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Zwecke kaum einer Bemerkung bedürfen und durch den ersten Blick bestätigt werden. Ich darf wol auch hoffen, dass mir von der für diesen Zweck heranzuziehenden Literatur kaum etwas Wichtigeres unbekannt geblieben sein wird, wie denn auch noch Einiges, was erst in den letzten Wochen von einigermassen Einschlägigem erschien, noch gewissenhaft bei der Revision der Druckbogen nachgetragen wurde.

Das aus dem für den genannten Zweck so verarbeiteten Materiale gezogene Hauptresultat, das übrigens mit dem Urtheile neuerer gründlicher Ovidkenner stimmt, musste sich mir von selbst und ohne vorgefasste Meinung aufdrängen ich glaube, dass Jeder, der das Büchlein genau liest, mir dies kaum wird verdenken können. Hier und dort eingestreute Einzelhypothesen aber sind als solche kenntlich gemacht und wollen nicht als sich aufdrängend angesehen werden. So sei denn dieser bescheidene Beitrag zur Ovidliteratur der Nachsicht der Gelehrten empfohlen.

Erlangen, 26. Mai 1878.

UNTERSUCHUNGEN ZUR ECHTHEITSFRAGE

DER

HEROIDEN OVID'S.

Es ist wohl bekannt, wie weit auseinandergehend und

schwankend bezüglich der Echtheitsfrage der Heroiden die Ansichten der verschiedenen Gelehrten sind, von der angefangen, welche Ovid alle zwanzig oder einundzwanzig Briefe zuschreibt, bis zu derjenigen von Lehrs 1), der ihm alle zusammen abgesprochen hat 2).

Meist jedoch werden jene acht Briefe für echt gehalten, welche Lachmann 3) als solche erklärt hat, und die auch Am. 2, 18 von Ovid selbst genannt werden, nämlich der 1. 2. 4.-7. 10. und der 11. Was hat aber Lachmann bewogen die Echtheit der übrigen in Zweifel zu ziehen? Er schliesst so weil das Buch der Heroiden bald nach jener Erwähnung in den Amores, wo nur jene acht Briefe angeführt sind, herausgegeben worden sein muss, was aus A. A 3, 345 ersichtlich sei, so könnte Ovid die übrigen Briefe höchstens in der Zeit zwischen der zweiten Herausgabe der Amores und der der Ars Amatoria geschrieben haben; denn dass er sich später nicht mehr mit dieser Dichtungsart befasst habe, sei desshalb wahrscheinlich, weil er im neunten

1) Vgl. Jahn'sche Jahrb. 1864 S. 173 und Horatius p. CCXXII. 2) S. zu dieser Frage auch v. Leutsch in Ersch und Gruber's Encycl. III. 8. S. 60 ff. Uebrigens sehe man die Aufzählung der betreffenden Litteratur bei Teuffel R. L. 3 S. 528 bis zum Jahre 1875, wesswegen wir im folgenden Ueberblick nur das uns Wichtigste und das indessen noch erschienene Neueste hervorheben werden.

3) im Berl. Sommerkatalog 1848 p. 7; s. jetzt Kleinere Schriften v. K. Lachmann" II. Bd. herausgegeben von Vahlen Berlin. 1876 S. 56 ff.

Zingerle, Heroiden.

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Buche der Metamorphosen von 530-563 einen Brief der Byblis an Caunus eingereiht habe, und weil ferner in den im Pontus geschriebenen Gedichten nirgends jener Briefe Erwähnung gethan werde.

Ob dieser Wahrscheinlichkeitsbeweis überzeugend sei, dürfte jedoch bezweifelt werden können. Es könnte ja umgekehrt dieser in die Metamorphosen verflochtene Brief eher zur Annahme führen, dass Ovid damals noch mit Heroiden beschäftiget war und in Folge dessen, weil es ihm der Stoff an die Hand gab, sich auch einmal in jenen Gedichten der Briefform bedient habe. Soll es uns ferner wundern, dass in den späteren Gedichten jener Briefe keine Erwähnung geschieht, wenn wir bedenken ein wie unbedeutendes Werk sie im Verhältnis zu den übrigen Dichtungen waren 1), und dass sie auf das Schicksal des Verfassers nicht den geringsten Einfluss gehabt haben? Wenn auch der Dichter jene Briefe dort nirgends direkt erwähnt, könnte nicht doch in Stellen, wo von Personen oder Handlungen, die in jenen Briefen vorkommen, gesprochen wird, und von denen manche mit Vorliebe angezogen werden, ein verborgener Hinweis liegen, dass Ovid auch jene Briefe geschrieben habe? Gleichwohl bin ich weit davon entfernt auf solche Erscheinungen viel Gewicht zu legen, da Ovid überhaupt, auch in nicht mythologischen Partieen seiner Dichtungen, liebt Personen aus dem griechischen Sagenkreise herbeizuziehen.

In Folge seiner Annahme legte nun Lachmann auch an die übrigen Heroiden den strengen Massstab der acht ersteren an und fand sowohl in stylistischer als besonders in metrischer Beziehung manchen Unterschied, so dass er die 8. 9. 14. 15. 16. und 18. für unecht, die übrigen für zweifelhaft erklärte.

Ich muss hier bemerken, dass ich, wie schon im Vorhergehenden, auch im Folgenden von dem Briefe der Sappho, der in früheren Ausgaben den 15. bildete, ganz absehen

1) Vgl. Riese Ausg. I. praef. p. 10.

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