die Gruppe entfallende Grundwassermenge ableitet. Bei den Landgruppen schwankt der Wert von zwischen 0,0028 und 0,0153, bei den Küstengruppen hingegen zwischen 0,0033 und 0,0079. Im Mittel beträgt er 0,0082 und 0,0051. Die Gefälle i sind für jede Gruppe aus dem Höhenschichtenplan der Abbildung 1 abgeleitet. Bei der Gefälleauswertung wurde der Abstand der an einer Gruppe vorbeiziehenden Höhenlinien genommen. Die Mächtigkeit der wasserführenden Schichten ergab sich aus dem Bohrbefund. Die auf jede Gruppe entfallende Strombreite wird in Anpassung an die benachbarten Höhenlinien des Grundwasserspiegels zeichnerisch bestimmt. Der Wert von & ist, wie schon der Name »Einheitsergiebigkeit<< besagt, unabhängig von der Zeit, er ändert sich nur von Ort zu Ort; dasselbe gilt von der Profilbreite und der Mächtigkeit der wasserführenden Schicht. Nur das Gefälle kann Veränderungen unterworfen sein. Wie die Schwankungen der Grundwasserstände zeigen, sind im Laufe der Beobachtungszeit mit Beginn des trockenen Frühjahrs und Sommers 1917 die Grundwasserspiegel bei allen Bohrungen des tiefen Wasserstockwerks verhältnismäßig gleichmäßig gefallen. Das absolute Gefälle kann sich demnach kaum verändert haben, wie überhaupt bei derartig mächtig entwickelten Grundwasserströmen stärkere Schwankungen äußerst selten sind. Die Landgruppen ergeben, gemäß der Berechnung in der Zahlentafel, eine gewinnbare Grundwassermenge Q von 744 l/sk und die Küstengruppen von 505 l/sk. Das von den Landgruppen kommende Grundwasser durchfließt, wie sich aus den eingezeichneten Strömungsrichtungen leicht erkennen läßt, nicht vollständig die Küstengruppen; das Wasser der Gruppe Saspe z. B. wird unterhalb von den Küstengruppen gar nicht erfaßt, und ein Aehnliches gilt von Teilstücken der Gruppen Konradshammer und Königshof. In Wirklichkeit entsprechen den 505 unten bei der Küste nachgewiesenen Sekundenlitern 555 1/sk bei den Landgruppen, man hat somit eine Verlustmenge von 50 l/sk. Auf Abb. 1 sind die äußeren Strömungslinien der Küstengruppen an den Flügeln rückwärts bis zu den Landgruppen geführt. Es gehen darum 50 l/sk auf dem Weg von den Landgruppen nach der Küste verloren. Zwischen beiden Gruppenzügen dehnt sich ein versumpfter Niederungsstreifen aus, wie vorher ausgeführt wurde. Das in diesem Streifen aus dem Untergrund aufsteigende Grundwasser wird durch Entwässerungsgräben abgeführt. Seine Menge wurde teils durch Ueberfall, teils durch Feststellung seiner Oberflächengeschwindigkeit in den Gräben laufend gemessen. Die Meßstellen sind auf der Abbildung 1 angegeben. Am 18. April 1917 lieferte das Niederungsgebiet noch eine Wassermenge von 135 l/sk; dann ging aber in dem sehr niederschlagarmen Frühjahr 1917 die Menge bedeutend zurück, und am 13. Juni 1917 wurden nur noch 17 1/sk nachgewiesen. Schließlich versagten sämtliche Wasserläufe; nur allein ein Bach bei Glettkau gab am Schluß der Beobachtungsdauer noch 4 1/sk. Diese 50 — 4 46 1/sk wurden somit im Sumpfgebiet durch Verdunstung völlig aufgezehrt. Der von beiden Gruppenzügen eingeschlossene Streifen hat bei 4200 m Länge. und 490 m mittlerer Breite rd. 2 qkm Flächeninhalt. Das Grundwasser lag im Sumpfgebiet, soweit sich aus der Spiegellage der benachbarten Entwässerungsgräben ableiten ließ, rd. 0,5 m tiefer zu einer Zeit, als bereits während mehrerer Wochen keine Niederschläge fielen. Im Winter liegt natürlich der Grundwasserspiegel wegen fast fehlender Verdunstung höher. Nach den Untersuchungen von Riedway (s. Kulturtechniker 1914) gehen bei dieser Tiefe des Grundwasserstandes 2.25 mm täglich durch Verdunstung verloren. Für den ganzen Sumpfstreifen erhält man darum 4500 cbm im Tag. Die Fehlmenge an Grundwasser bei den Küstengruppen beträgt aber 504 46 l/sk oder 4000 cbm. Diese überraschende Uebereinstimmung von zwei auf gänzlich verschiedenen Wegen gefundenen Ergebnissen ist ein Beweis für die praktische Brauchbarkeit und Zuverlässigkeit des e-Verfahrens. Auf der untersuchten Breite des Grundwasserstromes kann darum mit einer gewinnbaren Grundwassermenge von 744 1/sk oder 64000 cbm im Tag mit Sicherheit gerechnet werden. Soweit Beobachtungen auf Grundwasserfeldern vorliegen, die nach dem e-Verfahren behandelt und später laufend durch eine Wasserfassung beansprucht wurden, wie in Prag und Leipzig, hat sich ergeben, daß die tatsächlich geförderte Wassermenge größer gewesen ist als die berechnete. Das ist ein weiterer Vorzug dieser rein deduktiven hydrologischen Untersuchungsart. Die Beschaffenheit des Grundwassers. Die nachgewiesene Grundwassermenge entstammt tiefliegenden kiesigen oder grobsandigen Schichten, die gegen schädliche Einflüsse von obenher durch eine etwa 20 m starke darüber liegende Feinsandschicht und größtenteils durch eine durchgehende Tonschicht geschützt sind. Bedenkt man, daß bei Langsamfiltern von nur 1 bis 1,5 m Stärke das aufgebrachte Oberflächenwasser bei seinem Durchfluß schon innerhalb 24 Stunden von schädlichen Keimen völlig befreit ist, so muß man dem erschlossenen Grundwasser von vornherein völlige Bakterienfreiheit zuerkennen. Das wird jeder Hygieniker ohne weiteres bestätigen. Meine eigenen Untersuchungen des Grundwassers beschränkten sich auf das Aussehen, die Temperatur, den Chlor- und Härtegehalt und schließlich auf die Anwesenheit von Eisen. Ein Teil der Bohrungen wurde durch Einsetzen eines Filterkorbes in einen Rohrbrunnen verwandelt; das ihnen nach mehrstündiger Beanspruchung entnommene Wasser war stets klar und farblos. Die nachgewiesenen Temperaturen bewegten sich zwischen 8,2 bis 9", sind also noch nicht Schwankungen von 1o unterworfen. Als Härte wurden 9 bis 12 deutsche Grade gefunden, ein Betrag, der bei Wasserversorgungen als das erstrebenswerte Ziel gilt. Das Wasser ist nicht zu hart für die Zwecke der Industrie und nicht zu weich als Trinkwasser. Besondere Beachtung wurde dem Eisengehalt geschenkt. Das Grundwasser muß zweifellos als praktisch eisenfrei bezeichnet werden. Von einer ziffernmäßigen Feststellung der Eisenmenge konnte füglich abgesehen werden. Wenn eine Stehprobe, die tagelang im offenen Glas der Luft und dem Licht ausgesetzt wurde, nicht die geringste Spur von Eisenniederschlag zeigt, dann ist eben das Wasser für seine Verwendung eisenfrei, mögen auch bei seiner Verdampfung im Rückstand davon Spuren gefunden werden. Eine erhöhte Aufmerksamkeit verdient der Chlorgehalt des Grundwassers. Es mündet in das Meer ein; durch Diffusion allein kann sich der Chlornatriumgehalt des Meerwassers dem Grundwasser landeinwärts mitteilen. Es treten hier sowohl hydraulische wie physikalische Erscheinungen auf, die analytisch von mir untersucht wurden, da über sie in der Literatur keine wirklich wissenschaftliche Beherrschung zu finden ist. Wo die nach dem Meere gerichtete Geschwindigkeit des Grundwassers so groß ist wie die landeinwärts gerichtete Diffusionsgeschwindigkeit des salzhaltigen Meerwassers, befindet sich die Grenze zwischen Süß- und Salzwasser. Die Gestalt dieser Grenzlinie läßt sich analytisch ermitteln; es ist eine Parabel höheren Grades. Die hohen Spiegellagen des Grundwassers in der Nähe der Meeresküste bewiesen, daß das Grundwasser der tieferen Schichten in rd. 1 km Entfernung von der Küste sich erst mit dem Meerwasser vermischt. So weit reicht aber die Erstreckung der diffundierenden Kochsalzmoleküle nicht. Das verschiedenen Tiefen unter Oberfläche entnommene Grundwasser durfte darum an der Küste überhaupt keine, Einwirkung des Meerwassers zeigen. Bei den Bohrungen an der Küste wurde in senkrechten Tiefenabständen von je 2 m das erschlossene Grundwasser quantitativ mit Silbernitratlösung, wobei Kaliumchromat als Indikator diente, auf Chlor untersucht. Nirgends zeigte sich ein höherer als der einwandfreiem Grundwasser eigentümliche Chlorgehalt. Er belief sich durchschnittlich auf 30 mg/ltr. Nur bei Bohrloch 17 zeigt eine einzige Schicht 156 mg/ltr, während die andern benachbarten Schichten nichts Auffälliges bieten. Der Grund dieser Störung blieb unermittelt. Das Ostseewasser in der Danziger Bucht hat rd. 10 000 mg/ltr Kochsalz, das sind etwa 6000 mg/ltr Chlor. Es stehen sich also 258 30 und 6000 mg/ltr Chlor gegenüber. Hieraus geht die völlige Einflußlosigkeit des Meerwassers auf das untersuchte Grundwasser hervor. Gegen seine Beschaffenheit wird sich weder vom Hygieniker noch vom Chemiker irgend welches begründete Bedenken geltend machen lassen. Werden dem Untergrund auf der berechneten Strombreite 64000 cbm täglich und laufend entnommen, dann stellt sich schließlich zwischen der Fassung und der Küste ein wagrechter Grundwasserspiegel ein; dazwischen gelangt das Wasser zum Stillstand. Wird jedoch die Beanspruchung des Untergrundes über 64000 cbm getrieben, dann setzt sich das Grundwasser von der Küste her nach der Fassung zu in Bewegung. Der Untergrund wird dann über seine natürliche Ergiebigkeit hinaus beansprucht; eine Trockenlegung des Untergrundes ist unmöglich, da die entleerten Schichten sich immer nachfüllen. Schließlich wird ein Mischwasser aus Grund- und Meerwasser gefördert. Kennt man die Geschwindigkeit des Grundwassers bei der Ueberbeanspruchung der Fassung, ferner die Ausdehnungsfläche der Salz- und Süßwasser im Untergrund und die Geschwindigkeit der Diffusion, dann wird man berechnen können, wie lange es dauern wird, bis Meerwasser die Fassung erreicht. Durch rechnerische Verwertung der im vorliegenden Bericht gegebenen Grundlagen lassen sich die maßgebenden Größen hierzu teilweise finden. Aus wirtschaftlichen Gründen wird man die Fassungslänge beschränken und danach trachten, die gewollte Wassermenge durch Tiefersenkung zu gewinnen. Ueber die dabei auftretenden hydraulischen Veränderungen im Untergrund und deren Einwirkung auf die Grundwasserstände stromabwärts wird man sich hierbei gemäß den eben gegebenen Ausführungen sowohl in hydrologischer wie technischer Hinsicht vergewissern, um sicher zu sein, ein unbeeinflußtes Grundwasser zu gewinnen. Das deduktive Verfahren der Grundwasserberechnung stellt an die Beobachtungsgabe und das Verständnis des Ingenieurs zwar hohe Anforderungen, aber es erfordert im Gegensatz zum Bau und Betrieb eines Versuchsbrunnens sehr geringe Kosten. Große Städte, wie Prag, Leipzig, Czernowitz, MünchenGladbach, deren Untersuchungen ich leitete, haben auf diese Weise hydrologische Untersuchungen durchführen lassen, sie verzichteten auf den Bau und Betrieb eines kostspieligen und zeitraubenden Versuchsbrunnens und haben sofort mit der Planung und daran anschließend mit dem Bau der Wasserwerke beginnen lassen. Zahlentafel 3 enthält Angaben über die bei den genannten vier Städten und die bei Danzig für die Durchführung der hydrologischen Untersuchungen bewilligten Geldmittel einschließlich aller Bohrungen und Ingenieurhonorare, ferner über die verlangten und die nachgewiesenen Grundwassermengen, die Dauer der Untersuchungen und endlich den Quotienten aus den Untersuchungskosten und der aufgefundenen Grundwassermenge; also die Kosten für den Nachweis von 1 ltr/sk. Bei Danzig erklärt sich die längere Zeitdauer der Untersuchung und ebenso die hohen Kosten durch die Kriegsverhältnisse. Bedenkt man, welche gewaltige Summen manchmal auch von kleinen Städten für die Vorarbeiten zur Erweiterung ihrer Wasserwerke aufgewendet werden, so ist die obige Zahlentafel sehr lehrreich. Die von den angeführten Städten aufgewandten Mittel sind bescheiden im Verhältnis zur nachgewiesenen Menge. Die Hauptsache ist aber immer, daß diese Städte auf einen Versuchsbrunnen verzichtet haben und sofort an den Bau der Wasserwerke herangetreten sind. Möge sich darum die Auffassung von dem Wert und dem Nutzen einer streng durchgeführten hydrologischen Arbeit immer mehr verbreiten, mögen Ansichten immer seltener werden, daß allein schon handwerksmäßig niedergebrachte Bohrungen den Erfolg gewährleisten. Diese sind stets nur Mittel zum Zweck; nur ihre wissenschaftliche Ausnutzung führt allein zur wahren Erkenntnis der Vorgänge im Untergrund. Zum Schluß sei das Urteil des bekannten schwedischen Hydrologen Richert in seinem neuesten Werke >>Les eaux souterraines« angeführt. Quant à la simplicité et à l'économie, cette méthode Thiem ne laisse rien à désirer, et on doit la considérer comme une précieuse méthode auxiliaire hydrologique. Zusammenfassung. Für die Ermittlung der Ergiebigkeit des im Erdreich fließenden Grundwassers bedient man sich in der Hydrologie verschiedener Verfahren. Kostspielig und zeitraubend wird es immer sein, die gesamte verlangte Wassermenge durch Fassungsanlagen dem Untergrund zu entziehen und sie sichtbar zum Beweis ihres Vorhandenseins zutage zu fördern. Wohlfeil und kurzfristig sind jedoch Untersuchungen, die unterirdisch fließenden Wassermengen aus ihren Spiegelständen und der Durchlässigkeit des Bodens zu berechnen. Völlige Beherrschung der hydrologischen Vorgänge im Untergrund wird hierbei zu richtigen Ergebnissen führen. Nach dieser letzteren Untersuchungsart sind die von der Stadt Danzig für ein neues Wasserwerk geforderten Grundwassermengen im Betrage von 800 ltr/sk Höchstergiebigkeit nachgewiesen worden. Der zeitliche Vorgang der Untersuchung, die Auffindung der maßgebenden Berechnungswerte und ihre analytische Verwendung sind beschrieben und zugleich gezeigt, wie die Sicherheit des Ergebnisses geprüft wurde. Zum Schluß wird eine Uebersicht über die Kosten. von hydrologischen Untersuchungen für einige Großstädte gegeben, die den Bau von Wasserwerken ausführten, ohne sich vorher von dem tatsächlichen Vorhandensein des Grundwasserreichtums auf sichtbarem Weg überzeugt zu haben. Die Landwirtschaft im neuen Deutschland. ') pflugkultur hätte erwartet werden können. Die Motorpflüge zeigen noch große Mängel, und hier hat der Tech-· niker viele Fragen zu lösen. Vor allem auf den großen Gütern der östlichen Provinzen, in denen infolge des rauhen Klimas die Bestellung auf eine kurze Zeitspanne zusammengedrängt wird, ist der Dampfpflug am Platze, aber auch auf dem schweren und doch. lohnenden Boden des Westens, wo es gilt, die Jahresbrache hinter die Getreideernte zusammenzudrängen, und wo der Pflug so schnell wie möglich der Sense folgen muß. Auch wo wir der Bodenbearbeitung und besonders der Tiefkultur zur Regelung des Bodenwassers Aufmerksamkeit entgegenbringen müssen, wird sich die deutsche Maschinenindustrie um den Ersatz der durch den Krieg ausfallenden Pferde sehr verdient machen können. Viele Landwirte widerstreben noch immer der Einfüh 22. März 1919. rung von arbeitsparenden Säe-, Pflanz-, Hack- und Erntemaschinen und entschließen sich vor allem zu spät zum Ersatz alter, unwirtschaftlicher Bauarten, deren Wiederherstellung obendrein meistens sehr viel Geld kostet und den Betrieb stört. Für gewöhnlich fällt es den meisten gar nicht auf, wie wenig die natürliche Schwerkraft genutzt wird. Im Gebirge ist es selbstverständlich, daß dem mit den Viehställen verbundenen Bauernhause die Ernten an der Bergseite zugeführt und dort auf dem Boden gelagert werden. Von dort ist es dann möglich, ohne erhebliche Beanspruchung menschlicher Arbeitskraft das Haus und die Ställe zu versorgen, indem man einfach der Schwerkraft folgt. Aehnlich zweckvoll sind die Laderampen an den Eisenbahnen angelegt. Auch sonst kann man durch verständnisvolle Anlage des Gehöftes, der Feldscheunen usw. Geländeunterschiede nutzen. In neuzeitlich gebauten Viehställen wird das Futter durch mechanische Kraft nach dem Futterboden befördert und von dort mit geringer Arbeitsleistung den Krippen zugeführt.. Der Menge der Kraft nach wohl in geringerem Maße, im übrigen aber uneingeschränkt und bei weitem mehr, als man für gewöhnlich denkt, kann die Windkraft in der Landwirtschaft vorteilhaft ausgenutzt werden: außer zur Ent- und Bewässerung zum Schroten und Häckselschneiden usw., vor allem zur Wasserversorgung der Güter und ländlichen Ortschaften. Auch Elektrizität zum Antrieb kleiner Motoren, von Zentrifugen usw. kann durch Wind erzeugt werden. Dadurch kann das in den Ställen besonders feuergefährliche und sehr teure Petroleum leicht ersetzt werden. Die Elektrizitätsversorgung mit Windkraft stellt sich in vielen Fällen bedeutend billiger als der Anschluß an eine Ueberlandzentrale. außerordentliche Dauerhaftigkeit neuerer Konstruktionen und die Billigkeit des Betriebes haben zur Folge gehabt, daß selbst dort, wo elektrischer Anschluß und Dampfmaschinen vorhanden waren, für gewisse Zwecke Windmotoren aufgestellt wurden. Die Durch die mechanische Wasserversorgung wird die Reinigung der Ställe und des Viehes erleichtert und gefördert. Die Verwertung der Milch ist noch sehr wenig wirtschaftlich. Schon durch die große Wärme in den Stallungen wird die Güte der Milch beeinträchtigt, dann durch den Mangel an Reinlichkeit beim Melken. Nach sachverständiger Schätzung gehen obendrein durch mangelhaftes Melken und dadurch, daß noch etwa 60 vH der zu Butter verarbeiteten Milchmenge nicht molkereimäßig behandelt werden, dem Deutschen Reiche jährlich 161 500 dz Butter verloren; durch Verarbeitung mit Handzentrifugen ergibt sich ein weiterer Ausfall an Butter. Darum wird es nach dem Kriege nötig sein, das Molkereiwesen neu zu ordnen und die Melk- und Molkereimaschinen zu vẹrbessern. 9) Der Ausbau der Verkehrswege. Gegen die Einführung mechanischer Zugkraft macht der Landwirt als Hauptgrund in der Regel geltend, das Zugvieh müsse zu gewissen Zeiten, besonders zur Ernte und zur Abfuhr nach dem Bahnhof, doch vorhanden sein, und man könne es ohne Einbuße zur Bestellzeit nicht gut unbeschäftigt lassen. Ein nicht geringer Anteil des Spannviehes ist denn auch, besonders auf den weit von der Eisenbahn gelegenen großen Gütern des Ostens, ständig auf der Landstraße. Durch den Anbau besonderer Kulturen, so vor allem der Zuckerrüben, dann auch von Gemüse wird die Abfuhr auf wenige Herbstmonate zusammengedrängt, und die Gespannhaltung muß sich völlig nach dieser Eigenkultur richten. In den anderen Arbeitszeiten des Jahres werden die Pferde und dann ebenfalls die Knechte unter Umständen weniger angespannt zur Arbeit herangezogen, ohne daß dadurch Fütterung, Fütterungskosten und Löhne geringer werden. Durch den Ausbau einer bequem gelegenen Eisenbahnhaltestelle oder eines Eisenbahnanschlußgleises wird vielleicht ein vorher ungünstig gelegenes Gut erst ertragfähig. An sich ist ja das Eisenbahnnetz auf dem Lande in den letzten Friedensjahren immer enger gezogen worden, auch die Nebenstrecken sind mehr und mehr ausgebaut worden, ohne daß immer eine Verzinsung oder gar eine Einnahme für die Allgemeinheit zu erwarten war. Für die fiskalische Eisenbahnpolitik lag es oft sehr nahe, den Ausbau weniger einbringlicher Linien von nur örtlicher Bedeutung dem engeren Kreise der Anlieger zu überlassen. Wie wir das aber auch auf anderen Gebieten immer wieder finden, pflegt den Landwirten der Blick für die wirtschaftliche Bedeutung technischer Anlagen zu fehlen. Dabei mag das Vorangehen auch durch die Erwartung beschränkt werden, die nun einmal der Landwirt in die Fürsorgetätigkeit des Staates als dessen Pflicht und Schuldigkeit setzt. Die an regende Gründungstätigkeit privater Eisenbahngesellschaften ist durch das Kleinbahngesetz von 1891 bedeutend gelähmt worden. Die Genehmigung zum Bau und Betrieb von Kleinbahnen ist nur zu erwarten, wenn die Bahn keine Ertragfähigkeit verspricht. Im andern Falle pflegt der Fiskus den Bahnbau zu übernehmen. Neuerdings pflegen die Provinzialbehörden eine regere Tätigkeit in der Anregung und Gründung von Kleinbahnen zu entfalten, wobei die Teilnahme der Anlieger an den Kosten, oder doch wenigstens eine Zinsbürgschaft durch sie, die Grundlage der Finanzierung zu bilden pflegt. Es ist anzunehmen, daß nach den Lehren dieses Krieges auch auf dem Gebiete der Verkehrspolitik der enge fiskalische Gesichtspunkt hinter das öffentliche, Interesse zurückgestellt werden wird, nachdem man erkannt hat, wie wichtig es ist, für die Industrie Rohstoffe und für die städtische Bevölkerung sowie für das Heer die Nahrungsmittel auch abgelegener Wirtschaften jederzeit heranziehen zu können. Vor allem ist das volkswirtschaftliche Interesse an der Erstärkung der Landwirtschaft gewachsen, diese Kräftigung aber ist ohne den Anschluß an die Verkehrswege wirtschaftlich für den einzelnen nicht möglich. Auch ist anzunehmen, daß durch den Krieg den Besitzern schneller, als es sonst wohl geschehen, die Erkenntnis für die Bedeutung der Schienen- und Wasserwege und die Einschränkung des Lastenverkehrs auf der Landstraße gekommen ist, und daß sie sich mehr als bisher zu Verkehrsunternehmungen zusammenschließen werden. Die Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen hängt naturgemäß von der Benutzung durch den Güterverkehr, also von der Wirtschaftsintensität ab. Die wirtschaftliche Trassierung wird dabei auf die Steigerungsfähigkeit ganz besonders Rücksicht nehmen müssen. Bei der Anlage von Kleinbahnen und Eisenbahnanschlüssen dürfen vor allem auch die Vorteile nicht übersehen werden, die sich durch die leichtere Ueberwachung beim Verladen der Güter auf dem Gutshofe oder in dessen Nähe ergeben und die bei der geringen Zuverlässigkeit der Arbeiter und dem außerordentlich im Werte gestiegenen Zugvieh nach dem Kriege ganz besonders wertvoll sein werden. In welchem Umfange die Lastkraftwagen dem landwirtschaftlichen Güterverkehr nutzbar gemacht werden können, bedarf noch eines besonderen Studiums. Jedenfalls ist die Verteuerung des Betriebes durch den Bau und die Unterhaltung fester Straßen zu bedenken, und vor allem darf man auch die Schwierigkeiten nicht vergessen, die sich durch das doppelte Umladen ergeben. Der Kraftwagen kann niemals auf dem weichen Boden des Ackers beladen werden, ein Abtransport bis zur festen Straße durch Feldbahnen oder Ackerwagen muß immer vorhergehen. Feld- und Förderbahnen dagegen, mit festen wie verlegbaren Gleisen, gestatten einen unmittelbaren Abtransport vom Acker bis zur Eisenbahnverladestelle. Vielleicht wird aber eine militärische Notwendigkeit die Einführung und Benutzung von Lastkraftwagen fördern. Sowie der Stärkung der Wirtschaft Grenzen durch den Grad der Verkehrsmöglichkeit erwachsen sind, so ist es umgekehrt möglich, durch die Entwicklung von Förderbahnen den Betrieb der Güter durch die Anlage von Vorwerken, Feldscheunen usw. zu gliedern, wodurch die Wege der Düngerund Erntewagen sowie der Arbeiter und des Spannviehes auf ein Mindestmaß beschränkt werden können. Es bleibt dann auch nicht mehr so viel an den Rädern hängen. 10) Die Unkraut- und Ungezieferbekämpfung. Ein großer Teil der Ernten wird alljährlich durch Ungeziefer vernichtet oder durch Unkraut an der Entwicklung gehemmt. Die Gefahr ist durch die Vernachlässigung des Bodens im Kriege gewachsen. Zwar gibt es eine Reihe Verfahren, um entweder durch Pflügen, Hacken, Eggen, also durch die Bodenbearbeitung, die Unkrautgefahr zu beschränken, oder auch durch chemische Mittel (Hederichbespritzung) Unkraut wie Ungeziefer erfolgreich zu bekämpfen, aber sie sind mit viel Arbeit verbunden, daher kostspielig, und vielfach auch noch nicht genügend erforscht und daher unsicher. Besondere Erwartungen darf man an die Erfahrungen mit dem Gaskampf knüpfen. Es ist festgestellt worden, daß Ungeziefer durch die giftigen Gase vernichtet werden kann, ohne daß die Pflanzen beschädigt werden. Der Chemie stehen auf diesem Gebiete noch große Aufgaben bevor, und es wäre wünschenswert, wenn die Versuche sobald wie möglich abgeschlossen würden, damit die ungeheuren Erntemengen, die Zu einer erfolgreichen Unkraut- und Ungezieferbekämpfung gehört gemeinsames Vorgehen sämtlicher Besitzer. Alle Mühe und Arbeit ordentlicher Landwirte erzielt nur einen vorübergehenden und beschränkten Erfolg, wenn ein Einziger seinen Acker vernachlässigt und ihn zu Brutstätten des Unkrautes und des Ungeziefers werden läßt, von denen aus die benachbarten Felder, aber auch solche in größerer Entfernung, immer wieder verseucht werden. Die Organisation einer planmäßigen Erforschung der Verfahren zur Vernichtung von Unkraut und Ungeziefer muß ergänzt werden durch eingehende und nachdrückliche Verwaltungsmaßnahmen, die die Reinhaltung unserer Aecker zum Ziele haben und sie nötigenfalls mit Gewalt und auf Kosten der Besitzer erzwingen. 11) Weitere Maßnahmen zur Erhaltung Die Verarbeitung von leicht verderblichen Erzeugnisse zu marktgängigen und transportfähigen Waren hat mit der Ausbildung von großen Wohnzentren eine immer größere Bedeutung erlangt. Durch die Steigerung des Luxus in der Ernährung wurde diese Entwicklung beschleunigt. Wenn die Preise von Kartoffeln und Korn die Transportkosten nicht mehr lohnten, so konnte aus dem aus ihnen erzeugten Spiritus noch ein Verdienst herausgeholt werden. Daneben lieferten die Abfälle billige Düngemittel und wertvolles Futter, das allerdings meistens wegen seiner großen Wasserhaltigkeit in der eigenen Wirtschaft verfüttert werden mußte. Durch Brennerei und Viehwirtschaft ist der Kartoffelanbau in weiten Kreisen erst möglich geworden. Der Anbau der Kartoffel aber und die dadurch notwendig werdende intensive Bodenbearbeitung tragen zur Hebung der gesamten Wirtschaft ganz hervorragend bei. Meistens beeinflussen Brennereien und ähnliche Industrien auch den Ausgleich des Arbeitsbedarfes und der Spannviehnutzung durch die Verteilung auf das ganze Jahr und verbilligen dadurch den Betrieb. In dem Bestreben, von der landwirtschaftlichen Versorgung des Auslandes immer unabhängiger zu werden, werden sich auch die Verhältnisse des Anbaues verschieben müssen, und wir werden, wie wir schon ausgeführt haben, statt Brot und Fleisch zu erzeugen, die wasserhaltigen und deshalb leicht verderblichen Hackfrüchte mehr als bisher anbauen. Ohne Trocknungsanlagen und Konservenfabriken in großem Umfange würde dann aber in ertragreichen Jahren die Wirtschaftlichkeit gefährdet werden, und es würden vor allem große Mengen Nahrungsmittel dem Verderben ausgesetzt sein. Ein solcher Rückschlag würde wiederum einen Rückgang in der Intensivierung zur Folge haben, was dann für die volkswirtschaftliche Ernährung bedauerlich wäre. Trocknungsanlagen und Konservenfabriken tragen zur Sicherung der Volksernährung erheblich bei und sichern auch dem Landwirt eine größere Stetigkeit des Einkommens, besonders dann, wenn er unabhängig vom Unternehmertum die Einrichtungen auf eigene Kosten baut und betreibt. Er kann dadurch den Vorteil des höheren Preises für Frischgemüse in gemüsearmen Jahren mitnehmen und in fruchtbaren Jahren das Angebot beschränken, indem er Vorräte für spätere magere Jahre sammelt. Die allgemeine Vorratwirtschaft wird vielleicht eine politische Notwendigkeit der Zukunft werden, und wir denken dabei besonders auch an die Aufspeicherung größerer Getreidevorräte an den Verkehrsknotenpunkten der militärischen Aufmarschlinien. Die dadurch festgelegten Kapitalien könnte man durch Lombardkredite, vielleicht auch durch Ausgabe von Kassenscheinen wieder flüssig machen, indem das Getreide, ähnlich wie die französischen Milliarden im Spandauer Juliusturm, die Lombardunterlage bildet. Die Zukunft der Zuckerrüben-Industrie scheint ebenfalls aussichtsreich zu sein: einmal weil der Zucker voraussichtlich im Wirtschaftskampfe mit den feindlichen Ländern als Ausgleichgegenstand (bisher jährlich Mehrausfuhr an Zucker 130 Mill. M) von Bedeutung sein wird, und dann, weil er im Inlande teilweise gegen früher das ausfallende Fett ersetzen muß und auch wohl im größeren Maße von der Konservenindustrie verbraucht werden wird. Wenn auf den Gütern erst Konservierungsanlagen, besonders Trockenanlagen eingerichtet sind, so wird man auch die Abfälle als Viehfutter verwerten, während sie bisher meistens auf dem Acker blieben und dort nebenbei noch zur Vermehrung von Unkraut und Ungeziefer beitrugen. Einige Landwirte sind sogar der Ansicht, daß wir allein durch die Verwertung sonst verloren gegangener Abfälle ohne weiteres unabhängig von der Futtermitteleinfuhr werden können. deutscher Ingenieure. Wenn das auch als übertrieben erscheinen muß, so ist jedenfalls die Aussicht auf stärkeren Hackfruchtbau besonders für die Uebergangswirtschaft volkswirtschaftlich außerordentlich erfreulich. Das Angebot von konservierten Gemüse- und Kartoffelerzeugnissen wird die Ernährung des städtischen Haushaltes gleichmäßiger gestalten, und der Gemüsebedarf wird, wie die Erfahrung lehrt, wahrscheinlich dadurch ganz erheblich angeregt werden können, daß zu jeder Jahreszeit die Hausfrau in den Stand gesetzt wird, ihre Mahlzeiten darnach einzurichten. Die Verwendung von Frischgemüse kann durch die Zucht und den Anbau von Frühgemüse, das etwa in Treibhäusern vorgetrieben ist, und von winterharten Sorten sowie durch den Ausbau geeigneter Lagerhäuser (holländische Kohlscheunen) gefördert werden. Soweit die Ernten durch besondere Fabrikationseinrichtungen konserviert werden, spricht man ganz allgemein wohl von landwirtschaftlichen Nebengewerben; deren Wirkungskreis. geht aber noch weiter. Es gehört z. B. auch dahin die Verwertung mineralischer Rohstoffe: das Brennen von Kalk, von Ziegeln, Tonröhren, von Zement und Gips, dann die Gewinnung von Brennstoffen: Torf, Braunkohle, die Bereitung von Torfstreu, von Knochenmehl, Kunstdünger und auch die einfache Werbung und der Abtransport von Schotter und Kies. Die gewerbliche Verarbeitung der genannten Stoffe steht in keinem andern Zusammenhange mit dem Landwirtschaftsgewerbe als dem, daß die Rohstoffe zum Grund und Boden der Wirtschaft gehören. Näher steht schon die Verarbeitung solcher Landeserzeugnisse, die an sich schon marktgängig sind, deren Herstellung aber nicht an den Landwirtschaftsbetrieb gebunden ist, ja vielleicht zweckmäßiger in die Absatz- und Verbrauchsorte gelegt wird. Dahin gehören die Bierbereitung, die Kornbrennerei, die Bearbeitung von Malz, Preßhefe, Dextrin, Stärke, Zucker, Zuckersirup, von Essig und Oel. Besonders Kornbrennereien werden besser in der Nähe großer Städte angelegt, weil der Transport der fertigen Ware schwieriger ist als der des Rohstoffes. Anders verhält es sich schon mit dem an sich schon marktgängigen Obst und Gemüse sowie der Milch, die in Ermangelung eines Absatzes der frischen Ware zweckmäßig am Erzeugungsorte konserviert wird. Das gilt dann vor allem für drei Gattungen des landwirtschaftlichen Nebengewerbes, nämlich solche nicht marktgängige Landeserzeugnisse, die durch die Umwandlung erst marktfähig werden. Aus der voluminösen und wenig haltbaren Kartoffel werden Stärke und Branntwein gewonnen, wobei die sehr nährstoffreiche Schlempe und die weniger wertvolle Pülpe (Stärkefabrikation) als Viehfutter übrig bleiben. Neuerdings hat auch die Kartoffeltrocknerei erheblich an Bedeutung gewonnen. Durch die Kartoffeltrocknerei wird der Verlust frischer Ware, jährlich 10 bis 20 vH, der infolge Atmung und Faulens entsteht, vermieden, ohne daß die Schnitzel oder Scheiben oder die Flocken weniger Werte als die Frischkartoffeln enthielten. Sie dienen als Kraftfutter für sämtliche Tiere oder auch als Halbfabrikate für die Preßhefebereitung oder zur Herstellung von Kartoffelwalzmehl. Die Zuckerrübenfabrikation hat von allen Nebengewerben die größte volkswirtschaftliche Bedeutung erlangt. Jedoch eignet sich nicht dazu der Kleinbetrieb, weil bei den hohen Anlagekosten eine möglichst lange und intensive Nutzung der Fabrikationsanlage zur Verringerung der Unkosten nötig ist. Trotz ihres großen Volumens verträgt die Zuckerrübe hundert und mehr Kilometer Bahntransport. Es ist aber wegen der Gefahr der Ausbeutung des Bodens darauf zu achten, daß die Abfälle aus den Fabriken wieder in die Wirtschaften zurückgeführt werden, sowohl der Scheideschlamm als Düngemittel wie die Schnitzel und die Melasse zur Verfütterung an das Vieh. Die Bereitung von Trockenfutter aus Blätterabfällen wird zweifellos nach dem Krieg an Umfang ganz bedeutend zunehmen. Schon auf früher Kulturstufe und in abgelegenen Gegenden hat man noch heute die Verarbeitung von Milch zu Butter und Käse als einen der wichtigsten Zweige der Landwirtschaft entwickelt. Durch die Molkereien, meistens auf genossenschaftlicher Grundlage, ist die Güte der Butter wesentlich verbessert und sind die Einnahmen der Erzeuger gesteigert, besonders dadurch, daß infolge rationeller Entrahmungsverfahren süße abgerahmte Milch zurückgeliefert wird, während man früher die unter dem Rahm sauer gewordene Milch in großen Mengen nur als Schweinefutter verwenden konnte: Die landwirtschaftlichen Nebengewerbe haben wegen des erheblichen Anteils an der Versorgung der Verbraucherbevölkerung eine große volkswirtschaftliche Bedeutung. Sie 1 1 Band 63. Nr. 12. 22. März 1919. Büsselberg: Die Landwirtschaft im neuen Deutschland. sind nicht nur als wichtige Einnahmequellen der Landwirtschaft eine Hauptstütze des Betriebes, vielerorts ist die Fabrikanlage sogar Zweck und die Landwirtschaft nur Mittel geworden. Außerdem darf aber bei der Rücksicht auf die Nebengewerbe nicht die betriebswirtschaftliche Bedeutung unterschätzt werden. Die Anbaufläche des Handelsgewächsbaues, der ja auch die wichtigsten Rohprodukte für die Fabriken abgibt, beträgt zwar nur wenige Prozent der Brot und Fleisch liefernden Fläche, Massen- und Geldwert aber stehen in einem viel höheren Verhältnis. Dazu kommt, daß für den Anbau der Handelsgewächse eine viel tiefere Kultur nötig ist, daß dadurch oft erst der Kunstdünger in die Wirtschaft eingeführt wurde, und daß vor allem Kultur- und Erntearbeiten gleichmäßiger verteilt werden können, und es möglich ist, dauernd einen größeren Stamm an Arbeitern und an Spannvieh zu halten, weil diese ja während des Winters in der Fabrik und zum Transport von Rohstoffen und Fabrikaten verwendet werden können. Durch die intensive Bewirtschaftung des Bodens sind auch sämtliche andern Kulturen, insbesondere auch der Getreidebau, beeinflußt worden, so daß trotz der oft erheblichen Einschränkung der Anbaufläche die Getreideernten keineswegs geringer geworden sind. Auch der Viehbestand ist außerordentlich durch abfallende Futtermittel vermehrt worden. Dabei war man aber in der Zuckerrübenfabrikation wegen der eiweißarmen Schnitzel gezwungen, eiweißhaltige Kraftfuttermittel zu kaufen, was uns ja bekanntlich vom Auslande sehr abhängig gemacht hat. Denn wenn auch die dadurch eingeführten Nährstoffe im Dünger unsere Aecker bereichern, so hat auf der andern Seite die Viehwirtschaft doch große Gefahren, auf die wir hingewiesen haben. 13) Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Die Ausdehnung der Vorratswirtschaft, die Anlagen zum Stapeln der Erntevorräte und zum Ausbau der landwirtschaftlichen Nebengewerbe werden dem Architekten und Bauunternehmer umfangreiche und vielfach neuartige Aufgaben stellen. Der Uebergang zur intensiven Bewirtschaftung macht eine Dezentralisation des Betriebes und damit eine Verlegung oder den Neubau von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden notwendig. Vielfach liegt das Geschäft noch nicht zentral zu den bewirtschafteten Flächen. Der extensive Betrieb aber und Mangel an Kapital hielten den Besitzer bisher meistens von der Verlegung des Hofes ab. Die Notwendigkeit, gerade nach dem Kriege größere Reparaturen vornehmen und vielleicht auch Erweiterungsbauten ausführen zu müssen, das Bestreben, >>Kriegsgewinne unterzubringen, die drohende Erhöhung der Arbeiterlöhne, die Verteuerung des Spannviehes machen den Betriebsleiter zur Verlegung des Hofes geneigter. Besonders aber wird die Verschiebung der für die nächsten Jahre zu erwartenden Verkehrsverhältnisse sehr oft ausschlaggebend für den Neubau von Gehöften sein, wobei dann die alten Gutsgebäude als Vorwerke oder Arbeitersiedlungen, die man nicht gern in die Nähe der Wohn- und Wirtschaftsgebäude bringt, benutzt werden können. Bisher waren Entwurf und Bauausführung auf dem Lande allgemein dem Bauunternehmer und Maurermeister der nächsten Stadt überlassen. Es ist für die künstlerische Entfaltung, aber für die Beratung in wirtschaftlicher und gesundheitlicher Hinsicht (Arbeiterhäuser und Viehställe) erwünscht, daß der wirklich gebildete Architekt auf dem Lande einen größeren Einfluß gewinnt. Dazu gehört allerdings, daß er sich mit den hier aufgerollten Fragen aller Art beschäftigt und imstande ist, den Vorteil des Besitzers wirklich wahrzunehmen und dabei auch meistens kleinliche Rücksichten zurückzuweisen. Selbstverständlich muß der beratende Architekt auch Verständnis für die Zusammenhänge innerhalb der Wirtschaft haben, er muß wissen, ob und warum er den Hof auf die Höhe oder in das Tal legen soll (besonders Transportfragen), muß die klimatischen und sozialen Verhältnisse, Sitte und Gewohnheit der Bevölkerung studieren, die für die innere Gliederung des Wirtschaftshofes in erster Linie maßgebend sind, und auch Rücksicht auf die Möglichkeit der Wirtschaftsentwicklung, besonders von Nebengewerben, nehmen. Für die Anlage von Dörfern entscheiden nicht selten soziale Gesichtspunkte: in geschlossenen Ortschaften werden Meinungs- und Erfahrungsaustausch, politische und soziale Erziehung und die Verantwortungsfreude gehoben. Auch Feuerschutz und Wasserversorgung usw. sind dort leichter zu beschaffen als für getrennt liegende Gehöfte. Zur Vermeidung langer Transportwege für die Heranschaffung der Baustoffe wird man die auf dem Gute vorhandenen Rohstoffe, Holz statt Eisen, Kies zu Beton (Bedenken wegen Mangels an Durchlüftung), Lehmschlag statt Ziegelmauerwerk usw. 261 vorziehen und darauf von vornherein bei der Aufstellung der Entwürfe Rücksicht nehmen. schwächere Schon eine alte immer wiederkehrende Forderung richtet sich auf die Einschränkung des Gebäudekapitals. Selbst eingeborene Landwirte haben sie sehr oft nicht berücksichtigt, und die Folge war dann nicht selten, daß die Verzinsung der Gebäude aus der Wirtschaft nicht aufgebracht werden konnte. In Zukunft wird die Gefahr durch den Uebergang vieler Landgüter in die Hände von städtischen Kapitalisten vergrößert. Ihnen ist die Landwirtschaft in vielen Fällen Nebensache, die sichere Kapitalanlage (Frankreich), Repräsentation und Genuß die Hauptsache. Sie kennen nicht die Krisen, von denen die Landwirtschaft unverhofft heimgesucht wird. Durch ihr Beispiel werden obendrein andere und kapitalBesitzer ebenfalls zum Luxus verleitet. Die größeren Einnahmen während des Krieges dienen möglicherweise zur Herstellung von Bauten anstatt zum Wiederaufbau der ausgesogenen Wirtschaft. Der Architekt hat die Pflicht, zur Beschränkung zu mahnen. Er muß erkennen, daß die deutsche Volkswirtschaft nach dem Kriege keinen Platz für Luxus haben darf und daß besonders auf dem Lande mit Rücksicht auf die drohenden Rückschläge immer gespart werden muß. Daneben sollte sich die Architektenschaft die Aufgabe stellen, die übertriebenen Baupolizeivorschriften zu ändern: durch sie werden sehr oft die Arbeitgeber auf dem Lande von dem Bau von Arbeiterhäusern usw. abgehalten, und sie sind nicht selten der Ruin der kleinen Rentengüter gewesen. Dem Bedarf standen aus eigener Erzeugung nur 8000 t Wolle und 6000 t Flachs gegenüber. Der Bedarf der Leinenindustrie an Flachsfaser kann gedeckt werden aus 80 bis 100 000 ha Flachsbau, der Bedarf an Hanffaser aus 50000 ha, der an Jutefaser aus weiteren 150 000 ha Hanfbau. Der Leinanbau (zur Flachsfasergewinnung) nahm im Jahre 1880 noch eine Fläche von über 100 000 ha ein, vor dem Kriege nur 10000 ha, die dann im Kriege auf 50 bis 60 000 ha gesteigert worden sind. Hanf kam vor dem Kriege nur ganz vereinzelt im Südwesten Deutschlands vor (zusammen 50 ha) und hat 1918 erst eine Anbaufläche von 4300 ha erreicht, obwohl durch die Deutsche Hanfanbau-Gesellschaft im Kriege Röstanstalten für 12000 ha bereits eingerichtet worden sind. Es ist der deutschen Textilindustrie gelungen, durch Kanalröste in Warmwasser und durch künstliche Trocknung die Faser des Flachses und des Hanfes der Baumwolle nach Aussehen, Länge, Geschmeidigkeit und Festigkeit ähnlich zu machen. Aber es gilt, die Fasern noch erheblich zu veredeln, sollen sie nach dem Kriege den Auslandwaren gegenüber wettbewerbfähig bleiben. Auch muß mit dem Kriegserzeugnis, dem Knickflachs, aufgeräumt und Qualitätsware hergestellt werden. Der Hanfsamen ist inzwischen erprobt und mehr oder weniger akklimatisiert worden. Besser als russischer Hanf haben sich der hochwachsende türkische, serbische, rumänische und belgische bewährt. Daß der Hanfanbau im Kriege verhältnismäßig wenig verbreitet worden ist, liegt zweifellos an den geringen Preisen für die Erzeugnisse und den unberechtigten kleinlichen Schwierigkeiten bei der Abnahme und dem Ungeschick der Leitung. Nachdem der Staat der Hanf-Gesellschaft erhebliche Zuschüsse ohne Rückzahlungspflicht zur Verfügung gestellt hatte, hätten von vornherein für Stengel wie für Samen dem Erzeuger höhere Preise bewilligt werden müssen. Das hat man nachträglich auch erkannt, indem man die Preise für Samen 1918 von 62 M/dz (für russischen Hanf) und 160 M (für deutsche, serbische, türkische usw.) auf 150 M und 250 M erhöht hat. Auch die Stengelpreise sind 1918 um 25 vH erhöht worden. Dem Landwirt werden Lein und Hanf immer willkommene Pflanzen sein, einmal weil sie für die Fruchtfolge eine erhebliche Rolle spielen, und dann der Nébenerzeugnisse wegen. Auf den Lichnowskischen Gütern war es nicht möglich, den Weizenertrag, trotz sorgfältigster Bestellung und Düngung, und obwohl gehackt wurde, über durchschnittlich 14 dz/ha zu steigern. Nachdem Lein als Vorfrucht eingeschaltet worden war, konnte man mit einem sichern Durchschnittsertrage von 26 dz/ha und darüber rechnen. Auch paßt die Flachsernte sehr gut in den Wirtschaftsplan des Jahres. Die Bearbeitung der Hackfrüchte ist in der Regel vorüber, und die Weizen |