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um den damaligen regellosen Zustand zu ordnen, nur, dass die Ertheilung der niederen Weihen in Zwischenräumen1) erfolgen, und zwischen ihr und dem Subdiakonate, so wie zwischen den einzelnen höheren Ordines eine Frist (interstitium) von einem Jahre nach der kirchlichen Berechnung inneliegen solle. Indem es aber zugleich den Bischöfen gestattete, aus bewegenden Gründen von dieser Regel abzuweichen, hat es zugleich veranlasst, dass jene Vorschrift jetzt fast nirgends mehr angewendet, und nur dieses als unverbrüchlicher, durch die Strafe der Suspension für den Bischof und den Candidaten gesicherter Grundsatz festgehalten wird, dass nicht mehre höhere Weihen an Einem Tage ertheilt werden dürfen.) Dagegen hat für die Möglichkeit gleichzeitiger Ertheilung der Tonsur und der niederen Ordines eine allgemeine Observanz entschieden. 8a) Unberührt ist aber unter diesen Entwicklungen der Satz geblieben, dass die Weihen nur in der festgesetzten Stufenfolge ertheilt werden dürfen, und die sg. promotio per salium) gilt noch jetzt als irregulär machendes Vergehen. Die Liturgie der Weihe ist in dem römischen Pontificale vorgezeichnet. Ihre Hauptbestandtheile sind für alle Weihen die Ueberreichung der symbolischen Zeichen der nach der ursprünglichen Disciplin mit den einzelnen verbundenen gottesdienstlichen Functionen, und bestimmte Gebete und Benedictionen, 10) für die Priester- und Diaconatsweihe insbesondere die apostolische Handauflegung) mit der entsprechenden Gebetsformel. 12)

1.) Ueber die Form dieser Exercitien im Erzbisthume Cöln s. Rheinwald, Acta histor.-eccl. saec. XIX., Bd. III. S. 478. ff.

2.) Diesen im conc. Trid. Sess. XXIII. c. 8. de ref. anerkannten Gebrauch bezeugt schon c. 5. Dist. XXIV. (conc. Nannet.). Die frühere Praxis ist aus c. 1. Dist. LXX. (conc. Chalc. 451.) erkennbar.

3.) C. 1. Dist. LXVII. (Ps.-Anacl. aus Isid. Hisp. de off. II. 5. sq.), vergl. mit c. 6. Dist. LXXV. (ordo Rom.) und Pont. Rom. de ord. c. 13. sqq.

4.) In der früheren Zeit fanden die Weihen zum Presbyterat und Diakonat nach apostolischem Gebrauche nur Sonntags Statt, c. 4. 5. Dist. LXXV. (Leo I. 445.) Den Uebergang zu dem heutigen in c. 2. 3. X. de temp. ord. I. 11. (Alex. III. †. 1181.) enthaltenen Rechte zeigt aber schon c. 7. Dist. cit. (Gelas. 494.), dessen Aechtheit Laspeyres a. a. O. S. 58. mit Unrecht bezweifelt: „,Ordinationes presbyterorum et diaconorum nisi certis temporibus et diebus exerceri non debent, i. e. quarti mensis jejunio, septimi et decimi, sed et etiam quadragesimalis initii, ac medianae hebdomadae (: ac mediana quadragesimae die: Hisp.) et sabbati jejunio circa vesperam noverint celebrandas." Vergl. über die Ordinations

zeiten und die mediana quadr. insbes. Mabillon, Comm. in Ord. Rom. p. CIII. CXXVII. im Mus. Ital. T. II. — Eine neuere Verordnung (1836.) für das Erzbisthum Cöln, nach welcher die heiligen Weihen nur an den Quatembersonnabenden, und, wo nöthig, in der heiligen Woche ertheilt werden, bei Rheinwald, Acta histor.-eccl. saec. XIX., Bd. III. S. 467.

5.) C. 6. Dist. LXXV. (ordo Rom.), c. 1. 3. X. de temp. ord. I. 11. 6.) C. 1. 3. X. cit. — Die Bedingungen der Breven Extra tempora s. bei Rigantius im Comment. zu der 24. Canzleiregel §. 1. Nr. 44. 7.) Conc. Trid. Sess. XXIII. c. 11. 13. de ref.

8.) C. 13. 15. X. de temp. ord. I. 11., c. 3. X. de eo qui furtive V. 30. 8 a) Auch die Ertheilung der niederen Weihen u. des Subdiaconats an Einem Tage ist bei Strafe der Suspension verboten; das Gewohnheitsrecht hat jedoch hier freien Raum, wie die Ausführung von Prosper Lambertini in den Quaest. canon. et morales (Bassan. 1767.) T. II. p. 163. darlegt. Vergl. aber zugleich die Decl. zu c. 12. Sess. XXIII. conc. Trid. 1. c.

9.) Dieser Ausdruck führt auf Siricius in c. 29. C. XVI. qu. 1. (385.) zurück. Vergl. c. 1. Dist. LII. (Alex. II. 1065.), tit. X. de clerico per saltum prom. V. 29., conc. Trid. Sess. XXIII. c. 14. de ref. Durch das letztere und die Const. Romanus Pontifex von Clemens VIII. sind die Bischöfe ermächtigt, zur Ausübung des übersprungenen und nachträglich ertheilten Ordo Dispensation zu ertheilen.

10.) C. 15-19. Dist. XXIII. (Statut. eccl. ant.)

11.) Ueber die unter den Theologen sehr streitige Frage, ob bei der Weihe zum Priester und Diakon die traditio instrumentorum oder die manus impositio die wesentliche Form sei, s. Benedict. XIV., De synod. dioec. L. VIII. c. 10.

12.) Ueber die bischöfliche Consecration s. u. §. 138.

§. 103.

V.) Die Wirkungen der Ordination.

1.) Der spirituelle Charakter.

Durch die Ordination wird der Eintritt in den geistlichen Stand, und die geistige Befähigung erworben, die an den Grad der Weihe geknüpften Functionen gültig vorzunehmen. Nicht dagegen begründet sie nach der heutigen Kirchenlehre den Eintritt in eine wirkliche Thätigkeit, welche vielmehr überall erst durch die Uebertragung des Amtes bestimmt wird. Jene geistige Fähigkeit haftet an dem Presbyter, und nach der Ansicht vieler Theologen auch an dem Diakon,1)

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unauslöschlich, dass sie weder durch Remotion verloren, noch durch freiwillige Verzichtleistung aufgegeben oder durch Dispensation gehoben werden kann. Anders freilich verhielt es sich in ersterer Beziehung in der älteren Zeit der Kirche, wo unbestritten gegen Geistliche die Reduction zur Laiencommunion als Strafe ausgesprochen wurde;2)

seit der Entwicklung der Lehre von dem unauslöschlichen Charakter ist es aber nur eine nothwendige Consequenz des Princips, wenn selbst die an die Stelle jener Reduction getretene höchste kirchliche Strafe, die Degradation, die an dem Geistlichen innerlich haftende Befähigung nicht aufhebt.3) Dagegen ist es möglich, dass die den höheren Weihen kraft menschlichen Rechts anhangende Verpflichtung zu ehelosem Leben (§. 105.) aus bewegenden Gründen durch eine päpstliche Dispensation gehoben wird.4).

1.) Vergl. o. §. 92. Anm. 9.

2.) Vergl. Lang, Ueber das Laisiren, in der Tüb. Theol. Quartalschr. 1831. H. 2., und Kopp, Die kathol. Kirche im 19. Jahrh., S. 270. ff.

3.) Diese Auffassung, der c. 2. de poen. in VI to V. 9. und die im Römischen Pontifical enthaltene Formel nur scheinbar entgegenstehen, findet sich schon in der Glosse zu c. 2. X. de cler. exc. V. 27. und zu c. 2. cit. in VIto. Sie empfängt durch conc. Trid. Sess. XXIII. cap. 4. und can. 4. de ord. ihre Bestätigung. Vergl. Benedict. XIV., De synod. dioec. L. IX. c. 6.

4.) Beispiele solcher Dispensen s. bei Nicollis, Praxis can. T. II. p. 27. 805. (Ed. Salisb. 1729.) — Vergl. auch die Resolution der Congr. Conc. (1721.) mit der vorangehenden Ausführung in der Leipz. Ausg. des conc. Trid. (1853.) zu c. 13. Sess. XXIII. de ref. - Dass hier die bischöfliche Gewalt einzutreten berechtigt sei, wurde im Gefolge der episkopalistischen Anschauung gegen das Ende des vor. Jahrh. behauptet, s. Kopp a. a. O.

§. 104.

2.) Die Pflichten und Rechte des geistlichen Standes.

a. Standespflichten.

Den Geistlichen liegt in Folge ihrer ausgezeichneten Stellung in der kirchlichen Lebensordnung die Pflicht ob, nicht allein Vorbilder sittlichen Wandels überhaupt zu sein, sondern auch durch Zurückgezogenheit von weltlichen Geschäften und Vergnügungen ihre Verschiedenheit von dem sündigen Stande der Welt äusserlich zu bekunden. Der Geist der Gesetze, durch welche die Kirche die Beobachtung des decorum clericale zu sichern bemüht gewesen ist, kann an den folgenden speciellen Vorschriften erkannt werden: 1) Die Geistlichen sollen nicht an Gastmählern und Trinkgelagen, an Maskeraden, Schauspielen und Tänzen Theil nehmen,1) Schenken und Wirthshäuser2) besuchen, Glückspiele spielen3) oder der Jagdlust sich ergeben.) Des Verkehrs mit dem weiblichen Geschlechte sollen sie sich enthalten,") und insbesondere sollen sie nur solche Frauen in ihre Behausung

aufnehmen, deren Alter oder deren nahe Verwandtschaft den Verdacht jedes unerlaubten Umgangs ausschliesst. 2) Sie sollen sich nicht der bunten oder mit Gold und Silber gestickten, sondern der ihrem Stande entsprechenden Kleider bedienen, welche anzuordnen die Bischöfe berechtigt sind.") Untersagt ist ihnen auch, das Haar oder den Bart wachsen zu lassen. 3) Damit sie ihrem Berufe nicht entfremdet werden, sollen sie nicht die innere oder äussere Heilkunde studiren oder ausüben, 8) nicht aus Gewinnsucht Gewerbe") und Handel treiben, nicht die Advocatur, die Procuratur 10) und das Notariat bei weltlichen Gerichten, oder Staatsämter") bekleiden. Zuletzt sollen sie nicht Kriegsdienste thun,12) oder auch nur, ausser auf Reisen, Waffen führen. Die Uebertretung dieser Vorschriften wird von dem Bischofe arbiträr geahndet, wo nicht durch das Gesetz eine bestimmte Strafe angedroht ist. 13)

1.) C. 10. Dist. XXIV., c. 19. Dist. XXXIV., c. 7. Dist. XLIV., c. 12. X. de vit. et hon. cler. III. 1.

2.) C. 2-4. Dist. XLIV., c. 15. X. h. t.

3.) C. 1. Dist. XXXV., c. 15. X. h. t.

4.) C. 1. 2. 3. Dist. XXXIV. Dieses Verbot war aber durch die eigenthümlichen Verhältnisse in Deutschland für die Stiftsherren auf die venatio frequens und clamosa beschränkt. J. H. Böhmer, J. E. P. L. V. tit. 24. Vergl. überh. Benedict. XIV., De syn. dioec. L. XI. c. 10.

5.) C. 1. Dist. XXXIV., c. 15. 16. 23-25. 27. 28. Dist. LXXXI., tit. X. de cohab. cler. III. 2., conc. Trid. Sess. XXV. c. 14. de ref.

6.) C. 32. XXIII., c. 1. 2. 3. C. XXI. qu. 4., c. 15. X. de vita et hon. cler. III. 1., Clem. 2. h. t. III. 1., conc. Trid. Sess. XIV. c. 6. de ref. Thomassin. P. I. 1. 2. c. 37. c. 43. sqq., Prosper Lambertin., Instit. LXXI.

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7.) C. 22. 23. 32. Dist. XXIII., c. 4. 5. X. de vita et hon. cler. III. 1. 8.) C. 3. 10. X. de cler. vel. mon. III. 50. Durch päpstliches Indult kann aber die Ausübung der Heilkunde, wiewohl „absque incisione et adustione," den Geistlichen gestattet werden, Benedict. XIV., De syn. dioec. Lib. XIII. c. 10. Ueber die Missionarien s. insbes. die Const. Quum sicut dilectus von Clemens X. — Ueber die Decretale Super specula Honorius III., aus welcher das c. 10. cit. entlehnt ist, und das in ihr enthaltene Verbot des Studiums des Civilrechts, vergl. v. Savigny in der Zeitschrift für geschichtliche R.-W. Bd. VIII. H. 2. und in den gesammelten Schriften Bd. III. S. 413. Diese Vorschrift wurde jedoch oft zu Gunsten der Universitäten durch päpstliche Indulte ausser Wirksamkeit gesetzt, welche den studirenden Geistlichen den Besuch der Vorlesungen über das Civilrecht gestatteten, vergl. z. B. Engel, Coll. jur. can., L. III. tit. 50. An ihre Stelle ist jetzt das Recht des Bischofs getreten, das Studium der Rechte einem Cleriker zu untersagen, der die geistlichen Studien darüber vernachlässigt.

9.) C. 2. 9. 10. 12. Dist. XXXVIII. Ausnahmen sind auch hier gestat

tet, indem sich die Geistlichen sowohl durch anständige Beschäftigung ihren Unterhalt verdienen, als den Ertrag ihrer Grundstücke verwerthen dürfen. Vergl. überh. Bened. XIV., De syn. dioec. Lib. IX. c. 6. und dessen Const. Apostolicae v. 25. Febr. 1741.

10.) C. 3. 8. X. de cler. vel mon. III. 50.

11.) C. 4. 5. X. h. t.

12.) C. 1. 5. 6. 19. C. XXIII. qu. 8., c. 2. X. de vita et hon. cler. III. 1. 13.) Wie z. B. für die clerici concubinarii durch conc. Trid. Sess. XXV. c. 14. de ref.

§. 105.

Insbesondere vom Cölibat.*)

Die Ehe ist ein Bund, welchen Gott selbst eingesetzt hat. Dennoch galt in der älteren Kirche nach einer auf das Judenthum1) zurückführenden Vorstellung die Ehelosigkeit für verdienstlich, und das Vermögen, sich der unreinmachenden Geschlechtsvereinigung zu enthalten, für eine Gabe Gottes und für eine besondere Zier derjenigen, welche sich dem Dienste des Herrn gewidmet hatten. Von einem Verbot der Ehe, oder selbst nur einem Verbot der Beiwohnung am Tage geistlicher Amtsthätigkeit, wie es im jüdischen Gesetz enthalten ist,2) findet sich aber in der ersten Zeit keine Spur, und nur die zweite Ehe war, wie im Judenthum, den Geistlichen versagt.3) Dieser Standpunct änderte sich indessen bald, denn schon im Beginn des vierten Jahrhunderts ward von der Synode von Ancyra (314.)1) den Diakonen, welche sich bei der Ordination die Ehe nicht vorbehalten hatten, von der Synode Neocäsarea) aber den ordinirten Priestern die Verheirathung bei Verlust des Amtes untersagt, und das Concilium von Nicäa (325.) bezeichnete die Ausschliessung der Ordinirten von der Ehe schon als einen alten Gebrauch), während es andrerseits den nach ihrer Verheirathung geweiheten Priestern die Geschlechtsvereinigung gestattete. Hiermit stimmt es überein, wenn sich die Synode von Gangra (365.)7) gegen die Eustathianische Ketzerei aussprach, welche die Theilnahme an dem von einem verheiratheten Priester gespendeten Abendmahle für verwerflich erklärte. In der römischen Kirche, auf deren Disciplin die besonders von Cyprian) entwickelte Lehre von der Gottverdienstlichkeit der Virginität wesentlichen Einfluss geäussert hat, war dagegen im vierten Jahrhundert die Uebung um Vieles strenger, indem den Priestern und Diaconen die Ehe, den bereits verheiratheten aber

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