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der bloszen namennennung zufrieden ist, haben sollen, um gerade etwas so äuszerliches wie die reihenfolge einem andern abzuborgen?

Ich habe sämtliche stellen erledigt, die das urteil des vf. begründen sollen, und musz für mein teil nach reiflicher überlegung aussprechen, dasz nur eine einzige, die erste, wirkliche beweiskraft, wenn auch nur geringe für mich enthält, dasz ich über die zweite und dritte schon zweifel hege, in den anderen nicht zustimmen kann. Die anderen stellen, deren beziehungen erst von Silius ihr licht empfangen sollen, will ich anhangsweise kurz besprechen. wäre durch die oben besprochenen erwiesen dasz Silius oft auf Ennius zurückgehe, so würden die folgenden eine bestätigung dieses ergebnisses bilden, was jetzt nicht mehr möglich ist.

Ich darf zunächst die nummern 4. 11. 16 und 17 übergehen, die schon Vahlen an den betreffenden stellen seiner quaest. ebenso bezogen hat. in nr. 10 bezieht W. den vers des E. 546 contempsit fontes quibu' sese erugit aquae vis auf Hannibal, weil S. I 260 von ihm sagt: exercetque sitim et spectato fonte recedit. doch ist das ertragen von frost und hitze und hunger und durst von jeher das zeichen eines guten soldaten gewesen, und E. konnte, da uns nicht einmal durch angabe des buches irgend ein anhalt gegeben ist, dies von jedwedem andern der helden aussagen, deren gar manche in seinen annalen vorkamen. an jedweder andern stelle derselben konnte v. 478 vorkommen Brundisium pulcro praecinctum praepete portust, der seinen platz gehabt haben soll in einer aufzählung der italischen völkerschaften, da bei dieser gelegenheit sich Brundisium VIII 574 bei Silius erwähnt findet. für eine ganze anzahl von fragmenten hätte der versuch gar nicht gemacht werden sollen ihnen eine bestimmte beziehung zu geben. in nr. 18 ist E. 472 cum magno strepitu Volcanum ventus agebat mit S. XIV 305 verbunden, wo ein belagerungsturm vor Syrakus in flammen aufgeht: pascitur adiuto Volcano turbine venti. wo konnte nicht sonst noch sturmwind in die flamme fahren, und wie zur eigenen widerlegung seines versuchs, die beziehung des fragmentes zu fixieren, bringt der vf. gleich selbst noch vier andere stellen des Silius, wo von wind und feuersbrunst die rede ist. wie häufig konnte, ja muste in schlachtschilderungen bei E. von abgeschlagenen köpfen und brechenden augen wie in nr. 25 die rede sein, wie oft auszer bei Cannae von einem hagel von geschossen (nr. 26. 43), wie oft konnten reiter und elephanten gepaart auftreten, wie bei S. IV 594, so dasz E. 237 (nr. 28) deshalb gewis auf die schlacht am Trebia ebenso wenig zu beziehen ist wie E. 258 (nr. 41) wegen einer andern ähnlichkeit mit Silius. In nr. 19 (E. 549) heiszt es: hos pestis necuit, pars occidit illa duellis, von Wezel wie nr. 18 auf die belagerung von Syrakus bezogen, wo nach S. 14m buche im römischen heer eine pest ausbrach. doch die pest ist in den jahrhunderten, welche die annalen behandeln, ein nicht seltener gast Italiens gewesen, kriege haben die Römer ohne unterlasz geführt, und gewis mehr als einmal haben sich beide zum

verderben der Römer die hand zum bunde gereicht. Wenn nr. 27 debil homo E. 329 auf den consul Varro bezogen wird, weil diesen S. VIII 258 nennt ut turbarum sator.. sic debilis arte belligera, oder in nr. 9 der nachweis versucht wird, dasz S. durch seine 17 bücher hindurch in der charakteristik der Juno sich gerichtet habe nach dem verse des E. 289 Romanis Iuno coepit placata favere, so will ich auf beide behauptungen, auf die erste wegen der winzigkeit des fragmentes, auf die letztere wegen der sehr umfangreichen erörterung, die es erforderte, nicht näher eingehen. - Unrichtig oder unglücklich sind nach meinem dafürhalten folgende sieben fragmente untergebracht. in nr. 8 soll der etwas befremdlichen notiz bei Servius zu Aen. I 20: in Ennio enim inducitur Iuppiter promittens Romanis excidium Karthaginis eine unterkunft bereitet werden durch Silius III 590, wo Juppiter die Venus tröstet: iamque ipse creatus | qui Poenum revocet patriae Latioque revulsum | ante suae muros Karthaginis exuat armis, und doch verspricht er weder den Römern, noch verspricht er den untergang Karthagos. Das verstehen von E. 521 (nr. 14): pandite sulti' genas et corde relinquite somnum als worte Hannibals an seine entnervt von Capuas quartieren wieder ins feld ziehenden soldaten scheint mir wegen des gar zu gemächlichen si voltis nicht treffend; in nr. 22 vermisse ich zwischen dem verse des E. 492 moribus antiquis res stat Romana virisque und den worten des Silius die von dem aufathmen der Römer nach dem siege bei Nola handeln, XII 318 corpore sic toto ac membris Roma omnibus usa | exsangues rursus tollebat ad aethera vultus überhaupt die beziehung, während in nr. 23 und 42 von Vahlens bestimmungen ohne grund und glück abgewichen ist. endlich eine falsche auffassung der stelle Varros de l. lat. VII 104 veranlaszt die worte des E. 571 clamore bovantes (nr. 12) auf die die Römerreihen bei Casilinum durchbrechenden rinder zu beziehen, auf welche auch v. 588 funduntque elatis naribus ignem gehen soll. letzteres ist möglich; möglich ebenso zb. die beziehung auf die sonnenrosse, von denen Verg. Aen. XII 115 sagt: lucemque elatis naribus efflant.

Zustimmend verhalte ich mich zu nr. 7, wo Ennius 557 silvarum saltus latebras lamasque lutosas auf Sardinien gedeutet wird (vgl. oben anm. 6). Die möglichkeit dasz E. 562 populea frus (nr. 20) an die oben unter a behandelten verse anzuschlieszen sei, mag man bereitwillig zugeben 16, ebenso dasz E. 291 nunc hostis vino domiti somnoque sepulti (nr. 14) auf die in Capua verweichlichten Römer gehe, obwol Vahlens andere deutung (quaest. s. LXIII) mindestens ebenso wahrscheinlich ist. glücklicher ist Wezel vielleicht gegen Vahlen (nr. 15) bei E. 316 mortalem summum fortuna repente reddidit e summo regno ut famul infimus esset, worte die Vahlen gern dem

16 nicht ohne zwang könnte dies geschehen mit E. 267 longique cupressistant rectis foliis et amaro corpore buxum, denn sie gehören zum siebenten buch.

Hannibal bei Zama als mahnung für Scipio in den mund legte; dasz regnum nicht gut auf Scipio passe ist zwar richtig; aber die sentenz tritt eben in allgemeiner fassung auf, und dazu eignet sich der thron wie ähnlich Hor. carm. I 34, 14 hinc apicem rapax | Fortuna cum stridore acuto sustulit, hic posuisse gaudet. doch scheint mir die beziehung auf Syphax, der bei S. XVII 142 ex alto deiectus culmine regni heiszt, nicht weniger zutreffend, nur dasz ich für das famul infimus von dem gefangenen, der aufführung im triumph und dann vielleicht seiner erdrosselung im Tullianum entgegensehenden könig doch nicht recht eine erklärung weisz. Die stelle, der ich mehr als möglichkeit, der ich wahrscheinlichkeit zusprechen musz, folgt zuletzt. E. 558 (nr. 6) atque manu magna Romanos inpulit amnis bezieht der vf. auf den Trebia, der auch bei S. IV 573 sich als feind der Römer erweist und personificiert am kampfe lebhaftesten anteil nimt. auf personification aber deutet das manu magna des Ennius, und die richtige beziehung vorausgesetzt könnte dann aus dieser stelle freilich auch der einzigen wo ich den schlusz gelten lassen möchte eine bestätigung gewonnen werden für nachahmung des Ennius durch Silius, sobald man diese anderweitig für festgestellt erachtet.

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Wenn meine besprechung der vorliegenden arbeit einen gröszern umfang gewonnen hat, so liegt der grund einerseits darin, dasz in neuerer zeit über Silius so wenig gearbeitet ist, dasz dem wenigen was erscheint, namentlich wenn redliches streben darin zu tage tritt, wol eine ausführlichere betrachtung gewidmet werden darf. sodann schien mir auch der umstand, dasz ich im ganzen so wenig dem vf. beizupflichten vermochte, die pflicht aufzuerlegen, von weiter her und aus allgemeineren gesichtspuncten den standpunct zu rechtfertigen, von dem ausgehend ich mich oft zu einer principiellen ablehnung der aufstellungen des vf. genötigt sah, zumal da es mir überhaupt wünschenswert schien, einige gesichtspuncte, namentlich bei der frage der imitatio bei römischen dichtern geltend zu machen, denen in der that nach meiner meinung nicht immer die genügende beachtung zu teil wird. dem vf. aber werden, wie ich hoffe, meine darlegungen wenigstens das grosze interesse und die gründlichkeit beweisen, mit denen ich seine arbeit gelesen habe.

BERLIN.

HERMANN BLASS.

ERSTE ABTEILUNG
FÜR CLASSISCHE PHILOLOGIE

HERAUSGEGEBEN VON ALFRED FLECKEISEN.

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REDEN GEHALTEN IN WISSENSCHAFTLICHEN VERSAMMLUNGEN UND KLEINERE AUFSÄTZE VERMISCHTEN INHALTS VON DR. KARL ERNST VON BAER. DRITTER THEIL. auch u. d. t.: HISTORISCHE FRAGEN MIT HÜLFE DER NATURWISSENSCHAFTEN BEANTWORTET VON DR. KARL ERNST VON BAER. St. Petersburg 1873. verlag der kaiserlichen hofbuchhandlung H. Schmitzdorff (Karl Röttger). XIV u. 335 8. 8.

Der name des groszen Karl Ernst von Baer ist auch den philologen nicht unbekannt. die ausdehnung und vielseitigkeit seiner studien hat ihn wiederholt gezwungen in das gebiet der classischen philologie hinüberzugreifen, und wir sind ihm für einige recht wertvolle untersuchungen zu dank verpflichtet, von denen es hier genügen mag auf die erforschung der alten mündung des Araxes hinzuweisen. die neueste schrift des hochbetagten altmeisters der naturforscher, der dritte teil seiner reden und abhandlungen, enthält ausschlieszlich aufsätze aus dem gebiet unserer wissenschaft, allerdings aus einem grenzgebiete, wo der philolog der hilfe des naturforschers nicht entrathen kann und wo er mehr als sonst daran erinnert wird, dasz die philologie keine wissenschaft ist, welche sich systematisch von anderen trennen liesze, sondern nur eine verknüpfung aller derjenigen teile aller anderen wissenschaften, welche sich auf das classische altertum beziehen; dasz sie ihre innere einheit nur im geiste des philologen finden kann, in welchem aus allen diesen elementen eine unwiederbringlich dahingegangene cultur in vollem zusammenhange und in all ihrer herlichkeit wieder erstehen soll. es kann nur im höchsten grade erwünscht sein, wenn sich einmal ein naturforscher auf dieses grenzgebiet begibt und von seinem standpunct aus, auf welchem ihm das 'grammatische' wissen des philologen nur als hilfsmittel dient, die hier einschlagenden fragen erörtert, nachdem sich hier so oft die philologen mit den naturwissenschaften als hilfswissenschaften herumgetummelt haben. erst wenn beide wege betreten worden sind, wird es möglich sein die Jahrbücher für class. philol. 1874 hft. 8.

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einseitigkeiten, welche ein jeder von ihnen mit sich bringt, abzustreifen und so zur erkenntnis des wahren zu gelangen.

Baer sagt im vorwort, dasz er sich seit lange zur regel gemacht habe bei historischen fragen, die ihn aus irgend einem grunde interessierten, immer acht zu haben, ob sie einen naturhistorischen oder naturwissenschaftlichen angriffspunct darböten, und von diesem auszugehen, um sich eine überzeugung zu verschaffen; einige der auf diesem wege angestellten erörterungen, welche ihm von hervorragenderem interesse su sein schienen, wolle er hier vorlegen. das ganze buch ist aus vorträgen hervorgegangen, welche zum teil schon vor längerer zeit in kleineren kreisen gehalten wurden; der druck, schon im j. 1865 begonnen, hat sich durch verschiedene umstände, insbesondere die abnahme der sehkraft des verfassers, sehr hinausgezogen, so dasz manches nicht völlig als aus éinem gusse erscheint, anderes inzwischen auch von anderen erörtert worden ist.

Die erste abhandlung führt den titel: 'was ist von den nachrichten der Griechen über den schwanengesang zu halten?' sie wendet sich in erster linie gegen die bekannte auseinandersetzung in Voss mythologischen briefen II' s. 112 ff. nachdem B. den unterschied der beiden in Südeuropa vorkommenden schwanenarten, cygnus musicus und cygnus olor, hervorgehoben und treiben und gesang des singschwans nach eigenen und fremden beobachtungen geschildert hat, kommt er zu dem resultat, dasz der schwanengesang, von welchem die alten melden, keine poetische fiction sei, dasz diesen berichten wirkliche naturbeobachtungen zu grunde liegen, dasz dagegen die ansicht, die schwäne sängen vor ihrem tode, falsch und vielleicht eine folge des düstern und melancholischen eindrucks sei, welchen der gesang eines volkes schwäne hervorbringe. wenn verschiedene alte schriftsteller die thatsache des schwanengesangs leugnen, so erkläre sich das aus mangelhafter beobachtung, indem man cygnus musicus und cygnus olor für eine einzige art gehalten und natürlich bei cygnus olor von einem gesange nichts wahrgenommen habe.

Wie man sieht, sind das dieselben grundgedanken, welche Müllenhoff bei seiner erörterung in der deutschen altertumskunde I s. 1 ff. geleitet haben. allein Müllenhoff hat sie so unglücklich eingekleidet und dargestellt, dasz der spott von Lehrs (in Kammers einheit der Odyssee s. 793 ff.) sehr begreiflich erscheint. trotzdem ist es Lehrs nicht gelungen die behauptung von Voss zu erweisen, dasz die Griechen erst aus der fremde kunde von singenden schwänen erhalten hätten und der ursprung der schwanenfabeln nicht in ihrer heimat zu suchen sei. eins ist freilich von vorn herein zuzugeben, dasz nemlich bei den späteren dichtern und prosaikern der schwanengesang als etwas bekanntes vorausgesetzt wird, dasz er poetisch verwertet und verherlicht werden kann, ohne dasz der dichter oder seine leser und hörer ihn jemals selbst vernommen zu haben brauchen. an sich läge also kein hindernis vor, den schwanengesang ebenso gut

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