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worte 'gegen die verabredung' nicht hinzu, weil diese einen tadel des verfahrens der freiwilligen enthalten würden, er aber dasselbe billigt, was auszusprechen er, weil es sich von selbst versteht, auch unterläszt. wir müssen solche darstellungen nach militärischen grundsätzen betrachten und werden beistimmen. man lese nur das generalstabswerk über den krieg von 1870/71: darin finden sich bei der darstellung der schlacht bei Spichern und am 14n august schon viele beispiele, dasz preuszische generale selbständig von den erhaltenen befehlen abgewichen sind, ohne dasz es stets ausdrücklich hervorgehoben wird. vor mir liegt zufällig das fünfte heft über die schlacht vom 16n august, die sicher zum nachteil des dritten armeecorps ausgefallen wäre, wenn nicht nach s. 555. 569. 582 und 595 der oberst Lehmann, major v. Kraatz und general v. Voigts-Rhetz selbständig ihren marsch auf der strasze über Thiaucourt nach Verdun unterbrochen und das zehnte corps dem kanonendonner bei Mars-laTour entgegengeführt hätten.

So ist weder Xenophons darstellung mangelhaft, noch sind die freiwilligen zu tadeln, welche durch ihr selbständiges verfahren bewirken, dasz Cheirisophos ohne kampf auf die höhe gelangt, weil die feinde beim angriff der freiwilligen so schnell fliehen, dasz nur wenige Karduchen umkommen. wohin die feinde geflohen, sagt Xenophon auch nicht, weil es sich von selbst versteht, dasz sie nach der den angreifern entgegengesetzten seite, also nach unserer auffassung gegen osten fliehen.

Als Cheirisophos auf die höhe gelangt ist und sich mit den freiwilligen vereinigt hat, sind sie zusammen, ohne vom feinde belästigt zu werden, ohne die westlich liegenden hügel zur sicherung des aufmarsches des trosses zu besetzen, auf dem plateau weiter gezogen. Xenophon erzählt diesen marsch nicht, spricht keine misbilligung aus, dasz sie sorglos fortgezogen sind. er erwähnt des Cheirisophos erst wieder nach der vereinigung mit ihm in § 22. wir finden hier eine lücke, möchten gern wissen, ob Xenophon das verhalten des Cheirisophos billigt oder nicht, und warum letzterer nichts zur sicherung der abteilung des Xenophon gethan hat. aus dem schweigen Xenophons, der an anderen stellen den Cheirisophos nach den gründen seines verfahrens fragt (vgl. IV 1, 17—22), schlieszen wir dasz er nichts zu tadeln hat, dasz er den abzug in der ordnung findet. einen grund für das verhalten des Cheirisophos können wir nur in dém umstande erkennen, dasz er keine feinde auf den wahrscheinlich sichtbaren hügeln erblickt hat und aus den erzählungen der freiwilligen weisz, dasz diese gegen westen steil abfallenden hügel von dieser seite nicht so leicht zu ersteigen sind.

Woher sind aber die feinde gekommen, welche Xenophon auf den hügeln trifft? sie können nach dem abzuge des Cheirisophos nur von osten gekommen sein. es sind die vor den freiwilligen geflohenen feinde, die anfangs in geringer anzahl zurückkommen, den Cheirisophos im rücken nicht zu belästigen wagen, sondern die hügel

Jahrbücher für class. philol. 1874 hft. 9.

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besetzen, aber gegen den anrückenden Xenophon nicht standhalten. auch als Xenophon vom zweiten hügel gegen den dritten vorrückt, verlassen sie zu dessen verwunderung sehr früh denselben und eilen nach der nachhut. hier können wir Breitenbach ao. s. 61 nicht in der erklärung der worte καθορῶντες τὰ ὄπισθεν γιγνόμενα in $ 15 beistimmen, dasz damit nicht die kleine besatzung auf dem ersten hügel, sondern der lange zug auf dem wege gemeint sei. wir glauben dasz man vom μacтóc aus nicht das ende des zuges, der auf dem westlich tiefer gelegenen wege daher kommt, sondern nur, nachdem der zweite hügel von den Griechen verlassen und so die aussicht frei ist, die besatzung auf dem ersten hügel sehen kann und dasz die Karduchen ihren angriff nur gegen diese richten, die, weil sie nach § 13 die ganze nachhut decken soll, von Xen. recht wol ỏπiceоúXakeс genannt werden kann. beweis dafür ist, dasz sie sich mit der vertreibung dieser besatzung begnügen, nicht den langen zug belästigen, sondern sofort auf den dem uacтóc gegenüber liegenden hügel zurückkehren. dasz Xen. diese vertreibung nicht selbst sieht, sondern erst durch Archagoras kunde davon erhält, spricht nicht gegen diese erklärung, wie Breitenbach behauptet; es erklärt sich das vielmehr aus den umständen und der beschaffenheit des terrains. Xen. kann, sobald er den zweiten hügel verläszt, sich dann in der senkung zwischen den hügeln aufhält, um die mehrzahl seiner begleiter nach dem tiefer gelegenen wege zu entlassen und sich die junge mannschaft auszuwählen, und dann mit dieser den dritten hügel ersteigt, mag er sich so viel umsehen wie er will, nicht den ersten hügel und die vorgänge daselbst sehen, weil er nicht durch und über den zweiten hügel hinwegblicken kann. erst auf der spitze des pactóc ist ein rückblick möglich, und wenn er von da aus auch den ersten hügel unbesetzt erblickt, so kann er, zumal die flinken Karduchen schon wieder in seiner nähe erscheinen, doch erst durch Archagoras aufklärung erhalten. als er von diesem das unglück erfahren, beginnt er durch einen dolmetscher unterhandlungen mit den feinden. hier stimmen wir mit Henrychowski ao. s. 827 der ansicht von Weissenfels nicht bei, der ao. s. 275 diese darstellung völlig dunkel und unklar nennt, weil Xen, nicht angegeben, auf welche weise diese unterhandlungen geführt worden seien. wir halten diese epische breite für überflüssig, weil wir aus anderen stellen der anabasis über die weise solcher verhandlungen hinreichend aufgeklärt sind. man vergleiche das II 1, 8. 5, 38. III 3, 1 von den persischen abgesandten gesagte mit dem verfahren der Griechen IV 4, 5, und es ist klar dasz der dolmetscher bis zur hörweite den Karduchen entgegen geht und dann die unterhandlung beginnt. wir können nicht verlangen dasz der schriftsteller dinge, die sich aus ihm selbst erklären, bei jeder gelegenheit ausführlich erzähle.

Während dieser verhandlungen zieht der ganze trosz vorüber, von den feinden aber heiszt es: πάντες οἱ ἐκ τούτου τοῦ τόπου cuveppúηcav. mit recht erklärt Schenkl gegen Breitenbach, dasz alle

Karduchen, die in dieser gegend sind, zusammenströmen und hier (évтaûeα) dh. auf dem von den feinden besetzten hügel halt machen, bis die Griechen abziehen. die vor den freiwilligen geflohenen Karduchen sind, wie wir oben sahen, erst in geringerer anzahl zurückgekehrt; nach und nach kommen sie in gröszeren massen, ohne sofort feindseligkeiten zu beginnen; sie beginnen, wie sie das bis zum übergange der Griechen über den Kentrites fortsetzen, stets nur die abziehenden zu belästigen. gegen Breitenbach, welcher meint dasz hier zerstreut marschierende truppenteile der Griechen gemeint seien, spricht der umstand, dasz Xenophon nirgend solche truppenteile erwähnt, da die in § 8 erwähnten, auf ungebahnten wegen mit Cheirisophos emporsteigenden abteilungen längst fort sein müssen, wenn sie nicht von den in § 10 erwähnten Karduchen einzeln aufgerieben werden sollen.

Vor uns liegt jetzt auch EARichters abhandlung über die interpolationen in Xenophons schriften; allein so sehr wir auch den scharfsinn anerkennen, mit dem derselbe solche in der anabasis nachzuweisen versucht, so müssen wir doch offen gestehen dasz wir nicht überzeugt sind. wenn wir nach unseren anschauungen, nach unserer schreibweise die alten schriftsteller beurteilen wollen, so ist das ein falscher gesichtspunct. und wenn Richter behauptet, dasz die interpolationen alt, schon vor Plutarch hineingekommen seien, so bleibt es wahrlich auffallend dasz keiner der griechischen rhetoren von so groszen zusätzen etwas weisz.

OTTERNDORF.

100.

FERDINAND VOLLBRECHT.

ZU THUKYDIDES.

Ι 35, 5 πολλὰ δέ, ὥσπερ ἐν ἀρχῇ ὑπείπομεν, τὰ ξυμφέροντα ἀποδείκνυμεν, καὶ μέγιστον ὅτι οἵ τε αὐτοὶ πολέμιοι ἡμῖν ἦταν (ὅπερ αφεστάτη πίςτις), καὶ οὗτοι οὐκ ἀσθενεῖς, ἀλλ ̓ ἱκανοὶ τοὺς μεταστάντας βλάψαι. die versuche das imperfect ἦταν zu rechtfertigen sind bisher vergeblich gewesen. und es wäre auch wunderbar, wenn sich entweder in das imperfect ein futursinn sollte hineininterpretieren lassen, wie dies in der erklärung von Classen geschieht ('das prät. cav versetzt uns in dem wunsch das ziel erreicht zu sehen schon in die zeit nach abgeschlossenem bündnis'), oder wenn sich die factische situation von Athen und Kerkyra, dasz sie dieselben feinde besitzen, darum als vergangen sollte bezeichnen lassen, weil die sprecher schon auf einem früheren puncte ihrer rede (c. 33, 3) davon erwähnung gethan haben. wenn für diese, zuerst von Kämpf geltend gemachte erklärung des imperfects auf Matthiä § 505, 2 oder Krüger 53, 2, 5 verwiesen wird, so sind solche verweisungen mehr billig als zutreffend, und es kann nur befremden, dasz Krüger selbst sich damit zufrieden geben mochte. in den von beiden grammatikern angeführten stellen handelt es sich nicht um eine gegen

wärtig stattfindende und schon früher erwähnte situation, sondern um wirkliche praeterita, um ein schon früher gefälltes urteil, einen schon früher gefundenen allgemeinen satz, um das schon vorher ermittelte resultat einer untersuchung, um fälle also, die sich in jeder sprache finden müssen, die aber mit dem vorliegenden nichts gemein haben. wollten wir ein beispiel für ein imperfect der bezeichneten art aus unserer stelle gewinnen, so böte ein solches etwa die folgende fassung: πολλὰ δέ, ὥσπερ ἐν ἀρχῇ ὑπείπομεν, τὰ ξυμφέροντα v; aber auch wenn in dieser art der satz nun fortgeführt würde, miste er im weiteren lauten: καὶ μέγιστον (sc. v), ὅτι οἵ τε αὐτοὶ πολέμιοι ἡμῖν εἰςίν. und unter solchen umnständen sollte das cav noch länger im texte geduldet werden? ich kann in dem cav nur den zusatz eines textrecensenten erblicken, der wenig bekümmert um den sachlichen verhalt nur den satz durch einen solchen einschub vervollständigen wollte.

Π 41, 4 μετά μεγάλων δὲ σημείων καὶ οὐ δή τοι ἀμάρτυρόν γε τὴν δύναμιν παρασχόμενοι τοῖς τε νῦν καὶ τοῖς ἔπειτα θαυμαεθησόμεθα, καὶ οὐδὲν προςδεόμενοι οὔτε Ομήρου ἐπαινέτου οὔτε ὅςτις ἔπεσι μὲν τὸ αὐτίκα τέρψει, τῶν δ ̓ ἔργων τὴν ὑπόνοιαν ἡ ἀλήθεια βλάψει, ἀλλὰ πᾶσαν μὲν θάλαςςαν καὶ γῆν ἐςβατὸν τῇ ἡμετέρᾳ τόλμη καταναγκάσαντες, πανταχοῦ δὲ μνημεῖα κακῶν τε κἀγαθῶν ἀίδια ξυγκατοικίαντες. sind die gesperrt gedruckten worte richtig? bedürfen die Athener keines Homeros für ihre thaten, weil diese für sich selbst zeugen, was brauchen sie dann zu fürchten dasz 'die wahrheit die [dichterische] vermutung über die thaten zu schanden machen werde'? wer der darstellung des dichters mistraut, der fürchtet doch wol dasz durch diese die wahrheit beeinträchtigt werden könnte, nicht umgekehrt, dasz durch die wahrheit der dichterischen darstellung eintrag geschehen möchte. wie Perikles c. 35, 1 sich gegen das vielgepriesene institut der öffentlichen leichenreden ausspricht, weil die thaten der gefallenen nicht der gefahr ausgesetzt sein sollen, von den zuhörern je nach dem zufälligen talente des redners beurteilt zu werden, so kann ihm denn auch in der verherlichung der thaten des volkes durch den dichter nur das bedenklich sein, dasz die richtige schätzung der thaten in ihrer schlichten groszartigkeit durch die dichterische lobpreisung gefährdet werden könnte. kann sonach ǹ åλý¤¤ια nicht als subject von ẞláwe geduldet werden, so möchte wol das einfachste auskunftsmittel sein zu schreiben: οὐδὲν προςδεόμενοι οὔτε Ὁμήρου ἐπαινέτου οὔτε ὅςτις ἔπεςι μὲν τὸ αὐτίκα τέρψει, τῶν δ ̓ ἔργων τὴν ὑπόνοιαν ἀληθείᾳ βλάψει usw. wenn durch diese Änderung zugleich das befremdliche der satzform beseitigt und der zweite teil des relativsatzes dem ersten conform hergestellt wird (= 'der für den augenblick zwar entzücken, in wahrheit aber der vorstellung von den thaten eintrag thun wird'), so kann dies nur zur weitern empfehlung der vorgeschlagenen änderung dienen.

WIEN.

EMANUEL HOFFMANN.

101.

ÜBER DAS ERSTE, ZWEITE UND ELFTE BUCH DER SIBYLLINISCHEN WEISSAGUNGEN. INAUGURALDISSERTATION.. VON H. DECHENT, EVANG. PREDIGER IN FRANKFURT AM MAIN. Frankfurt am Main, druckerei von A. Osterrieth. 1873. 88 s. gr. 8.

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Die kritik der sibyllinischen bücher, 'dieses behälters in welchen nach JBernays treffender charakteristik seit dem anfang des zweiten jh. vor Ch. fast ein jahrtausend hindurch reiche zuflüsse aus den fadesten gewässern der predigermoral wie aus den lebendigen strömungen der individuellsten völkergeschichte und poesie zusammenrannen', ist eine keineswegs dankbare arbeit: denn ihre ergebnisse stehen im groszen und ganzen an wichtigkeit in keinem verhältnis zu dem aufwand von mühe welchen sie fordern. der unglückselige zustand der überlieferten texte, die durchgehende benutzung des einen autors durch den andern, welche oft die frage nach der priorität unlösbar macht, die vielen beabsichtigten und unabsichtlichen dunkelheiten, der mangel an sicherer kenntnis des betreffenden ideenkreises der zeit in der sie entstanden alles dies bietet oft dem forscher nach der zeit der abfassung, nach dem bekenntnis, der nationalität des verfassers unüberwindliche hindernisse. aber gerade diese eigentümlichkeit reizt den scharfsinn zu immer erneuerten versuchen. ein solcher versuch ist auch die oben genannte schrift. ihr ergebnis ist, was ihren ersten teil betrifft, der sich mit den zwei ersten sibyllinischen büchern befaszt, weit bedeutender als der vf. es am ende desselben selbst angibt. nach seinen eigenen zusammenfassenden worten begnügt er sich damit in demselben zweierlei sicher gestellt zu haben: erstlich dasz die beiden bücher in ihrer jetzigen gestalt kein einheitliches ganze bilden, und zweitens dasz dennoch ein ursprünglicher zusammenhang zwischen buch I und buch II bestanden habe. doch das ist nicht mehr neu: das ist schon vor ihm namentlich von Friedlieb bewiesen, nach welchem I 1-323 und II 6-33 teile einer später von einem christen überarbeiteten jüdischen sibylle sind. das wichtigste und eigentlich verdienstvolle dieses teils seiner arbeit hat Dechent in seinem resumé merkwürdigerweise nicht genannt: es ist der von ihm an einer andern stelle als hauptzweck der arbeit bezeichnete nachweis, dasz jenes urgedicht nicht mit II 33 abschliesze, sondern noch durch II 154-330 fortgesetzt werde. dem ref. ist dieser nachweis um so willkommener, als derselbe vor jahren in einem vortrage ganz dieselbe ansicht entwickelt hat; nur möchte er trotz der bedenklichkeiten des vf. auch die verse 331-339 als schlusz hinzunehmen, da die widersprüche mit dem vorhergehenden nicht von besonderem belang sind und sowol specifisch jüdische anschauungen in denselben entwickelt werden als auch besonders die letzten verse 338 und 339, die vom 'Hλúcioν Tedíov und der Xíμvn 'Axepouciάc sprechen, ganz die farbe des urgedichts tragen, welches

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