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15. September 1917.

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Vereinigung von Gebrauchsarm für das tägliche Leben mit Arbeitsarm für den Beruf. stumpfes in einen Hautschlauch und in der Herstellung eines Kanales im Beuger oder Strecker oder in beiden, der durch den Hautschlauch ausgefüttert wird, und der durch die Hautbrücke seine natürliche Ernährung erhält. Dadurch entsteht ein Kraftwulst, der die Uebertragung der Muskelbewegung und Energie mittels eines Elfenbein- oder vernickelten Metall

pen und trotz ihrer jahrzehntelangen Uebung in Wechselwirkung sie unabhängig voneinander zu betätigen und so, statt Beuger und Strecker im Tonus arbeiten zu lassen, z B. den Beuger für die Oeffnung der Finger, den Strecker für die Pro- und Supination heranzuziehen. Prof. Bethe in Frankfurt hat diese Untersuchungen (Münchner Med. Wochen

schrift 1916 S. 1577) in eingehender Weise durchgeführt, wie in Abb. 27 kurz dargestellt ist. Der Amputierte hat je im Beuger- und Streckerwulst einen Arbeitstift. Die Muskeln wirken auf Federn, deren Spannung und Bewegung auf einer kreisenden Trommel, deren Drehzahl die Zeit angibt, aufgezeichnet werden können.

Das obere Bild zeigt die Apparatur, das mittlere die normale reziproke Wirkung von Beugern und Streckern, d. h. wenn der Beuger sich anspannt, erschlafft der Strecker und umgekehrt. Das untere Bild beweist, daß die Amputierten es aber auch erlernen können, Beuger und Strecker

oder sie zu trennen. Je nach dem Wege, den man einschlägt, wird das mechanische Kunstglied ausgestaltet werden müssen, dessen Güte allein über die künftige Verwendungsmöglichkeit der Vanghetti - Sauerbruch-Operation entscheiden wird. Das Ergebnis wird ferner lehren, ob die physiologische Leistung des natürlichen Armes, dessen erste Grundlage das Gefühl, dessen zweite die Kraftäußerung ist, durch ein mechanisches Kunstglied dauernd nachgeahmt werden kann, und ob es zweckmäßig ist, sie nachzuabmen. Ueber die Brauchbarkeit einer Kunsthand entscheiden nur zweckmäßige Dauerleistungen und nicht theoretisch-wissenschaftliche psychologische Forderungen. Eine unphysiologische Keller-Hand kann praktisch viel brauchbarer sein als die feinste physiologisch-theoretisch richtige Kunsthand mit einer oder mehr Muskelquellen, die aber in kurzer Zeit zu Bruch geht. Die Entscheidung über die Brauchbarkeit wer

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Kraftwulst, mit Elfenbeinstift ausgerüstet. Abb. 26. Muskelbildung nach Sauerbruch.

unabhängig von einander zu bewegen, d. b. sie gleichzeitig zu straffen oder gleichzeitig zu entspannen. An der Stelle S wurde das Kommando » Strecken«, an der Stelle B das Kommando »Beugen« erteilt, an der Stelle Z »Zusammen«. Man sieht, daß tatsächlich der Strecker sich strafft, während der Beuger, allerdings nach einer kleinen Entspannung, gleichzeitig gestrafft bleibt, und es scheint so, als ob nach verhältnismäßig kurzer Zeit die Unabhängigkeit der Muskelgruppen voneinander erzielt werden kann. Die Zukunft wird zeigen, ob es zweckmäßig ist, an der angeborenen Zusammenarbeit von Beuger- und Streckermuskeln festzuhalten,

Gegenläufiges und gleichzeitiges Anspannen von Beuger und Strecker, willkürlich ausgeführt.

Abb. 27.

Bewegung und Kraft der Stumpfmuskulatur nach Prof. Bethe in Frankfurt.

den in allen Fällen niemals die ärztlichen oder technischen Konstrukteure fällen, sondern nur die Amputierten selbst.

Infolgedessen halten wir auch die Durcharbeitung der Ansatzstücke für die verschiedenen Berufe bei der Ausübung dauernder Werkstattstätigkeit zur Zeit für wichtiger als die Konstruktion künstlicher Hände, weil in der Werkstatt, im Handwerk und in der Landwirtschaft in den meisten Fällen einfache Verrichtungen ausgeübt werden, die sich immer wiederholen, und die infolgedessen auf einfache Grundelemente zurückzuführen sind. Diese lassen sich stets in sehr widerstandsfähigen und einfachen Formen festlegen, Abb. 28 und 29, die für die einzelnen Berufe in sorgfältiger Beobachtung der verschiedenen Anforderungen durchgearbeitet sind (vergl. Merkbl. 5, 8 bis 14). Die Ansatzstücke wechseln je nach dem Beruf, sind vielseitiger im Handwerk als für Maschinenarbeiter und richten sich ferner nach den Amputationsgraden mit Rücksicht darauf, daß der Unterarmamputierte viel mehr ausführen kann als der Oberarmamputierte. Die allgemeine

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15. September 1917.

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Einführung der Ansatzstücke ist dadurch sehr erleichtert worden, daß durch die Normalisierung der Befestigungszapfen in allen Prüfstellen und Fabriken im Reich gleichzeitig gearbeitet werden konnte, und ebenso in Oesterreich und Ungarn, für die sie gleichmäßig gilt (vergl. Merkbl. 2). Es ist dies die erste Normalisierung, die ganz Mitteleuropa umfaßt.

Die Frage des Armersatzes ist heute auf eine sichere Grundlage gestellt. Es ist durch die Tätigkeit der Prüfstelle nicht nur alles zusammengetragen, was hier brauchbar war, sondern es wurde auch gesichtet und verglichen und soweit durchgearbeitet, daß das Weiterarbeiten für die Fachwelt ganz wesentlich erleichtert ist. Für die Behörden entstand der Vorteil, daß sie nicht auf das Urteil eines Einzelnen bei der Beschaffung eines Armes für den einzelnen Fall angewiesen waren, sondern daß heute praktisch erprobte Grundlagen vorliegen, die es ermöglichen, Fehlgriffe auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Wir kommen nun zur zweiten Hauptfrage, das ist die Schaffung von guten Ersatzbeinen. Die Lösung der Aufgabe ist aus bestimmten Gründen schwieriger als beim Arm. Zwar sind die Schwierigkeiten, die die Nachahmung von Finger- und Handbewegungen verursacht, groß; aber anderseits unterliegt es keinem Zweifel, daß viele Dinge im Leben mit einer Hand ausgeführt werden können, z. B. in allen Berufen, die vorwiegend Kopfarbeit verlangen, in denen der Mensch also nicht unbedingt zwei Arme zur Verfügung haben muß. Ein Rechtsanwalt, ein Ingenieur, der nicht gerade am Brett zeichnet, ein Offizier, ein Kaufmann, ja auch ein Buchhalter kommt zur Not mit einem Arm aus. Man kann Generalstabs-Offizier sein, man kann einen Betrieb mit einem Arm leiten, aber man kann nur sehr schwer dauernd durch einen Betrieb laufen oder sich auch nur vom Bett zum Stuhl bewegen, wenn man nur über einen Fuß verfügt. Die Krücke oder der vom Beinkleid verdeckte Stelzfuß sind Geräte, die viel auffälliger sind als der leere Aermel, in dem sich der Armstumpf befindet. Der Mann, der ans Bett gefesselt ist, ist auch stets viel bedrückter und hilfloser als ein Einarmiger, der sich frei bewegen kann. Dazu kommt, daß die Zahl der Beinamputierten ganz wesentlich größer als die der Armamputierten ist; auch hier ist der schwierigste und leider häufigste Fall der des Oberschenkelamputierten.

Die Herstellung des Beines zerfällt für Oberschenkelstümpfe in die Bandage nebst ihrer Befestigung am Körper, das Kniegelenk nebst Unterschenkel und das Knöchelgelenk nebst Fuß. Die Verschiedenartigkeit der Ausführung der einzelnen Teile spielt eine untergeordnete Rolle, wenn nur ihre Gesamtwirkung einen guten Gang erzeugt. Es ist von Bedeutung, festzustellen, daß viel mehr als beim Armersatz die persönliche Geschicklichkeit und der feste Wille des Amputierten, sich mit dem Ersatzbein abzufinden und seinen Mechanismus zu beherrschen, geradezu ausschlaggebend sind. Ein geschickter Amputierter geht mit einem mittelmäßigen Bein viel besser, als ein ungeschickter mit dem besten Ersatzglied. Selbstverständlich ist, daß das Zusammentreffen von hoher Geschicklichkeit mit vollendeter Beinkonstruktion das beste Ergebnis zeitigen wird. Daher ist es dringend notwendig, die erfinderische Tätigkeit aller heranzuziehen, zu sichten, die Ergebnisse zusammenzutragen und zu vereinigen, bis wir schließlich zu einem vollendeten Beinersatz gekommen sind.

Wir betrachten es als den Hauptvorzug unserer prüfenden Arbeit, daß der unbekannte Dorfarzt so gut wie der berühmte Orthopäde in der Großstadt, der kleine Mechaniker wie der große Ingenieur zu Worte kommen kann, und daß seine Arbeit mit derselben Liebe, und nur von dem Gedanken geleitet, etwas Gutes zu finden, beurteilt wird.

Ausgangspunkt für unsere Untersuchungen ist der natürliche Gang des Menschen. Die wissenschaftliche Literatur über den Ersatz des Beines ist groß im Gegensatz zu der Behandlung des Armersatzes. Der Gegenstand ist insbesondere durch das umfassende Werk Fischers') so gründlich und so er

1) Fischer, Der Gang des Menschen, Leipzig, B. G. Teubner.

deutscher Ingenieure.

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spitze fast parallel zum Boden durchschwingt, ohne ihn während der Schwingperiode zu berühren. Das charakteristische Längerwerden des Beines vom Hüftgelenk bis zur Zehenspitze bei nach unten gestreckter Zehe, dann das Wiederkürzerwerden in der Mitte durch Anziehen der Zehe, das schnelle Aufsetzen des Absatzes und das mit größter Beschleunigung erfolgte Niederdrücken der Spitze auf den Fußboden, um eine gute Stützfläche zu erreichen, alles das geht aus dem Bilde mit größter Deutlichkeit hervor und weist uns die Wege, die wir bei der konstruktiven Nachbildung dieser verwickelten Bewegungen einschlagen müssen. Wenn man von der in jedem Fall individuell auszuführenden Oberschenkelhülse absieht, die nur durch einen sehr tüchtigen Bandagisten an die ewig wechselnde Form des vorhandenen Stumpfes anpaßbar ist, so ist der Ausgangspunkt für unsere Untersuchungen das Kniegelenk. Es ist das Zentrum der Schwingung des Beines und der Stützpunkt beim Stehen und Gehen. Wir verlangen von einem richtig durchkon

Abb. 31.

Der Femurkopf des Kniegelenkes.

15. September 1917.

struierten mechanischen Kniegelenk, daß der Ersatzbeinträger schnell gehen, sicher stehen und dauernd sitzen kann, ohne daß seinem Stumpf dadurch Beschwerden und seinem Körper Belästigungen entstehen. Es ist üblich, das Kniegelenk durch ein einfaches zylindrisches Zapfengelenk zu ersetzen. Die Betrachtung des FemurKopfes am Knie,

Abb. 31, zeigt aber,

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daß es sich nicht um ein einfaches Zapfen- oder Kugelgelenk handelt, wie etwa bei der Schulter, sondern daß der abrollende Femur-Kopf durch Kurven gebildet ist, deren Krümmung von der Kniescheibe nach hinten stark abnimmt, so also, daß zunächst mit einem kleinen Krümmungshalbmesser, dann mit einem immer größer werdenden gearbeitet wird. Mechanisch lassen sich solche Kurvenbahnen wohl nachahmen, aber sie sind schwierig herstellbar und bedenklich mit Rücksicht auf die Abnutzung und Wiederinstandsetzung. Fast bei allen Beinkonstruktionen, mit Ausnahme des Bratzschen Gelenkes, findet man daher, daß das künstliche Kniegelenk durch ein einfaches zylindrisches Zapfengelenk ersetzt wird, da es im wesentlichen darauf ankommt, das Bein im Kniegelenk zu beugen und wieder zu strecken. So schwierige Verrichtungen, wie sie der Ellbogen auszuführen hat, dessen Lagen am Arm etwa der des Kniegelenkes am Bein entsprechen, kommen niemals vor; dazu kommt, daß auch die Belastung beim Bein viel günstiger und gleichmäßiger ist. Es handelt sich ja in allen Fällen um eine senkrechte Druckbelastung durch das Körpergewicht, die von null durch einen Höchstwert nach null an- und abschwillt, verbunden mit einer kurzen Pendelschwingung um die Knieachse, die für die Steuerungs- und Abnutzungsverhältnisse sehr günstig ist. Querbeanspruchungen, Verdrehungen u. dergl. kommen normalerweise nicht vor. Durch Einführung eines einfachen Zapfengelenkes kann man allerdings die Eigentümlichkeit des menschlichen Beines, daß es gewissermaßen beim Sitzen andre Längen als beim Gehen hat, nicht nachmachen. Trotzdem verlangt der Amputierte mit Recht, daß das künstliche Kniegelenk ebenso hoch ist und von gleicher Form wie das natürliche, und daß beim Gehen der veränderten Sachlage in der Weise Rechnung getragen wird, daß sie dem normalen Beschauer nicht unangenehm auffällt. Er legt daher mit Recht auf die äußere Form großen Wert, insbesondere dann, wenn er, wie der Offizier, mit prall anliegenden Beinkleidern zu rechnen hat, die unschöne Ecken, Verbreiterungen und Verdickungen, die zwar praktische Konstruktionen zur Unterlage, aber häßliches Aeußere zur Folge haben, nicht zulassen, Abb. 32. Das sind scheinbar Kleinigkeiten und Aeußerlichkeiten, in Wirklichkeit aber Dinge, die den ohnedies schwer Geschädigten verdrießlich machen und ihn unter Umständen zwingen, sich einen andern Beruf zu suchen.

Das wichtigste bei der Konstruktion des Kunstbeines ist die Standsicherheit. Jeder Beinamputierte muß sicher sein, daß er beim Stehen nicht durchknickt, und ferner, daß ihm das Bein beim Gehen nicht »fortläuft«. Die Standsicherheit bereitet deshalb Schwierigkeiten, weil der Mensch im labilen Gleichgewicht geht; sein Schwerpunkt liegt ja immer erheblich über der verhältnismäßig nur kleinen Unterstützungsfläche durch die Füße, und nur die große Uebung, die wir alle durch das langjährige Stehen, Gehen und Laufen erhalten haben, sichert uns gegen Umfallen, auch wenn wir unvermuteterweise Stöße erhalten.

Abb. 33 a zeigt die Lage der natürlichen Gelenke bei senkrechter Körperhaltung, wobei nach Prof. Gocht auch beim gesunden Menschen infolge der verschiedenen Krümmungshalbmesser des Femur Kopfes (vergl. Abb. 31) das

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Lage der labiles natürlichen Gleichgewicht. Gelenke.

Kniegelenk im Mittel 2 cm hinter die Belastungslinie verlegt

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ist.

Abb. 33 b zeigt den Ersatz des natürlichen Schenkels

durch das Kunstbein. Man sieht nun, Abb. 33 c, daß beim Gehen durch die Veränderung der Fußlage ein Drehmoment entsteht, so daß beim Erreichen der Standstellung auf dem Kunstbein, Abb. 33d, bei zurückge

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Drehmoment Pa erzeugt Durchknicken.

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