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Hiernach geht Mr. Holloway zur Widerlegung der Ansicht Derer über, welche den Patenten die nußbringende Wirkung absprechen wollen. Er weist dies namentlich durch Beispiele nach, so unter anderen, daß die ganze Baumwollenspinnerei sich zu ihrer colossalen Bedeutung für England und Amerika nur durch Erfindungen erhoben habe, welche unter dem Schuße der Patentgeseze sich entwickelt haben, und indem sie den Erfindern für ihre Erfindungen eine entsprechende Belohnung gewährten, zugleich das gewaltigste Mittel zur Beförderung der Nationalwohlfahrt geworden sind. Aehnliches berichtet er über die unter dem Schuße der Patente entstandene Gummiwarenfabrication, sowie er an der Erfindung des Bigel o w’schen automatischen Teppichwebestuhles nachweist, daß, troßdem das Patentrecht dem Erfinder mehr als 50,000 Dollars eingebracht hat, doch die auf den patentirten Webestühlen gefertigten Teppiche billiger und besser geliefert wurden, als früher, wo die Handarbeit noch zur Herstellung in Anspruch genommen wurde.

Interessant find die mitgetheilten Facta über die zumeist in Amerika erfundenen, natürlich auch patentirten und dort vorzugsweise im allgemeinen Gebrauch befindlichen landwirthschaftlichen Maschinen, welche mehr, als viele andere, zur Entwickelung des Nationalwohlstandes durch Arbeitsersparniß beigetragen haben.

Obgleich die Erfinder, um von ihrer Erfindung Nußen zu ziehen, also von selbstischen Zwecken ausgehend, die Maschinen construirt haben, haben sie damit aber unwillkürlich der Allgemeinheit einen größeren Nußen gestiftet in der Belehrung des Volkes, als alle landwirthschaftlichen Collegien Amerika's zusammen. Die Canadische Regierung, im Verkennen dieser Wahrheit, gestattete den Bürgern der Vereinigten Staaten nicht, für diese ihre Erfindungen in Canada Patente zu nehmen, wahrscheinlich aber wohl vorzugsweise in der kurzsichtigen Hoffnung, von den Erfindungen Nußen zu ziehen, ohne den Erfindern irgend wie eine Entschädigung dafür zukommen zu lassen.

Die Erfahrung hat die ganz entgegengeseßten Folgen solcher verkehrten Politik in's hellste Licht gestellt; denn da von den Erfindern der neuen landwirthschaftlichen Geräthe nun keiner ein Interesse hatte, den Canadier in der Anwendung derselben zu unterrichten, so haben diese nach wie vor mit ihren alten Geräthen weiter gearbeitet und haben kaum einen nennenswerthen Vortheil von all den Erfindungen gehabt, welche dem Ackerbau und der Landwirthschaft der benachbarten Staaten in so hohem Grade zu gute gekommen sind. Durch sorgfältige Zahlenangaben beweist Mr. Holloway diese Ausführungen.

Nachdem der Verfasser der Denkschrift an dieser und anderen Thatsachen in ausführlicher Weise nachgewiesen hat, daß der blühende Stand der amerikanischen Industrie fich nicht troß des Patentschußes, sondern als nothwendige Folge desselben ergeben hat, geht er zur Rechtfertigung des amerikanischen Patentsystemes über. Ein näheres Eingehen auf diesen Abschnitt möge vorbehalten bleiben bis zur Besprechung der Würdigung, welche die früher vom Vereine deutscher Ingenieure aufgestellten Principien für ein allgemeines deutsches Patentgesez gefunden haben.

Ehe wir aber uns zu Anderem wenden, möge hier noch die Ueberzeugung ausgesprochen werden, daß von keiner Seite

her in gleich erschöpfender Weise so gewichtige Worte zu Gunsten des Patentschußes laut geworden find, als in der hier erwähnten Denkschrift des M. Holloway. Nicht durch abstracte Behauptungen und Folgerungen führt er seinen Beweis, sondern stüßt sich durchgängig auf Thatsachen, und wo diese reden, da schrumpfen damit im Widerspruch stehende abstracte Doctrinen, nach denen es in der Welt ganz anders zugehen müßte, als es thatsächlich geschieht, zu wesenlosen Schemen zusammen, welche keinen vernünftigen Menschen um den Verfall unseres industriellen Fortschrittes bange machen können.

Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß neben den hier herangezogenen verschiedenartigen Aeußerungen zu Gunsten des Patentschußes für Erfindungen sich auch einige Gegner dieses Princips haben vernehmen lassen, und wir würden nicht nur ungerecht, sondern auch unflug handeln, wenn wir diesen Auslaffungen keine Beachtung schenken wollten, denn, wie sich zeigen wird, stüßen sich ihre oft recht schwachen Argumentationen nur auf angebliche Consequenzen volkswirthschaftlicher Theorieen, verrathen aber oft eine recht große Unkenntniß von dem Wesen des Erfindens und der praktischen Bedeutung des Patentschußes.

Nirgends wo ist wohl das Patentwesen in seinen Consequenzen mehr „herunter geriffen" worden - man verzeihe hier die Wahl dieses als des bezeichnendsten Ausdruckes als in der „Times"; eine Widerlegung der oft in's Alberne ausschreitenden Anfechtungen ist aber sicherlich um so weniger nöthig, als sich ja das große Blatt später selbst zur entgegenstehenden Ansicht befehrt erklärte. Dürfte in dieser Beziehung vielleicht noch etwas hier zu erwähnen am Plaze sein, so würde es vielleicht die Bemerkung sein, daß gerade die „Times“ ihre gegenwärtige imponirende Größe zum großen Theile den Wirkungen des Patentgeseßes verdankt. König und Bauer, die Erfinder und Erbauer der ersten Schnellpresse, würden schwerlich ebenso wenig, wie ein anderer Erfinder, Jahre lange Mühen und Capitalien aufgewendet haben, um ihre Ideeen praktisch zu verwirklichen und der „Times" die erste Schnellpresse zu liefern, wenn sie für ihre Erfindung keinen Patentschuß gehabt hätten, und was würde die „Times", was würde überhaupt unser ganzes Zeitungswesen für eine unscheinbare Rolle zu spielen gezwungen sein, wenn ihnen plöglich die Benuzung der Schnellpreffen entzogen würde.

Die deutschen Gegner des Patentwesens treten zwar demselben weniger derb wie die „Times", aber troß des großen Aufwandes von philosophischen Beweisführungen in keiner Hinsicht siegreicher und überzeugender entgegen, wie eine kleine Blumenlese aus den betreffenden polemischen Schriften mit Leichtigkeit darthun wird. Darin stimmen sie mit der „Times" sowie mit allen Gegnern des Patentschußes überein, daß sie Mängel in der Patentgesezgebung der einzelnen Länder als Beweismittel für die Unzuträglichkeit des Patentschußes überhaupt heranziehen. Diese Logik würde genau mit jener übereinstimmen, welche die menschliche Kleidung, weil manche Kleidungsstücke die Schönheiten der menschlichen Körperformen entstellen, überhaupt für überflüssig und verwerflich erklären wollte. Die Bewegung auf dem Felde der Patentgeseßgebung hat gerade den Zweck, solche nicht zu bestreitenden Mängel zu beseitigen; ein Mißverständniß hat statt dessen die Beseitigung des Patentschußes selbst zu substituiren gesucht.

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Von den gegen das Patentwesen in Deutschland lautgewordenen Aeußerungen sollen hier nur zwei specieller erwähnt werden. Die eine ist in einem Auffage der deutschen Jahrbücher, 1863, Bd. 8, Heft 3 enthalten, dessen Verfasser Hr. Dr. H. Renzsch ist. Im Allgemeinen geht dieser zumeist auf dieselben angeblich volkswirthschaftlichen Grundsäge zurück, welche auch in der von Röhrich der Versammlung der deutschen Volkswirthe über die Patentgeseßgebung“ vorgelegten Denkschrift aufgeführt wurden, und in dieser Hinsicht bereits früher besonders besprochen wurden *). Man kann einfach darauf verweisen, da sich dort zumeist schon die volle Widerlegung der auch in dieser Abhandlung gegebenen Ausführungen vorfindet; nur soll hier noch dargethan werden, daß der Hr. Verfasser weit entfernt ist, genaues Wissen von jener Art der menschlichen Thätigkeit und Betriebsamkeit zu haben, welchen zumeist der Patentschuß zu Gute kommt. Zunächst beweist er theoretisch, daß keine Patentgeseßgebung in Betreff der sogenannten Verbesserungspatente allen Erfindern und Verbesserern gleichmäßig gerecht werden könne, daß das Patent hier gerade der Verbesserung, also dem Fortschritte entgegenstände und darum verwerflich wäre. Glücklicherweise ist aber die Menschheit besser, als ihr Ruf unter jenen Theoretikern. Die Erfahrung hat bis jezt noch nicht gelehrt, daß aus dem Verhältnisse der Verbesserer zu den Erfindern thatsächlich größere Schwierigkeiten entstanden sind, und daß in der Regel der gemeinschaftliche Vortheil zu einmüthigem Handeln antreibt. Warum also theoretisch Schwierigkeiten aufstellen und wichtig machen, die praktisch nicht oder kaum eristiren? An einer anderen Stelle sagt der Verfasser in Bezug auf die Durchführbarkeit resp. Behauptung eines erworbenen Patentrechtes: „Eine kleine Veränderung in den Dimensionen, das Einseßen eines Rädchens, die Veränderung eines Hebels in der Maschine, das Beifügen eines indifferenten Stoffes bei der chemischen Erfindung, die Ausführung in anderen Rohstoffen, sie laffen mehr oder minder eine gewisse Unabhängigkeit von der patentirten Erfindung begründen, und selbst wenn der Gerichtshof vollständig von der Schuld des Angeklagten überzeugt ist, fann er in den meisten Fällen ein strafendes Urtheil nicht aussprechen.“ Man hat wohl allen Grund, anderer Meinung zu sein; oft kommt es vor, daß Spizbuben auf einen gestohlenen Rock einen anderen Kragen oder andere Knöpfe aufsegen lassen; dessen ungeachtet wird wohl der Eigenthümer den Rock als den seinen wiederzukennen vermögen, und der Richter wird nicht anstehen, den Dieb zu strafen. So wenig ein neuer Kragen die Identität des Rockes verändert, so wenig wären solche unwesentliche Dinge, wie oben angeführt, im Stande, einer Erfindung ihren eigenthümlichen Charakter zu rauben und sie damit industriellen Freibeutern als Beute zu überlaffen.

Ein andermal sagt der Verfasser: Erfindungen sind Kinder der Zeit; ist erst einmal ein Bedürfniß da, so wird auch die Erfindung, welche diesem Bedürfnisse abzuhelfen geeignet ist, nicht mehr lange auf sich warten lassen. Als Beispiel führt er unter anderen die Dampfkraft an, obgleich, wie mir scheint, kein unpassenderes zu wählen gewesen ist. Als ob die Menschen nicht schon früher das Bedürfniß gehabt hätten, außer den

*) Siehe Bd. VIII, S. 77 und 265 u. f. d. 3.

Kräften der Thiere und Menschen auch die Naturkräfte zu ihrem Dienste heranzuziehen. Waffer und Wind waren aber die einzigen Motoren, welche man sich nußbar zu machen wußte, bis Watt mit seiner Erfindung hervortrat. Nicht das immer dringender werdende Bedürfniß nach Kräften, welche uns Hülfe leisten, hat die Erfindung der Dampfmaschinen zu Wege gebracht, sondern umgekehrt, die ungemessene Kraft, welche wir mittelst des Dampfes zur Hülfeleistung heranziehen können, hat unseren Arbeiten einen sonst nie zu ermöglichenden Aufschwung gegeben. Hat das Bedürfniß für trockene Füße nicht so lange bestanden, als Regen auf die bewohnte Erde niederfällt, so doch wenigstens so lange, als der Mensch weichlich genug geworden war, um sich von nassen Füßen Schaden an seiner Gesundheit zu holen. Daß dies schon lange her sein mag, ist nicht abzustreiten, und doch fällt die Erfindung der Gummiwarenfabrication in die allerneueste Zeit, und die jezt unentbehrlichen Gummischuhe sind sicherlich über tausend Jahre für das Bedürfniß zu spät auf die Welt gekommen. Wer aber die Technik und die Geschichte der Erfindungen genauer fennt, der wird wissen, daß viele Erfindungen erst ein Bedürfniß und damit oft ganz neue und bedeutende Industriezweige geschaffen haben, während nach des Verfassers Ansicht es der Regel nach umgekehrt sein müßte.

Am Befremdendsten ist aber die Ansicht des Hrn. Dr. Renzsch, daß die Patente möglicherweise eine Zeitlang thatsächlich einen wesentlichen Einfluß auf die Hebung der Industrie geäußert haben, diesen aber den heutigen Erwerbsund Verkehrsverhältnissen gegenüber nicht mehr zu äußern vermögen. Wenn man von Schußzöllen so sprechen würde, liéße sich das allenfalls hören; aber Schußzölle sind politische Maßregeln, und eine Maßregel kann heute höchst zweckmäßig und morgen unter veränderten Umständen geradezu widersinnig sein. Der Patentschuß aber ist der Ausfluß eines natürlichen Rechtes, und daher unwandelbar wie das Recht selbst oder wie die Fundamentalsäge der Moral, und veränderte Umstände können an diesem Rechte Nichts ändern. Daß die Behauptung aber auch geradezu gegen die nackten Thatsachen verstößt, das zeigen uns die Länder, in welchen Erwerbs- und Verkehrsverhältnisse noch in weit höherem Grade ausgebildet sind, als bei uns, und dabei wesentlich die Wirkungen des Patentschußes als das fördersamste Moment in ihren industriellen Fortschritten bezeichnen, wie Amerika und England.

Endlich gelangt der Verfasser nun auch dahin, für seine Theorieen noch ein besonderes Schußdach aus der Erfahrung zu suchen. Er sagt: „die Volkswirthschaftslehre legt auf die Erfahrung großen Werth, und seitdem sie sich nicht bloß auf rein philosophische Schlußfolgerungen verläßt, sondern Culturgeschichte und Statistik als Grundlagen benußt, hat sie große Erfolge aufzuweisen." Es bleibt zu wünschen, daß diese Erfolge größer sind, als derjenige, den der Verfasser daraus zieht; denn er weist nach dieser Eingangsformel zum Beweise für die Richtigkeit der von ihm ausgeführten theoretischen Erörterungen auf die Schweiz hin. Was es da= mit aber auf sich hat, das haben uns die aus der Schweiz selbst verlautbarten Stimmen deutlich kund gethan, und es ist zu fürchten, daß der Verfasser mit seinen Beweisführungen damit unter ein sehr defectes windiges Schußdach gerathen ist.

Die zweite der oben erwähnten Abhandlungen befindet sich ebenfalls in den deutschen Jahrbüchern, 1864, Bd. 10, Heft I, deren Verfasser aber nur durch die Buchstaben G. L. bezeichnet ist. Sie lehnt sich direct an die Verhandlungen des Vereines deutscher Ingenieure in seiner Hauptversammlung zu Braunschweig im September 1863 und führt die dort angenommenen Principien für ein allgemeines deutsches Patentgesetz auf, indem sie allgemein billigend von denselben sagt: Diese Beschlüsse enthalten so ziemlich eine ausreichende Grundlage für ein Patentgesez, sobald man von der Nothwendigkeit der Reform der deutschen Patentgesetzgebung in diesem Sinne überzeugt ist. Mit Rücksicht hierauf behandelt dieser Aufsaß die Angelegenheit nach zwei Richtungen hin, indem der Verfasser zunächst seine Ansicht, daß Patente überhaupt gar nicht ertheilt werden sollten, zu begründen sucht, nachher aber, in der Ueberzeugung, daß eine gänzliche Aufhebung des Patentwesens doch noch in weiter Ferne zu liegen scheint, einzelne Mängel in den vom Vereine deutscher Ingenieure aufgestellten Principien nachweisen will.

In der erstgedachten Beweisführung kommt der Verfasser auch wieder darauf zu sprechen, daß der Begriff des Eigenthumes auf Erfindungen nicht anwendbar ist, „da sonst die allgemeinen Staatsgeseße, welche den Bürger in seinem Eigenthume schüßen, vollständig ausreichend wären", während zum Schuße des sogenannten Eigenthumes an einer Erfindung ein besonderes Gesez für jeden einzelnen Fall, nämlich ein Patent nothwendig wird. Wir halten hier die von Michael Henry angeführte, und wie es scheint, erschöpfende Definition des Eigenthumes dagegen, daß nur das als Eigenthum anzusehen ist, was der Staat durch seine Geseze dazu erhebt. Wie kommt Jemand dazu, zu erben, also das als sein Eigenthum anzusehen, was vor ihm ein Anderer beseffen hat? Nur dadurch, daß das Gesez die Regeln des Erbrechtes bestimmt und damit den Erben in seinem Eigenthumsrechte an dem Ererbten bestätigt. Deffen ungeachtet muß jedesmal ein gerichtliches Verfahren eingeleitet und durchgeführt werden, wodurch der Erbe sein Erbrecht nachzuweisen hat. In ganz gleicher Weise gestaltet sich das Verhältniß, wenn der Staat es als gesetzlichen Grundsaß ausspricht: Die erste Ernte von einer praktisch verwertheten neuen Idee gehört dem Erfinder. Der Erfinder hat dann nur durch die Erlangung eines Patentes gewissermaßen sich als Erfinder zu documentiren, um in den Genuß des allgemein gültigen Rechtes zu treten. Von einer Specialgefeßgebung ist dabei nicht im Entferntesten die Rede, und der aus diesem Grunde gegen den Patentschuß geltend gemachte Einwand vollständig hinfällig.

An einer anderen Stelle wird auch wieder das Verhältniß der sogenannten Verbesserungspatente zu den ursprünglichen Erfindungen als die Klippe bezeichnet, welche sich jeder vollkommenen Patentgesetzgebung entgegenstellt, wogegen wir nur auf das oben bei Besprechung der Renzsch'schen Abhandlung darüber Gesagte hinweisen wollen.

Indem sich dann eben der Verfasser aus dem schon angegebenen Motive zu einem näheren Eingehen auf die vom Vereine deutscher Ingenieure aufgestellten Principien für ein allgemeines deutsches Patentgesez herbeiläßt, hebt er gerade einige Punkte in demselben hervor, welche ihm nicht nur mangelhaft erscheinen, sondern nach seiner Meinung gerade das Wider

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sinnige des Patentschußes angeblich recht grell hervortreten laffen sollen. Wenn wir auf die in Bd. VII dieser Zeitschrift (Jahrgang 1863), S. 518, mitgetheilten Principien hinweisen, so ist es namentlich zunächst die ad Va aufgenommene Bestimmung: Ein Patent soll nicht ertheilt werden auf allge= meine Principien ohne Angabe und Beschreibung der Anwendung", welche mit des Verfassers Anschauungen in Widerspruch steht. Man begegnet hier wieder den schon früher erwähnten Michel Chevalier'schen Doctrinen über diese Frage. Wenn man es als die Grundidee eines Patentes festhält, daß der Staat damit die ersten werthvollen Früchte, welche durch die praktische Ausführung oder Anwendung einer neuen Idee erzielt werden, dem Erfinder zur Belohnung als Eigenthum garantirt, so ist es ganz undenkbar, eine allgemeine Theorie oder ein neu gefundenes Princip in gleicher Weise zu belohnen, wenn nicht zugleich die Art der Anwendung dieser Theorie oder dieses Principes angegeben wird, durch welche die Verwerthung erfolgen soll, in deren Nugnießung doch thatsächlich die Belohnung bestehen soll.

In dieser Hinsicht kann der Verein sich unverfümmert die Ueberzeugung bewahren, daß er durch Aufnahme der fraglichen Bestimmung unter die von ihm aufgestellten Principien streng logisch verfahren ist.

In ähnlicher Weise bemängelt der Verfasser die Bestimmung ad VII der gedachten „Principien 2c.", wo es heißt: „Ein Zwang zur Ausführung eines patentirten Gegenstandes soll mit der Patentertheilung nicht verbunden werden." Gr sagt darüber: Ist das Patent ein Schuß, welchen der Staat dem Erfinder gewährt, so übernimmt der Erfinder dadurch, daß er diesen Schuß beansprucht, auch die Verpflichtung, seine Erfindung der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen." Diese Pflicht besteht zu Recht; es wird ihr aber vollständig dadurch genügt, daß der Erfinder behufs der Patentertheilung sein Verfahren oder seine Erfindung so vollkommen beschreibt und erläutert, daß sie vollständig verständlich wird und nachgemacht werden kann.

Warum dazu nun noch eventuell die zwangsweise Ausführung treten soll, ist nicht abzusehen. Die Unzuträglichkeiten, welche sich nicht selten an diese Bedingung knüpfen, und die allerdings nur Der richtig zu würdigen versteht, welcher ihren Einfluß praktisch kennen gelernt hat, haben die Aufnahme dieser principiellen Bedingung als nothwendig erscheinen laffen.

Endlich giebt die Bestimmung ad XII: „Der Staat hat das Recht der Expropriation gegen Entschädigung“ dem Verfaffer eine Handhabe, nochmals das ganze Patentsystem anzugreifen; leider muß aber bemerkt werden, nur darum, weil derselbe diese Bestimmung falsch verstanden hat. Er glaubt nämlich, der Staat soll das Recht haben, patentirte Erfindungen, deren Gemeinnüßlichkeit in die Augen springt, durch Expropriation zum Gemeingute zu machen, und meint, ein solches Verfahren gefeßlich durchzuführen, böte dieselben Schwierigkeiten, wie das System der Nationalbelohnungen, welche man auch schon vorschlagsweise hat an die Stelle der Patente seßen wollen; und darum sei es mißlich, eine derartige Bestimmung überhaupt mit in's Gesetz aufzunehmen. Nun hat aber die ad XII gegebene Bestimmung nichts weniger als den Zweck, welchen der Verfasser darunter sich gedacht hat; sie soll lediglich

das Patentrecht zu Gunsten der Allgemeinheit beschränken. Wer ein Patent hat, kann die dadurch geschüßte Erfindung nach seinem Belieben für sich allein ausbeuten oder sie Anderen gegen Entschädigung zur Ausbeute überlassen. Gezwungen dazu kann er aber nicht werden, nur in dem einen Falle, wo dieser Andere der Staat ist, welcher die Erfindung aus höherem Staatsinteresse für sich zu erwerben wünscht und dazu berechtigt sein soll. Um klarer zu sein, dürfte vielleicht ein Beispiel von Werth sein. Man möge von Erfindungen auf dem Gebiete des militärischen Geniewesens absehen, welches manche derartige Fälle aufzuweisen im Stande wäre, und etwa annehmen, daß im Gebiete der Kunstdruckerei eine werthvolle Erfindung gemacht worden sei, welche der Staat zur Herstellung von unnachahmbarem Papiergelde oder sonstigen Werthzeichen benugen könnte. Der Staat besißt aber seine eigene Druckerei, weil andere Rücksichten ihm nicht gestatten, die Anfertigung des Papiergeldes fremden Händen zu übergeben und einer engbegrenzten Controle zu entziehen. Natürlicherweise wird er zunächst mit dem Erfinder wegen Ueberlassung der Erfindung in Unterhandlung treten; sollte dieser aber störrisch sein, und die Ueberlassung verweigern, so soll dem Staate um des höheren allgemeinen Interesses willen das Recht der Expropriation zustehen. Natürlich nur gegen eine Entschädigung, die nach den für Expropriation allgemein gültigen geseglichen Vorschriften zu bemessen und festzusehen sein wird. Expropriationen haben immer etwas Hartes an sich; aber es wird in manchen Fällen kein anderer Ausweg dafür sich finden laffen, und dürfte dieser bei Erfindungen ebenso wenig Bedenken erregen, wie bei anders geartetem Eigenthume. Daß der civilisirte Staat überhaupt von Expropriationen nur den discretesten Gebrauch macht, lehrt wohl die Erfahrung.

Die Aufnahme dieses Grundsages über die Principien für ein Patentgesez hat also keinesweges die vom Verfasser vorausgesezte Wirkung, daß man damit gewissermaßen die Möglichkeit anerkenne, für jede Erfindung von vornherein irgend ein Werthäquivalent zu normiren, und daß es unter solchen Umständen im Interesse der Industrie doch zweckmäßiger wäre, die Patente ganz fallen zu lassen und statt dessen die Nationalbelohnungen für Erfindungen einzuführen.

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Die achselzuckende Schlußbemerkung des Verfassers, daß die Versammlung der Ingenieure die hauptsächlichste Frage: Was soll patentirt werden, damit die Patente so wenig als möglich hemmend auf die Entwickelung der Industrie wirken?“ gar nicht entschieden habe, muß aber vollständig zurückgewiesen werden. Wenn der Verein den Patentschuß für nothwendig und nüßlich erklärt, wenn er als patentfähig jede Erfindung erklärt, welcher nicht etwa eine der ad Va und b festgestellten Ausnahmebedingungen zur Seite steht, so dürfte wohl gerade diese Frage im ganzen Umfange damit als erledigt zu betrachten sein.

Indem wir somit schön zu einer Discussion der Einwendungen gelangten, welche gegen einzelne der vom Vereine aufgestellten Principien für ein Patentgesez erhoben worden find, mag schließlich noch eine Erörterung über die Abweichungen stattfinden, durch welche die vorgeschlagenen Principien von bestehenden Patentgesezgebungen sich unterscheiden. Zu diesem Behufe dürfte es angemessen erscheinen, in kurzen Abrissen die

wichtigsten Grundzüge der verschiedenen Patentgeseggebungen anzugeben.

In England wird bekanntlich zur Erlangung eines Patentes seit der im Jahre 1852 vorgenommenen Reform der darüber gültigen Bestimmungen auf Verlangen ein sogenannter vorläufiger Schug auf 6 Monate ertheilt, wenn der Nachsuchende eine durch Zeichnungen, Beschreibungen, Modelle oder in anderer Weise so genau erläuterte Darstellung seiner angeblichen Erfindung macht, daß sie Jeder mit der gewöhnlichen Sachkenntniß nachzuahmen im Stande ist. Für diese vorläufige Zusicherung (provisional protection) zahlt er 5 £s., wogegen ihm auf 6 Monate das Recht zusteht, unter Patentschuß den Versuch zu machen, seine bisher vielleicht nur in der Idee existirende Erfindung praktisch auszuführen und zu erproben. Will er nach Ablauf dieser Frist die vollständige Patentzusicherung erhalten, so hat er 20 £s. zu zahlen und kann sich nun ungehindert 3 Jahre lang des Nießbrauches seines Patentrechtes erfreuen. Innerhalb dieser 3 Jahre wird er die Ueberzeugung gewinnen, ob das Patent einträglich genug ist, um eine fernere Auslage zu lohnen, und in diesem Falle durch Zahlung von 50 £s. die Ausnußung desselben auf 7 Jahre gewinnen. Findet er nach Ablauf dieser Zeit eine Verlängerung seines Patentrechtes noch ferner wünschenswerth, so kann er diese durch nochmalige Zahlung von 100 £s. für 14 Jahre erhalten. Die Gesammtsumme der officiellen Gesammtkosten beträgt somit die bedeutende Summe von 175 £s., also von nahezu 1200 Thlr. Es ist aber wohl zu bemerken, daß das englische Patentamt in feiner Weise in eine Untersuchung darüber eintritt, ob die zu patentirende Sache wirklich als eine Erfindung, also als etwas Neues anzusehen ist; die Untersuchung des Patentamtes bezieht sich lediglich darauf, ob die eingereichte Specification, d. h. die Erläuterung oder Beschreibung des zu patentirenden Gegenstandes oder Verfahrens klar und vollständig genug ist, der oben angegebenen Bedingung zu entsprechen.

An diesem Patentgeseße ist nun durch die öffentliche Meinung vielerlei gerügt worden, namentlich die bedeutenden Kosten, welche an die Gewährung des Patentes geknüpft sind, die Unzuverlässigkeit, daß nicht mehreren Personen auf dieselbe Sache Patente ertheilt werden, oder daß schon früher patentirte Dinge später nochmals wissentlich oder unwissentlich zum Gegenstande eines Patentes gemacht werden, und daß durch diese Unsicherheit zu häufigen und im höchsten Grade kostspieligen Processen Anlaß gegeben wird, deren Entscheidung auch oft genug sich nicht im Einklange mit der öffentlichen Meinung befand.

Diesen laut gerügten Mängeln abzuhelfen, wurde die schon wiederholt erwähnte Commission des Parlamentes berufen, welche nach ihren weit ausgedehnten langwierigen Erhebungen sich endlich zu mehreren Vorschlägen veranlaßt gesehen hat, welche aber dessenungeachtet nicht des vollen Beifalles sich zu erfreuen gehabt haben. Diese Vorschläge lassen sich kurz dahin zusammenfassen:

1. Mit dem Zahlungsmodus hat es beim Alten zu bleiben, da die Commission denselben weder für übertrieben noch drückend ansehen kann.

2. Eine Untersuchung über die Vorzüge einer zu patentirenden Erfindung ist in feiner Weise zu empfehlen;

dagegen möge unter Leitung eines geseßkundigen Beamten eine sorgfältige Untersuchung darüber angestellt werden, ob schon irgendwo und wann eine urkundlich nachweisbare Veröffentlichung der zu patentirenden Erfindung stattgefunden hat, und soll im Bejahungsfalle ein Patent unter Mittheilung. der Gründe versagt werden.

3. Es wird empfohlen, bei gerichtlichem Verfahren über Patentverlegungen dem Richter sachverständige Beisiger zur Seite zu geben und nur auf besonderes Verlangen der Parteien eine Jury zuzuziehen.

4. Die Verleihung eines Patentes soll die Ausführung der Erfindung nicht obligatorisch machen.

5. Einführungspatente sollen nicht ertheilt, sondern den fremden Erfindern direct gegeben werden, wenn sie darum nachsuchen, und die Staaten, denen sie angehören, ein reciprokes Verfahren beobachten.

6. In keinem Falle soll ein Patent über die ursprüngliche Dauer von 14 Jahren hinaus verlängert werden; und

7. Soll es der Staatsregierung freistehen, und durch Vorbehalt bei allen Patenten gesichert werden, von einer patentirten Erfindung aus Gründen des öffentlichen Wohles selbst gegen den Willen des Erfinders, aber unter allen Umständen durch eine von Staatswegen zu leistende Entschädigung Gebrauch machen zu dürfen.

Man sicht hieraus, daß man eine Art der Prüfung auf Neuheit der zu patentirenden Erfindungen in Vorschlag_ge= bracht hat, um ausgesprochenermaßen damit der großen Leichtigkeit, mit welcher Zwei für dieselbe Sache ein Patent erhalten und nachher darüber in Proceß gerathen, vorzubeugen. Damit würde allerdings das englische Patentgeseß einen der Grundsäge fallen lassen, die der Verein deutscher Ingenieure für ein Patentgesez aufgestellt hat, nämlich die Patentirung ohne jegliche Vorprüfung, welche nur in dem Falle auf die Neuheit der Erfindung gerichtet sein soll, wenn dagegen innerhalb einer bestimmten Präclufivfrist Einwendungen erhoben werden. Wir werden später Gelegenheit haben, noch andere sehr beachtenswerthe Ansichten kennen zu lernen, welche in dieser Hinsicht ebenfalls den vom Vereine deutscher Ingenieure angenommenen Principien entgegenstehen.

Dahingegen hat man in England den Zahlungsmodus beibehalten, und zwar angeblich aus dem Grunde, um gewissermaßen dem Nachsuchen nach Patenten auf die allergeringfügigsten Dinge einigermaßen zuvorzukommen. Man hat aber damit übersehen, daß man damit auch dem armen Erfinder erschwert, fich die Erfindung, vielleicht das Ergebniß mühevoller Arbeiten und langen Nachdenkens, durch ein Patent zu sichern. Erwägt man, daß die Erträge der Patenttaxen der Staatskasse in einem Jahre nach Abzug der Unkosten für die Verwaltung des Patentamtes noch 67,000 £s. eingebracht haben, so kann man wohl sagen, daß eine Ermäßigung der Patentsteuer füglich zu wünschen gewesen wäre. Der Staat, indem er den Erfindern als Belohnung ein Recht ertheilt, benugt die Gelegenheit, sich dabei auf Kosten der Erfinder zu bereichern, worin doch ein offenbarer Widerspruch liegt.

Das amerikanische Patentgeseß, welches in Mr. Holloway, dem Verfasser der schon oben erwähnten Denkschrift, einen warmen Lobredner befißt, geht von etwas abweichenden Grundsägen aus. Die Gesammtkosten für ein Patent in den

Vereinigten Staaten Nord-Amerika's betragen weniger als den zwanzigsten Theil dessen, was in England für ein volles Patent auf 14 Jahre hinaus gezahlt werden muß, gegenwärtig nämlich nur 15 und 20 Dollars, zusammen also 35 Dollars oder pp. 50 Thlr., und sind nach dem Grundsage normirt, aus den Patentgebühren keine Einnahmequelle für den Staat zu machen, sondern lediglich die Kosten des Patentamtes zu decken. Die desfenungeachtet in Folge der Zunahme der Patentgesuche sich steigernden Einnahmen haben deshalb den obersten Commissär des Patentamtes zu dem Antrage veranlaßt, nicht nur den gesteigerten Ansprüchen angemessen die Arbeitskräfte zu vermehren, sondern auch den im erhöhten Maße in Anspruch genommenen technischen Hülfsarbeitern des Patentamtes eine höhere Salarirung zu gewähren. In Amerika findet nämlich für jedes Patentgesuch eine Prüfung auf die Neuheit der angeblichen Erfindung Statt, und sind zu diesem Behufe dem Patentamte für die verschiedenen technischen Zweige besondere Beisiger gegeben, welche durch ihr Votum über die eventuelle Neuheit des zu patentirenden Gegenstandes oder Verfahrens in Betreff der Zulassung oder der Rückweisung des Patentgesuches die Entscheidung geben. Mr. Holloway hebt nun diese Einrichtungen als vorzüglich bewährt heraus. Obgleich er eingestehen muß, daß es unmöglich ist, mit unumstößlicher Gewißheit zu behaupten, daß das Urtheil der Patentcommission in allen Fällen durchaus richtig ist, daß nicht doch, wie in allen menschlichen Urtheilen, mitunter wohl Irrungen vorkommen könnten, so behauptet er doch mit Recht, daß diese Prüfung auf Neuheit des zu Patentirenden im großen Ganzen einer Unzahl ärgerlicher Patentstreitigkeiten und kostspieligen Processen vorbeugt, welche_namentlich das bisherige englische Patentsystem so übelberüchtigt gemacht haben. Wenn auch in Amerika mitunter dergleichen vorkämen, so wären diese nicht häufiger, als sie bei allen anderen Rechtsinstitutionen wegen der denselben anklebenden menschlichen Unvollkommenheiten vorkommen. Jedenfalls wäre bei dem beobachteten Verfahren die Erreichung des Möglichen als Ziel genommen. Daß die Vorschläge der englischen Parlamentscommission auch die Einführung eines ähnlichen Prüfungsverfahrens in Bezug auf Neuheit empfehlen, gilt dem Mr. Holloway als eine Anerkennung der Richtigkeit des im amerikanischen Patentgeseze bereits seit dem Jahre 1836 gültigen Grundsages.

In Bezug auf die Patentkosten eifert er dagegen entschieden gegen das englische System. So wenig wie nach den vorhandenen Erfahrungen man den Werth einer Erfindung schon im Momente ihres Auftauchens vollständig zu übersehen vermag, und so wenig irgend ein denkender Mensch aus diesem Grunde für eine zu patentirende Erfindung noch eine Vorprüfung über den Werth resp. die Nüglichkeit einer Erfindung anempfehlen konnte, ebenso wenig scheint es ihm angemessen, durch irgend eine Maßregel, wie z. B. in England die Höhe der Kosten, den Gesuchen um Patentirung von Geringfügigkeiten vorbeugen zu wollen; da man thatsächlich durchaus nicht a priori beurtheilen kann, ob aus einer anscheinend geringfügigen Erfindung sich nicht ein bedeutender Industriezweig dennoch zu entwickeln vermag, und ob das, was man heute als Spielzeug betrachtet, nicht den Keim für irgend eine große praktische Verwerthung in sich trägt. Mr. Holloway macht darauf aufmerksam, daß, so wenig wie die menschliche Cultur

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