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piunt pretium quae facere instituunt, die wie wir aus v. 6 noch näher belehrt werden, auch Aufilena erhalten hatte: sed data corripere. Sie hatte das pretium nicht zurückgegeben, obwohl sie das dafür Versprochene nicht gehalten. Und so gehört zu nec fers ein Object wie accepta. Es lässt sich dies aus dem vorausgehenden accipiunt pretium nicht mehr ergänzen, es muss ein solcher Accusativ im Verse gestanden haben, der dann in unseren Handschriften zu dem nicht nur unnöthigen, sondern geradezu unsinnigen saepe corrumpirt ist. Wir dürfen wohl die Worte nec fers saepe zu nec fers capta ( accepta) herstellen und danach die Interpunction des Verses verändern. Quod ist Relativum, der Sinn ist: quia hoc nec das (sc. quod promisti) nec fers capta, facis facinus. Das plurale Particip capta entspricht genau dem gleich darauf gebrauchten data. In v. 7 steht in den Handschriften entweder effici oder efficit oder es ist statt dessen eine Lücke gelassen. Ohne Zweifel hat Bergk durch die Emendation fraudando officiis das Richtige hergestellt: „, indem man betrügt um die schuldigen Dienste" (und das sind, hier wie gewöhnlich die officia bei Catull, officia amoris) fraudare aliquem officiis wie fraudare pecunia u. s. w. — Endlich war im Schlussverse eine Aenderung nöthig. Hier liest man bisher quae se toto corpore prostituit. So haben in der That einige Handschriften. Aber wozu soll toto den Gegensatz bilden? Man sollte totam corpore prostituit erwarten, dies wäre die Bezeichnung, die Catull jetzt in der That von Aufilena gebrauchen müsste im Gegensatz zu früher. Die Lesart totam hat nun aber auch sicherlich in der Handschrift ursprünglich gestanden, denn G., P., C., L haben tota, woraus die librarii der meisten anderen toto gemacht haben bloss der librarius des Cod. Puteanus hat bereits das richtige totam gefunden.

Nachdem Catull von Aufilena getäuscht sie für seine inimica hat erklären müssen, fährt er nach der auch sonst bei ihm gewöhnlichen Weise fort, sie weiter zu schmähen: er kann ihr ein Verhältniss zum Vorwurf machen, welches nach den damaligen römischen Gesetzen als Incest galt, ein Verhältniss mit dem eigenen patruus. Auch dies. Gedicht ist corrupt:

111. Aufilena, viro contentam vivere solo,

nuptarum laus e laudibus eximiis:

sed cuivis quamvis potius succumbere par est,
quam matrem fratres concipere ex patruo.

Die im ersten Verse an Aufilena gerichteten Worte haben nur Sinn, wenn sie selber eine nupta ist. Man braucht aber den singularen Accusativ contentam nicht mit Scaliger und den meisten anderen in den Plural contentas zu verwandeln, das erfordert weder die Grammatik noch die specielle Bedeutung dieser Stelle. Viro contentam vivere solo ist das Lob der univira, welches auf ihren Leichenstein gesetzt zu werden pflegte. Die überlieferte Lesart nuptarum laus est laudibus eximiis ist offenbar unrichtig, Scaliger hat est in e verwandelt, vielleicht steckt der Fehler aber in dem folgenden laudibus, doch wage ich keine Conjectur. Die Lücke hinter fratres haben Frühere (schon der librarius des Cod. Faur.) durch efficere, Rossbach durch concipere ausgefüllt, aber das von Catull selber gebrauchte Wort lässt sich wohl schwerlich wiederfinden. Schwerlich hat aber der Corrector des Faur. mit ex patruo parere nicht das Richtige getroffen, wie es beim ersten Anblick wohl scheinen könnte, denn der treue Cod. Dat. hat hinter fratres eine Lücke gelassen, ein Beweis, dass an dieser Stelle im Original ein unleserlich gewordenes Wort stand.

Das ist das Ende von Catulls Verhältnisse zu der Veroneserin Aufilena. Ich glaube, wir besitzen auch noch den ersten Anfang dieses Verhältnisses in einem Gedichte, worin zwar der Name Aufilena nicht genannt ist, welches aber offenbar in Verona geschrieben ist und sich auf eine dortige junge Ehefrau bezieht. Sie ist eine nupta gleich Aufilena, so reizend, dass sie wohl das der Aufilena von Catull zuertheilte Prädicat,quod carius illi est oculis" verdient, und trotz ihrer Ehe führt sie gleich Aufilena ein freies ungebundenes Leben. Das Gedicht würde zwar auch ohne eine nähere Beziehung des darin behandelten Stoffes zu Catull ein ganz elegantes Gedicht sein, aber es ist nun einmal Catulls Art nicht, solche Sachen in den Kreis seiner Poesie zu ziehen, wenn sie ihn nicht persönlich interessiren, und die junge Veroneserin dieses Gedichts interessirt ihn sichtlich, mehr als ihr stupider Mann, dem er den Tod wünscht. Wir dürfen es als wahrscheinlich annehmen, dass dies das erste Gedicht des Aufilenen-Cyklus ist.

17. O Colonia, quae cupis ponte ludere magno,

et salire paratum habes, sed vereris inepta
crura ponticuli assulis stantis in redivivis,
ne supinus eat cavaque in palude recumbat;

5

10

sic tibi bonus ex tua pons libidine fiat,

in quo vel Salisubsali sacra suscipiantur:

munus hoc mihi maximi da, Colonia, risus.
Quendam municipem meum de tuo volo ponte
ire praecipitem in lutum per caputque pedesque,
verum totius ut lacus putidaeque paludis

lividissima maximeque est profunda vorago.
Insulsissimus est homo, nec sapit pueri instar
bimuli tremula patris dormientis in ulna.
Quoi cum sit viridissimo nupta flore puella
15 (et puella tenellulo delicatior haedo,
asservanda nigerrimis diligentius uvis),

ludere hanc sinit ut lubet, nec pili facit uni,
nec se sublevat ex sua parte, sed velut alnus
in fossa Liguri iacet suppernata securi,

20 tantundem omnia sentiens quam si nulla sit usquam, Talis iste meus stupor nil videt, nihil audit,

25

ipse qui sit, utrum sit an non sit, id quoque nescit.
Nunc eum volo de tuo ponte mittere pronum,

si pote stolidum repente excitare veternum

et supinum animum in gravi derelinquere caeno,
ferream ut soleam tenaci in voragine mula.

Spiele willst du, junges Städtchen, auf der langen Brücke halten,

und bereit schon stehn die Tänzer, doch du fürchtest noch die alten renovirten schwachen Pfeiler, die das Brücklein tragen müssen, dass es in den tiefen Abgrund jählings werd' hinabgerissen. Nun, es mögen fest und sicher deiner Brücke Beine stehn, um darauf das Fest des grössten Saliertanzes zu begehn, doch lass mich auch, junges Städtchen, dann ein heit'res Lustspiel sehn.

Einen Bürger meiner Heimath lief're ich für deine Brücke, dass man ihn mit Kopf und Füssen jählings in die Pfütze schicke. Denn gar albern ist der Alte, sein Verstand wird kaum genügen einem Knäblein von zwei Jahren, das des Vaters Arme wiegen,

und er hat ein zartes Weibchen von der schönsten Jugendblüthe, wie ein frisches Reh so lieblich, werth dass man es sorgsam hüte, sorgsam wie die reifsten Trauben, doch sie treibt, was sie begehrt, er sieht zu, der Tölpel, hält nicht einen Pfifferling sie werth. Nimmer rafft er sich aus seinem Schlafe, wie die dürre Eiche von der Axt getroffen daliegt stumm und altersschwach im Teiche. Glotzt mit dummem Aug', als hätt es nimmer eine Welt gegeben, sieht nicht, hört nicht, weiss nicht einmal, ob er selber noch am Leben. Den nun werf' ich dann von deiner Brücke überkopf hinunter, unversehens wird vielleicht dann unser alter Töffel munter, lässt sein bischen Geist im zähen Kothe dann, der dumme Geck, wie der Esel seines Hufes Eisen stecken lässt im Dreck.

Die Rückkehr nach Rom.

Wenn Catull noch sehr von der Reise ermüdet sein Landgut Sirmio anredet: Vix mihi ipse credens Thyniam atque Bithynos liquisse campos, so müssen wir daraus schliessen, dass er eben jetzt erst aus Bithynien zurückgekehrt ist und dass die Mittheilung über Bithynien, die er carm. 10 in Rom seinem Freunde Varus macht, erst später als jene Begrüssung Sirmios fällt. Dies geht noch weiter aus den Anfangsworten, womit er jene Erzählung über die Plaudereien mit Varus einleitet, hervor: Varus me meus ad suos amores visum duxerat e foro otiosum, die auf ein längeres ruhiges Verweilen in Rom und nicht eine blosse hastige Durchreise durch die Hauptstadt, in welche diese Begebenheit etwa fallen könnte, hindeuten. Wir können auch noch hinzufügen, dass jenes Bithynische Schiff, von dessen Laufe Catull die Stationen den hospites vorführt, das Adriatische Meer durchfahren ist, ein Umstand, der ebenfalls voraussetzen lässt, dass er zunächst nicht nach Rom, sondern nach seiner Heimath sich begeben hat. Als er dann von Verona nach Rom sich begeben, ist jenes Gedicht an Varus geschrieben:

10.

Varus

arus me meus ad suos amores

visum duxerat e foro otiosum,

scortillum, ut mihi tum repente visum est,

non sane inlepidum neque invenustum.

5

Huc ut venimus, incidere nobis
sermones varii, in quibus, quid esset
iam Bithynia, quo modo se haberet,
et quonam mihi profuisset aere.
Respondi id quod erat, nihil neque ipsis
10 nunc praetoribus esse nec cohorti,
cur quisquam caput unctius referret,
praesertim quibus esset irrumator
praetor, non faciens pili cohortem.
'At certe tamen,' inquiunt quod illic
natum dicitur esse, comparasti

15

ad lecticam homines.' ego, ut puellae
unum me facerem beatiorem,

'non' inquam mihi tam fuit maligne,
ut, provincia quod mala incidisset,
20 non possem octo homines parare rectos.
At mi nullus erat neque hic neque illic,
fractum qui veteris pedem grabati
in collo sibi collocare posset.

Hic illa, ut decuit cinaediorem,

25 quaeso' inquit mihi, mi Catulle, paulum
istos commoda: iam volo ad Sarapim
deferri. mane me' inquii puellae,
'istud quod modo dixeram me habere,
fugit me ratio: meus sodalis

30 Cinna est Gaius, is sibi paravit.

Verum, utrum illius an mei, quid ad me?
utor tam bene quam mihi pararim.
Sed tu insula male ac molesta vivis,

per quam non licet esse negligentem.'

Ich flanirte auf dem Forum, als Freund Varus zu mir kam und mich mit zu seinem Liebchen, einer losen Dirne, nahm, ganz gewitzt und gar nicht übel, wie ich's gleich im Stillen dachte. Sie nun fragten dies und jenes, fragten was Bithynien machte

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