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als unmittelbarer Ausfluss ihrer göttlichen Vollmacht immer behauptet worden ist.3)

1.) Matth. XXVIII. 19. 20., Marc. XV. 15—20.

2.) Ap.-Gesch. I. 8.

3.) Klee, Katholische Dogmatik, Bd. I. S. 244. ff. Die neueste Vertheidigung in Phillips, K.-R. Bd. II. Abthl. 1. S. 307. ff.

§. 46. (45.)

3.) Das Regiment.

Endlich ist auch die Handhabung der Ordnung in der Kirche von Christus den Aposteln übertragen1) und von diesen auf den Primat und Episkopat übergegangen, deren Beruf es ist, den mystischen Leib Christi, die Gemeinde, zu einem dem Herrn wohlgefälligen Opfer zu bereiten.2) Die Erweiterung der kirchlichen Verhältnisse hat jedoch veranlasst, dass zwischen beiden noch bestimmte Mittelstufen, die Erzbischöfe, Primaten, Exarchen oder Patriarchen entstanden und von den allgemeinen Concilien durch Ertheilung bestimmter Regierungsrechte über die Bischöfe ausgezeichnet worden sind. So ordnet sich die kirchliche Regierung dergestalt, dass sie von den Bischöfen zu den Erzbischöfen, von diesen zu den Primaten, Exarchen oder Patriarchen aufsteigend, sich in dem Primate als ihrem Gipfel abschliesst (sg. hierarchia jurisdictionis).

1.) Matth. XVIII. 17. f.

2.) Catech. Rom. P. II. oben §. 41. Anm. 1.

§. 47. (46.)

III.) Der Clerus und die Laien.

Nach dieser Darstellung ruht die Kirchengewalt nach allen ihren Beziehungen in den Händen eines von Gott selbst dazu berufenen Standes, des Clerus, welcher, durch das Sacrament der Ordination der Träger der Gnaden und Gaben des heiligen Geistes, eben dadurch sich von den gemeinen Gliedern der Kirche innerlich unterscheidet. 1) Die letzteren. schliesst die göttliche Ordnung von allem thätigen Eingreifen in die Kirchenleitung aus; es ist vielmehr für sie Pflicht, in heiligem Gehorsam sich unter die Autorität des Clerus in ⚫ allen Sachen des Glaubens und der Disciplin zu beugen. Das innere Priesterthum, welches in allen Gläubigen durch das Taufsacrament entsteht, äussert nur darin seine Wirkung,

dass alle Gerechte in dem durch Liebe begeisterten Glauben das Opfer ihrer guten That dem Herrn darbringen.2)

1.) Diese Wirkung der Ordination bezeichnet schon Thomas von Aquino (P. III. qu. 63. Art. 5.) als den unauslöschlichen Charakter (character indelebilis). Auch hier folgt ihm der Catech. Rom. P. II. c. 1. (Ed. Lips. p. 127.).

2.) Catech. Rom. P. II. c. 7. (Ed. cit. p. 269.) nach Offenb. I. 5. 6., 1 Petr. II. 5., Röm. XII. 1. ff.

II. Die evangelische Kirche. *)

§. 48. (47.)

1.) Die Kirche.

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Sowohl die lutherischen als die reformirten Bekenntnisse1) fassen die Kirche zunächst als den Inbegriff derjenigen, welche durch den Glauben an den Herrn verbunden sind. Dies ist die heilige, allgemeine Kirche. Ihre Erkennungszeichen sind die Predigt des reinen Evangeliums, und die einsetzungsmässige Verwaltung der Sacramente, 2) durch welche der Glaube an den Erlöser geweckt und gestärkt, fortgepflanzt und verbreitet wird. Für diesen Zweck besteht das Lehramt, ministerium verbi (§. 49.). Ferner bedarf es weiterer Anstalten und Ordnungen, damit die harmonische Bewegung aller einzelnen Theile des kirchlichen Leibes gesichert bleibe. Zwischen jenem und diesen waltet aber der Unterschied ob, dass das erstre sich auf einen göttlichen Befehl gründet, während die zweiten nur aus innerer Nothwendigkeit nach den Gesetzen des menschlichen Lebens hervorgehen. Die Verfassung der Kirche, als Inbegriff jener Anstalten und Ordnungen, kann sich daher im Einzelnen nach der Individualität der Völker und Zeiten verschieden gestalten, und jede muss als dem Willen Christi entsprechend betrachtet werden, innerhalb derer das christliche Leben sich in Frieden und Freiheit zu entfalten vermag. In diesem Grundsatze findet die Thatsache, dass die evangelische Kirche sich zunächst in einzelne Landeskirchen mit mehr oder minder eigenthümlicher Lebensform abgeschlossen hat (§. 29.), ihre Rechtfertigung. Die reformirte Kirche hat dagegen abweichend von der lutherischen in ihren Bekenntnissen eine bestimmte Verfassung vorgezeichnet. Indessen hat thatsächlich derselbe Grundsatz auch für sie in Deutschland Geltung ge

wonnen.

*) Puchta, Einleitung in das Recht der Kirche, Leipz. 1840., Höfling, Grundsätze evangelisch-latherischer Kirchenverfassung, Erl. 1851,, 3. Aufl. 1553. 1.) Aug. Conf. Art. VII., Apol. Art. IV. vergl. mit Conv. Helv. II. c. 17., Conf. Gall. Art. XXVII., Conf. Belg. Art. XXVII.

2.) Aug. Conf. Art. VII.: „,Est autem ecclesia congregatio sanctorum, in qua recte docetur evangelium et recte administrantur sacramenta,“ vergl. mit Conv. Helv. II, c. 17., Conf. Belg. Art. XXVII., der noch die Ausübung der Disciplin als Erkennungszeichen anführt. Darüber s. u. §. 213. §. 49.

2.) Das Lehramt.

Der göttliche Stifter hat seiner Kirche den Schatz der Heilsbotschaft, die Sacramente und das Amt der Schlüssel befohlen.1) Die Kirche aber überträgt diesen allgemeinen Befehl auf ein bestimmtes Amt,2) das ihn in Gottes Namen im Auftrage der Kirche innerhalb eines ihm angewiesenen, bestimmten Kreises zu verwalten hat3) (§. 29.). Ihre Beglaubigung) empfangen diejenigen, welche der Herr zu solchem besonderen Dienste mit dem inneren Berufe begnadigt hat, durch ein feierliches Zeugniss, in welchem die Kirche bekundet, dass sie sowohl nach ihrer Lehre als ihrem Wandel fähig befunden worden seien, eine Gemeinde mit Segen zu verwalten. Dieses mit Fürbitte und Gebet verbundene Zeugniss ist die Ordination im Sinne der evangelischen Bekenntnisse. Dieselbe verleiht keine übernatürlichen Gaben, und bedingt nicht den Eintritt in einen heilvermittelnden Priesterstand, sie ist also in Grund und Wesen von der Ordination der katholischen Kirche verschieden.

1.) „Ad haec necesse est fateri, quod claves non ad personam unius certi hominis, sed ad ecclesiam pertineant... Nam Christus de clavibus dicens" Matth. XVIII. 19. addit: Ubicunque duo etc. Tribuit igitur principaliter claves ecclesiae et immediate." Art. Schmalc. de potest. Papae.

2.) Aug. Conf. Art. XXVII.: „Sic autem sentiunt, potestatem clavium seu episcoporum juxta evangelium potestatem esse seu mandatum Dei praedicandi evangelii, remittendi et retinendi peccata, administrandi sacramenta." Art. Schmalc. de pot. epp.:,,Evangelium tribuit his, qui praesunt ecclesiis, mandatum docendi evangelii, remittendi peccata, administrandi sacramenta etc. ... Quum episcopi ordinarii fiunt hostes ecclesiae, aut ordinationem nolunt impertire, ecclesiae retinent jus suum. Nam ubicunque est ecclesia, ibi est jus administrandi evangelii, quare necesse est ecclesiam retinere jus vocandi et eligendi ministros. Et hoc jus est proprie datum ecclesiae, quod nulla humana auctoritas ecclesiae eripere potest... Ubi est igitur vera ecclesia, ibi est jus eligendi et ordinandi ministros. Huc pertinent sententiae Christi, quae testantur claves ecclesiae datas esse, non certis personis: Matth. XVIII. 20. Ubicunque erunt duo etc. Postremo etiam hoc confirmat sententia Petri (1. Ep. II. 9.): Vos

estis regale sacerdotium etc." Ueber diese und andre Stellen: Höfling a. a. O. Die Auffassung dieses ausgezeichneten Gottesgelehrten, an welche der Text sich anschliesst, ist vielfach bekämpft worden, zuletzt von Münchmeyer, Das Amt des N. Test., Osterode 1853. Sie ist jedoch eben die rechte lutherische Lehre, und Luther hat sie nicht blos in der ersten Zeit seines Auftretens, sondern noch viel später nach der Augsb. Conf., der Apologie und den Schmalk. Art. ausgesprochen (s. o. §. 30. Anm. 1.). Der Weg, welcher über sie hinausgeht, führt zur römischen Kirche. 3.) Ueber die reformirte Auffassung s. Conf. Helv. II. c. 18., Conf. Belg. Art. XXXI., Conf. Gall. Art. XXIX. sqq.

4.),,De ordine ecclesiastico docent, quod nemo debeat in ecclesia docere aut sacramenta administrare nisi rite vocatus": Aug. Conf. Art. XIV. „Olim populus eligebat pastores et episcopos. Deinde accedebat episcopus seu ejus ecclesiae seu vicinus, qui confirmabat electum impositione manuum, nec aliud fuit ordinatio nisi talis comprobatio": Art. Schmale. de pot. ep. Vergl. die geschichtliche Ausführung unten §. 172. und Höfling a. a. O. S. 85. ff.

§. 50. (48.)

3.) Das Lehramt und die Gemeinden.

Das Lehramt hat die Stätte seiner Wirksamkeit in der Gemeinde, für welche es den Dienst am Wort zu verwalten bestelltist. Dieser Beruf ist ein ausschliessender1), und ihm gegenüber hat die Gemeinde nur das negative Recht der Beschwerde, falls er sich auf einen anderen, als dem gelegten Grunde entfaltet. Dagegen ist das nicht die Stellung der Gemeinde, dass sie nur zu einem gottgefälligen Opfer bereitet werden soll, sondern sie selbst soll sich unter der Leitung des geistlichen Amtes Gott als ein solches darbringen. 2) Darum ist sie auch zu positiver Thätigkeit berufen. Insbesondre wird die Zucht nur dann mit Segen sich bewähren, wenn sie aus dem Bewusstsein der Gemeinde hervorgeht und unter deren lebendiger Mitwirkung geübt wird (§. 213.). Der Gemeinde gebührt hiernächst an der Ordnung ihres Haushaltes eine selbstthätige Theilnahme (§.304.). Ferner unterscheidet sich ihre Stellung von jener der Parochianen in der katholischen Kirche darin, dass ihr als solcher eine Mitwirkung bei der Besetzung des für sie bestehenden geistlichen Amtes zukommt (§. 170.). Endlich giebt es Functionen, durch welche das Recht der Gemeinde über den eignen engeren Lebenskreis hinaus in das Gebiet der Kirche selbst eingreift (§. 52.).

1.) Dies ergiebt sich aus den zum vor. §. angeführten Stellen.

2.) Vergl. Höfling a. a. O. S. 109. ff. Die Ansicht, welche grade in der Passivität der Gemeinde das Lutherische findet, ist vom Standpuncte

der Geschichte aus betrachtet unwahr (s. meine Gesch. der K.-Verf. S. 188.), und macht ein Gebrechen zu einer normalen Eigenschaft.

§. 51. (49.)

IV.) Das Kirchenregiment.*)
1.) Umfang desselben.

Ueber den Gemeinden steht das Regiment mit der Aufgabe, das kirchliche Leben zu ordnen und in seiner Einheit zu erhalten. Hiernach bestimmt sich der Kreis seines Wirkens dahin, dass es alle, zu dem Kirchenzwecke in unmittelbarer Beziehung stehende Verhältnisse, die Bewahrung der Lehre, die Ordnung des Gottesdienstes sammt der Autorisation des Lehramtes, und die Handhabung der Zucht über den Gemeinden umfasst. In allen diesen Beziehungen wird es thätig aus dem eigenen Rechte der Kirche, aber eben deshalb nicht mit weltlichem Zwange, sondern allein soweit, als es durch geistliche Strafmittel, die Ausschliessung von dem Sacrament und die Entziehung der Gemeinschaft, sich Gehorsam zu schaffen vermag. Dagegen masst sich die Kirche, weil ihr Reich nicht von dieser Welt ist, abweichend von ihrer katholischen Schwester, weder eine Gerichtsbarkeit und Gesetzgebung im Gebiete des bürgerlichen Lebens an, noch fordert sie eine Jurisdiction in den bürgerlichen Verhältnissen der Geistlichen, oder in den rechtlichen Beziehungen, in welche sie selbst als äussere Anstalt eintritt. Wenn also nach dem positiven Rechte das Kirchenregiment auch über die beiden letzteren sich erstreckt, so ist dieses ein zufälliges Verhältniss, welches sich durch die fortdauernde Herrschaft des canonischen Rechts auf der einen, und die Concession des Staats auf der andern Seite erklärt, und von dem letzteren geändert werden kann, ohne dass er sich einer Verletzung des Wesens der Kirche schuldig macht. Nicht in gleicher Weise verhält es sich jedoch mit den Ehesachen, von denen so oft behauptet worden ist, dass der Protestantismus sie als schlechthin weltliche betrachte. Zwar das verkennt er nicht, dass die Ehe als ein rechtliches Verhältniss der Ordnung des Staats unterliege; dagegen nimmt er für die Kirche das Recht, auch von ihrem Standpuncte auf die Ehesachen einzuwirken, um so mehr in Anspruch,1) je mehr auch er anerkennt, dass die Ehe nach der Einen Seite ihren Canon in der Offenbarung finde.

Richter, Kirchenrecht. 4. Aufl.

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