt zwar dem individuellen Bedürfnisse und dem der Privatindustrie, sie ermangelt aber einer Norm der allgemein wissenschaftlichen und specifisch technischen Vorbildung, welche einer höheren wissenschaftlichen Ausbildung, wie z. B. für die technischen Berufsfächer des Staatsdienstes, entspricht. Diese Norm allgemein wissenschaftlicher und technischer Vorbildung muß ein erreichbares Ziel sein für alle in den vers schiedenen Kategorieen von Schulen der erwachsenen Jugend Gebildeten, welche sich der Technik widmen wollen.

Die Aufnahme in das Polytechnicum werde bedingt durch den Nachweis folgender Kenntnisse und Fertigkeiten:

1) hinsichtlich der allgemeinen Bildung: Gewandtheit im deutschen Ausdrucke, Fertigkeit in neueren Sprachen, Kenntnisse in Geographie und Geschichte;

2) hinsichtlich der allgemeinen Fachbildung: Elementarmathematik mit Einschluß der ebenen Trigonometrie, Elemente der analytischen und beschreibenden Geometrie, Elementarmechanik und Maschinenlehre, Elemente der Bauconstructionslehre, Elemente der Projectionslehre, Schattenconstruction und Perspective; Fertigkeit im Freihand- und Linearzeichnen und im Aufnehmen von Maschinen und Gebäuden. Gründliche Kenntnisse in Physik, Chemie und Mineralogie;

3) hinsichtlich der praktischen Ausbildung: mindestens einjähriges praktisches Arbeiten.

Diese technische Vorbildung ist eine selbstständige Bildungsrichtung, welcher von Schulanstalten, die andere Unterrichtszwecke verfolgen, nebensächlich nicht genügt werden

fann.

Unter den höheren Lehranstalten, deren Ziel allgemeine geistige Ausbildung ist, sind die Gymnasien, welche die wissenschaftliche Vorbildung für den gelehrten Staats- und Kirchendienst bezwecken, diejenigen, welche eine Aufnahme technischer Unterrichtsfächer in ihren Lehrplan am wenigsten zulassen. Sie stehen in Zweck und Einrichtung von Alters her so fertig da; sie beanspruchen Kraft und Jugend ihrer Zöglinge so vollständig und andauernd, daß eine Aenderung ihres Lehrplanes mit Rücksicht auf eine zweckentsprechende Vorbildung für die polytechnische Schule mit ihrem ursprünglichen Zwecke sich nicht vereinigen läßt. Das Zeugniß der Reife eines Gymnasiums kann somit ohne Weiteres nicht zum Eintritte in das Polytechnicum berechtigen.

Die Realschule, welche außer allgemeiner geistiger Bildung vorzugsweise, wie aus der großen Zahl ihr verliehener Privilegien sich ergiebt, die wissenschaftliche Vorbildung für alle Berufsarten des Staatsdienstes erstrebt, zu welchen akademische Facultätsstudien nicht erforderlich sind, steht in ihrem Unterrichtsplane und ihren Einrichtungen der für die polytechnische Schule erforderlichen Vorbildung schon näher, insofern sie in den mathematischen und Naturwissenschaften, sowie im Zeichnen mehr erreicht, als die Gymnasien. Die Bildung ihrer Abiturienten ist gleichwohl noch nicht ausreichend, weil unvollständig zum sofortigen Uebergange zur polytechnischen Schule. Sie bedarf einer Ergänzung durch diejenigen technischen Disciplinen, welche in der Gewerbeschule, nicht aber in der Realschule gelehrt werden. Diese Ergänzung kann entweder erreicht werden durch Anfügung noch einer Claffe oder durch Einrichtung einer der Prima parallelen Claffe. Die Anfügung einer technischen Ergänzungsclasse hat das Bedenken eines über das 20. Lebensjahr hinausgehenden Alters ihrer Schüler gegen fich. Nur wenige Schüler dürften gewillt sein und die Mittel bestgen, einen so großen Theil ihrer Lebenszeit auf der Schulbank zu fißen und dann erst doch nur die Vorbildung für die polytechnische Schule beendet zu haben. Woher aber soll dann noch Zeit und Geschick zur praktischen Arbeit genommen werden?

Die Einrichtung einer der Prima parallelen technischen Ergänzungsclasse würde zwar dem erwähnten Uebelstande vorbeugen, dafür aber eine Störung des Organismus der Anstalt herbeiführen, in Folge welcher eine Realschule 1. Ordnung Gefahr laufen könnte, in eine Anstalt II. Ordnung zurückzusinken. Um Zeit für den technischen Unterricht zu gewinnen, würde das Latein mit Secunda seinen Abschluß finden müssen. So wünschenswerth es erscheint, die Realschule auf die eine oder andere Weise zur Vorbildung für die polytechnische Schule einzurichten, so bleibt doch sehr zweifelhaft, ob eine so große Zahl der Schüler von dieser Einrichtung Gebrauch machen würde, daß die Communen auf die Dauer zu den daraus erwachsenden pecuniären Opfern sich verstehen könnten. Es ist vielmehr zu befürchten, daß diese technische Ergänzungsclaffe das Schicksal der Prima der Realschulen überhaupt

theilen und in Folge mangelhafter Frequenz sich kaum lange wird halten können. Folgende Bemerkung eines Realschulmannes begründet nur zu sehr diese Befürchtung. Derselbe sagt hinsichtlich der unter seiner Leitung stehenden Realschule:

Wir theilen leider das Loos der meisten unserer Schwesteranstalten, daß in den beiden oberen Claffen, namentlich aber in der ersten, in welcher die Schüler den Abschluß ihrer Schulbildung gewinnen sollten, nur ein sehr kleiner Theil von der Gesammtfrequenz der Schule sich befindet. So dankenswerthe Berechtigungen auch in neuerer Zeit an das bestandene Abiturientenexamen geknüpft sind, so sind dieselben doch nicht von der Art, daß sie eine größere Anzahl unserer Schüler veranlaßten, den Cursus der Prima durchzumachen. Denn die verhältnißmäßig doch nur geringe Anzahl Derer abgerechnet, welche allein qus wissenschaftlichem Interesse, ohne Rücksicht auf ihren späteren Beruf, der Abiturientenprüfung sich unterziehen, haben wir in unserer Prima in den lezten Jahren fast ausschließlich solche Schüler gehabt, die sich entweder auf den Staatsdienst (im Steuer- und Postfache) oder auf die höheren gewerblichen Studien (namentlich im Baufache) vorbereiteten, und die Zahl Derer, die sich für einen dieser Berufszweige entschieden, ist eben bisher eine verhältnißmäßig geringe geblieben; von den übrigen Berechtigungen aber ist in den lezten Jahren kaum jemals Gebrauch gemacht. Aber auch die Secunda ist, wenigstens im zweiten Semester des Schuljahres, wenig zahlreich besucht worden, da aus dieser Classe vor Beendigung des Cursus Diejenigen abzugehen pflegen, denen es nur auf die Berechtigung zum einjährigen freiwilligen Militairdienste aukommt, welche bekanntlich an einen mindestens halbjährigen Besuch der Secunda einer Realschule I. Ordnung geknüpft ist."*)

Außer den Realschulen und eher noch als diese sind die sogenannten höheren Bürgerschulen als solche Anstalten zu erwähnen, welche einer Umgestaltung zu Vorbereitungsanstalten für polytechnische Schulen fähig sind. Die höheren Bürgerschulen find Anstalten gleicher Tendenz und Einrichtung, wie die Realschulen; sie steigen nur von derselben Grundlage zu einer geringeren Zahl von Classen auf. Sie haben die fünf Claffen von Sexta bis Secunda einer vollständigen Realschule; der Cursus der ersten Classe ist zweijährig, und das Lateinische gehört auch bei ihnen zu den obligatorischen Gegenständen des Lehrplanes. Das auf einer, zu gültigen Abgangsprüfungen berechtigten, höheren Bürgerschule erworbene Zeugniß der Reife berechtigt zur Aufnahme in die Prima einer vollständigen Realschule und gewährt außer den an den Besuch der Secunda einer Realschule geknüpften Befugnissen das Recht auf Zulassung zum einjährigen freiwilligen Militairdienste.

Hinsichtlich der Umgestaltung dieser Anstalten zur Vorbereitung für polytechnische Schulen gilt der für die Realschulen 1. Ordnung gemachte Vorschlag der Errichtung einer die hier fehlende Prima erseßenden Ergänzungsclasse, worin die specifischtechnischen Disciplinen gelehrt werden. Außerdem würden aber auch im Zeichnen und im naturwissenschaftlichen Unterrichte höhere Unterrichtsziele zu sehen, und namentlich dem Zeichnen schon in den mittleren Classen mehr Zeit zu widmen sein. Es ist aber dann bei dem großen Zeit- und Kraftaufwande,

*) Jahresbericht der Realschule zu Halberstadt pro 1865 bis 1866 von Dr. Hermann Spilleke, Director.

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