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Die

der Augenliedrand, der Tarsus in zweckmässiger Form und Lage verharren. Als Ursache des Uebels besteht eine wuchernde Vegetation der Conjunctiva und in Folge dieser, eine krankhafte Erzeugung der Haare, welche wir an andern Theilen des Auges ebenfalls zuweilen beobachten *). Pseudocilien sind durch ihre Feinheit, durch ihre weisse Farbe, von den gewöhnlichen Wimpern sehr unterschieden; daher werden sie oft übersehen, wenn man nicht durch den Charakter der dieselben begleitenden Entzündung auf das Bestehen derselben aufmerksam wird. Man findet sie am besten auf, wenn das Auge nur mässig geöffnet, das untere Augenlied herabgezogen wird, die Cilien zeigen sich dann durch die Thränenfeuchtigkeit an den Augapfel hingehalten. Werden sie aber durch zu starkes Abziehen der Ränder aus dem Bereiche der Thränen entfernt, so legen sie sich an der innern Fläche des Augenliedes an, und werden leicht übersehen. Wenn das Uebel längere Zeit hindurch besteht, so werden die Pseudocilien derber, und wirken dann schädlicher auf die Theile, mit welchen sie in Berührung treten.

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"Scarpa (im a. W. 1. B. S 120) zieht das Bestehen einer Distichiasis durch Pseudocilien in Zweifel, glaubt, dafs, wenn einige Cilien vorwärts, andere rückwärts und auf diese Weise in einer doppelten Reihe stehen, der Zustand sich bilde, den man für Distichiasis halte. Beer (im a. W. 2. B. S. 120), Jäger, Demours (im W. S 110, haben sehr oft die Distichiasis beobachtet. Da solche Haarproductionen an andern Theilen Statt finden, so ist wohl nicht zu zweifeln, dass auch hier ähnliche Bildungen bestehen können. Wardrop (im a. W. 1. B. S. 33) erzählt einen Fall, wo aus dem fleischigen Auswuchs der Horuhaut über zwölf Haare hervorspro'sten. Mehrere ähnliche Fälle sind bekannt. Eine Tristichiasis und Tetrastichiasis annehmen zu wollen, wäre unpassend, denn in diesen Fällen sind keine Pseudocilien vorhanden, sondern die Haarwurzeln stecken nicht in einer Reihe, was man oft beobachtet.

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Die Zufälle, welche diese drei verschiedenen Krankheiten hervorbringen, sind sich einander ähnlich, wodurch leicht Verwechslung der dem Wesen nach verschiedenen, der Form nach ähnlichen Uebel hervorgebracht wird. Die gegen den Augapfel, durch was immer für eine Ursache, gerichteten Wimpern bringen Schmerz und Entzundung hervor; das durch denselben Reiz verursachte Blinzeln vermehrt durch die anhaltende Reibung die Zufälle 1). Es entsteht Lichtscheue und Thränenträufeln; die ausfliessenden scharfen Thränen ätzen die Haut des untern Augenliedes und der Wange auf. Es entsteht Kopfschmerz, der Appetit vermindert sich. Der die Hornhaut und Sclerotica umkleidende Theil der Conjunctiva entzündet sich, die Gefässe derselben röthen sich, die Hornhaut verliert Glanz und Durchsichtigkeit. Es bildet sich endlich der Pannus aus. In andern Fällen entstehen leucomatöse Flecken und Verschrumpfungen der Hornhaut. Zuweilen bilden sich Geschwüre, welche die Hornhaut durchbrechen, zur Bildung der Staphylome und Vorfälle der Iris Anlafs geben. Bei cachectischen Individuen kann scirrhöse und carcinomatöse Metamorphose durch diese unbedeutend scheinenden Uebel bedingt werden 2).

Wir haben zur Entfernung dieser Uebel zwei Wege; man trachtet die in fehlerhafter Richtung stehenden Cilien allein, oder mit dem Augenliedrande in die normale Stellung zu führen, oder aber man sucht die Augenliedhaare sammt ihren

1) Die Kinder werden durch den einwirkenden Reiz gezwungen, die Augenlieder zu reiben, und verschlimmern hiedurch die Zufälle.

2) Bei der unvollkommenen Trichiasis kann der Kranke gewöhnlich gegen den inuern Augenwinkel hin die Augenliedspalte öffnen; daher Kranke dieser Art gewöhnlich den Kopf zur Seite neigen. Scarpa (im a. W. 1. B. S. 124).

Wurzeln zu entfernen. Man hat, diesen Absichten zu entsprechen, viele Verfahrungsweisen aufgestellt, den Werth derselben aber nicht gehörig zu beurtheilen vermocht, da man die von einander so abweichenden Uebel nicht genau von einander geschieden hat). Die Trichiasis und Distichiasis, ebenso das Entropium, gesetzt durch Verschrumpfung des Tarsus, lassen die erste Art der Behandlung nicht zu, sondern nur die Entfernung der Cilien mit ihren Wurzeln gewährt gründliche Heilung; das gewöhnliche Entropium, in welchem der Augenliedrand nicht verbildet, nur fehlerhaft gestellt, und die Trichiasis nur Symptom ist, lässt sich durch die erste Art der Behandlung entfernen.

Beim Entropium, gesetzt durch Erschlaffung und Verlängerung der Bedeckungeu, wird mittelst der anatomischen Pincette, oder einer Entropiumzange 2) so viel von den Bedeckungen gefafst, als nöthig ist, um den Augenliedrand und die Cilien in normale Richtung zu bringen. Man trägt alsdann mittelst einer scharf schneidenden Schere das Gefafste ab. Man mufs bei Bildung der Falte vorzüglich darauf sehen, dafs man mehr vou den Bedeckungen da, wo die Cilien am meisten umgewendet sind, und die Haut vorzüglich erschlafft ist, anfafst. Man bilde die Falte grofs genug, so, dafs nach Bildung derselben die äussere Kante des Augenliedrandes mit allen Cilien in zweckinässiger Richtung sich befinde. Man

1) Jager hat das Verdicast, diesen Gegenstand vorzüglich aufgehellt zu haben. Dessen Ansichten sind in » Hosp Dissert. sistens Diagnosin, et curam radicalem Trichiasis, Distichiasis nec non Entropii, Viennae « niedergelegt. 2) Die Zange von Langenbeck (Neue chirurg. Bibl. 1. B. 3 H. S. 415) ist der Beer'schen vorzuziehen, da man mittelst derselben die mit der Pincette gefafste Falte in die Zange leichter aufnehmen kann. Demours bedient sich, um die Falte zu fassen, des Silberdrathes.

fasse die Haut nicht zu nahe am Augenliedrande an, indem sonst der untere Wundrand so schmal wird, dafs man nachher die blutige Nath nicht mit Leichtigkeit anlegen kann. Ist die Hautfalte ausgeschnitten, so geht man zur Heftung der Wunde über. Die blutige Nath ist hier, um mit Sicherheit die schnelle Vereinigung erwarten zu können, der Vereinigung durch Heftpflaster vorzuziehen 1). Gewöhnlich reichen zwei blutige Hefte hin; diese werden durch englische Pflasterstreifen unterstützt. Nach vier Tagen zieht man die Fäden aus, entfernt die Pflaster und findet gewöhnlich die Wunde vernarbt 2).

Um die Conrtactilität der Haut und der Muskeln zu wecken, und einen Theil der erschlafften Bedeckungen zu entfernen, hat man die Anwendung der Cauterien empfohlen, welche auch, da sie dem doppelten Zwecke entsprechen, der Operation durch das Messer zum wenigsten nicht nachstehen. Helling 3) und Quadri 4) empfehlen die Anwendung der concentrirten Schwefelsäure. Nachdem man durch einen aufgelegten Streifen Heftpflaster das Auge vor der Einwirkung der Säure geschützt hat, so breitet man mittelst eines Holzstabchens einen Tropfen der concentrirten Säure in der Länge, als die Cilien umgewendet sind, bei ungefähr drei Linien Breite, auf der äusseren Haut des Augenliedes aus. Nachdem das Mittel 10 Secunden eingewirkt hat, wird es vorsichtig abgetrocknet. Jetzt bringt man auf dieselbe Art wiederum ein Tröpfchen Säure auf das

1) Gendron (Traité des maladies des Yeux. T. 1. p. 243) und Scarpa (im a. W. S. 32) sind nicht dieser Ansicht, sondern vereinigen durch Pflaster.

2) Chirurg. Kupfertafeln. 6tes Heft. 26. Tafel. Weimar, 1821.

3) Hufeland's Journal. 40 B. 4. St. S. 98.

4) Annotazioni pratiche sulle malattie degli occhi. 1819.

S. 67.

Augenlied und breitet es auf die vorige Weise aus. Zieht sich die Augenliedhaut zusammen, und entfernen sich die Cilien vom Augapfel, so wird die Säure vorsichtig weggewischt; entsteht aber kein Abstehen der Cilien, so mufs die Application wiederholt werden. Quadri empfiehlt noch, die Cilien in mehrere Bündel mittelst seidener Fäden zusammen zu binden, alle Fäden an der, Stirne zu befestigen, und die Cilien auf diese Weise vom Bulbus entfernt zu halten. Gewöhnlich muss dieses Verfahren einige Mal wiederholt werden. Wirksamer als das Cauterium potentiale ist das Cauterium actuale. Das Glüheisen wird über das Augenlied geführt, um dadurch Contraction der Haut und der Muskeln zu bewirken, und eine Verkürzung der Bedeckungen zu setzen 1).

Die angegebenen Verfahren reichen bei dem durch Verbildung des Tarsus gesetzten Uebel nicht aus; man vermag gewöhnlich nur durch Entfernung der Cilien Hülfe zu schaffen. Saunders 2) schlägt für diesen Fall die völlige Excision des verkrümmten und verschrumpften Tarsus vor, sich

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1) Wardrop (Himly, Bibliothek für Opthalmologie. 1. B. 1. H. S. 57 schneidet gewöhnlich bei dem Eutropium den äussern Winkel der Augenlieder ein, worauf sich die Ränder wieder nach aussen kehren; sieht er aber, dafs das nicht der Erfolg seyn kann, so schneidet er den ganzen Rand mit der Wurzel der Haare und einem Theile des Tarsi weg. Demours (im a. W. 1.B S 106) zieht mittelst zwei oder drei Streifen des englischen Taffetpflasters den Rand des Augenliedes und die Cilien vom Augapfel ab. Allein wegen der Beweglichkeit der Augenlieder und dem Ausflusse der Thränen, wie Baratta (im a. W. 1. B. S. 104) bemerkt, können wir hievon keinen Erfolg erwarten. Eben so verhält es sich mit dem andern von Demours vorgeschlagenen Verfahren. Hier soll der Kranke die Augenlieder mehrere Tage und Nächte bindurch vor einem Spiegel sitzend, aus einander ziehen.

2) A treatise on some practical points relating the Diseases of the Eye.

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