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der Bestimmungsstation beklebt und vom Gepäckträger in das für diese Station bestimmte Gepäckcoupé des Zuges eingeschlossen. Einen Gepäckschein erhält der Reisende nicht, dagegen haftet die Bahn für den vollen nachweisbaren Schaden. Die Abgabe des Gepäcks geschieht ohne alle Legitimation der Reisenden an denselben. Die meisten Reisenden in England haben indessen ihre volle Adresse auf den Gepäckstücken stehen. Es ist auffallend, dass bei dieser leichten Verkehrsweise, die allerdings den Bahnen den Gepäckbetrieb ungeheuer erleichtert und vereinfacht, äusserst geringe Verluste oder Beschädigungen des Gepäcks vorkommen. Auch sind mir viele Fälle aufgefallen, in denen die Reisenden die in den Coupés zurückgelassenen Gegenstände mit ausserordentlicher Sicherheit und grösster Schnelligkeit kostenfrei wieder zugestellt erhielten.

Das Güterwesen.

Die Classification der Güter der englischen Bahnen geschieht durch Vereinbarung des Clearing house, ist also hierdurch eine einheitliche für alle am Clearing house betheiligte Bahnen.

Dieselbe besteht aus folgenden Hauptclassen: I. Mineralien (mineral class). Hauptsächlich enthaltend: Erze, Roheisen, Steine, Thon, Gyps, Asche, Sand, Dünger, Lohe u. s. w. Die An- und Abfuhr der Güter dieser Classe geschieht durch das Publicum. Die Minimalgewichtsberechnung beträgt 4 Tons, die Expeditionsgebühr 3,75 Pf. pro 50 Kilogramm an jedem Ende.

II. Specialclasse (special class, not carted goods) enthaltend u. A. Eisenbahnachsen, Räder, Schienen, Röhren, Getreide, Holz u. s. w. Die An- und Abfuhr geschieht ebenfalls durch das Publicum. Die Minimalgewichtsberechnung beträgt 2 Tons, die Expeditionsgebühr 7,5 Pf. pro 50 Kilogramm an jedem Ende.

III. Classe mit fünf Unterabtheilungen enthält die sämmtlichen übrigen Artikel mit Ausnahme von Kohlen und Coks, die für sich eine eigene Abtheilung bilden. Die An- und Abfuhr dieser Artikel geschieht durch die Bahnverwaltung.

Die Stückgutberechnung erfolgt nach drei Sätzen, je nach ihrem Gewicht und zwar für Gewichte bis 28 Pfd., von 28 bis 56 und von 56 Pfd. ab, so lange bis der Tarif der entsprechenden III. Classe für das wirkliche Gewicht überschritten ist.

Die Expeditionsgebühr einschl. Rollgeld, also Anund Abfuhr beträgt

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können sie sowol auf ihrer eigenen Linie, als auch im directen Verkehr unter Vereinbarung mit den betr. Bahnen jederzeit neben den Sätzen für die Tarifclassen des Clearing house Ausnahmetarife für einzelne Artikel einführen.

Die englischen Bahnen werden angehalten, ihre Tarifsätze im internen und directen Verkehr in besonderen Büchern dem Publicum auf den Güterstationen offen zu legen. Ein Bild der wirklichen Tarifsätze geben diese Bücher indessen nicht, da dieselben durch die häufig in den einzelnen Fällen abgeschlossenen Frachtverträge wesentlich verändert werden. Es ist deshalb auch überaus schwierig, die in Anwendung gebrachten Sätze genau zu erfahren.

Selbstverständlich kommen unter solchen Verhältnissen auch Differentialtarife, besonders nach den Seeplätzen, in Anwendung. Eine Bewegung gegen dieselben, wie sie in Deutschland so lebhaft ist, hat sich in England noch nicht gezeigt.

Um ein Beispiel englischer Tarife zu geben, führe ich einen Localtarif für Waren der Classe III an. über 75 Kilometer

Abtheilung

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bis 75 Kilometer 3,4 Pf.

2,4 Pf.

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für 50k und die preussische Meile kommen 7,5 Pf. Expeditionsgebühr pro 50 Kilogramm an jeder Station und 0,125 bis 0,35 M Rollgeld pro 50 Kilogramm.

Als Beispiel eines Kohlentarifs, für welche übrigens die Frachtsätze des Clearing house keine Anwendung finden, können die folgenden Zahlen gelten. Vorausgesetzt ist, dass der Transport in Privatwagen, wie es vielfach üblich ist, geschieht.

Entfernung bis 50 engl. Meilen, Frachtsatz 1,95 Pf.

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pro 50k und 7km,5. Wenn nicht ganze Züge von der Grube übergeben werden, so werden 1,25 Pf. Expeditionsgebühr pro 50 Kilogramm an jedem Ende angerechnet, anderenfalls nur an dem Ankunftsort.

Im vergangenen Frühjahr betrug der Frachtsatz für Kohlen von South Yorkshire nach London auf der Great Northern-Bahn einschl. Wagenmiethe 1 Pf. pro 50k und 7 Kilometer.

Die North Eastern - Bahn beförderte die Materialien für Roheisen-Fabrikation nach folgenden Sätzen: Kohlen und Coks 0,74 bis 1,41 Pf. Kalkstein und Erz 0,278 - 1,38

pro 50k und 71⁄2 Kilometer je nach der Entfernung.

Diese, in dem District von Middlesborough geltenden Frachtsätze sind also wesentlich billiger als die in vielen Industriebezirken Deutschlands heute üblichen Sätze. Im Allgemeinen und besonders im Localverkehr sind indess die Frachtsätze höher als in Deutschland.

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Die Expedition und Kartirung der Güter geschieht im Allgemeinen nach der folgenden Form.

Der Versender hat einen Aufgebeschein (consignement note), welcher die Frachtbedingungen sowie einige Gesetzhinweisungen enthält, auszufüllen und sie dem Gütersammelplatz in den Städten oder der Station zuzustellen. Von der Bahn wird auf derselben die Nummer des Wagens und der Zug der Beförderung eingetragen. Die Note selbst bleibt auf der Aufgabestation liegen. Die abzusendenden Güter werden in die Güterbegleitkarte, ähnlich wie in Deutschland eingetragen und diese Karten in schnellster Weise, gewöhnlich mit den Schnellzügen dem Gut vorausgeschickt. Copie derselben bleibt auf der Abgangsstation. Die Empfangsstation kann so meistens noch vor Ankunft des Gutes selbst die ebenfalls mit den Frachtbedingungen versehenen Avisirungszettel ausstellen und stellt solche sofort nach Ankunft des Zuges dem Empfänger zu. Die Güterbegleitkarten bleiben auf der Endstation liegen. Die Güterwagen sind an beiden Seiten mit kleinen eisernen Rahmen, in welche die Zettel mit Bezeichnung der Abgangs- und Bestimmungsstation, häufig auch mit der des Absenders und Empfängers gesteckt werden, versehen.

Stückgüter sind sämmtlich mit voller Adresse versehen, nur bei solchen Gütern, die über See gehen, wird hiervon Abstand genommen.

Es ist nicht zu leugnen, dass eine solche Adressirung die Sortirung und die Expedition der Bahnen ungemein erleichtert und dadurch die Schnelligkeit der Einlieferung befördert. Colliwagen sind kaum auf den engl. Bahnen vorhanden, die Wagen werden, wenn es erforderlich ist, mit guten Decken genügend verschlossen. Die meisten Wagen haben ein Eigengewicht von 4500k bei 8000 Tragfähigkeit.

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Von dem Rechte, Privatwagen laufen zu lassen, wird von der Industrie in ganz ausgedehnter Weise Gebrauch gemacht. Diese Privatwagen haben meist eine ureinfache Construction, sind selten mit Federn und fast nie mit Buffern versehen. Als kürzlich die Midland Railway die auf ihrer Strecke laufenden Privat

wagen ankaufen wollte, stellte es sich heraus, dass sie dazu ein Capital von 40 000 000 M nöthig hatte.

Die Haupteigenthümlichkeit des englischen Gütertransportwesens besteht in der überaus raschen Beförderung der Güter. Es ist dies möglich durch die

An- und Abfuhr eines Theiles derselben seitens der Bahn; durch eine überaus zweckmässige Arbeitseintheilung bei Be- und Entladung der Züge, sowie gute bauliche Vorrichtungen dazu, und endlich durch verhältnissmässig grosse Geschwindigkeit der Güterzüge (30 bis 40km pro Stunde) bei geringer Zugstärke (60 bis 90 Achsen).

Diese rasche und sichere Beförderung der Güter hat erklärlicherweise einen beträchtlichen allgemeinen Einfluss auf Handel und Wandel.

Der Kaufmann, der heute in Liverpool seine Ware einkauft, weiss mit Sicherheit, dass er dieselbe den folgenden Tag in London haben kann, und hat, wenn er sie dort verkauft, am dritten Tage den Check bezw. das baare Geld dafür wieder in Händen. Solche rasche Benutzung momentaner Conjunctur, solch schneller Umsatz der Ware ist in Deutschland nicht möglich. Wir stehen in jeder Weise im Ein- und Verkauf dagegen zurück und können diese Vortheile nicht geniessen.

Die Zeit erlaubt mir nicht, auf das Capitel der unterirdischen Bahnen und den staunenerregenden Localverkehr Londons näher einzugehen. Es ist dies so hoch interessant und lehrreich, dass hierfür eine ausgedehntere Betrachtung nöthig wäre.

Zum Schluss will ich nur noch die Einhaltung der Sonntagsfeier auf den englischen Bahnen erwähnen. In England werden die Personenzüge theilweise, in Schottland ganz eingestellt. Der Güterverkehr ruht aber im ganzen Königreich. Die Begründung für letztere Thatsache, dass bei gut geregelter An- und Abfuhr der Sonntag als Anfuhrtag ausfiele, bei gutem Betriebe also keine Güter fortzuschaffen seien und dass die Vortheile, welche der Bahn selbst durch Schonung des Personals an diesen Tagen erwüchse, sehr bedeutend seien, scheint mir richtig zu sein, und möchte ich nur wünschen, dass wir auch auf den deutschen Bahnen einen so gut geregelten Verhehr hätten, um ohne Schaden für das Publicum das Beispiel Englands im Güterverkehr nachahmen zu können.

Dampfbetrieb bei Strassenbahnen.

Von L. Post.

(Vorgetragen in der Versammlung des Mannheimer Bezirksvereines vom S. Januar 1878.)

Die bis jetzt ausgeführten Versuche scheinen zu beweisen, dass ohne erhebliche Störung des städtischen Verkehrs das Problem der Förderung von Personen und Gütern auf Strassenbahnen durch Dampfbetrieb an Stelle des Betriebes durch Pferde günstig gelöst ist und Billigkeit mit Sicherheit verbindet.

Bereits im November 1875 erbauten die BaldwinLocomotive-Works für die Strassenbahn in Philadelphia einen vierrädrigen Personenwagen für Dampfbetrieb mit verticalem Kessel und innen liegenden Cylindern, also mit gekröpfter Achse. Die Maschine war auf einer eisernen Platte montirt, welche mit dem hölzernen Boden

des Wagens verbunden war. Der Wagen vermochte noch einen zweiten Personenwagen mit einer Geschwindigkeit von 16 bis 18 engl. Meilen pro Stunde zu ziehen und gebrauchte 3,5 bis 4,0 Kohlen pro engl. Meile. Diese Construction und primitive Verbindung von Maschine und Wagen erwies sich jedoch bald als untauglich, da dem Wagen die Stösse direct mitgetheilt wurden und die gekröpften Achsen stets brachen. Daher fertigten die Erbauer einen anderen Wagen mit völlig eisernem Untergestell und aussen liegenden Cylindern, vier gekuppelten Rädern, ebenfalls verticalem Dampfkessel und auf Federn ruhendem hölzernen Wagenkasten für die Personen. Der Radstand ist gleich demjenigen eines gewöhnlichen Pferdebahnwagens. Mittelst einer kräftigen Handbremse, dem Schliessen der Drosselklappe und eventuell durch Contredampf soll der Führer den Wagen fast augenblicklich zum Stehen bringen können. Der Kessel ist von Stahlblech mit doppelten Nietreihen gefertigt, so dass er einem Dampfdruck von 150k pro Quadratzoll engl. widerstehen kann. Zum Betriebe genügt ein Dampfdruck von 45 Kilogramm.

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Von einem anderen Erbauer, Louis Ransom, wurden im März 1877 ebenfalls zu Philadelphia ähnliche Dampfomnibus in Betrieb gesetzt, worüber genauere Daten vorliegen. Die Wagen sind 16 Fuss engl. lang, fassen 20 Personen, haben 7 Fuss Radstand und sollen trotzdem in kleinen Curven fahren können und 4 pCt. Steigung ebenfalls leicht überwinden. Der Kessel ist auch vertical angeordnet, hat 37 Zoll engl. Durchmesser bei 56 Zoll Höhe (aus einem HK-Blech gefertigt) mit 300 Stück verticalen Siederohren von 1 Zoll Durchmesser bei 12 Zoll Länge. Die Heizfläche beträgt 116 Quadratfuss, die Rostfläche 6 Quadratfuss, die zulässige Dampfspannung 100k, die zum Betriebe nothwendige 60 pro Quadratzoll engl. Der Dampfraum enthält 26 Cylinderfüllungen, die Cylinder sind wieder innen liegend und haben 51 Zoll Durchm. bei 14 Zoll Kolbenhub. Man hat die Cylinder in einem Stück zusammen gegossen und mittelst drei Eisenschienen und daran befestigten Achsbuchsen derart mit den gekröpften Achsen verbunden, dass alle durch den Betrieb der Maschine entstehenden Spannungen von diesen Schienen, welche gewissermassen das Gestell bilden, aufgenommen werden. Die Steuerung geschieht mittelst Coulisse und zwei Excentriks für jeden Cylinder, die Schieberstange hängt an einem Zapfen in der Coulisse, durch deren

Heben oder Senken die Umsteuerung und die Veränderung des Expansionsgrades bewirkt wird. Der Reversirhebel ist in der Ecke des Wagens zur Rechten des Maschinisten. Das eine Ende der Maschine wird von der gekröpften hinteren Achse getragen, das andere Ende ist durch ein eisernes Band an einer starken mit dem Boden des Wagens verbundenen eisernen Stange befestigt. Die gerade Achse trägt den vorderen Theil des Wagens, und sind ihre Räder nicht mit den Treibrädern gekuppelt. Man rühmt die leichte Zugänglichkeit der Maschine bei Reparaturen, da man sie leicht ganz von dem Wagen trennen kann, dennoch wird schwerlich die Construction und Verbindung des PseudoMaschinenrahmens mit dem Wagen viele Anerkennung finden. Ich habe jedoch etwas ausführlicher bei diesen Constructionsangaben verweilen zu sollen geglaubt, um zu zeigen, wie roh neben manchem Guten die ersten Anfänge der Trambahn-Locomotiven gewesen sind. Zum Bremsen des Wagens diente ein besonderer Dampfcylinder von 3 Zoll engl. Durchmesser und 8 Zoll Hub; seine hinten gezahnte Kolbenstange wirkt auf einen Zahnsector, welcher durch Hebel die Bremsschuhe gegen die inneren Ränder der Räder drückt. Die Stellung der Hebel ist so angeordnet, dass gleichzeitig mittelst desselben Handgriffes des Maschinisten die Drosselklappen der Treibcylinder geschlossen werden und diejenige des Bremscylinders sich öffnet. Der Kessel ist in geringer Entfernung von der vorderen Achse, der Wasserbehälter unter dem Boden am hinteren Ende des Wagens angebracht. Der Raum für die Fahrgäste ist zu beiden Seiten der hinteren Achse gleichmässig vertheilt, so dass deren Gewicht fast von den Treibrädern aufgenommen wird. Das Geräusch des ausströmenden Dampfes soll durch Eintritt in ein grösseres mit Kugeln gefülltes Gehäuse gemindert sein. Der Erbauer bestreitet die Mängel und Gefahren der gekröpften Achsen, rühmt den ruhigeren Gang der Maschinen bei innen liegenden Cylindern den aussen liegenden gegenüber und den dadurch hervorgerufenen Schwankungen des Wagens. Besonders aber sei es möglich, die Maschine besser gegen den Strassenstaub abzuschliessen und dadurch wesentliche Verminderung des Verschleisses zu erzielen. Der ökonomische Effect dieser Ransom'schen Maschinen blieb jedoch gegen die Erstgenannten zurück, da die täglichen Gesammtkosten etwa 8,31 Dollars betrugen. Ransom will den Durchmesser der Treibcylinder von 51 Zoll auf 7 Zoll engl. vergrössern und hofft dadurch den Effect zu verbessern. Bei beiden beschriebenen Wagen befindet sich die Maschine neben dem Raume für die Passagiere, woraus mancherlei Unbequemlichkeiten hervorgehen, Hitze, Dampf und Rauch belästigen die Fahrenden, die Reparatur der Maschine ist schwieriger, und bei Beschädigung des einen oder des anderen Theiles der Maschine oder des Wagens werden jedesmal beide unbrauchbar. Daraus entstand denn fast von selbst der Gedanke eines besonderen Motors ganz analog dem Eisenbahnbetriebe; obschon dieses System mit der Vermehrung der todten Last

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selbstverständlich verbunden ist durch das nothwendige grössere Eigengewicht der Locomotive.

Doch eben aus dem Grunde, die todte Last zu vermeiden, entstanden noch mehrfache Versuche, durch Dampf getriebene Personenwagen zu construiren nach dem amerikanischen sogenannten „Bogie-System", bei welchem ebenfalls Motor und Personenraum zu einem Gefährt verbunden sind. Das Bogie-System ist dasjenige der achträdrigen Wagen, von denen je zwei Paare mit ihrer Achse zu einem besonderen Gestell verbunden sind, welche letzteren an den beiden Enden des Wagenkastens derart angebracht sind, dass beide Räderpaare sich unabhängig von einander um einen Zapfen oder eine kreisförmige Platform zu drehen vermögen und dadurch das Passiren ziemlich kleiner Curven gestatten. Nach diesem System sind die bekannten württembergischen und schweizer Eisenbahn-Personenwagen gebaut, welche auch trotz ihrer Länge bei dem kurzen Radstand der jeweilig verbundenen Räderpaare das Befahren kleiner Curven ermöglichen und sich sehr gut und ruhig fahren.

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Die Herren Gebr. Brunner in Winterthur haben nach diesem System gebaut. Eine vorliegende Photographie zeigt die gefällige Form des Wagens mit Imperiale, der für 1 Spurweite erbaut ist und im Ganzen 64 Sitzplätze hat. Das Gewicht der Maschine im Dienst. ist 6t, dasjenige des leeren Wagenkastens 5,5, zusammen also 11,5. Gewicht von 64 Personen= 16t, Maximalbelastung pro Treibachse 4,5 und pro Laufachse 3*,5. Diese Angaben der Erbauer selbst sind aus den vorhergehenden Zahlen nicht zu ermitteln. Der kleinste Curvenradius sei 20m; bei einem Kesseldampfdruck von 12 Atm. sei die tangentiale Zugkraft 750, die Leistung der Maschine 40 Pferdest. bei einer Geschwindigkeit von 15 km pro Stunde. Tragrahmen und Fussboden des Fahrzeuges sind zur Erzeugung grösserer Stabilität möglichst tief gelegt. Die Bewegungstheile der Maschine sind sämmtlich maskirt; Rauch und Dampf sollen ohne Belästigung des Publicums entweichen. Durch eine Bremsvorrichtung nach dem System Exter lasse sich das Fahrzeug rasch zum Stillstand bringen. Die äusseren Masse des Wagens sind 4,3 Höhe, 12,9 Länge und 2,4 Breite. Leider stehen mir keine Betriebsresultate über diesen Dampfomnibus zu Gebote.

Nach derselben Richtung gehen die Versuche von Rowan, welcher ebenfalls einen Strassenbahn-Wagen nach dem amerikanischen Bogie-System erbaute, bei welchem Motor und Personenraum verbunden sind. Der eigentliche Wagenkasten ruht mittelst Federn auf den beiden drehbaren Untergestellen, von denen das eine mit den Laufrädern sich in gewöhnlicher Weise um einen Drehzapfen bewegen kann. Der zweite Drehzapfen ist bedeutend vergrössert und hohl, um den Raum zu gewinnen, in welchem sich die Kolben- bezw. Pleuelstangen der Dampfcylinder bewegen und an den Treibachsen angreifen. Derselbe ist kaum noch ein Zapfen zu nennen, sondern eine mit dem Untergestell verbundene durchbrochene Platform mit kreisförmiger

Spur, auf welcher der andere Theil des Wagenkastens mittelst Rollen ruht, deren Lagerung von Federn getragen wird. Der nicht sehr grosse Raum für Kessel und Maschine, durch eine Bretter wand von dem Personenraum getrennt, befindet sich über den Treibrädern. Der Kessel ist vertical, an ihm sind ebenfalls vertical arbeitend die beiden Cylinder angebracht, welche durch die durchbrochene Platform des Untergestelles an die gekröpfte Treibachse mittelst ihrer Pleuelstangen angreifen. Die zweite Achse des vorderen Wagengestelles ist mit der vorerwähnten gekuppelt. Man rühmt der Construction leichte Zugänglichkeit der Maschine behufs Reparaturen und leichte Steuerbarkeit, auch die Möglichkeit des Befahrens von Curven bis zu 15m Radius nach. Das Brennmaterial ist Coks, damit wenig Rauch entstehe, und um das Geräusch und das Sichtbarwerden des ausströmenden gebrauchten Dampfes zu vermeiden, wird derselbe condensirt, indem man ihn in ein mit spiralförmigen Röhren durchzogenes Gehäuse führt, in welchem die Abkühlung stattfindet. An dem Kessel der Maschine ist zu diesem Zwecke ein dritter kleiner Dampfcylinder angebracht, welcher einen Ventilator treibt; durch letzteren wird kalte Luft in das Schlangenrohr gepresst, welche nach Aufnahme der Wärme des Dampfes in die Feuerung geleitet wird. Die Masse des Wagens und anderer Theile sind die folgenden: Länge des Wagens Breite

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1013,05

2m,10

4,70

62

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Die Probefahrten fanden auf dem Gleise der königl. Militär-Eisenbahn bei Berlin sowie auf einer extra gelegten Versuchsstrecke von 900m Länge mit starken Steigungen und engen Curven statt und gaben befriedigende Resultate.

Im Ganzen wurden 1600 km ohne Anstände zurückgelegt; die grösste Entfernung in einer Fahrt betrug 45km,5. Die Fahrgeschwindigkeit konnte bis zu derjenigen der gemischten Eisenbahnzüge gesteigert werden. Der Brennmaterialverbrauch ist 2k pro Kilometer, und war es erst nach 12 km Fahrt nöthig, neues Feuerungsmaterial aufzugeben; dazu hielt die Maschine Wasser für eine Fahrt von 15 km. Bei einer Steigung von 1:40 zog die Maschine noch einen zweiten Wagen von etwa 15000k Schwere, auch überwand der Wagen noch Steigungen von 1:20. Bei den Bremsversuchen brachte man den Wagen im Gefälle von 1:200 und einer Fahrgeschwindigkeit von 2 Minuten pro Kilometer in 9 Secunden, bei horizontaler Strecke in 4 Secunden oder auf 5m Distanz zum Stehen. Bei der normalen Geschwindigkeit der Strassenbahnen von 4 Minuten pro Kilometer gebrauchte man nicht die Hälfte dieser Zeit. Diese Versuche sind unter der Leitung von Offizieren

des Eisenbahn-Bataillons ausgeführt und schienen zu guten Hoffnungen zu berechtigen. Auf der sehr solid gebauten Militär-Eisenbahn war die Probe geglückt, leider aber war das Resultat auf der eigentlichen Berliner Pferdebahn am 20. November Abends ein weniger günstiges: nach mancherlei Missgeschick wurden Wagen und Maschine durch Bruch der Kurbelachse total unbrauchbar. Ein neuer Versuch ist meines Wissens noch nicht wieder gemacht worden.

Die Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten der Verbindung von Personenraum und Maschinenraum zu einem Fahrzeug haben, wie schon erwähnt, dahin geführt, trotz der vergrösserten todten Last, beide zu trennen und einen besonderen Motorwagen eine Strassenbahn-Locomotive zu bauen.

Die bereits eingangs genannte Firma der Baldwin Locomotive-Works setzte den Kessel und die Maschine, welche früher mit dem Personenwagen verbunden waren, auf einen eisernen stark versteiften Rahmen. Das totale Belastungsgewicht von Kessel, Maschine und Wasserbehälter ist etwa 6000k und ist dasselbe ganz innerhalb des Radstandes getragen, wodurch die Schwankungen vermieden werden, was den Verschleiss der Schienen vermindert. Diese Locomotive beansprucht nur denselben Raum wie zwei Pferde, sie war auf der Baltimore-Stadtbahn (mit Steigungen bis zu 7 pCt.) für einen Personenwagen ausreichend. Man erhöhte das Gewicht der Maschine bis auf 8000k und zog alsdann zwei Personenwagen selbst unter schwierigen Verhältnissen. Ich schalte hier gleich einige vergleichende Kosten-Zusammenstellungen amerikanischen Stadtbahnbetriebes ein: Nach mehrfachen Durchschnitten verschiedener Gesellschaften soll der Betrieb eines mit zwei Pferden bespannten Wagens täglich 8,53 Dollars kosten (die Details übergehe ich), während der Betrieb eines Dampfwagens nur 7,00 Dollars täglich koste, woraus also eine Ersparniss sich ergiebt von täglich 1,53 oder pro Jahr 560 Dollars oder rund 2500 M nach unserem Gelde. In Wirklichkeit ist die Ersparniss jedoch grösser, da man theils schneller fahren und daher an Zahl und Grösse der Wagen durch öftere Touren sparen kann, wie auch der Wegfall von Ställen, Fourageräumen, Dienstwohnungen der Knechte eine erhebliche Ersparniss an Grundstücken und Gebäuden, also an Anlagecapital und dessen Verzinsung gegenüber dem für Locomotivschuppen erforderlichen kleineren Raum gestattet. Die amerikanische Railroad Gazette" (welche übrigens auch für eine vom Personenwagen getrennte Strassenlocomotive sich ausspricht) giebt folgende Vergleichung der jährlichen Ausgaben der Verwaltung einer Bahn für 50 Wagen mit 450 Pferden.

Betriebskosten

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Zinsen der Auslagen für Grundstücke
Gebäude, Remisen, Ställe, u. s. w.
à 6 pCt.
Steuer, Assecuranz, Gebäudereparatur

XXII.

. Doll. 155 672,50

9000,00 3000,00 zusammen Doll. 167 672,50

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was einer Ersparniss von etwa 37 pCt. gleich ist. Die vorstehenden Angaben verdanke ich den „Annalen für Gewerbe und Bauwesen" von F. C. Glaser in Berlin.

Es sind nun in der letzten Zeit auch auf unserem Continent an verschiedenen Stellen ebenfalls Versuche mit Dampfbetrieb auf Pferdebahnen gemacht worden.

In Hamburg hat man eine Zeit lang Fahrten gemacht, welche zufriedenstellende. Resultate ergeben haben. Man hat hier noch beiden Systemen gehuldigt, nämlich eine Locomotive und einen mit dem Personenund Maschinenraum zu einem Fahrzeug verbundenen Wagen gebaut. Die Wagen sind in der Wagenfabrik von F. Grums in Hamburg nach den Plänen des Hrn. Ingenieur S. A. Samuelson in Wandsbeck gebaut, dessen Bruder ich die nachstehenden Notizen verdanke. Der Kessel ist stehend angeordnet nach Art eines Locomobilkessels und hat ein System von centrisch im Feuerraum angebrachten gebogenen eisernen Heizröhren zur Vermehrung der Heizfläche. Die Uebertragung der

Bewegung der nicht aussergewöhnlichen Dampfmaschine auf die Triebachse der Locomotive geschieht nicht direct, sondern durch Räderübersetzung. Diese letztere verlangt ihrer Eigenthümlichkeit halber eine etwas nähere Betrachtung. Der Uebertragungsmechanismus ist Patent des Hrn. Samuelson. Um denselben elastisch zu machen, so dass die Stösse der Fahrt und die Schwankungen nicht nachtheilig auf die Zahnräder wirken, ist das grössere Zahnrad nicht starr auf der Triebachse befestigt, sondern nur mit einer starken Spiralfeder, 100mm breit, 30mm dick, an die Achse angeschlossen. Die Maschinenwelle ist mittelst zweier an Kugelzapfen angreifender Schleifen mit der Treibachse verbunden und in richtigem Abstand gehalten. Die Zähne des grösseren Rades sind etwas gewölbt bezw. nach den Aussenseiten niedriger, so dass die Zähne des etwas breiteren, fest auf der Maschinenwelle sitzenden kleinen Rades bei ungleichmässiger Durchbiegung der rechten oder linken Tragfeder der Locomotive nicht auf den Rand des grösseren Rades aufstossen. Letzteres ist durch zwei seitliche Blechscheiben auf der Treibachse in richtiger Stellung erhalten. Diese elastische Verbindung der Räder der Treibachse und der fest am Oberwagen bezw. am Radgestelle montirten Maschinenwelle soll sich nach mir auch von anderer als des Erfinders Seite gewordenen Nachricht bei den Probefahrten sehr gut bewährt haben. Die Belastung der Treibachse beträgt 5000, diejenige der Laufachsen je 4000. Die Steuerung wird mittelst Coulisse bewirkt. Der Maximal-Dampfdruck während der Fahrt beträgt 6

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