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welche D. durch seine hypothese verwickelt wird. er findet es consequenterweise notwendig, dasz der verfasser dieser dichtung nicht lange nach Vergilius gelebt habe, weil sonst die frage dem dichter hätte entgegen gehalten werden können, wie es denn gekommen sei dasz sein buch nach der entdeckung durch Verg. so lange verborgen geblieben. nun lesen wir nach einer darstellung der geschicke Acgyptens bis auf Kleopatra folgende verse:

261 ἀλλ ̓ ὅταν ἄρξωνται πολλοὶ Ρώμης ἐρίθηλοι

οὔτι γε μὴν μακάρων προδεδειγμένοι, ἀλλὰ τύραννοι,
χιλιάδων δ ̓ ἀρχοὶ καὶ μυριάδων γεγαώτες,

καὶ νομίμων ἀγορῶν οἱ ἐπίσκοποι, ἠδὲ μέγιστοι
Καίσαρες ἄρξουσι διζήμενοι ἤματα πάντα·

266 τούτων δ ̓ ὑστάτιος ἄρξει δεκάτου ἀριθμοίο,

ὑστάτιος Καίσαρος ἐπιχθόνια γυῖα κτείνων (wol Kaicap ὃς ἐπὶ χθόνα γυῖα τιταίνων nach Alexandre). die letzten verse, so corrumpiert sie sein mögen, gehen, wie sich aus dem folgenden ergibt, auf Julius Caesar; es braucht darum kaum bemerkt zu werden, dasz hier v. 266 f. nicht am platze sind: denn Caesar den letzten der Caesaren zu nennen konnte nie jemand einfallen, am allerwenigsten aber einem autor, der zur zeit des Augustus oder Tiberius lebte. in der überlieferten reihenfolge geben die verse absolut keinen sinn. jedenfalls ist in den früheren versen davon die rede, dasz μέγιςτοι Καίσαρες ἤματα πάντα herschen werden, was viel eher auf ein späteres zeitalter des verfassers hinweist. D. meint, der verfasser gebe allen römischen machthabern zur zeit der parteikämpfe bis zu den männern des letzten triumvirats den kaisertitel, ein irrtum der später viel leichter erklärlich sein konnte als zu den zeiten des Tiberius.

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Aehnliche willkürlichkeiten begegnen uns fast auf jeder seite dieses teils der D. schen schrift, die, wie gesagt, meist aus des vf. bestreben mit dem möglichsten scharfsinn seine hypothese zu stützen herzuleiten sind. das νᾶφε καὶ μέμνας ̓ ἀπιστεῖν des Epicharmos ist, wenn irgendwo, auf diese art der kritik anzuwenden. doch auch die übrige exegese ist hie und da sehr abenteuerlich. so soll der dichter v. 40 Psammetichos für einen Hebräer halten, der sich für einen Thebäer ausgab: v. 48 viòc Yiwvoîo = 'lwvoîo = ein Ionier = ein Kleinasiat (nach hebraisierendem sprachgebrauch) = Kroisos sein. ebenso soll durch v. 53-60 der aufstand der Ionier und die verbrennung von Sardeis angedeutet sein, wo den Persern, Libyern, Aethiopen, ganz Aegypten, den Assyrern, Pamphyliern ἠδ ̓ ἄλλοις πᾶει βροτοῖς κακὸν geweissagt wird: das wäre eine selbst der sibylle unwürdige übertreibung. XI 174 (soll wol heiszen 179) soll Xerxes in einem athemzuge Assyrier und Aethiope genannt werden, doch weist schon das metrum auf die correctur hin. es heiszt dort: ἀνὴρ Αύριος, νόθος, Αἰθίοψ ἵξεται ἄφνω, wo für Αιθίοψ offenbar zu lesen ist αἶθοψ = fervido ingenio (vgl. Soph. Aias 221 mit Naucks anm. im anhang, welcher nach

weist dasz dort Dindorf mit unrecht aïeолоc in aïeovoc geändert habe, da die scholien allein aieолос kennen). nach dieser emendation wird Xerxes wenigstens nur ein Assyrier genannt, was nach dem sprachgebrauch der sibylle allerdings gleichbedeutend ist mit 'orientale'. nach D. soll er übrigens deshalb auch Aethiope genannt werden können, weil nach einer von D. aus einer corrupten stelle in b. XI (v. 66) vermuteten sage, die sich unter den Juden gebildet haben soll, Perser = Inder Aethiopen seien. es würde zu weit führen des vf. combinationen weiter zu verfolgen, welche in dem leser nur das bedauern erwecken darüber dasz so viel fleisz und scharfsinn von so wenig erfolg begleitet sind. um so mehr aber freuen wir uns dem ersten teile der D.schen schrift fast durchweg unsern beifall zollen und ihr geradezu ein nicht geringes verdienst um die forschung auf diesem gebiet zuschreiben zu können. BRESLAU.

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102.
ZU FRONTO.

BENNO BADT.

Es dürfte auffallend erscheinen, dasz ich, dessen 'emendationes Frontonianae' (Berlin 1874) eben vor das philologische publicum treten, schon wieder auf denselben autor zurückkomme. allein ein blick auf s. 78 kann darthun dasz der mir davon gehörende anteil bereits im herbst 1871 vollständig gedruckt war. dasselbe ergibt sich aus der im eingang aufgeführten litteratur, welche nur bis zu diesem zeitpuncte fortgeführt werden konnte.* die epistula Studemunds, welche dem kleinen buche seinen eigentlichen wert verleiht, sollte gleich nach dem drucke der emendationes hinzugefügt werden; allein die vielfachen arbeiten dieses gelehrten, welcher zu derselben zeit mit den analecta Liviana und der ausgabe des Gaius beschäftigt war, lieszen erst vor kurzem den druck vollenden. ursprünglich wurde an diese epistula nicht gedacht, sondern die correcturbogen meiner emendationes wanderten frisch von der presse nach Greifswald, um dort mit den trefflichen noten Studemunds versehen zu

es ist seitdem (ich lasse alles über Fronto erschienene, soweit es in meinem supplement zu CHHerrmanns bibliotheca scriptorum classicorum [Halle 1874] verzeichnet werden konnte, hier bei seite, einfach dorthin verweisend) über Fronto gehandelt worden von Dilthey ad M. Caes. IV 6 (annali dell' inst. di corr. arch. XXXIX, mir nur aus den Gött. gel. anz. 1868 s. 1528 bekannt), MHaupt im Hermes VIII s. 178, MHertz (vindiciae Gellianae alterae s. 23 anm. 52 und 53; de ludo talario, Breslau 1873, s. 11 anm. 2; rhein. mus. XXIX s. 367), Kiehl-Naber (Mnemosyne n. f. II [1874] s. 225-227), Madvig (adv. crit. II 614 f.), ThMommsen (über die chronologie der briefe Frontos: Hermes VIII 198-216), LReinhardt (zu Arion s. 237, 9: s. nr. 3 der seiner diss. de retractatis fabulis Plautinis 1872 angehängten thesen), OSeyffert im philol. XXIX 398 f., AEussner im litt. centralblatt 1871 nr. 43 und in diesen jahrb. 1873 s. 522 f. s. 76 der emendationes ist sp. 1 z. 6 20 statt 10, z. 8 101 für 10 zu lesen. s. 78 musz es nicht unguis sondern inguen heiszen.

RKluszmann: zu Fronto.

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werden. daher erklärt es sich, dasz nicht wenige meiner emenda-
tionen, weil auf einer falschen handschriftlichen basis, nemlich den
unzuverlässigen vergleichungen Mais und du Rieus beruhend, in
diesen noten selbst ihre widerlegung fanden, ohne gleichwol getilgt
die leser meiner emendationes werden das
werden zu können.
freundlichst entschuldigen: verdanken sie doch meinen fehlern die
besserungen Studemunds.

Ich füge, um diese zeilen nicht ohne einige neue besserungsvorschläge für Fronto ausgehen zu lassen, folgende versuche ohne nähere kritische begründung bei. gleich in der zweiten zeile des Naberschen textes dürfte wol zu lesen sein: vale, Caesar optime, et ride ist einesteils bei dem seine et omnem vitam laetare usw. endlosen floskeln wiederholenden Fronto beispiellos, andernteils 7 ad M. Caesarem 1 4 s. 9, neque selbst für Fronto zu kindisch. eum desero neque ille me) deserat; adeo sumus familiares. die ergänzung ille me stammt von Mai, geht aber nach Studemunds zeugnis epist. s. X über die lücke hinaus, welche nur vier buchstaben zuläszt; überdies bleibt der conjunctiv unerklärlich: denn der zusatz adeo sumus familiares deutet doch klar an dasz im vorhergehenden thatsachen aufgeführt werden. dem sinne sowol als auch dem sprachgebrauche Frontos (vgl. s. 8, 22. 10, 17) und dem umfange der lücke entspricht neque (sino) deserat. die stelle würde dann den von Nipperdey spicil. alt. in Corn. Nepote pars V s. 5 f. gesammelten beispielen für den absoluten gebrauch von deserere hinzuzufügen sein. ebd. III 12 s. 49, 5 duas per id tempus epistulas tuas accepi. earum altera me increpabas et temere sententiam scripsisse arguebas, altera vero tuere studium meum. laudet te Baius. adiuro tamen tibi meam, meae matris, tuam salutem, mihi plus gaudii in animo coortum esse illis tuis prioribus litteris: me saepius exclamasse inter legendum 'o me felicem'. ich habe s. 77 meiner emendationes bedenken getragen an diese stelle näher heranzutreten, dasz tuere falsch sei, beweist schon der sprachgebrauch des Marcus. Haupt hat tueri (Baehrens acuere) studium meum laude nitebaris vorgeschlagen. ich fürchte, damit ist die stelle noch nicht geheilt. die worte illis tuis prioribus litteris weisen, wie mir scheint, darauf hin dasz gelesen werden müsse: altera posteriore studium meum laude cumulas. adiuro tamen usw. das präsens erklärt sich einfach daraus, dasz dieser brief eben angekommen ist und von Fronto gelesen wird. ebd. IV 3 s. 65, 3 ist vielleicht statt qui sis liberis liberis prognatus (denn so soll im codex stehen, ohne dasz eine correctur zweiter hand angemerkt wird), zu lesen: qui sis liberis Hiberis prognatus. der urgroszvater des Marcus war ex Succubitano municipio ex Hispania (Julius Capitol. 1) senator geworden. ad Antoninum imp. II 4 s. 106, 19 scheint statt quam, wie der codex bietet, gelesen werden zu müssen quamquam salubritas ruris huius me delectaret. de feriis Alsiensibus s. 227, 10 macht Fronto dem kaiser den vorwurf, dasz er bis in die nacht hinein gerichts

sitzungen halte, und ermahnt ihn: ne cum animo tuo reputes cotidiano te mendacio adstringi, cum te diem cognitioni dare ais et nocte cognoscis, tum sive condemnes sive absolvas mendax futurus. es musz hier zweierlei auffallen, ne im anfang des satzes, wofür Heindorf durch eine doppelcorrectur nec und reputas mit einem fragezeichen hinter futurus zu schreiben vorschlug, und tuum oder die correctur Mais tum, welche völlig sinnlos ist. die leichteste änderung dürfte sein: ve (dh. vae)! cum animo tuo reputes cotidiano te mendacio adstringi, cum te diem cognitioni dare ais et nocte cognoscis tamen, sive condemnes usw. ebd. s. 229, 5 erzählt Fronto seine fabel über die schöpfung von tag und nacht. schutzgötter für die nacht kann Jupiter nicht finden, weil keiner selbst zur nachtzeit die gehörige ruhe hat und die ruhe der menschen besorgen will: Juno Lucina hat meist nachtgeburten zu schaffen; Minerva kann die nacht zu ihren studien nicht entbehren; Martem, fährt er fort, nocturnas eruptiones et insidias mutare iuvare. den in mutare steckenden fehler hat man auf verschiedene weise zu heilen gesucht, zuletzt Haupt durch einfache streichung, Mähly durch den vorschlag mutas iuvare. die schriftzüge leiten hin auf omni ope iuvare: vgl. s. 134, 28. Arion s. 237, 20 carminis fine cum verbo in mare desilit ist mir immer bedenklich gewesen. mit welchem worte? es musz in fine ein adjectivum enthalten sein, wodurch das ende des liedes ausgedrückt wird. am nächsten liegt wol carminis imo cum verbo. GERA. RUDOLF KLuszmann.

103.

ZU TACITUS AGRICOLA.

In der rede des Calgacus heiszt es c. 31: Brigantes femina duce exurere coloniam, expugnare castra, ac nisi felicitas in socordiam vertisset, exuere iugum potuere: nos integri et indomiti et in libertatem non in paenitentiam laturi primo statim congressu ostendamus, quos sibi Caledonia viros seposuerit. die herstellung dieser schwierigen stelle ist durch eine menge von conjecturen versucht worden; aber keine war so überzeugend, dasz sie allgemeine anerkennung hätte finden können. es sei daher gestattet einen neuen vorschlag zu veröffentlichen, der einen völlig passenden gedanken bietet und die entstehung des verderbnisses leicht erklärt. wie im folgenden capitel pudet dictu als zwischensatz eingeschoben ist (nisi si Gallos et Germanos et - pudet dictu - Britannorum plerosque . . fide et affectu teneri putatis), so scheint hier non paenitet ursprünglich als zwischensatz im texte gestanden zu haben, und ich vermute deshalb dasz herzustellen sei: nos integri et indomiti et pro libertate non paenitet omnia laturi usw. durch die abkürzung paenitetoia scheint das substantivum paenitentiam entstanden zu sein, und dies war der anfang zu weiteren verderbnissen.

MÜNCHEN.

CARL MEISER.

104.

BERICHT ÜBER DIE CURTIUS-HANDSCHRIFTEN DES UNGARISCHEN NATIONALMUSEUMS VON DR. MICHAEL RING, DOCENT AN DER UNIVERSITÄT ZU BUDAPEST. Budapest, verlag von Aigner. 1873. 19 s. gr. 4.

In der bibliothek des ungarischen nationalmuseums zu Pest befinden sich zwei bisher unbenutzte handschriften des Curtius: die eine (nr. 139 quart. lat.) ist im j. 1444 zu Mailand auf pergament geschrieben in zierlicher schrift, die erste seite mit randverzierungen (pflanzen, vögel, jagdbilder in phantastischer anordnung, aber äuszerst niedlich') und dem wappen des ersten besitzers; wer derselbe gewesen, gibt hr. Ring nicht an, auch ref. vermag es nach der beschreibung nicht zu sagen.' später gehörte dieselbe der stadt Mailand, wie das wappen Mailands auf dem einbande zeigt; in den kriegen des ersten Napoleon kam sie nach Venedig, Wien, dann nach Ungarn in den besitz eines Nicolaus Jankowich, von diesem endlich in das ungarische nationalmuseum. die zweite (nr. 157 quart. lat.) ist im j. 1467 zu Florenz durch Petrus Cenninius für Matthias Corvinus auf pergament geschrieben: an den ersten besitzer erinnern noch die wappen Ungarns und des Hunyadischen geschlechts, die sich auf der ersten seite und dem einbande befinden; sie ist jetzt nicht mehr vollständig, da einmal ein blatt (welches die worte von IV 5, 2 accipere bis IV 5, 16 non tam suis enthielt), ein zweites mal sechs blätter (VII 7, 1 esse cervicibus bis VII 10, 5 (oculos haberent) ausgerissen sind. auch diese hs. gehörte, ehe sie in das ungarische nationalmuseum kam, Nicolaus Jankowich. über die bedeutung dieser hss. für die kritik des Curtius gibt hr. Ring in der oben verzeichneten schrift auskunft. er handelt zuerst (s. 3 -7) von der hs. nr. 139, welche Iankowichianus genannt wird: nachdem er eine collation des siebenten buches aus derselben mitgeteilt, spricht er über ihren wert und ihre abstammung. ref. kann sich hier kurz fassen, da hr. Ring selbst s. 6 sagt, dasz die hs. für die kritik des Curtius bedeutungslos sei, ein urteil dem man nur zustimmen kann. die hs. gehört zu der zahl der interpolierten, doch soll sie aus einem exemplare der ersten classe abge

1 ich füge hier die beschreibung des wappens bei: 'scutum in campo argenteo tredecim caeruleos colles, in galea vero virginem forma elegantem sed corpore in caudam draconis desinentem, vesteque rubea atque argentea fluitante superne instructam, manibus circinum cum inscriptione «Sic Satis Est» tenentem atque a latere litteras J. O. et M. Gothicas exhibentem, utrobique aureas et coronatas.' vielleicht gelingt es einem kundigern daraus den namen des besitzers zu ermitteln. 2 hr. Ring folgt allerdings lediglich aus rücksicht der klarheit und kürze', wie er s. 6 anm. sagt der von Foss quaestiones Curtianae (Altenburg 1852) gegebenen classeneinteilung: erste cl. Leid. Voss. 1 Beru. A Flor. A den Flor. B läszt hr. Ring weg und schlieszt sich den ausführungen des ref. quaest. Curt. spec. (Berlin 1862) s. 30 an. ref. kann hier die bemerkung nicht unterlassen, dasz er die damals

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