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wöhnlich nur das Gefühl von Beifsen, oder als wäre ein fremder Körper im Auge befindlich. Bei wachsender Entzündung wird der Schmerz drückend und stechend, bisweilen klopfend und spannend. Der Patient hat das Gefühl, als wäre der Raum der Augenhöhle zu klein, um das Auge in sich fassen zu können, als würde der Augapfel herausgeschnitten. Eine drückende Empfindung beschwert oft die Gegend der Cilien und der Augenbraune; der Schmerz verbreitet sich bisweilen über die Peripherie des Auges hinaus, setzt sich in die Stirn- und Schläfegegend fest, oder zieht bis in das Hinterhaupt.

Die Heftigkeit des Schmerzes richtet sich in der Regel nach der Structur und Empfindlichkeit des ergriffenen Gebildes, nach der Individualität des erkrankten Subjectes, endlich nach der Heftigkeit oder dem Zeitraume der vorhandenen Entzündung. Ist das ergriffene Gebilde sehr derber Textur, oder ist es von nicht expansibeln Gebilden umschlossen, so ist der Schmerz sehr heftig, es kann sich das entzündete Gebilde nicht entfalten, das Capillarsystem nicht gehörig entwickeln; es erfolgt Einschnürung, welche mit heftigen Schmerzen verbunden ist. Gehört das Gebilde zu den empfindlichen, steht es in vielen Wechselbeziehungen, so wird der Schmerz stärker seyn, als wenn ein auf einer tiefern Stufe des Lebens stehendes Gebilde befallen wird. Auch richtet sich der Schmerz nach der Heftigkeit der Entzündung, indem er beim höchsten Stande des Entzündungsprocesses auch seine höchste Stufe erreicht hat. Doch auch hier macht die Individualität Ausnahmen von der Regel, welche den Schmerz zu einer trüglichen Erscheinung machen können. Es giebt Fälle, in welchen bei einer heftigen Entzündung geringe nud vorübergehende Schmerzen sich zeigen; es giebt leichte Entzün

dungen, bei welchen die Schmerzen mit grofser Heftigkeit auftreten. Oft ist der Schmerz interwittirend, z. B. bei syphilitischer Iritis, wo er gewöhnlich nur zur Nachtzeit sich einstellt. Es giebt sehr empfindliche Individuen, welche ein Gefühl, das ein rusticales Temperament kaum als belästigend aufnimmt, unerträglich finden. Man beobachtet bisweilen, dafs der Schmerz, der im Anfange der Entzündung sehr heftig ist, obgleich diese wächst, sich nicht vermehrt, selbst sich vermindert, oder gänzlich nachläfst.

Die Röthe des Auges ist ein zweideutiges und unbeständiges Zeichen der Entzündung, wenn 'man es isolirt aus der Reihe der übrigen Phänomene heraushebt. Es giebt Individuen, deren Augen gesund, frei von Entzündung sind, und dennoch bei ungetrübter Verrichtung des Auges entwickelt sich Röthung der Conjunctiva. Hat die Entzündung in den innern Theilen des Organes ihren Sitz, so fehlt die Röthe beim hohen Stande des Uebels. Oft ist man durch krampfhaftes Verschliefsen der Augenlieder gehindert, die etwa an dem Auge befindliche Röthe zu gewahren, Jene Gebilde, welche oberflächlich liegen, deren Capillarsystem stark entwickelt ist, die eine lockere Textur haben, röthen sich beträchtlich, da der lockere Bau die Entfaltung des Gebildes und der Capillargefäfse begünstigt. Bei einer anfangenden Entzündung ist die Röthe gering, mit der Progression der Krankheit entwickelt sich dieselbe deutlicher, und nimmt mit der Regression ab. Manchmal, nach verlaufenem Entzündungsprocess bleibt dennoch das Auge geröthet.

Die Hitze, welche die Entzündungen begleitet, ist bald für unsern Tastsinn bemerkbar, bald nicht, je nachdem der entzündete Theil ein oberflächlich oder tief gelagerter ist. Da aber die Temperatur nach der Beschaffenheit des Gebildes,

nach der Individualität des Patienten schon im Normalzust nde sehr verschieden ist, so ist auch dieses Zeichen für sich nicht genügend, besonders, da bisweilen der Patient Hitze zu empfinden glaubt, als Folge der gesteigerten Nervenstimmung und dadurch hervorgehende Täuschung, ohne dafs ein dem Thermometer empfindlicher vermehrter Wärmegrad vorhanden ist.

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Die von der Entzündung befallenen Theile expandiren sich im Beginnen derselben ohne Massenverdichtung, blos als Folge der gesteigerten Expansion des Theiles, in dem Verlaufe der Entzündung aber wird die Geschwulst durch Anhäufung der Säfte, durch Exsudation von Lymphe und Extravasation des Blutes bedingt. Die Geschwulst als Zeichen der Entzündung richtet sich nach der Structur des Gebildes, in welchem die Entzündung haftet, und nach dem Baue der Theile, welche die entzündeten Gebilde umgeben. Ist der Bau der entzündeten Gebilde locker und nachgiebig, so wird das Capillarsystem leichter sich entwickeln, das Blut wird leichter in die Theile eindringen, leichter wird dann die Geschwulst durch das extravasirte Blut und die ausschwitzende Lymphe vergröfsert. Die Conjunctiva hat die Fähigkeit, beträchtlich anzuschwellen, so dafs sie manchmal gleich einem rohen Fleischklumpen zwischen den Augenliedern liegt und das Schliefsen derselben hindert. Auch die Hornhaut ist einer bedeutenden Auflockerung fähig. Bisweilen vermehrt sich der Umfang des Augapfels in dem Grade, dafs er in der Augengrube schwer zu bewegen ist, und aus derselben hervorragt.

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Die Augenentzündung ist oftmals noch von Photophobie, Photogenesis, Epiphora und Xerophthalmos begleitet. Jedoch fehlen bisweilen diese Erscheinungen gänzlich, je nachdem ein Gebilde des Auges leidet, und je nachdem sich der Krank

heitsprocess in einem Stadium befindet. Der Grad der Lichtscheue ist ebenfalls verschieden; bisweilen dauert derselbe anhaltend fort, oder hört zu Zeiten auf, und zeigt sich oft nur bei Exacerbationen. Diesen Zustand darf man nicht mit Blepharospasmus verwechseln. Die Lichtentwicklungen zeugen gewöhnlich von heftigen innern Entzündungen. Der Xerophthalmos zeigt einen hohen Grad der Entzündung an, indem durch dieselbe die Secretionen der Thränen und des Schleimes gehindert sind. Die sich wieder einstellenden Secretionen sind gewöhnlich Zeichen des Nachlasses. Bei dem Thränenträufeln mufs man auch die Qualität der Thränen selbst berücksichtigen.

So wie bei den Entzündungen überhaupt Fieberbewegungen zu beobachten sind, eben so bei der Augenentzündung. Das Allgemeinleiden spricht sich auf verschiedene Weise aus, je nachdem die Entzündung primär oder secundär ist.

Mehrentheils findet man, dafs beide Augen sich entzünden, und zwar aus folgenden Ursachen: 1) Die Krankheitsursache hat auf beide Augen gewirkt, und es wurde daher bei den nämlichen gegebenen vitalen Verhältnissen der Krankheitsprocefs in einem wie in dem andern Auge erregt; 2) beide Augen stehen in genauer Verbindung, und daher überträgt sich gewöhnlich die krankhafte Thätigkeit des einen Auges auf das noch gesunde; 3) das gesunde Auge kann daher erkranken und sich entzünden, weil es nun ganz allein diesem Sinne vorstehend, sonst gewohnt, supplirt zu werden, auf einmal einer ungewohnten Menge von Einflüssen und daher vermehrten Reactionen ausgesetzt wird.

Die Ursachen der Entzündung sind prädisponirend und setzend. Man kann annehmen, dafs je mehr die Plasticität der Säfte, die Belebung dieser gesteigert ist, desto leichter eine Entzün

dung erfolgt; daher werden Kinder, Weiber während und bald nach der Schwangerschaft, daher vollblütige Individuen, die Bewohner des Nordens, häufig von Entzündung befallen. Dadurch entsteht die Prädisposition zur Entzündung, der der erste Factor zur Entstehung derselben.

Alles, was eine vermehrte Lebensstimmung in einem Theile hervorruft, kann Entzündung setzen, vorausgesetzt, dafs die erregende Ursache hinlänglich lange einwirkt. Dieses Einwirken be dingt den zweiten Factor zur Entstehung der Entzündung. Die Entzündung ist das Product der beiden Factoren, wovon einer mehr, der andere weniger deutlich bei Bildung derselben sich erhebt. Die setzenden Ursachen sind entweder: 1) äufsere, bald unmittelbar auf das Auge chemischi oder mechanisch einwirkend, z. B. durch Druck, Verletzung, Zugluft u. s. w., hald consensuell, z. B. durch gastrische Reizung u. s. w. Entzündung veranlassend, oder 2) innere, indem sie in dem Theile selbst liegen, und in abnormer Stimmung oder in veränderter Säftemischung desselben begründet sind.

Die vorzüglichsten Eintheilungen der Ent→ zündung sind nach der ursprünglichen Beziehung abgefafst. Wir können die Eintheilung der Entzündung in solche, welche durch innerliche, und jene, welche durch äusserliche Ursachen gesetzt ist, annehmen. Zweckmäfsiger aber und von grossem praktischem Nutzen ist die folgende Eintheilung: 1) in idiopathische, 2) sympathische, 3) symptomatische, 4) specifike Entzündung. Idiopathische Entzündungen sind jene, welche von einer unmittelbar auf das Auge einwirkenden Ursache gesetzt sind. In diesem Falle kann der erhöhte Irritabilitätsprocefs die Reaction des Herzens und der Arterien hervorrufen, und ein Fieber erregen. Der Entzündungsprocefs kann sich

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