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Fol. d Rückseite.

Sed neque quod matrem nec germanam esse videbam
Hanc tibi, cuius me magnus edebat amor.
Et quamvis tecum multo coniungerer usu,

Non satis id causae credideram esse tibi.
Tu satis id duxti: tantum tibi gaudium in omni
Culpa est, in quacunque est aliquid sceleris.

92. Lesbia mi dicit semper mala nec tacet unquam De me: Lesbia me dispeream nisi amat.

93. Nil nimium studeo, Caesar, tibi velle placere,

Nec scire utrum sis albus an ater homo.

94. Mentula moechatur. moechatur mentula certe. Hoc est, quod dicunt, ipsa olera olla legit.

95. Zmyrna mei Cinnae nonam post denique messem

Quam coepta est nonamque edita post hiemem,
Millia cum interea quingenta Hortensius uno

Zmyrna cavas Satrachi penitus mittetur ad undas,
Zmyrnam cana diu saecula pervoluent.

At Volusi annales Paduam morientur ad ipsam
Et laxas scombris saepe dabunt tunicas.
Parva mei mihi sint cordi monumenta .
At populus tumido gaudeat Antimacho.

Erster Abschnitt.

Die Gedichte vor der Bithynischen Reise.

Erstes Capitel.

Die früheren Lesbia-Lieder.

Clodia.

Nur gering ist die Zahl der Catullischen Lebensjahre, deren Ge

schichte uns in seinen Gedichten vorliegt; es ist die Zeit von dem auf Cicero's Consulat (63) folgenden oder nächstfolgenden Jahre bis zum Jahre 54, also etwa 8 oder 7 Jahre. Die Gedichte aus der ersten Hälfte dieses Zeitraumes beziehen sich fast sämmtlich auf Catulls Liebe zu Lesbia. Lesbia ist ein fingirter Name, den Catull gewählt, um die Geliebte in einen idealen Zusammenhang mit der Lesbischen Dichterin Sappho zu bringen, aber seine Verse auf sie berühren so viele bekannte Persönlichkeiten und so viele individuelle Verhältnisse, dass es den Zeitgenossen nicht unbekannt sein konnte, wer mit dem Namen Lesbia gemeint war. Ovid, der der Zeit des Catull noch ziemlich nahe steht, verräth, dass er den richtigen Namen kennt, wenn er sagt Trist. 2, 427

Sic sua lascivo cantata est saepe Catullo

femina cui falsum Lesbia nomen erat.

Die Grammatiker, welche sich für dergleichen Realien in den Werken ihrer Dichter interessirten (schon Catulls jüngerer Zeitgenosse, Asinius Pollio, der dem Dichter genau bekannt war, schrieb *) über dessen Gedichte), scheinen die Quellen zu sein, aus welchen Apulejus den wahren Namen der Lesbia uns überliefert hat (de magia c. 10); er

*) Haupt, Ind. lect. Berol. aest. 1855. p. 4. 5. Westphal, Catulls Gedichte.

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berichtet, es sei die gewöhnliche Sitte der römischen Erotiker gewesen, statt des wahren Namens der Geliebten einen fingirten zu gebrauchen, C. Catull habe Lesbia statt Clodia, Ticida habe Perilla statt Metella gesagt, Properz Cynthia statt Hostia, Tibull Delia statt Plania.

Also Clodia heisst die vielgefeierte Freundin Catulls. Das altadelige Geschlecht der Clodier oder Claudier spielt seit früher Zeit in der Geschichte Roms eine hervorragende Rolle; der gemeinsame Characterzug derselben ist ein herber aristokratischer Sinn, ein zur Schau getragenes Bewusstsein ihrer persönlichen Bedeutung, mit dem sie ohne Scheu um die Zeitverhältnisse und um die Zeitansicht vielfach mit rücksichtsloser Energie, aber nicht immer in fördernder Weise in Roms Geschicke eingreifen *). Im Anfange des letzten vorchristlichen Jahrhunderts stand Appius Claudius Pulcer an der Spitze des Geschlechts, Prätor im Jahre 89, Consul im Jahre 79. Er war verheirathet mit Cäcilia, der Tochter des Q. Cäcilius Metellus Balearicus, und hinterliess drei Söhne, Appius, Cajus, Publius, und drei Töchter, deren älteste Tertia hiess (Plut. Cic. 29), die jüngeren werden stets nur mit ihrem Gentilnamen Clodia genannt. Nach des Vaters Tode, der ungefähr in das Jahr 76 fällt, war der älteste Sohn Appius, wie diesen Varro R. R. 3, 16, 2 erzählen lässt, das Haupt der Familie, der ein keineswegs reiches Erbe zugefallen war; er bewohnte zusammen mit den zwei jüngeren Brüdern und mit zwei Schwestern das väterliche Haus; die eine der drei Schwestern war also damals bereits verheirathet, vermuthlich die älteste, die wie wir anderweitig wissen, die Gattin des Q. Marcius Rex (Consul im Jahre 68) war. Die jüngste Clodia verheirathete sich später mit Licinius Lucullus, jedenfalls noch vor dem Jahre 72, wo Lucullus nach Asien gegen Mithridates zog (Plut. Lucull. 34), die zweite der drei Schwestern mit ihrem Vetter Q. Cäcilius Metellus Celer, dem Bruderssohne ihrer Mutter Cäcilia. Diese zweite Clodia, die uns namentlich aus Cicero's Reden und Briefen bekannt ist, ist die Lesbia, der die schönste Poesie Catulls gewidmet ist, wie bereits Petrus Victorius (var. lect. 16, 1) und Muret und Statius (in ihrer Erklärung des 68. Catullischen Gedichtes) erkannt haben. Eine directe Nachricht darüber fehlt uns zwar, aber Alles, was wir von dieser zweiten Clodia erfahren, stimmt so sehr mit dem, was

*) Mommsen, „die patricischen Claudier" in den Monatsberichten der Berliner Akademie, 1861, März.

Catull von Lesbia berichtet, überein, dass man jetzt wohl fast allgemein die Identität beider voraussetzen zu müssen glaubt; es ist eine Voraussetzung, unter der sich Manches, was uns sonst in Catulls Gedichten unverständlich bleiben würde, auf's befriedigendste erklären lässt, und die hierdurch aufhört, eine blosse Hypothese zu sein.

Beim Tode ihres Vaters war Clodia - Lesbia etwa 18 Jahre alt. Ihr Geburtsjahr ist zwar nicht überliefert, aber als Freundin des Catull hat sie es sich schon gefallen lassen müssen, dass die Philologen unbekümmert um Galanterie nach ihrem Alter die unbescheidensten Forschungen angestellt haben und zu dem Resultate gelangt sind, dass sie älter als Catull war. Cicero berichtet, dass sie älter als ihr jüngster Bruder Publius war (pro Caelio 15, § 36), und diese Notiz hat genügt, um ihr Geburtsjahr mit annähernder Sicherheit zu bestimmen. Denn ihr ältester Bruder, Appius, war im Jahre 57 Prätor, im Jahre 54 Consul; der zweite Bruder, Cajus, bekleidete 56 die Prätur und bewarb sich 53 um das Consulat; der jüngste, Publius, war 61 Quästor, 56 curulischer Aedil und bewarb sich in den Jahren 53 und 52 um die Prätur. Mit Rücksicht auf die bestimmten Lebensjahre, an welche das Recht, sich um die verschiedenen Staatsämter zu bewerben, in der damaligen Zeit geknüpft war, folgert man aus diesen Daten, dass Appius im Jahre 97, Cajus im Jahre 96, Publius im Jahre 93 geboren war. Will man nicht so eigensinnig sein, die zweite Schwester, deren Geburt nach Cicero vor die des Publius fällt, für älter als ihren ältesten Bruder Appius zu halten, eine Annahme, zu welcher jeglicher Grund fehlt, so bleibt für ihre Geburt nur das Jahr 95 oder 94 (zwischen Cajus und Publius) übrig. Vgl. über dies Alles Schwabe p. 57.

Clodia, Metellus und Cicero

im Jahre 62 und 61.

Das erste Mal, wo sie uns als Gattin des Q. Metellus Celer genannt wird, ist das Jahr 62 (Cic. ad fam. 5, 2). Sie stand also damals in ihrem 32. Lebensjahre. Ihr Mann war ein entschiedener und energischer Optimat und als solcher mit Cicero befreundet und von diesem sehr hochgehalten, obwohl es nicht an Differenzen zwischen beiden fehlt und Cicero mitunter einem boshaften Witze über den befreundeten Parteigenossen freien Lauf lassen muss. Mit seiner Energie und seinem guten Willen verbindet sich ein ziemlicher Grad von Beschränktheit, eine dem Cato ähnliche abstracte Bornirtheit, die mit leidenschaftlicher

Festhaltung am allgemeinen Princip und einem sehr eifersüchtigen Bewusstsein der eignen Thätigkeit und Opferwilligkeit sich in den concreten Verhältnissen nicht leicht zurecht zu finden weiss. Unter Pompejus hatte er sich im Mithridatischen Kriege (66) wacker hervor gethan. Noch vor ihm war er zurückgekehrt; bereits 64 ist er wieder in Rom, wo er zum Prätor des folgenden Jahres ernannt wird. Seine Prätur (im Jahre 63) fiel mit dem berühmten Consulate seines Freundes Cicero zusammen, dem er in der Unterdrückung der Catilinarier wesentliche Dienste leistet, namentlich zu Ende des Jahres in dem gallischen Oberitalien, wo er die letzten Trümmer des Revolutionsheeres aufrieb. Bereitwillig erkennt dies Cicero in dem Briefe an Metellus an, den wir noch besitzen (ad famil. 5, 2). „Die Arbeit, den Staat zu retten so schreibt Cicero theilten wir in der Weise unter uns, dass durch mich die Stadt vor den ihr selber drohenden Gefahren und Gräueln, durch Dich dagegen Italien vor der bewaffneten Macht der Feinde und vor der heimlichen Verschwörung bewahrt wurde." Für das folgende Jahr 62 erhielt Cicero die Statthalterschaft von Oberitalien und Gallien zugewiesen, aber er glaubte in Folge der Catilinarischen Wirren sich von Rom noch nicht trennen zu dürfen, und so war es denn Metellus, der durch Cicero's Vermittelung das Proconsulat des Cisalpinischen Galliens erhielt. Trotzdem sehen wir in diesem Jahre zwischen Cicero und dem von ihm so gut bedachten Freunde allerlei Misshelligkeiten obwalten. Metellus' jüngerer Bruder, der in Cicero's Consulatsjahre das Volkstribunat bekleidete, war diesem so unfreundlich als möglich begegnet uud hatte dem von seinem Consulate abtretenden Befreier des Vaterlandes nicht einmal eine Anrede an das Volk gestattet. Dass deshalb im folgenden Jahre Cicero dem jüngeren Metellus feindlich entgegentrat, war wohl ganz natürlich, aber der ältere Metellus, nunmehriger Proconsul in Gallien, glaubte deshalb dem Cicero zürnen zu dürfen, und ferner nahm er es dem Cicero sehr übel, dass sich dieser über ihn, wie er meinte, einen boshaften Witz erlaubt hatte, aus Aerger, dass er (Metellus) Cicero's Verdienste nicht, wie es dieser erwartete, hochgepriesen („,quod me abs te cupisse laudari aperte atque ingenue confitebar; iam hoc non potest in te non honorifice esse dictum, me in clarissimis meis atque amplissimis rebus tamen aliquod testimonium tuae vocis habere"). Ueber diese Angelegenheiten nun schreibt Metellus aus Gallien dem Cicero einen Brief nach Rom, den wir noch besitzen (ad famil. 5, 1). Dies interessante Document aus der Feder von Lesbia's

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