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Druck und Commissions-Verlag von J. P. Bach em,

Cof.Buchhändler und Buchdrucker.

Vorwort.

Als vor mehreren Jahren bei einigen Geschichtsfreunden der Gedanke auftauchte, zum Zwecke einer allseitigen Erforschung der niederrheinischen Geschichte einen historischen Verein in's Leben zu rufen, verkannte man keinen Augenblick die mannigfachen Schwierigkeiten, welche solchem Unternehmen in den Weg treten, sein Zustandekommen verhindern oder seine Lebensfähigkeit untergraben würden. Eine Zeitlang behaupteten die aufgeworfenen Bedenken ihren bestimmenden Einfluß, und man glaubte schon froh sein zu dürfen, wenn einzelne rüstige Kräfte durch Separatforschungen und Ausarbeitungen ihr Scherflein zur endlichen Ausfüllung der so schmerzlich fühlbaren Lücke in der rheinischen Geschichtschreibung beitragen wollten. Das Vorhandensein einer solchen Lücke wird von Niemanden, der sich nur einigermaßen mit unserer Vergangenheit beschäftiget_hat, in Abrede gestellt werden können. Bedeutungsvoll ist die Geschichte des Niederrheins, aber geringe ist der Tribut, den ihr die Geschichtschreibung gezollt hat. Groß ist unsere Vergangenheit in Bezug auf Staatsleben, auf Kirchenthum, auf Baukunst, auf Malerei, auf Wissenschaft, auf Handel, auf Cultur; aber dürftig und unzureichend sind die Hülfsmittel, an deren Hand wir zu einer richtigen Einsicht in die Vergangenheit unserer Vorfahren geführt werden könnten. Alles, was früher zur Erzdiözese Köln gehört hat, der Kurstaat, die Stadt Köln, die Herzogthümer Jülich, Cleve, Berg, die Grafschaften Mark und Ravensberg, der Stamm des Gelderlandes, Mörs, Schleiden, Aremberg, Blankenheim, Hohen-Limburg, Kerpen und Lommersum, die Herrschaften Wickrath, Mhlendonk, Sayn, Gimbørn, die Fürstabteien Stablo und Malmedy, Prüm, Essen, Werden u. s. w., all diese Fürstenthümer, Herrschaften und Städte theilen an einer Geschichte, die allseitig die größte Bedeutsamkeit hat und der Gegen

wart vielfach zur Erhebung, Belehrung und Warnung dienen kann. Um uns hier nicht zu weit in Specificationen zu ergehen, begnügen wir uns damit, auf einige denkwürdige Momente aus der Geschichte von Stadt und Kurstaat Köln hinzuweisen. Von der Römerzeit bis in unsere Tage hinein reicht die Kölner Geschichte, und durch diese ganze Reihe von Jahrhunderten hindurch hat Köln bei allen großen politischen wie kirchlichen Zeitfragen, bei allen erfolgreichen Ereig= nissen, bei allen weltgeschichtlichen Wendepunkten eine mehr oder weniger bedeutungsvolle Rolle gespielt. In Köln, dem zweiten Rom, einst das Abbild und das Auge dieser ehemaligen Weltbeherrscherin, zeigt sich von Augustus bis zum Zusammenbrechen des gewaltigen Römerreiches der blendende Glanz, aber auch die Schwäche und Hohlheit des Römerthums. In Köln feierte der todesmuthige Glaubenskampf des ersten Christenthums seine glänzenden Triumphe, und gerade hier befruchtete das Blut der Martyrer den Boden des Glaubens zu üppigem und freudigem Wachsthum. In engster Beziehung zu Köln steht die Geschichte des nach den Römern auf die Weltbühne tretenden fränkischen Volkes; Köln erzählt uns von der Schlaffheit des merovingischen Stammes, von den brudermörderischen Zwistigkeiten in den fränkischen Fürstenfamilien, von der Schlanheit der fränkischen Hausmeier, von den elenden Intriguen in dem neu aufgeschossenen Königshause. Von Köln aus wurde der Hauptanstoß zur Entwickelung und Pflege jenes bewundernswerthen christlichen Geistes gegeben, der dem ganzen deutschen Leben im Mittelalter einen so frommen, gottinnigen, kirchlichen, glaubensfreudigen, mystischen Charakter aufdrückte, der sich in Wissenschaft, Poesie, Malerei, Skulptur und Baukunst die herrlichsten Denkmale gesezt, und der in so vielen Instituten des Gewerbfleißes, der Cultur, der Frömmigkeit und der Wohlthätigkeit die erfreulichsten Früchte hervorgebracht hat. Was Rom für die Wissenschaften in Italien, was Paris für Frankreich, das war Köln für das niedere und mittlere Deutschland. Hier wurde ein wissenschaftlicher und kirchlicher Samen gelegt und gepflegt, der bald die herrlichsten Früchte zur Reife brachte. Die ersten Heroen auf dem Gebiete der Wissenschaft, Albertus Magnus und Themas von Aquin, hielten die Kölner Schule für würdig, von ihrem glänzenden Lichte erleuchtet zu werden; Albert und Thomas erhoben Köln zu einem wissenschaftlichen Stern erster Größe. Die Kölner Bischöfe legten den Grund zu jener großartigen Macht, mit der die deutsche Geistlichkeit im Mittelalter die Geschicke des deutschen Reiches leitete. Köln war, bis Holland den Vorrang in

Handelssachen an sich riß, die erste und größte Stadt für den unmittelbaren Verkehr mit England, Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland. Von Köln gingen die weitverzweigten Handelsverbindungen aus, die der deutschen Hanse so viel Macht, Einfluß und Reichthum errungen haben. Köln stellte sich hin als die Schüßerin des ganzen freistädtischen Handels und der niederrheinischen Blüthe. In Köln ist der Knotenpunkt jener gewaltigen Kämpfe, die dem Charakter des Mittelalters neben der milden Sitte auch einen so wilden und rohen Anstrich gegeben. Alle Kämpfe, die in jener Zeit Hand und Kopf in Bewegung setzten, haben hier ihren Vorgang, ihren Thpus, ihre Triebfeder: der Kampf des zu Macht gelangenden Bürgerthums gegen die hochmüthigen Geschlechter, die Erhebung der Städte gegen ihre Fürsten, die Opposition der neu entstehenden Territorialhoheit gegen die kaiserliche Macht. In Stadt und Kurstaat Köln verschlingen sich diese Nivalitäten zu einem fortdauernden Kampfe, der manche Jahrhunderte hindurch die Aufmerksamkeit der Welt be= schäftigte. Wir erinnern nur an die Wirren, in denen das Kölner Bürgerthum sich eine selbstständige politische Laufbahn und eine ge= sicherte Verfassung erkämpfte, an die Streitigkeiten, in denen die Erzbischöfe fortwährend mit der auf ihre Macht, ihren Reichthum, ihren Umfang und ihre Volkszahl stolzen Stadt verwickelt waren, an die hervorragende Stellung, welche sich die Kölner Erzbischöfe unter den deutschen Reichsfürsten errangen. Auch als Stadt und Kurstaat ihre gesonderten Bahnen gingen, blieb unsere Geschichte bedeutungsvoll; so zu den Zeiten des großen Schisma's, der Reformation, des dreißigjährigen Krieges, der französischen Raubzüge, der verschiedenen Erbfolgekriege. Unsere Gegend behielt ihre hervorragende Stellung, bis die Reichsstadt wie das Kurfürstenthum unter der Wucht der französischen Revolution und der neuen Ideen zusammenbrach. Auch die übrigen niederrheinischen Gebiete, die wir oben namhaft gemacht haben, brauchen sich in keiner Weise ihrer Vergangenheit zu schämen. Was aber die Bearbeitung ihrer Geschichte betrifft, so sieht es hiermit traurig aus; weder über diesen ganzen Landstrich noch über einzelne Theile haben wir geschichtliche Bearbeitungen, die den Anforderungen allseitig entsprächen. Um das Dunkel zu bannen, oder helles Licht über die Vergangenheit unserer Gegend zu verbreiten, und um eine richtige Einsicht in unsere Vorzeit anzubahnen, bedarf es großartiger Vorarbeiten: Quellen müssen gesammelt, Chroniken gedruckt, Urkunden veröffentlicht, Mährchen, Sagen und Traditionen aufgezeichnet, Gebräuche und Sprichwörter

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