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Von der Tylosis, Hydatis, dem Morum, Milium

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Einleitung.

S. 1.

Die Wichtigkeit des Auges erwägend, bemühten sich die Aerzte aller Zeiten, die Krankheiten dieses, gewifs des edelsten Organes, in treffenden Bildern zu zeichnen, und die der Bekämpfung der regelwidrigen Zustände desselben entsprechenden Mittel aufzudecken. Eigene Kapitel wurden denselben bestimmt, selbst eigene Handbücher hat man ihnen gewidmet, um die oft schwierige Diagnose der Augenkrankheiten aufzustellen, und deren Behandlung auf sichere Regeln zu bauen. So bildete sich die Ophthalmiatrik, die Lehre von der Erkenntnifs und Heilung der Krankheiten des Auges, die, einer eigenthümlichen wissenschaftlichen Stellung sich freuend, aus allen Quellen der Heilkunde schöpft.

$. 2.

Wenn nun auch die besondere Bearbeitung der Ophthalmiatrik nützlich ist, und dadurch eine wahre Bereicherung der Wissenschaft und Kunst erfolgen kann, so wird dieses doch nur dann geschehen, wenn das Auge als integrirender Theil des Organismus aufgefafst wird; wenn die Bearbeitung der Augenkrankheiten auf die Lehre von der menschlichen Natur, deren Gesetzen und Verrichtungen sowohl im gesunden als kranken Zustande begründet ist. Bekannt ist, welcher Schaden für diesen Theil der Heilkunde daraus ent

stand, dafs man die verschieden in einander greifenden Glieder der Kette, welche die Heilkunde bildet, zerrifs, dafs man eine Spaltung herbeiführte, vermöge welcher das Auge den Händen von Menschen ohne wissenschaftliche Bildung übergeben wurde, welche nur bisweilen den einen Theil der Behandlung dieser Krankheiten, den rein chirurgischen, mit einigem Glücke bearbeiteten; welcher Theil denn auch ungleich wichtigere Fortschritte zur Vollkommenheit machte. Die Ophthalmiatrik glich hier nur einer angehäuften formlosen Masse, die in einem Aggregate von Facten bestand, und erst des beselenden Hauches der Wissenschaft bedurfte, um mit Nutzen in das Leben zu treten.

Endlich erkannte man den Schaden des schmählichen Dahingebens dieses wichtigen Organes; die Aerzte schämten sich nicht mehr, diesem verwaifsten Sinne die eifrigste und sorgfältigste Pflege angedeihen zu lassen. Der Zweig wurde wieder dem Stamme aufgepfropft, von dem er unverdient losgerissen war, es entfaltete sich nun der Spröfs-ling, und trug die reichlichste Frucht.

S. 3.

Kein Organ freut sich einer so vielfältigen Beziehung zu den übrigen Theilen des Organismus, wie dieses, und keines gleicht in Hinsicht des bewunderungswürdigen Baues demselben. Welch ein Riechthum von Nerven ist hier gegeben, um sowohl die allgemeine, als die dem Organe eigenthümliche Sensibilität auf die höchste Stufe der Vollkommenheit zu führen; welch ein Apparat von Gefäfsen beurkundet den immer regen Stoffwechsel in diesem für den Lebensgenufs gewifs wichtigsten Sinne.

Bewunderungswürdig ist, dafs alle Hautsysteme im Auge sich wiederholen, wodurch die viel

fältigste Beziehung der Theile unter sich vermittelt ist. Daher wird das Auge durch anderwärtige Leiden so vielfach in Mitleidenschaft gezogen, daher bedingt auch dasselbe, primär ergriffen, in den mit ihm verwandten Systemen den Ausbruch krankhafter Reactionen, aber gerade der bewunderungswürdige Bau giebt dem Auge eine gewifse individuelle Richtung zu dem Organismus, welche keinem andern Organe eigen ist; diese eigenthümliche Organisation und Mischung bedingt auch ganz eigenthümliche vitale Verhältnisse, eigenthümliche Reactionen sowohl im gesunden als kranken Leben, so dafs ein besonderes Studium dieses Organes, in allen möglichen Beziehungen aber, gewifs vom gröfsten Nutzen ist. Beer*) sagt: wie der Mensch als eine kleine Welt im Verhältnifs zum Weltall betrachtet werden kann, ebenso mufs man das Auge als einen Mikrokosmus zum individuellen Menschen ansehen, in dem sich seine Seele und sein Körper spiegelt.

S. 4.

Die Ophthalmiatrik, als besonderer Zweig der Heilkunde, war, im Grunde betrachtet, lange Jahre hindurch heimathlos, indem man immer ihren Standpunkt und ihre Beziehung in dem Cyklus der medicinischen Disciplinen fälschlich beurtheilte.

Das Gebiet der Chirurgie begriff die äusserlich gelegenen, die von aufsern auf den Organismus einwirkenden Schädlichkeiten gesetzten Leiden in sich, jene Störungen, die mehr im Realen, in Veränderungen der Structur und Form sich offenbaren, jene Krankheiten, die der mechanischen Kunsthülfe vorzüglich bedürfen. So war auch das Loos für die Ophthalmiatrik geworfen; da das Auge ein an der Peripherie des Organismus lie

*) Lehrbuch der Augenkrankheiten. r B. Einl. S. 3.

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