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demnach dürfen wir uns, was die reihenfolge der ereignisse anlangt, unbedenklich an Pausanias halten.2

Ferner weisz nun aber Herodotos nichts von dem bei Pausanias an dritter stelle aufgeführten kampfe, der nach diesem der eigentliche entscheidungskampf ist, oder vielmehr derselbe wird von Her. anders dargestellt, nemlich zusammengeworfen mit dem von Paus. in letzter linie erwähnten nächtlichen überfall. denn dasz im grunde genommen Her. eben doch auch die hauptschlacht meint, welche Paus. im auge hat, das geht hervor sowol aus der groszen zahl der toten als auch aus der die weihgeschenke betreffenden notiz am schlusz des cap. 27; auch bei Paus. § 10 werden solche zum dank für den sieg in der hauptschlacht gestiftet.

Es fragt sich also, welche darstellung mehr innere wahrscheinlichkeit habe, die des Herodotos oder die des Pausanias. da musz es denn doch befremdlich erscheinen, dasz die Thessalier zwar nach Her. mit ihrer ganzen macht zu felde zogen, aber, wie es scheint, keine reiterei hatten, und auch das klingt nicht gerade wahrscheinlich, dasz ein so groszes heer sie waren ja πανδημεί und mit allen bundesgenossen ausmarschiert durch 600 reiter eine so furchtbare niederlage erlitten haben sollte: betrug doch ohne die verwundeten der verlust nach Her. 4000 mann. bei Paus. dagegen haben wir eine in keiner weise die wahrscheinlichkeit verletzende und reich mit einzelheiten ausgeschmückte darstellung, und, was die hauptsache ist, Plutarchos ao. bestätigt und ergänzt dieselbe. mit angabe seiner quelle nemlich, des lebens des Daïphantos, erzählt Plutarch, hie und da einen neuen zug einflechtend, den hauptkampf, der nach ihm bei Kleonä stattfand. er nennt den Daïphantos TρíTOC autòc άρxwv: nun, Pausanias nennt auch die beiden andern; ferner berichtet Plutarch ebenfalls von dem verzweifelten entschlusz der Phokier für den fall einer niederlage."

2 Polyänos VI 18 bildet dagegen keine instanz: denn dasz Wölfflin in seiner ausgabe desselben mit recht auch in diesem falle wie so oft Herodotos als quelle Polyäns anführt, hätte JKlein im rhein, mus. XXIV s. 632 nicht bezweifeln sollen, die ähnlichkeit der darstellung erstreckt sich nemlich nicht nur auf den inhalt des gesagten, sondern auch auf eine ganze reihe von ausdrücken (ich will nur auf eines aufmerksam machen: Paus. § 3 spricht von údpía, Polyänos dagegen wie Herodotos von duopopeîc). dasz die reihenfolge der ereignisse dieselbe ist wie bei Herodotos, habe ich angedeutet, ferner sind ihrer ebenfalls nur zwei, und es fehlt auch bei Polyän jede hinweisung darauf, welches das frühere von beiden sei. ist es demnach wol sicher, dasz dieser seine kunde aus Herodotos geschöpft hat, so musz es in hohem grade auffallen, bei letzterem nicht ebenfalls wie bei Polyän und bei Paus. § 11 erwähnt zu finden, dasz die Phokier zur ausführung ihrer list eine mondhelle nacht benutzten. dasz die nacht, sollte die list gelingen, jedenfalls nicht dunkel sein durfte, ist klar, und auch deshalb halte ich es für wahrscheinlich dasz die bezeichnung derselben als einer mondhellen ausgefallen sei; ich möchte somit vermuten, Herodotos habe geschrieben νυκτὸς πανσελήνου ἐπεθήκατο τοῖς Θεσσαλοῖςι. 3 dann fährt er fort: τὸ μὲν οὖν ψήφισμα Φωκέων Απόνοιαν οἱ

Demnach ist also anzunehmen, dasz Herodotos nur sehr ungenau erzählt und dasz er berichtigt und ergänzt werden musz aus Plutarchos und Pausanias. Her. hat eben offenbar nur eine beiläufige erinnerung nebenher rasch abthun wollen, um in seiner erzählung sofort weiter zu gehen. Paus. dagegen hat, was er von phokischer geschichte erfahren konnte, gesammelt und im zusammenhang niedergeschrieben. nur éin punct erregt in seiner darstellung ein gewisses bedenken, dasz nemlich jener nächtliche überfall ganz unbestimmt als üсTEрOV' geschehen bezeichnet wird, während man nach Her. und eigentlich eo ipso annehmen möchte, derselbe sei nur eine episode des krieges gewesen, der durch die entscheidungsschlacht bei Kleonä beendigt wurde. liesze sich nachweisen, dasz dem wirklich so war, so hätte sich Paus. in diesem éinen puncte geirrt, und seine darstellung würde mit der Herodotischen sich eher vereinigen lassen.

Zu untersuchen bleibt nun noch die chronologische frage. hier kann ich Duncker ebenso wenig beistimmen, wenn er annimt (s. 324 und 325 anm.), diese blutigen kämpfe hätten um das jahr 500 stattgefunden. eine genaue zeitangabe findet sich weder bei Herodotos noch bei Pausanias; Duncker kommt daher zu seiner ansicht lediglich auf folgendem wege. bei Her. VII 176 wird gesagt, die mauer im passe von Thermopylä sei von den Phokiern gebaut worden, als sie an den Thessaliern, da diese aus Thesprotien kommend das nach ihnen benannte land besetzten, gefährliche nachbarn erhielten; diese mauer sei im j. 480 gröstenteils und zwar úπò xpóvou eingestürzt gewesen. somit nimt Duncker an müsse zwischen den in frage stehenden kriegerischen ereignissen und dem kampfe der Griechen gegen Xerxes doch ein längerer friede liegen. Duncker stellt es demnach als selbstverständlich hin, dasz die mauer im j. 500 noch in gutem stande war und von den Phokiern wie in früherer zeit als erste vertheidigungslinie gegen die einfälle ihrer nördlichen feinde betrachtet und benutzt wurde.

Lassen wir vor der hand die frage unerörtert, ob diese voraussetzung begründet sei, und untersuchen wir ob letztere als richtig zugegeben die annahme des j. 500 im übrigen stichhaltig sei.

Ἕλληνες ὠνόμασαν. hier wird jedermann Φωκέων mit ψήφισμα verbinden, dann bleibt will man den text nicht ändern - nur übrig mit den ausgaben 'Aπóvolα zu schreiben; wie fade nun aber die behauptung wäre, leuchtet ein. vielmehr ist nach Paus. zu emendieren, der § 7 richtig sagt: ἅπαντα τὰ ἀνάλγητα βουλεύματα ἀπόνοια ὑπὸ Ἑλλήνων ὀνομάζεται Φωκική, vgl. Polybios XVI 32 τὴν λεγομένην Φωκικὴν ἀπόνοιαν und Steph. Βyz. unter Φωκίς: ἔτι γὰρ καὶ παροιμία «Φωκική ἀπόνοια» ἐπὶ τῶν τὰ ἀναλγῆ βουλευομένων. demnach ist zu lesen το μὲν οὖν ψήφισμα Φωκικὴν ἀπόνοιαν usw., oder, weil man in diesem falle statt des artikels eher das demonstrativpronomen erwartete, Tò μὲν οὖν ψήφισμα Φωκέων Φωκικὴν ἀπόνοιαν οἱ Ἕλληνες ὠνόμασαν.

4 dasz in der betreffenden stelle § 11 wol ἀποδέοντα (statt ἀποδέον) lesen sei, habe ich in der beilage zum programm des gymnasiums idelberg von 1873 wahrscheinlich zu machen gesucht.

Ist es wol wahrscheinlich, dasz eine mauer, die ihrem zwecke entsprechend jedenfalls eine bedeutende festigkeit hatte, bis zum j. 480 gröstenteils únò xрóvoυ verfallen konnte, während sie im j. 500 noch in gutem stande war? Duncker wäre darum gewis auch bei seiner fixierung des zeitpunctes weiter zurückgegangen, wenn nicht Herodotos VIII 27 sagte, die niederlagen der Thessalier hätten stattgefunden οὐ πολλοῖς ἔτει πρότερον ταύτης τῆς βαςιλέος στρατηλασίης. aber eben diese angabe Herodots ist ein zweiter fingerzeig für die unrichtigkeit der Dunckerschen ansicht: denn mit où πỏλλoîci ¤teci konnte Her. doch wol kaum einen zeitraum von zwanzig jahren bezeichnen, so wenig wie Pausanias, wenn er § 3 sagt, diese ereignisse seien vorgefallen πρότερον ἔτι ἢ ἐλάσαι τὸν Μῆδον ἐπὶ Ἕλληνας, wo ἔτι wol sicherlich weggeblieben wäre, wenn es sich wirklich um volle zwanzig jahre handelte. ferner würden, wenn Dunckers ansicht die richtige wäre und diese kämpfe vor den ersten Perserzug hinaufgerückt werden müsten, Herodotos und Pausanias wol eher gesagt haben, dieselben hätten sich ereignet vor den Perserkriegen, nicht aber vor dem zuge des Xerxes. was aber die hauptsache ist: obige voraussetzung Dunckers ist falsch. hätten nemlich die Phokier jahrhunderte lang bis zum j. 500 die mauer in stand gehalten, um sie zu jeder zeit als erstes bollwerk gegen die einfälle der Thessalier gebrauchen zu können, so ist kein plausibler grund abzusehen, weshalb sie nach diesem jahre plötzlich anderes sinnes geworden wären und die mauer hätten zerfallen lassen. in jener zeit berührten sie mit ihrem gebiet überhaupt den pass nicht mehr, vielmehr saszen gleich östlich von demselben die Lokrier, und die erste vertheidigungslinie der Phokier bildete das Knemisgebirge, nicht Thermopylä.

Folgen wir also ganz unbefangen den quellen, welche übereinstimmend sagen, der krieg habe wenige jahre vor dem zuge des Xerxes stattgefunden, und nehmen wir ungefähr das jahr 485 an, so werden wir der wahrheit so nahe kommen, als es bei unsern mitteln überhaupt möglich ist.

BURGDORF (SCHWEIZ).

HERMANN HITZIG.

24.

THE HISTORY OF SICILY TO THE ATHENIAN WAR; WITH ELUCIDATIONS OF THE SICILIAN ODES OF PINDAR, BY W. WATKISS LLOYD. WITH A MAP. London, J. Murray. 1872. 396 s. gr. 8.

Der deutsche leser, der diesen titel erblickt, fragt natürlich zuerst danach, wie sich der vf. zu dem ersten bande von AHolms geschichte Siciliens im altertum stellt, welcher bekanntlich bis zu genau demselben, durch die sachlage selbst an die hand gegebenen zeitabschnitte sich erstreckt. gienge nun jene frage aus dem wunsche hervor, durch eigene äuszerungen des vf. sich über jenes verhältnis belehrt zu sehen, so müste ref. allerdings bedauern keine weitere auskunft geben zu können. denn gekannt hat zwar der vf.

Holms buch, wie ein (einziger) kurzer verweis auf dasselbe, noch dazu in einer recht nebensächlichen frage, beweist; aber nach mehrerem würde man sich vergebens umsehen; und auch unter den gern einmal ins allgemeine so bezeichneten 'German' bez. 'continental critics', unter welcher firma meistens, obwol nicht ausschlieszlich, besonders Böckh und Dissen in meist ebenso oberflächlicher wie selbstgefälliger weise angegriffen werden, ist Holm nicht mit zu suchen während anderseits Lobeck und KOMüller ab und zu mit besonderer vorliebe und genugthuung benutzt erscheinen. möglich immerhin, dasz das manuscript schon abgeschlossen und der druck begonnen war, als dem vf. die neue deutsche erscheinung zu gesicht kam. jedenfalls darf seiner arbeit von unserer seite der vergleich mit derselben nicht erspart werden, und hier meint ref. allerdings im interesse des lesers zu handeln, wenn er von den beiden zur bezeichnung des ergebnisses möglichen wegen den kürzesten wählt und unter verzicht auf jede polemik im einzelnen jenes so knapp zusammenfaszt als sich eben ausdrücken läszt: dasz der vf., dessen sonstige specialarbeiten hauptsächlich auf antiquarisch-numismatischem gebiet dem ref. freilich nicht bekannt geworden sind, wenigstens auf dem hier betretenen felde durchaus als ein dilettant zu betrachten ist, der weder von einer methodischen benutzung der quellen eine ahnung hat (in bezug auf die ganz sporadische anführung der letzteren ist ref. übrigens auch nicht recht im stande gewesen ein princip zu erkennen, das dabei obgewaltet haben könnte) noch davon, für welche fragen denn noch eigentlich das bedürfnis einer erneuten untersuchung vorlag und wie die heutige wissenschaft zu ihnen steht; kurz, dasz die wissenschaft durch das buch nach keiner seite hin eine wirkliche förderung erfahren hat, selbst von dem standpunct aus betrachtet, den zb. Brunet de Presles inzwischen zwar längst überholte, aber für ihre zeit wirklich respectable 'recherches sur les établissements des Grecs en Sicile' bezeichnen. das gesagte gilt ebenso sehr für den ersten, allgemeinen teil des buches, und zwar sowol in den auf die politische als auch in den auf cultur-, litteratur- und kunstgeschichte bezüglichen partien, wie für den zweiten, an umfang nur wenig schwächeren, der dem vf. fast am meisten am herzen gelegen zu haben scheint. auch für die specielle Pindarphilologie ist mit diesen übersetzungen samt den jeweilig voraufgehenden, von keinen festen grundsätzen getragenen und gar zu häufig auch nur durch das persönliche belieben motivierten versuchen, anspielungen und bezüge herauszufinden, nichts gewonnen. der vf. würde seinen landsleuten einen bedeutend bessern dienst erwiesen haben, wenn er ihnen Holms ersten band einfach hätte übersetzen wollen. keinesfalls und dasz ist schlieszlich der ganze zweck dieser zeilen möge jemand, der auf einschlägigen gebieten arbeitet, glauben dasz ihm etwas entgangen sei, falls er nicht in der lage wäre sich das buch verschaffen zu können.

DRESDEN.

OTTO MELTzer.

25.

ZUM HEAUTONTIMORUMENOS DES TERENTIUS.

Der Heautontimorumenos ist deshalb merkwürdig, weil der dichter sein griechisches vorbild wesentlich anders benutzt hat als in den übrigen stücken. er begibt sich hier auf ein ganz neues gebiet und deutet dies in dem prolog mehrfach an. er verläszt jene art zu dichten, welche man ihm zum vorwurf gemacht hatte: multas contaminasse graecas, dum facit | paucas latinas (prol. 18. 19), und schlägt einen neuen weg ein: ex integra graeca integram comoediam | hodie sum acturus (prol. 4. 5): er versucht aus einer griechischen komödie eine römische zu machen. während er zb. seine Andria aus der Andria und Perinthia des Menandros zusammenschmolz, bearbeitet er hier éin griechisches stück für das römische publicum. aber gerade die art der bearbeitung ist ebenfalls, wie die untersuchung zeigen wird, eine art contamination, wenn auch nicht im sinne der gegner des dichters.

Welches zunächst das griechische original gewesen ist, kann nicht zweifelhaft sein. schon der griechische titel der komödie deutet auf ein griechisches stück dieses namens, welches Terentius benutzte. wenn nun hinzukommt die notiz des Galenos zu Hippokrates de artic. 12 s. 316 (Chartier) ἑαυτὸν τιμωρούμενος ἐπιγέγραπται τὸ Μενάνδρου δράμα und des dichters eigenes zeugnis im prolog v. 4, so bedarf es kaum der bestätigung des scholiasten Eugraphius: Heautontimorumenos Menandri est, und der didaskalie: graeca Menandru, um festzustellen dasz des Terentius stück eine nachahmung des gleichnamigen Menandrischen ist. das wird auch bestätigt durch die wenigen fragmente welche uns aus Menandros stück erhalten und um so wichtiger sind, weil wir den commentar des Donatus zu dieser komödie entbehren. die betrachtung dieser fragmente wird ergeben, in wie weit Terentius seinem vorbilde gefolgt ist.

Der scholiast des Platon spricht (s. 380 Bk.) über die verbindung von oμoû mit zahlwörtern und gibt als beispiel an: κai Méνανδρος ἐν τῷ ἑαυτὸν τιμωρουμένῳ πρὸς τῆς Ἀθηνᾶς, δαιμονᾷς, γεγονὼς ἔτη | τοσαῦθ ̓; ὁμοῦ γάρ ἐστιν ἑξήκοντά col. die worte stimmen genau mit denen des Terentius v. 61 f.: nam pro deum atque hominum fidem, quid vis tibi? | quid quaeris? annos sexaginta natus es. auf dieselbe scene hat schon Canter var. lect. II 4 die worte aus Athenäos VI 231 Μένανδρος Εαυτόν τιμωρουμένῳ· λουτρὸν θεραπαίνας ἀργυρώματα (von HJacobi vervollständigt zu λουτρὸν θεραπαίνας Στρώματ ̓ ἀργυρώματα) bezogen, dem Meineke 'fragmenta comicorum graecorum' band IV s. 111 und Benfey in seiner übersetzung s. 354 gefolgt sind. allerdings läszt sich nicht leugnen dasz die worte des Ter. v. 130 f. ancillae tot me vestiant? sumptus domi | tantos ego solus faciam? wol eine umschreibung der Menandrischen sein können. endlich hat Lindenbrog in seiner ausJahrbücher für class. philol. 1874 hft. 2.

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