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vorzunehmen und wovor sie sich zu hüten hätten. Denn weil auch einiges, so zu der Professoren Amt gehört, nothwendig mußte mit berühret werden, darüber ihm sein Gewiffen mag geschlagen haben, so stieß er so bald Drohworte wider mich aus."

Carpzov übergab einen förmlichen Catalog der Irrthümer Spener's, die ihm nun auf einmal flar geworden waren. Den Leipziger Theologen schloffen fich die Wittenberger an, auch auswärtige Facultäten festen sich gegen Spener, der nun die auserlesenften Rezernamen zuertheilt befam. Carpzov, der ihn sonst so oft einen theuern Gottesmann" genannt, nannte ihn fest,,einen Spinozisten, einen unberufenen Reformator, einen Störenfried der Kirche Gottes." 264 Irrthümer warf ihm die theologische Facultät zu Wittenberg 1693 in einer förmlichen Klage= schrift vor.

Fecht, Superintendent in Rostock, sprach Spe= nern sogar nach seinem Tode in einer eignen Disputation, Rostock 1708, die Seligkeit ab, er eiferte gewaltig dagegen, daß man ihn nicht den seligen Spener nennen solle, auch das lateinische B. (beatus) dürfe durchaus nicht vor dem Namen stehen. 3wi= schen den Orthodoren und Pietisten wurden über 2000 Streitschriften gewechselt.

Am 1. April 1691 ward Spener'n durch den Geheimen Raths- Director Nicolaus Baron von Gersdorf der Abschied ins Haus zugeschickt. Noch in demselben Monat erhielt er aber die Bestallung als Propst nach Berlin. Am 22. Mai erklärte er auf

dem Oberconfiftorium: er zöge mit größerer Freude weg aus Dresden als daß er bliebe." Am 4. Junius hielt er die Abschiedspredigt und zog dann nach Berlin. Schon drei Monate darauf starb der Kurfürst auf dem französischen Feldzuge fern von der Heimath. Seine Wittwe, die dänische Anna Sophia ließ Spener'n, der ihr Beichtvater blieb, jährlich zweimal nach Lichtenburg, ihrem Wittwenfige, kommen. Hier erlebten beide noch den herben Schmerz über die Weitschußische Geschichte unter Johann Georg IV. und über den Webertritt Friedrich August's zur katholischen Kirche. Spener starb zu Berlin, vierzehn Jahre nach seinen Weggang von Dresden 1705.

3. Leste Campagne, Lob in Tübingen und Personalien Kurfürft Johann Georg's III.

Johann Georg II. hatte dem Kaiser Leopold zu dem im Jahre 1688 ausgebrochenen zweiten Kriege mit Frankreich Hülfstruppen gestellt und fie in den vier Feldzügen bis 1691 wieder in Person commandirt. Unter ihm als Feldmarschall commandirte seit 1690 der von Brandenburg erbetene Hans Adam von Schöning. Schöning stammte aus einem alten braunschweigischen Geschlechte, das die Stadt Schöningen dort gegründet haben soll, er war geboren 1641 auf seinem Gute Lamsel bei Güstrin in der brandenburgischen Neumark. Wie Golf und Flemming war er früher in Diensten des

großen Kurfürsten und einer von deffen Lieblingen gewesen.

Johann Georg III. war Commandant en chef sämmtlicher Reichstruppen, aber mit Caprara, dem General der öftreichischen Truppen, lagen er und Schöning in fortwährendem Zerwürfniß. Der Kurfürst war im Jahre 1691 bei Sendhofen über den Rhein gegangen, um den Franzosen ein Treffen ́ zu liefern; das Zerwürfniß mit Caprara, der immer das Gegentheil von dem wollte, was der Kurfürft wollte, zwang ihn wieder über den Rhein zurückzugehn. Die Franzosen überschritten nun selbst den Rhein und man hatte Mühe, fte bis zu Ausgang Sommers unter die Kanonen von Hüningen hinzudrängen. Der berühmte Leibniz schrieb über diesen Rheinübergang an den Landgrafen von Hessen = Rheinfels gerade am Todestage des Kurfürften : ,, V. A. S. a bien prédit que le passage du Rhin seroit inutile, je tiens toujours que la raison du peu de succès de la campagne est, qu'on ne met assez de forces sur pied. On se flatte éternellement et on ne veut pas s'incommoder un peu pour faire les efforts nécessaires. C'est à peu près, comme si je jettois successivement quantité de petites pierres contre un verre, que je voudrois

casser."

Die französische Campagne wurde der Nagel zu des Kurfürsten Sarge. Er erkrankte, ließ sich nach Tübingen bringen und starb hier am 12. September 1691, im fünfund vierzigsten Lebensjahre wie sein

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großer Ahnherr Moriz, außerhalb Landes. Bei der Einbalsamirung des Körpers fand man zur Verwunde rung das Herz ganz verwelkt und keinen Blutstropfen darin, während alle übrige Organe noch frisch und gesund waren. Das Visum repertum des Leibmedicus F ranke besagte: ,,Die Lunge des Kurfürsten war auf beiden Seiten hart angewachsen, sah violett und röthlich aus, war mittelmäßig ohne einig Blut, wie auch das Herz von keiner sonderlichen Größe, fintemal in keinem ventriculo deffelben einig Blut, noch auch fast in dem ganzen übrigen Leibe befunden worden.

Der Tod des Kurfürften war allerdings plöglich und geheimnißvoll. Gewiß ist er aber nicht durch die Zaubermittel erfolgt, die später der Mutter der Gräfin Rochlik, der Geliebten des Nachfolgers Georg's III., der Generalin Neitschuß in dem gegen fte unter August dem Starken anhängig gemachten Prozeffe zur Laft gelegt wurden. Ein Wachsbild des Kurfürften, eine Hand lang, solte an einem Spieße bei langsamem Feuer gebrannt worden sein. Die Aussage einer niederen Vertrauensperson der Generalin, der Krappin, ward als Unterlage gebraucht. Sie sollte einige Tage nach des Kurfürsten Tode zu der Oberstwachtmeisterin Anna Margaretha von Drandorf gekommen sein und ihr händeringend ge= flagt haben:,,fte sei diejenige, die den Kurfürsten ums Leben gebracht; die Generalin habe sie dazu beredt, damit der Kurprinz zur Regierung komme; ste habe es durch eine Here, Namens Margaretha bewirkt." Wir haben ihn, so lautete ihre Aussage, in Feuer

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getödtet: es kränkt mich nichts so sehr, als daß er sich so quälen müffen, er mußte sich wie eine Made winden, ich sehe ihn noch vor meinen Augen, sein Herz hat in seinem Leibe gebrannt wie ein Licht; wir haben nicht den Leib, sondern den Geist getödtet, dabei er eine Mattigkeit gefühlt und sich nach und nach verzehren müssen. Sie wüßte, daß sein Herz im Leibe ganz verzehrt und welk gewesen sein. müsse." Alle diese Umstände deuten eher auf eine Vergiftung eine Lodesart, die damals nach dem Unterrichte, den man durch die Reisen nach Italien befommen an vielen Höfen gar nicht ungewöhnlich war. Die Krappin sowohl als die Here Margarethe haben unter der Tortur übrigens Alles ins Leugnen gestellt, eben so die Generalin, gegen die die Richter übrigens die peinliche Frage und zwar unter der Schärfe auf folgende Punkte haben ge= richtet wissen wollen:

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,,Ob fle nicht eine Here sei und sich der Zauberei beslissen? Von wem, auch wie und was Maße fle solche erlernet? Wer ihr hierzu sonderlich und vor= nehmlich Anleitung gegeben? Ob sie nicht weiland Churfürst Johann Georg Ill. glorwürdigen Andenkens durch Zauberei getödtet oder tooten lassen? Wie und auf was Maße es eigentlich damit zuges gangen? Ob sie nicht diese erschreckliche That in dem Absehen und zu dem Ende vorgenommen, damit, wenn S. Churf. Durchl. aus dem Wege geräumt, ihr Ehemann bei des Herrn Successoris Churfürst Johann Georg IV. Churf. Durchl. wiederum in Dienste und

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