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ist zuweilen nicht vorhanden. Cirsophthalmie und staphylomatöse Verbildungen lassen sich leicht erkennen, ebenso Leucome, Entropien, Ectropien etc.

Die allgemeinen Complicationen sind Gicht, Syphilis, Herpes, Psora, Scropheln, veraltete Geschwüre; letztere sind nicht selten als Zeugen einer allgemeinen Cachexie vorhanden.

Es ist für den Arzt von der grössten Wichtigkeit, die Genesis der verschiedenen Arten des Staares genau zu kennen *). Der angeborne Staar ist eine Entwicklungskrankheit, veranlafst durch Stehenbleiben der Linse auf der frühern Bildungsstuffe. Die Linse ist beim Embryo trübe, nur durch eine allmählige Metamorphose gewinnt sie ihre Durchsichtigkeit. Aus derselben Ursache ist der angeborne Staar fast immer flüssig. Zuweilen bildet er den Centralstaar; in diesem Falle hat die bildende Thätigkeit auf der Peripherie der Linse fortgewirkt, während das Centrum derselben auf der frühern Rildungsstuffe stehen blieb. Der Staar bei Alten entsteht durch die sinkende Thätigkeit der ernährenden Gefässe, durch fehlerhafte Ablagerung anorganischer Stoffe, vermöge welcher der Stoffwechsel in der Linse allmählig aufhört, diese verhärtet, zuweilen in eine kalkartige Masse umgestaltet wird.

Der verminderte oder gänzlich aufgehobene

*) Die Linse hat einen blätterichten Bau, zwischen der Kapsel und Linse befindet sich die Morgagnische Flüssigkeit, welche zwischen die Blätter der Linse einzudringen, und dadurch die Durchsichtigkeit derselben zu befördern scheint. Zwischen Kapsel und Linse bestehen keine Gefäfsverbindungen Die Morgagnische Flüssigkeit scheint der ernährende Saft der Linse zu seyn, welchen diese durch absorbirende Gefässe in sich aufnimmt, durch die Kraft derselben thätig in sich fortbewegt, und ausstöfst Die gelatinöse Flüssigkeit bildet sich selbst die Gefäfswand, keine Flüssigkeit bewegt sich in unserm Körper, ohne in eine Röhre eingeschlossen zu seyn.

Ernährungsprocefs der Linse ist eine der vorzüglichsten Ursachen des Staares. Der Kapselstaar durch traumatische Ursache wird vorzüglich durch Zerreissung der ernährenden Gefässe der Kapsel bedingt; ist diese im abnormen Zustande, so vermag sie nicht mehr die morgagnische Flüssigkeit abzusondern, der Ernährungsprocefs in der Linse ist gehemmt, und es erfolgt Verdunklung 1). Ist die Kapsel durch eine Verletzung geöffnet, und dringt die wässerichte Feuchtigkeit in diese ein, so wird auch hier Verdunklung der Linse sich bilden, da die wässerichte Flüssigkeit derselben nicht als Speise zu dienen vermag 2). Durch gänz– liche oder theilweise Lostrennung der Kapsel und ihrer Verbindung bildet sich der Balgstaar, der Zitterstaar, die schwimmende und trockenhülsige Cataracte.

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Die Entzündung der Kapsel und der Linse ist gewöhnlich der Keim, aus welchem die verschiedenen Arten des Staares hervorsprossen. Walther 3) hat das Verdienst, vorzüglich auf diese Quelle der Cataracte aufmerksam gemacht zu hahen; nebst ihm Stevenson *) und Wardrop. Bei Entzündung der Kapsel kann diese verdickt und undurchsichtig werden, wie dieses bei andern serösen Häuten Statt findet. Gewöhnlich beschränkt sich die Verdunklung auf die vordere Kapselwand;

1) Die Kapsel schrumpft zusammen und bildet Falten, da die Morgagnische Flüssigkeit nicht mehr abgesondert, und die Kapsel nicht mehr im frühern Grade" ausgedehnt wird. (Delpech, im a. W. 3. B. S. 275.

2) Adams (im a. W. S. 28) glaubt, dafs der Staar nach Verletzung immer mit Oeffnung der Kapsel verbunden sey, und nimmt als Ursache der Trübung der Linse die wässerichte Feuchtigkeit, welche mit dieser in Berührung kommt, an. Diesem widerspricht aber die Erfahrung, da der traumatische Staar gewöhnlich ein Kapselstaar ist. 3) Abhandl. aus d. Geb. d. pract. Med. 1. B. S. 21. 4) A practical Treatise on Cataract. London, 1814.

das isolirte Vorkommen der Verdunklung der vordern Kapselwand läfst sich dadurch erklären, dafs diese ihre Gefässe von den Ciliarfortsätzen, besonders von der Ciliarzone erhält; während in die hintere Kapselwand ein Ast der Centralarterie sich verzweigt). Die von der Kapsel auf die Linse fortschreitende Entzündung bewirkt in letzterer die verschiedenen Entzündungsausgänge. Ver eiterung und Verflüssigung der Linse findet sich bei der C. purulenta, fluida, cum bursa ichorem continente, Induration zeigt sich bei dem gewöhnlichen festen Staare, Gangrän und Sphacelus findet bei der hülsenförmigen Cataracte Statt_2). Auf die von Ackermann und Walther an den Augen guillotinirter Menschen mit der galvanischen Säule angestellten Versuche sich stützend, nimint Chelius 3) an, dafs durch vorherrschende Hydrogenthätigkeit, wie im kindlichen Alter, und hydrogenisirende Ursachen der flüssige, durch überwiegende Oxydation, wie im höhern Alter, und durch oxydirende Einflüsse der harte Staar gebildet werde.

Die Genesis des Staures beruht immer auf fehlerhafter Thätigkeit der zu und ausführenden Gefässe *), indem durch vermehrte Aufnahme, durch träge Aussonderung der Stoffwechsel gestört, oder durch Zufuhr heterogener Stoffe die

1) Müllers anatomische und physiologische Darstellung des Auges, S. 68.

2) Wardrop (im a. W. 2. B. S. 107) behauptet, dafs die Kapsel nach vorn einen Ueberzug, von der Kapsel der wässerichten Feuchtigkeit, nach hinten von der Glashaut erhalte, dafs jede der verschiedenen Lamellen, welche die Kapsel bilden, der Verdunklung zum Sitze dienen könne.

3) Ueber die durchsichtige Hornhaut des Auges. Karlsruhe, 1818. pag. 82.

4) Bieske, Animadversiones de Cataractae genesi et cura, Erlangae, 1819. pag. 24.

Organisation verändert, und dadurch die Durchsichtigkeit aufgehoben wird. Die entfernten Ursachen sind Verwundungen des Auges, Erschütterungen desselben, scharfe Dämpfe, grell einwirkendes Licht ), starke Abwechslung in der Beleuchtung, andauernde Anstrengung des Auges, Erkältungen, Mifsbrauch geistiger Getränke, heftige Leidenschaften, gewisse Leiden der Constitution oder einer Organenreihe, mit welcher die Kapsel in besonderer Affinität steht, als Syphilis, Scropheln, Arthritis, Herpes, Psora 2). Die Cataracte kann als häreditäres Uebel erscheinen. Hat sich an einem Auge der Staar aus innerer Ursache gebildet, so wird das andere Auge gemeiniglich über kurz oder lang auch blind. Entsteht er aber von einer äusserlichen Ursache, so bleibt das andere unverletzte Auge gemeiniglich unschadhaft 3).

Die Möglichkeit der Heilung der Cataracte durch Medicamente wird von vielen Aerzten in Zweifel gezogen. Es sind aber unbezweifelbare Fälle, in welchen beginnende Staare, ausgebildete Kapselstaare durch Medicamente mit Erfolg bekämpft wurden, beobachtet worden. Wenn auch nicht geleugnet werden kann, dafs die Linse und Kapsel weniger als jedes andere Organ mit dem Organismus in Verbindung steht, so darf doch hiebei nicht vergessen werden, dafs sie noch in der Sphäre des Organismus liegt, dafs nicht weniger, als krankhafte Stimmungen des Organismus die Mischungsverhältnisse der Linse verän

1) Daher beobachtet man die Cataracte so häufig bei Schlossern, Schmieden, Bäckern. (Wenzel, Traité de la Cataracte). Adams' (im a. W. S. 44) stimmt hiemit überein, und bemerkt, dafs wegen grosser Hitze und grellem Lichte die Europäer in Ost- und Westindien häufig staarblind werden.

2) Richter, über die Ausziehung des grauen Staares. S. 144. 3) Wenzel, im a. W.

dern können, gewisse arzneistoffige Einwirkungen der Linse sich mitzutheilen, und günstige Umstimmungen in der Organisation derselben zu bewirken vermögend sind. Seit die Aetiologie der Cataracté aufgehellt ist, vermögen wir erfolgreicher dieselbe mit Medicamenten zu bekämpfen 1). Die vielen Fälle, durch welche die Heilung der Cataracte durch Medicamente erwiesen ist, müssen jeden bestimmen, den beginnenden Staar nach den anzugebenden Regeln zu behandeln. Die durch Entzündung der Kapsel entstehende Cataracte wird in ihrer Geburt durch zweckmässige Behandlung der Capsulitis erstickt. Bedingt eine scrophulöse, arthritische, syphilitische Ursache die Entmischung der Kapsel oder der Linse, dann müssen jene Heilmittel, welche die Erfahrung als diese krankhaften Thätigkeiten aufhebend bezeichnet, ange-. wandt werden. Liegen unvorsichtig abgeheilte Hautübel oderGeschwüre der Cataracte zum Grunde, dann suche man die krankhafte Thätigkeit durch Bildung eiternder Flächen auf den ursprünglichen Sitz zurückzuführen 2). Die durch die Erfahrung

1) Albinus (Dissert. de Cataracta. Haller, collect. Dissert. chirurg. T. II. Nro. 32. pag. 165) giebt die von den Alten eingeschlagenen Heilmethoden an; die Menge der gerühmten und hochgepriessenen Heilmittel ist unglaublich. Die Behandlung konnte, da sie auf keinem rationellen Grunde fufste, nicht erfolgreich seyn, was uns Galenus Worte: promissiones omnium horum pharmacorum magnae sunt, verum effectus aliquando nullus, aliquando valde exiguus, hervorgeht. Richter (chirurg Bibliothek 8. B. S. 384) bemerkt in mehreren Fällen ganz vollkommene graue Staare durch inuere Mittel geheilt zu haben. Sie waren insgesammt venerischen, scrophulösen oder gichtischen Ursprungs. Er sagt die Heilung gelinge vorzüglich beim Capselstaar, zweifelt jedoch nicht, dafs auch Krystallstaare ohne Operation durch innerliche Mittel gehoben werden können.

2) Gegen Scropheln dient die Digital. Cicut., gegen Ar thritis Mercur., Antimon., Guajac., Aconit., gegen Syphilis Mercurialien.

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