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Diese Geschwülste sind im Anfange klein, vergrössern sich aber allmählig, so dafs sie zuweilen die Grösse eines Tauben- selbst eines Hühnereies erlangen. Sie verursachen Störun– gen durch Druck des Augapfels 1) durch ihre Schwere, indem sie am untern Augenliede haftend ein Ectropium, am obern befindlich eine Plepharoptosis verursachen. Sie haben, mit Ausnahme der Steatome, keine Neigung zur carcinomatösen Entartung. Nach der Beweglichkeit der Geschwulst läfst sich auch auf den Sitz derselben schliessen. Liegt sie gerade unter der Haut, so ist sie sehr beweglich; weniger beweglich ist sie, wenn sie von den Fasern des Orbicularmuskels bedeckt ist, oder unter dem Levator palpebrae superioris liegt. Sehr wenig beweglich ist sie, wenn sie auf dem Knorpel des Augenliedes unmittelbar aufsitzt, in welchem Falle die hintere Wand des Sackes gewöhnlich mit dem Knorpel in fester Verbindung steht.

Das Chalazion zertheilt sich leichter, als der Tumor cisticus; letzterer steht auf einer höhern Stufe des individuellen Lebens, und erscheint mehr abgegränzt von dem übrigen Organismus, wo hingegen das Chalazion mehr mit den umliegenden Theilen zusammenhängt, und keine so individuelle Stellung errungen hat 2). Die Zertheilungsversuche dürfen beim Chalazion, mit Ausnahme des scirrhösen, gemacht werden. Man macht gei

1) Scarpa, im a. W. S. 103.

2) Boyer (im a. W. 5. V. pag. 280) behauptet, dass das Chalazion wegen seiner Härte keine Zertheilung zulasse, dafs die Tumores cistici (pag. 257) sich gerne zertheilen. Demours bemerkt, dafs Tumores cistici (im a. W. 1. V. pag. 122) sich häufig resolviren, besonders während anderer Krankheiten. Die Erfahrung anderer stimmt jedoch mit diesen Behauptungen nicht zusammen, und es ist wahrscheinlich, dafs Chalazien für Tumores cistici in diesen Fällen gehalten wurden.

stige Einreibungen, belegt dasselbe mit reitzend zertheilenden Pflastern. Diese Zertheilungsversuche bringen, indem die Geschwulst immer weicher, beweglicher und kleiner wird, Zertheilung hervor, oder aber sie erregen Entzündung, die Geschwulst wird empfindlich und roth; es bildet sich Eiterung, welche durch Breiumschläge unterhalten, wie beim Hordeolum behandelt werden mufs. Man hat vorgeschlagen, das Chalazion durch den Aetzstein zu entzünden

zum Theil zu zerstören, und bis zur gänzlichen Vereiterung desselben mit einer scharfen Digestivsalbe zu verbinden; oder einen Schnitt in horizontaler Richtung durch das Chalazion zu führen, und dasselbe alsdann durch reitzende Arzneistoffe in Eiterung zu versetzen *). Bei beiden Heilversuchen, die immer nur sehr langsam wirken, lauft man Gefahr, eine carcinomatöse Metamorphose herbeizuführen, oder einen zu grossen Theil der Decken des Augenliedes zu zerstören, und Verbildung des Augenliedrandes oder des ganzen Augenliedes zu bedingen.

Wenn man bei den Sackgeschwülsten Zertheilungsversuche, die jedoch gewöhnlich ohne Erfolg sind, machen will, so hüte man sich vor starkreitzenden Einreibungen, welche, statt zu zertheilen, die Haut entzünden, und einen Substanzverlust hervorbringen können. Man unterlasse, in der Absicht den Sack zu öffnen und zu vereitern, Aetzmittel anzuwenden; schwer zu hebende Nachkrankheiten, die Trockenheit des Augapfels durch Verschliessung der Ausführungsgänge der Thränendrüse, fistulöse Haaröffnungen derselben, Lagophthalmos können durch Verlust der Hautdecken etc. die traurigen Folgen eines solchen Verfahrens seyn.

Die Exstirpation ist für die Chalazien sowohl,

*) Schmucker chirurg. Wahrnehmungen. 1 Thl. S. 568.

als für die Balggeschwülste das geeignetste Verfahren. Hat irgend eine Geschwulst dieser Art Neigung zur carcinomatösen Metamorphose, dann darf die Ausrottung derselben nicht verschoben werden. Beim Chalazion sowohl, als beim Tumor cisticus des Augenliedes macht man einen horizontalen Hautschnitt, damit die Fasern des Orbicularis nicht durchgeschnitten, sondern nur getheilt werden, und eine nach der Operation zurückbleibende Narbe in den Falten des Augenliedes sich zu verbergen vermag. Die Winkel des Schnittes müssen beiderseits über die Ränder der Geschwulst hinaus sich erstrecken; auch muss die Haut gänzlich durchgeschnitten seyn. Bei der Ausschälung einer Balggeschwulst mit flüssigem Inhalte, hüte man sich beim Hautschnitte, den Balg zu öffnen, da derselbe nach der Entleerung zusammensinkt und dadurch die Ausschälung erschwert. Mit der anatomischen Pincette fasse man nun einen Wundrand nach dem andern, um mittelst eines Scalpells die Verbindungen der Geschwulst mit dem umliegenden Zellgewebe aufzuheben. Man lasse nun die Wundränder von einander entfernt halten, setze die Spitze eines Häkchens in die Geschwulst, ziehe diese etwas gegen sich, und trenne sie behutsam von ihren Verbindungen los. Die Blutung wird durch kaltes Wasser gestillt, und dann die Vereinigung bei kleinen Wunden durch Streifcheu des englischen Taffets, bei grössern Wunden durch blutige Hefte, sorgfältig bewirkt. Das Chalazion, welches an der innern Fläche des Augenliedes liegt, wird ebenfalls exstirpirt, bei Vornahme der Operation wird das Augenlied umgestülpt, der erste Schnitt durch die Conjunctiva palpebralis gefuhrt *).

*) Delpech (im a. W. 3. B. S. 437) bemerkt, dass, wenn die auszurottende Geschwulst in der Nähe der Commissuren sich befände, die Ausstülpung nicht genügend be

Nicht immer lassen die Balggeschwülste und die Chalazien eine vollkommene Ausschälung zu, indem die Ausführung derselben Verbildung des Augenliedes, und eine dieser folgende Nachkrankkeit bewirken könnte. Wenn das Chalazion auf dem Rande des Tarsus unmittelbar aufsitzt, oder wenn eine Balggeschwulst mit dem Augenliedknorpel, oder mit der vordern Wand des Thränensacks in Verbindung steht, dann würde die Losschälung, ohne Verletzung der unterliegenden Theile nicht gelingen. In diesen Fällen begnügt man sich mit der partiellen Exstirpation, erregt den Eiterungsprocefs, durch welchen die zurückgebliebenen Theile des Chalazion schmelzen, und durch welchen die zurückgebliebene hintere Wand des Balges bei Balggeschwülsten ihre Individualität als seröshäutiges Gebilde verliert, eine regressive Metamorphose einschlägt, und zur allgemeinen Zellform zurückschreitet, aus welcher sie sich hervorgebildet hat. Auf diese Weise wird, wie bei der vollkommenen Ausschälung Heilung erlangt.

Von den Geschwülsten in der Augengrube.

In jedem Theile des Organismus kann vermöge seiner zellstoffigen Grundlage durch krankhaften Procefs ein neues Organ, das seine individuelle Stellung durch eigenthümliche Producte ausdrückt, hervortreten.

In der Augengrube findet auf diese Weise die Bildung neuer Organe Statt, welche unter verschiedenen Benennungen aufgeführt werden. In dem Zellgewebe der Thränendrüse bildet sich der Dacryops und die Hydatis, an verschiedenen Puncten der Augengrube Hygrome, Atherome,

wirkt werden könnte, in welchen Fällen alsdann der Einschnitt von aussen her gemacht werden müfste.

Steatome und selbst jene Geschwülste, welche Blutschwämme (Angiectasien, Anevrismen durch Anastomose) genannt werden. Die Folgen dieser Geschwülste sind nach ihrer Lage, Grösse und Beschaffenheit verschieden; sie bestehen in Druck des Augapfels und der in der Augengrube enthaltenen Theile, in Vordrängen des erstern aus seiner normalen Stellung; man beobachtet die Zufälle des Exophthalmos oder der Exophthalmie.

Der Dacryops und die Hydatis der Thränendrüse bilden dem Wesen nach eine und dieselbe Krankheit. Es entsteht in dem Zellstoffe der Drüse ein seröser absondernder Sack. Die Verschiedenheit der Form dieser Krankheit rührt von der Lage des Sackes her 2). Hat sich die Cistis auf der Oberfläche der Thränendrüse gebildet, so entsteht der Dacryops, eine an dem obern Augenliede gegen die Schläfe hin bemerkbare, elastische, beim Drucke unschmerzhafte, mit der Haut gleichfarbige, begränzte Geschwulst, die nufsgrofs werden kann. Wird die Geschwulst von aussen gedrückt, so zeigt sich dieselbe zwischen den Augenliedern und dem Augapfel. Der Druck

1) Beide Benennungen, obgleich unpassend, sind allgemein angenommen, und werden auch hier beibehalten. 2) A. Schmidt (über die Krankheiten des Thränenorgans, Wien, 1803. S. 68) erklärt die Entstehung der Geschwulst, welche er Dacryops nennt, durch die fehlerhafte Ausmündung eines oder mehrerer Ausführungsgänge der Thränendrüse in eine Zelle des in der Nähe der Thränendrüse liegenden Zellstoffes. Je mehr dic Menge der Thränenfeuchtigkeit zunehme, um so mehr vergrössere sich der Raum der Zelle, indem diese dichter an andere Zellen gedrängt würde, deren Raum eben dadurch aufgehoben werden müsste. Dadurch bilde sich dann zuletzt aus dem von einer ursprünglich aufgetriebenen und angefüllten Zelle dicht zusammengedrängten Zellstoffe der eigene Sack, der als Behälter der Thränenfeuchtigkeit zu betrachten sey. Würde auf diese mechanische Weise der Sack gebildet, so müfste er hart, kallös seyn,

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