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ser wird, da die im Thränensacke angehäufte consistente Materie weder durch die Thränenpünktchen noch durch den Nasengang entleert werden kann, und endlich ohne Bersten des Sackes die Grösse eines Taubeneies zu erlangen vermag. Die die Geschwulst bedeckende Haut hat eine röthlichblaue Farbe, und wird, je nehr der Umfang der Geschwulst sich vergrössert, immer dunkler gefärbt. Nach dem Grade der Cohärenz der in dem Sacke stockenden Flüssigkeit fühlt man entweder eine undeutliche oder gar keine Fluctuation. Hat die Geschwulst einen beträchtlichen Umfang, so erregt sie einen spannenden Schmerz, der über die Augen, die Augenbraunen und die Schläfe sich fortsetzt; auch vermag alsdann der Kranke nur unvollkommen die Augenliedspalte zu öffnen. Gewöhnlich lässt sich nach dem Umfange und der Farbe der Geschwulst auf den Inhalt schliessen. Die Farbe ist blauröthlich und der Umfang steigt nicht über den einer grossen Bohne, wenn der im Thränensacke befindliche Schleim noch tropfbar flüssig ist. Ist aber die Farbe blau, und keine Fluctuation wahrnehmbar, so hat der Schleim die Consistenz der Gallerte 1).

Die Bildung der Thränengeschwulst findet gewöhnlich allmählig Statt, und das Uebel bleibt auf einer gewissen Höhe, ohne Schmerzen zu erregen, stehen 2); zuweilen aber reizt der in dem

1) Scarpa theilt den Gang der Krankheit in vier Perioden; die erste soll sich durch eine sehr geringe Anschwellung des Thränensackes, die zweite durch eine stärkere Geschwulst desselben verbunden mit Irritation der Schleimhaut, die dritte durch die Gegenwart der Fistel, die vierte durch Caries des Thränenknochens erkennen lassen. Diese Affectionen sollen gewöhnlich durch chronische Entzündung und veränderte Secretion der Meibomschen Drüschen bedingt seyn (i. a. W. 1. V. 1. Ch.). 2) Der Polyp des Thränensackes, welcher zuerst von Walther (Neifs, de fist. et Polyp. sacc. lacrym. p 37) beobachtet wurde, kommt in vielem mit diesem Zustande überein. Der

Thränensacke befindliche Schleim die krankhaft gestimmte innere Fläche des Thränensackes, es entsteht Entzündung desselben und Ulceration, welche sich dem Zellgewebe und der Haut mittheilt, wodurch die fistulöse Oeffnung des Thränensackes entsteht. Aus der Thränensackfistel fliessen Thränen und Eiter hervor, die ersteren jedoch nur dann, wenn die Thränenpünktchen thätig resorbiren 1).

Die Thränengeschwulst und Thränenfistel wird bedingt durch die qualitative und quantitative fehlerhafte Absonderung der Schleimhaut des Thränensackes, welche als Product der Entzündung, die gewöhnlich spezifiker Art ist, oder auf einem cachectischen Boden wurzelt, erscheint, und mit Veränderung der Organisation endiget, oder durch die Verengerung oder Verschliessung des Nasenganges 2).

Der Nasengang selbst zeigt verschiedene Grade der Verschliessung und Verengerung, und diese

Polyp bildet eine umschriebene, kugelichte, nicht schmerz-
hafte Geschwulst, welche ohne entzündliche Phänomene
besteht. Die Geschwulst wird durch den Druck nicht
verkleinert, wohl aber fühlt man einige Beweglichkeit
derselben unter den Bedeckungen, wie bei einer beweg-
lichen unter der Haut liegenden Balggeschwulst. Ist der
Thränensack eröffnet, so wird das Uebel leicht erkannt.
Dacryobleunorrhoee und Stenochorie des Nasenganges sind
gewöhnliche Begleiter desselben.

1) Dals die Thränenfistel aus dem Aegilops und der Da-
cryocistitis ohne vorläufige Thränengeschwulst sich zu bil-
den vermöge, wurde schon an einem andern Orte an-
gegeben.

2) Janin (im a. W. S. 106) nimmt einen Sphincter des Thränensackes an, und vergleicht die Entstehung des Uebels, wie Petit, mit jener der Harnverhaltung. Beer (im a. W. S. 152) hat die Ansicht, dafs durch die Erschlaffung der über den Thränensack hinlaufenden Fasern des Orbicularmuskels die Ueberfüllung des Thränensackes entstehen könnte, eine Ansicht, welche der Janin'schen ziemlich ähnlich ist.

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verhalten sich in ihrer Ausbreitung verschieden. Die Aufwulstung der Schleimhaut des Nasenganges, welche dem entzündlichen Zustande des Thränensackes und Nasenganges folgt, bewirkt Verengerung oder Verschliessung, und um so mehr Undurchgängigkeit der Thränen und des Schleimes, als dieser in vermehrter Menge und veränderter Mischung abgesondert wird. Wenn bei der variolösen oder syphilitischen Entzündung Geschwüre in dem Nasengange sich bilden, so entstehen durch die Vernarbung derselben Fehler in der Richtung des Nasenganges und klappenartige Vorsprünge, wodurch die Thränenleitung gehindert wird. Be heftigen Entzündungen des Thränensackes, welche durch den Nasenschlauch sich fortsetzen, exsudirt zuweilen plastische Lymphe, welche sich organisirend Verbindung der Wandungen entweder theilweise oder den ganzen Nasengang hindurch bewirkt. Gewöhnlich befinden sich die Verwachsungen nur am Ausgange desselben 1). Eine unmittelbare Verwachsung der Wandungen des Nasenganges entsteht nur dann, wenn die ganze Circumferenz eines Theiles desselben in ulcerativen Zustand, welcher die Individualität der Schleimhaut vernichtet, versetzt wird 2).

1) Man hat schon beobachtet, dafs durch steinige Concremente der Nasengang geschlossen wurde (Boyer, i. a. W. 5. B. S. 297).

2) Schmidt (im a. W. S. 330) giebt folgende Grade der unmittelbaren Verwachsung an: ein leichter Grad von Verwachsung ist zugegen, wenn ausschliefslich nur am Ausgange durch Verwachsung der Klappe der Thränenschlauch geschlossen ist. Ein schwerer Grad der Verwachsung existirt wenn nebst der Klappe auch, der angränzende Theil der Wände des Schlauches verwachsen ist, indem er mehr nach oben frei und zugängig geblieben. Der schwerste Grad der Verwachsung findet Statt, wenn von der Klappe an bis zum Thränensacke hin die Wände des ganzen Schlauches concrescirt sind; so dafs von der Gränze des Thränensackes an sein Lumen annihilirt ist.

Der knöcherne Theil des Nasenganges kann in seiner Form auf mannichfaltige Weise vernichtet werden. Die Syphilis und die Rachitis können das Knochengewebe der untern Nasenmuschel und anderer diesen Kanal bildender Knochen zerstören; dasselbe kann durch Verletzungen bewirkt werden. Die Krankheit erscheint alsdann ohne Dacryoblennorrhoe; es bildet sich ein starkes Thränenträufeln; in andern Fällen entsteht eine fistulöse Oeffnung des Thränensackes, aus welcher klare Thränen hervorfliessen. Die Diagnose verschafft man sich nebst diesem noch durch Berücksichtigung der vorausgegangenen Umstände; man erfährt, dafs Knochenstück chen sich exfolirt haben etc. Beim Sondiren des Thränensackes durch die fistulöse oder eine neu erzeugte Oeffnung überzeugt man sich von der gänzlichen Undurchgängigkeit des Kanals. Die Undurchgängigkeit des Nasenganges kann durch Zusammendrückung desselben, die er durch einen Polypen der Nase, eine fungöse Geschwulst der Kieferhöhle, eine Exostose erleidet, durch Dislocation der den Umfang bildenden Knochen in Folge äusserer Verletzungen entstehen.

Die Verstopfung des Nasenganges lässt sich durch den ununterbrochenen Zustand der Krankheit, und dadurch erkennen, dafs die im Thränensacke angehäufte Materie sich nicht in die Nase ausdrücken lässt. Diese von Richter*) angeführten Zeichen sind jedoch nichts weniger, als vollkommen sicher, da bei Verstopfung des Nasenganges durch Aufwulstung ein veränderlicher Zustand dennoch beobachtet wird.

Bei der Thränengeschwulst, welche durch die Blennorrhoe des Thränensackes bedingt ist, trachte man den krankhaften Zustand der Schleimhaut zu entfernen, die Schleimabsonderung zu reguli

*) Im a. W. S. 471.`

ren, und dadurch die Thränenleitung herzustellen. Man beachte bei der Behandlung die der fehlerhaften Absonderung zu Grunde liegenden Ursachen. Die fehlerhafte Absonderung ist zuweilen durch ein Leiden der Constitution, durch impetiginöse Hautübel, durch unterdrückte Transpiration, durch miasmatische Gifte gesetzt. gesetzt. Die zweckmässige, diese Bedingungen entfernenden Heilverfahren müssen eingeschlagen werden 1).

Oertlich wendet man vorzüglich Mercurialmittel, später in Verbindung mit adstringirenden Mitteln, um den Ton der Theile herzustellen, an; das Eintröpfeln der Sublimatsolution, das Einstreichen der Salbe aus weissem oder rothem Präcipitat, später in Verbindung mit Tutia und Bolus, wird besonders gerühmt. Man entferne den lähmenden Einflufs, welchen die Geschwulst auf die Fasern des Orbicularmuskels ausübt, durch fleissiges Entleeren der Geschwulst, wobei man sich, wenn es thunlich ist, bemühen muss, die angesammelte Materie in die Nase auszudrücken. Ein Compressionsverband ist bei der Aufwulstung der Schleimhaut des Thränensacks, wenn diese sich nicht durch den Nasengang fortsetzt, angezeigt 2). Durch spirituöse, auf das untere Augenlied gemachte Einreibungen sucht man die Kraft des Orbicularmuskels zu erheben. Wenn durch

1) Das Uebel kann scropulösen, venerischen, gichtischen Ursprunges seyn. Nach unvorsichtig abgeheiltem bösen Kopfe, flechtenartigem Ausschlage (Pellier, Maladies de l'Oeil), zurückgetriebener Krätze (Vogel, chirurg. Wahrnehmungen), nach und während dem Verlaufe der Masern, Pocken etc. hat man die Entstehung der Thränengeschwulst beobachtet.

2) Beer (i.a. W. 2. B. S. 157) empfiehlt zu diesem Zwecke graduirte Compressen, über welche eine halbmondförmige, feste, lederne Pelotte gelegt, und durch eine schmale Vereinigungsbinde befestiget wird. Schmidt (i. a. W. S. 314) empfiehlt das Sharp'sche Compressorium mit einigen sehr zweckmässigen Abänderungen.

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