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und wie viel an Capitalien die Provinz, mir eingetragen.
„Weder Prätor noch Cohorte musst ich treu der Wahrheit sagen,
kehren dorther fetter wieder als von hier sie hingegangen,
ganz besonders wenn der Prätor von so schnöder Lust befangen,
dass er sämmtliche Begleiter ganz und gar zu Schanden macht."
„Aber Sänftenträger hast du sicherlich dir mitgebracht,

denn die sind ja dort zu Hause." Und ich sprach, um nicht
so ärmlich
vor dem Mädchen zu erscheinen: „Nun, es stand nicht so er-
bärmlich,

wenn wir auch in der Provinzen magerste und ärmste gingen,
dass ich nicht acht grade Kerle für die Sänfte konnt' erschwingen.“
Aber ach, nicht einen einz'gen mocht' das Schicksal mir gewähren,
mit des Ruhebetts Gerümpel seinen Nacken zu beschweren.
Doch da sprach die Unverschämte:,,Ach du wirst es nicht versagen,
dass mich deine Sänftenträger zum Serapistempel tragen;
leih' sie mir, ich bitt' dich herzlich!" "Warte Mädchen, war
die Antwort,

als ich sprach, es sein die meinen, war mir leider der Verstand fort,
Caius Cinna mein Gefährte ist es, der sie sich erworben,
ich gebrauch' sie wie die meinen. Doch du bist ein ganz verdorben
unausstehlich Frauenzimmer, das mich ad absurdum führte,
da ich voller Herzensunschuld nur ein wenig renommirte.“

In dieselbe Zeit gehören die beiden S. 160 besprochenen Gedichte, so wie das unverständliche vom Consulate des Pompeius.

Zweites Capitel.

Caesar und Mamurra.

Anfang des Jahres 54.

Von Catulls und seines Freundes Licinius. Calvus Opposition gegen Caesar berichtet uns Sueton Jul. 73: C. Calvo post famosa epigrammata de reconciliatione per amicos agenti ultro ac prior scripsit. Valerium Catullum a quo sibi versiculis de Mamurra perpetua stigmata

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imposita non dissimulaverat satisfacientem eadem die adhibuit cenae hospitioque patris eius sicut consueverat uti perseveravit. Als politischen Parteimann haben wir Catull bisher noch nicht kennen gelernt. Er scheint es auch nicht gewesen zu sein. Ihm missfiel zwar die schlechte Wirthschaft in Rom unter Pompejus? zweitem Consulate, aber in dem Epigramme, in welchem er darüber klagt, tritt keineswegs ein politisches Motiv hervor, und wenn er sich carm. 52 sogar den Tod wünscht, weil jetzt so schlechte Leute wie Vatinius oben auf sind, so müssen wir mit Rücksicht auf carm. 53 u. 14 bedenken, dass die Erhebung des Vatinius zum Prätor, von der hier die Rede ist, vor allen für Licinius Calvus, der dadurch den Vatinius zu belangen verhindert wurde, am ärgerlichsten war, und so verräth sich in Catulls Worten weniger eine politische Parteistellung, als die Theilnahme des treuen Freundes. Auch in der Opposition gegen Caesar scheint Licinius, den seine öffentliche Stellung als Redner mitten in die Gegensätze des politischen Treibens geführt hatte, dem Catull vorangegangen zu sein; daher nennt auch Sueton „die famosa epigrammata" des Licinius an erster Stelle. Wir besitzen von seinen gegen die Machthaber Roms gerichteten Epigrammen noch folgende Bruchstücke, bei Seneca controv. 5, 30 u. 3, 19 gegen Pompejus :

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Magnus, quem metuunt omnes, digito caput uno
scalpit, quid credas hunc sibi velle? virum.

und Sueton Jul. 49 gegen Caesar;

Bithynia quidquid

et paedicator Caesaris unquam habuit.

Das sind in der That direct gegen Caesar und Pompejus selber gerichtete Angriffe. Auch Catulls Angriffe gegen Caesar sind heftig genug, so heftig, dass später Quintilian, ein treuer Anhänger des CaesarenHauses, einen hierher gehörigen Vers (93, 2) geradezu als insania bezeichnet, Quintil. 11, 1, 38, aber sie treffen ihn, wie wir aus den vorliegenden neun oder zehn Gedichten ersehen, nur mittelbar; denn der eigentliche Gegenstand ist Caesars Freund Mamurra. Und so bezeichnet auch Sueton die Catullischen Gedichte, die, wie er sagt, den Caesar so empfindlich berührten, als „versiculi de Mamurra". Mamurra ist nach dem Berichte des Cornelius Nepos bei Plin. 36, 6, 7 ein römischer Ritter aus Formiae; als Horaz später durch diese Stadt kommt, nennt er sie

urbs Mamurrarum. Sat. 1, 5, 17. Schon Mamurra's Vater besass ein grosses Vermögen; der Sohn verschwendete es, Cat. 29, 16: paterna prima lancinata sunt bona, ib. v. 21: quid hic potest nisi uncta devorare patrimonia? Dann machte er grosse Kriegsbeute in Pontus, ib. v. 18. Darauf kämpft er mit Caesar in Spanien und endlich in Gallien, und zwar nach Cornelius Nepos' Mittheilung bei Plinius als Commandeur im GenieCorps (praefectus fabrum). Ueberall war er ein besonderer Günstling Caesars, der ihm stets einen grossen Theil von dem, was die unglücklichen Provinzen contribuiren mussten, zufliessen liess. Caesar selber nennt ihn niemals, wenn er von den Thaten seiner Offiziere redet; er hatte ihn nöthig als geselligen Lebemann und liebenswürdigen Unterhalter, mit dem er Verse machen und sich über gelehrte Dinge, wie sie ihm, wenn er vom Kampfe ausruhte, am Herzen lagen, besprechen konnte, und so zeichnete er den Präfectus fabrum nicht minder wie seinen verdienten Labienus durch die reellsten Beweise seines Wohlwollens aus. Als Cicero im Anfange des Jahres 53 voraussieht, dass Caesar gegen Rom sich wenden wird, da schreibt er an Atticus 7, 7, dass Caesar bald Alle auf seiner Seite haben werde, Labieni divitiae et Mamurrae placent. Diese divitiae Mamurrae sind es hauptsächlich, um derentwillen Catull den Caesar angreift. Er fragt ihn, ob er nur deshalb Spanien und Gallien und Britannien verheert und ausgeplündert, um den Verschwender Mamurra in unsinniger Freigiebigkeit zu bereichern, ihn der doch nichts Anderes verstände, als das Alles sofort in der unverschämtesten Weise zu verprassen und zu vergeuden? Der grosse Luxus des Mamurra wird auch anderweitig bestätigt; Cornelius Nepos erzählt, dass er zuerst unter den Römern sämmtliche Wände seines Hauses auf dem Mons Caelius mit Marmorplatten habe belegen lassen, jede Säule desselben sei von Marmor gewesen und zwar von Carystischem und Lunensischem, dies Haus bezeuge noch deutlicher als Catulls Verse, dass er den sämmtlichen Reichthum der comata Gallia besässe; die Marmorverschwendung des M. Lepidus und Crassus sei nur gering dagegen.

Doch merken wir bald aus Catulls Gedichten, dass nicht etwa ein ethischer Ingrimm über den Luxus, den Mamurra auf seinen Besitzungen treibt, den er bei seinen glänzenden Gastmählern entwickelt, der eigentliche Grund von Catulls Schmähgedichten auf Caesars Günstling ist. Der Dichter kann es nicht verwinden, dass der reiche, schmucke Offizier ein so galanter Herr ist, ein albulus columbus aut Adoneus

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dem sich kein Damenherz verschliesst, der als geldregnender Concurrent ihn selber, den ehrlichen Jungen, daheim bei seinem Mädchen aussticht" (Mommsen 3, S. 303). Um eine Veroneserin, die in den Handschriften noch den Namen Ameana zu führen scheint, entspinnt sich der Kampf. Der Dichter war ihr sichtlich früher zugethan. Aber jetzt verweilt der Statthalter mit seiner Hofhaltung und seinen jungen Kriegshelden in der Stadt; und die vermögen sich splendider zu beweisen als Catull. Ameana ist die amica decoctoris Formiani geworden und das Geld fliesst ihr so reichlich zu, dass sie jetzt von Catull als Preis einer Gunstbezeigung die enorme Summe von 10,000 As verlangen kann. Das ist ja reiner Wahnsinn ruft Catull aus sie ist ja gar nicht einmal schön, wie sie selber meint; sie gilt zwar in der Provinz für eine Schönheit, aber er selber weiss besser, was wahre Schönheit ist das hat er in Rom kennen gelernt und wenn man sie der Lesbia gleich stellt, so kann das eben nur in einer so abgeschmackten und einfältigen Zeit wie der jetzigen geschehen. Dem Dichter geht die Galle über und er ist kleinlich genug, um in zwei Gedichten die sämmtlichen Mängel der vermeintlichen Schönen aufzuzählen:

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Die theure Veroneserin.

1.

41. Ameana puella defututa

5

tota milia me decem poposcit,
ista turpicolo puella naso,

decoctoris amica Formiani.

Propinqui, quibus est puella curae,
amicos medicosque convocate:

non est sana puella. nec rogate,

qualis sit: solide est imaginosa.

Zehntausend Asses hat von mir das abgenutzte Weib verlangt, in deren Angesichte nicht der Nasen allerschönste prangt, die als die Freundin des Roué von Formiae bekannt ist. O sie ist krank! Schnell rufe wer mit der Person verwandt ist und wer für sie sich intressirt, den Arzt herbei, sonst kommt sie um.

Ihr fraget noch, woran sie krankt? Am Eitelkeits-Delirium.

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Ten provincia narrat esse bellam?
tecum Lesbia nostra comparatur?

o saeclum insapiens et infacetum!

Du Dirne, deren Nasenwuchs fürwahr nicht allzu klein ist,

und deren Augen schwarz nicht sind, und deren Fuss nicht fein ist, und deren Finger schlank nicht sind, und deren Mund nicht rein ist, und deren Zungenfertigkeit durchaus nicht elegant ist,

die du als Freundin des Roué von Formiae bekannt bist: sprich, Dirne, ist es wirklich wahr, dass die Provinz für schön dich hält?

dass man dich gar mit einem Weib wie Lesbia zusammenstellt? O Welt wie du doch abgeschmackt und voller Unverstand bist! Folgt man den Spuren des Codex Dat. und anderer Handschriften, so ergibt sich für das Weib, von welchem hier die Rede ist, der Name Ameana. Doch steht derselbe nicht sicher genug, als dass wir ihn in die Uebersetzung hätten aufnehmen mögen. Andere Conjecturen, um einen passenden Namen zu eruiren, wollen ebenso wenig befriedigen. Weshalb sie von Catull eine so hohe Summe abverlangt, ist klar genug; er selber war lüstern nach ihrem Besitze und jene Summe war der Preis, um welchen sie ihm ihre Reize hingeben wollte. Wenn sie freilich, wie Catull in jedem der beiden Gedichte mit denselben Worten ausspricht, die Freundin des reichen Verschwenders aus Formiae war, so war sie an dergleichen grossartige Belohnungen für die Willigkeit ihres Herzens gewöhnt, und sie durfte auch dem Catull gegenüber den Preis so hoch hinaufschrauben. Das war für den Dichter, der sich in seinen Finanzen nicht mit Mamurra messen konnte, hinreichender Grund zu grosser Entrüstung, in der er was er noch soeben begehrt, tief herabzusetzen sucht. Zu solcher Forderung, ist ihre Nase viel zu garstig, sie muss wahnsinnig sein. Es ist die Geschichte

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