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besuchte er im Frühling des J. 56 am Vorgebirge Rhoeteum in Troas das Grab seines früh und fern von der Heimat verstorbenen Bruders, dessen er wiederholt in rührender Klage gedenkt. Er lebte darauf einige Zeit fern von Rom in seiner Heimat; dort war es auch, wo er mit Cäsar zusammenkam, den er nebst seinen Kreaturen Vatinius und Mamurra als eifriger Republikaner ebenso wie Calvus und Furius Bibaculus bis dahin mit seinen beifsendsten Epigrammen (Tac. ann. 4, 34 carmina Bibaculi et Catulli referta contumeliis Caesarum leguntur: sed ipse divus Iulius, ipse divus Augustus et tulere ista et reliquere) verfolgt hatte. Cäsar, der bei seinem Aufenthalt in Oberitalien die Gastfreundschaft von Catulls Vater genofs, bot dem jungen Dichter die Hand zur Versöhnung. Dies war im J. 54, und da wir kein Gedicht Catulls haben, in welchem Ereignisse aus späteren Jahren erwähnt werden, so ist es wahrscheinlich, dafs der Dichter in diesem Jahre vor der Zeit 2) gestorben ist.")

Seine Gedichte gehörten zu den beliebtesten der Zeit und erhielten sich lange in der Gunst der Gebildeten. Von den Neueren haben ihrer Bewunderung für den Dichter namentlich Fénelon (Lettre sur les occupations de l'Académie française V: il est au comble de la perfection pour une simplicité passionnée), Friedrich der Grosse (de la Littér. allem. 1780, p. 10), Lessing, Wieland (Agathon B. 4 und 5), Niebuhr (Vortr. über röm. G. 3, 127) und Macaulay (Life 1, 468 'the simplicity, the pathos, the perfect grace, which I find in the great Athenian models, are all in Catullus, and in him alone of the Romans') Ausdruck verliehen.

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CATULL,

I. An die Freunde.

Nr. 1 (c. 1).

Quoi dono lepidum novum libellum,
Arida modo pumice expolitum?

I. Mit diesen Worten widmet Catull eine Sammlung seiner Gedichte, wahrscheinlich nur einen Teil derjenigen, welche uns erhalten ist, seinem Gönner und Landsmann Cornelius Nepos, dem bekannten Geschichtschreiber. Zugleich deutet er den Inhalt der Sammlung kurz an (nugae) und bittet um den Schutz der Muse. Nepos hat des Catull Att. 12, 4 ehrenvoll gedacht.

1. Quoi] ältere Form für cui. dono widmen; Hor. epp. II 1, 267. Die lebhaftere Form der Frage im Indik. Praes. statt des mehr erwägenden Konj. dubit. (quid ago? statt quid agam?) gehört der Umgangssprache an (Lor. z. Plaut. Most.2 368; Niem. z. Plaut. Trin. 1062; Cic. ad Att., VII 20, 2; XIII 40, 2; XIV 13, 4; p. Quinct. 16, 53); doch findet sie sich auch sonst (Langen ad Val. Fl. Arg. 5, 285); der Indik. neben dem Konj. in demselben Satz Cic. ad Att. XVI 8, 2 Romamne venio an hic maneo an Arpinum fugiam? p. Quinct. 17, 54. Ebenso im Deutschen: Goethe (Widmung der Venez. Epigr.) sagt, wem geb' ich dies Büchlein? der Fürstin, die mir's gegeben, die uns Italien noch jetzt in Germanien Röm. Elegiker. 4. Aufl.

schafft.' lepid. nov.] Asyndeton wie Nr. II 11; X 9; XVII 10; XVIII 11. Die asyndetische Verbindung begrifflich verwandter, oft zugleich allitterierender Worte findet sich namentlich im älteren Latein häufig. lepidum] nett, vom zierlichen Aufseren. 6, 7 steht es vom scherzhaften Inhalt (lepido versu). Ausonius (23, 1 p. 120 Sch.) verstand es vom zierlichen Inhalt, wie seine Worte at nos inlepidum, rudem libellum, burras quisquilias ineptiasque, credemus gremio cui fovendum? lehren. - lepidum novum libellum]. Die röm. Dichter scheuten gleichen Auslaut bei mehreren aufeinander folgenden Wörtern so wenig wie die Prosaiker; Nr. II 11; Nipp. z. Tac. ann. 1, 2; 24; 59. novum] weil eben erst (modo) fertig gestellt. Mart. IV 10, 1 novus nec adhuc rasa fronte libellus. libellum] Das Poesiebuch der Römer hatte gewöhnlich weniger Zeilen als das Prosabuch (liber); daher libellus.

2. arida pumice] pumex (Bimsstein, pumice-stone) ist gewöhnlich masc.; ähnlich silex m. u. f. Die Ränder der Bücherrollen, welche aus Papyrus angefertigt waren,

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Corneli, tibi: namque tu solebas
Meas esse aliquid putare nugas,
Iam tum cum ausus es unus Italorum
Omne aevum tribus explicare chartis,
Doctis, Iuppiter, et laboriosis.
Quare habe tibi quidquid hoc libelli,

wurden mit Bimsstein geglättet, um der Zerfaserung der Rolle vorzubeugen; Lygd. 1, 10 pumex canas tondeat ante comas; Ov. Nr. VIII 11. 3. solebas] wiederholt im mündlichen Verkehr.

4. esse al.] eival vi, Wert haben; Ov. Nr. 17; IX 53. nugas] nicht verächtlich; vgl. Ovid, der seine Fasten (1, 5) levem honorem nennt. Porph. z. Hor. s. 1 9, 2 sic verecunde poetae nugas solent appellare versiculos suos; epp. I 19, 42; II 2, 141. nugae scil. res (Nichtigkeiten) das Femin. zu dem veralteten naucus, das sich nur in der Verbindung non nauci = ne hili

nibili erhalten hat.

5. ausus] audere 'unternehmen'. Er war der erste Römer, der ein solches Lehrbuch der Geschichte schrieb; bald folgten die Annalen des M. Terentius Varro und des

Atticus annalis. - Italorum] Verg. A. 3, 185; sonst Itali mit dem bei Eigennamen üblichen Schwanken der Quantität. Wie früher die Bundesgenossen nannten sich später die Bewohner der Kolonistenlandschaften mit Vorliebe und Stolz Itali (Nissen IL 1, 83).

6. o. aev. expl.] explicare ist ein Lieblingswort des Nepos; s. Epam. 4,6 vitam explicare und Pelop. 1, 1 res explicare. Timoth. 4, 6 rationem expl.; Hannib. 13, 4 imperatores Rom. expl.; pr. ea quae exorsus sum expl. Cic. Brut. 4, 15 expl. ordines temporum. charta] záoτnseig.ein zubereitetes Papyrusblatt, das damals für Bücher noch gebräuchlichste Material (Guhl u. K. 338 f.), dann übertr. ein ganzes

Buch; zuweilen auch ein einzelnes Gedicht (Hor. c. IV 8, 21; 9,31; s. I 5, 104; 10, 12; epp. II 1, 161). Cornelius hatte eine Universalgeschichte in 3 Büchern geschrieben (libr. 3 chronicon). Beachte den Gegensatz zwischen omne und tribus, da tres überhaupt eine kleine Anzahl bezeichnet. Prop. IV 10, 26 iugera terna ein kleines Gebiet; Ov. ex P. IV 3, 26 verbis charta notata tribus. Ähnlich schreibt Cicero von dem Annalis des Atticus (Brut. 3, 14): libri . . ., quo iste omnem rerum memoriam breviter et... perdiligenter complexus est.

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7. luppiter] dient zur Bekräftigung, wie unser: bei Gott. Verg. A. 4, 590; sonst häufiger Hercules, hercle, Castor. labóriósis] mit gesuchtem Gleichklang. Cat. 38, 2 labórióse; Hor. ep. 5, 43 ótiósa; c. Il 1, 36 óra cruóre; II 1, 48 operósióres; 6, 48 vitiósiórem; 18, 11 ótióso (Kiefsl. z. c. I 2, 1). Gellius IX 12, 10 labor. dicit (Calvus) non, ut vulgo dicitur, qui laborat, sed in quo laboratur.

8. habe tibi] die gewöhnliche Wortstellung in dieser bei Überweisung eines Eigentums üblichen Formel tibi habe (vgl. bei Ehescheidungen: tibi habe res tuas) ist des Metrums wegen geändert. Ähnlich crede mihi in der Umgangssprache neben gewählterem mihi crede(Niem. z. Plaut. Men. 1089; Landgraf z. Cic. Rosc. A. 93). — quidquid hoc lib.] Cic. ad fam. II 8, 3 hoc litterarum; ad Att. 12, 1 hoc litterularum; ad fam. IV 10, 1; XI 8, 1. Verg. A. 1, 78 quodcumque hoc regni.

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Qualecumque quod, o patrona virgo, Plus uno maneat peremne saeclo.

Nr. II (c. 46).

Iam ver egelidos refert tepores, lam caeli furor aequinoctialis locundis zephyri silescit aureis. Linquantur Phrygii, Catulle, campi Nicaeaeque ager uber aestuosae:

9. qualec. quod] für quod, qualecumque est, maneat; Prop. Nr. XVII 16; XXVI 17; III 23, 9. Mit qualiscumque pflegt man den Zustand einer Sache zu entschuldigen; Ov. m. 11, 288. — patrona virgo] die Muse. Der Singular steht kollektivisch, wie häufig bei Namen von Gottheiten, die in Mehrzahl gedacht werden; so Gratia Ov. met. 6, 429; Pimplei Hor. c. I 26, 9; Kiefsl. z. c. IV 7, 5.

Sonst

heifsen die Musen doctae virgines; s. z. Nr. X 2. Rhianos (schol. ad Ap. Rh. 3, 1) sagt von ihnen лãoαi δ ̓ εἰσαίουσι, μιᾶς ὅτε τοὔνομα λέξεις. patrona] Die Dichter stehn unter der Klientel der Musen.

10. peremne] st. perenne, indem man das Wort fälschlich von amnis (aus beständiger Quelle fliefsend) ableitete; richtiger von annus (vgl. Ov. f. 3, 654 Anna Perenna).

II. Dies Gedicht ist im Frühling des J. 56 verfafst, als Catull im Begriff stand Bithynien zu verlassen; er verabschiedet sich damit von der Cohors (z. Tib. Nr. III 2) des Memmius.

1. egelidus] heifst sowohl 'sehr kalť', als 'lau'; hier natürlich das letztere. -tep.] der Plur. bezeichnet den Zustand der Witterung; so griechisch meist θάλπη, ψύχη. Die Alten setzten Frühlingsanfang auf den 7., 8. oder 10. Februar' Nissen IL 1, 385.

2. Zur Zeit der Tag- und Nacht

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gleiche, Ende März und September, wehen gewöhnlich heftige Stürme; Tac. ann. 1, 70 sidere aequinoctii, quo maxime tumescit Oceanus. Man unterscheidet aequin. vernum, quod est IX kal. Apriles; Favonius VII idus Februarias (Varro r. r. 1, 28) und aequin. autumnale, quod est a. d. VI kal. Oct.; Sueton rel. R 158 aequinoctiales dies sunt, in quibus dies et nox aequalibus horarum spatiis evolvuntur.

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3. Bei Homer ist der Zephyr auch ein heftiger Sturmwind (Zépvoos Susans Od. 12, 289; II. 23, 200; 208). Als Frühlingswind erwähnt ihn Hor. c. IV 12, 1; epp. 1 7, 13; AP 10,1 ὁ πλόος ὡραῖος καὶ γὰρ λαλαγεῦσα χελιδών ἤδη μέμβλωκεν τώ χαρίεις Ζέφυρος (Cic. ad Att. IX 7, 5; 18, 3; X 2, 1).

ioc. aureis (= auris) abl. — Ov. tr. 2, 151 venti subsidunt et silescunt.

4. linqu.] z. Nr. XXVII 117. Catulle] solet in nomine quaedam esse emphasis: Serv. ad Aen. 2, 79.

5. Strabo XII 4, 7 (p. 565) NIκαια ἡ μητρόπολις τῆς Βιθυνίας ἐπὶ τῇ Ασκανίᾳ λίμνῃ [περίκειται δὲ κύκλῳ πεδίον μέγα καὶ σφόδρα Evdaquor (uber: so schon Il. 13, 793), οὐ πάνυ δὲ ὑγιεινὸν τοῦ θέρους (aestuosae)], κτίσμα Αν τιγόνου μὲν πρῶτον τοῦ Φι λίππου, δς αὐτὴν ̓Αντιγόνειαν προσεῖπεν, εἶτα Λυσιμάχου, δε ἀπὸ τῆς γυναικὸς μετωνόμασε

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