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Zahl in Unteilbares teilbar sei, so auch die Definition, welche darin Ähnlichkeit mit der Zahl aufweise, aus solchem bestehe, was nicht mehr weiter teilbar sei (Gattung und Art; Met. 1043 b 34-36: ☎ tε yàp ópioμós τις (διαιρετός τε γὰρ καὶ εἰς ἀδιαίρετα· οὐ γὰρ ἄπειροι οἱ λόγοι) καὶ ὁ ἀριθμὸς δὲ τοιοῦτος .).

Bei dieser Auffassung der Worte in 994 b 16-20 erscheinen auch die folgenden in 994 b 20-21 in anderem Lichte als bisher. Es heifst da nämlich: ἔτι τὸ ἐπίστασθαι ἀναιροῦσιν οἱ οὕτω λέγοντες· οὐ γὰρ οἷόν τε εἰδέναι πρὶν ἢ εἰς τὰ ἄτομα ἐλθεῖν. Hier sind es die zwei Ausdrücke: οἱ οὕτω λέγοντες und ἄτομα, von welchen die Erklärung ausgehen mufs. Alexander z. d. St. 994 b 20 bemerkt: ὡς εἶναι τὸ λεγόμενον κοινῶς περὶ πάντων τῶν αἰτίων λεγόμενον ἀλλ' οὐ περὶ τοῦ εἴδους τε καὶ ὁρισμοῦ μóvov, Waitz im Organon II p. 310 erklärt zu 72b 8 das of obtws λéyovtes mit οἱ ἄπειρα τά αἴτια τῶν ὄντων und ähnlich schreibt Bonitz p. 136: infinitatem causarum, qui statuunt, ii omnem tollunt scientiam. Alle diese begehen denselben Fehler, dafs sie die Stelle allgemein von den vier Ursachen verstehen, statt dieselbe auf das unmittelbar Vorhergehende, den Wesensbegriff zu beziehen. Auf diesen aber mufs die Stelle gedeutet werden; denn das verlangen die Worte πρὶν ἢ εἰς τά ἄτομα ἐλθεῖν, welche Bonitz p. 134, freilich selbst nicht davon befriedigt, so erklärt: sciri enim nihil potest, donec ad ea perveneris, quae non amplius ita dividuntur et distinguuntur, ut eorum cognitio ad aliam vel cognitionem vel causam referatur hoc enim significari videtur (!) verbis: aptv εἰς τὰ ἄτομα ἐλθεῖν. Doch was bedeutet τὰ ἄτομα ? Es ist synonym mit ààtápopa, es bezeichnet die untersten Arten. Von diesen aber ist die Rede bei der Definition, welche aus Gattung und Art besteht. Wenn Zeller II, 2 S. 213 Anm. 5, 3. Aufl. sagt: „tà ropa: ebenso heissen zwar auch die untersten Arten (nicht blofs die Einzeldinge), die nicht wieder in Unterarten zerfallen die αδιάφορα doch steht in diesem Fall, sofern diese Bedeutung nicht aus dem Zusammenhang erhellt, nicht atopa schlechtweg, sondern atopa sin und ähnliches“, so kann das nicht gegen mich gekehrt werden; denn der Zusammenhang läfst ja die Bedeutung von ropa nicht im Dunkeln. Alsdann haben wir einen passenden Übergang: Beim Wesensbegriff kann es nicht ins Unendliche gehen aus oben entwickelten Gründen; aber auch schon praktische Rücksichten verbieten einen solchen Fortgang ins Unendliche. Denn damit wird das Wissen aufgehoben. Wir glauben nämlich erst dann ein Wissen zu haben, wenn wir auf die untersten Arten gekommen sind. Ins Unendliche also darf es mit diesen Einteilungen nicht gehen; denn kommen wir auf die Einzeldinge, so hört das Wissen auf, da ihrer unendlich viele sind. Wie aber kann man unendlich Vieles im Denken erfassen, ruft Aristoteles öfter aus? (Met. 999 a 26-27: site yàp μǹ čoti ti пapà tà nad' ἕκαστα, τὰ δὲ καθ' ἕκαστα ἄπειρα, τῶν ἀπείρων πῶς ἐνδέχεται λαβεῖν ἐπιστήμην

u. a. O.). Wer nicht ganz davon überzengt sein sollte, dafs ǎtoua nur in dem Sinne gebraucht sei, dafs es die untersten Arten bezeichne, den möchte ich auf folgende Stellen aus Plato hinweisen: Phaedr. 277B . . . πρὶν ἄν τις τό τε ἀληθὲς ἑκάστων εἰδῇ περὶ ὧν λέγει ἢ γράφει, κατ' αὐτό τε πᾶν ὁρίζεσθαι δυνατὸς γένηται, ὁρισάμενός τε πάλιν κατ' εἴδη μεχρι τοῦ ἀτμήτου τέμνειν und ibid. 265 Ε. τὸ πάλιν κατ' εἴδη δύνασθαι τέμνειν, κατ' ἄρθρα, ᾗ πέφυκε κτλ. Doch was beweist Plato für Aristoteles ? Gerade genug für meinen Zweck. Denn eben was die Einteilung des Seienden in Gattungen und Arten betrifft, die wieder in Unterarten zerfallen, bis man zu den Einzeldingen kommt, von welchen an erst die unerkennbare unendliche Vielheit beginnt, so folgt hierin Aristoteles nach Zellers Bemerkung II, 2, 213. Anm. 5 vollständig dem Plato. Dafs aber atopa durch Vergleichung mit dem ἄτμητον und dem τέμνειν κατ' ἄρθρα eine überraschende Parallele findet, wird man nicht leicht in Abrede stellen, umsoweniger als sich auch sonst gerade bezüglich des Unendlichen bei Plato und Aristoteles eine bis auf den sprachlichen Ausdruck stimmende Gleichheit der Gedanken nachweisen läfst. Man vergleiche beispielsweise Ar. Phys. 207 b 14: οὐδὲ μένει ἡ ἀπειρία αλλά γίγνεται und Philebus 24 D. προχωρεῖ γὰρ καὶ οὐ μένει τό τε θερμότερον ἀεὶ καὶ ψυχρότερον ὡσαύτως, das das neрov in sich schliefst. u. a.

Mit diesen Zeilen sind indes die Schwierigkeiten, welche allein schon a bietet, noch nicht alle berührt. Denn wohl eine der schwierigsten Stellen, deren Sinn Bonitz nur zu ahnen sich getraut, ist 994 b 25-27: καὶ ἀπείρῳ οὐδενὶ ἔστιν εἶναι· εἰ δὲ μή, οὐκ ἄπειρον γ ̓ ἐστὶ τὸ ἀπείρῳ εἶναι. Ich könnte dieser Stelle noch eine aus der Methaphysik nämlich 1048 b 14-17 an die Seite setzen, die Schwegler und Trendelenburg entschieden unrichtig, Bonitz eigentlich gar nicht erklärt, ferner aus der Physik 206b 3-12, in deren Erklärung Herr Professor Prantl kaum Recht behalten dürfte, so wenig als bei 203 a 10-15, aufserdem noch Phys. 207b 34-208 b 1. Doch ich habe die Geduld der gelehrten Leser schon zu lange mit Ausführungen in Anspruch genommen, deren Wert oder Unwert ich dem Urteile kundiger Männer anheimstelle. Augsburg im Februar.

Remigius Stölzle.

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Quam mihi cum dederis, cumulatam morte remittam.

Es gibt vielleicht keine Stelle in den Werken des Vergil, an der mehr herumerklärt und herumkuriert worden wäre, als an dieser. Den Text haben die besten Handschriften so, wie ich ihn oben angegeben habe, und es ist deswegen am besten, ihn beizubehalten. Ich glaube, dafs die

Lösung der Schwierigkeiten in der Bedeutung von remittam gesucht werden mufs. Remittere kann nämlich hier nicht in seiner gewöhnlichen Bedeutung „zurückgeben, wiedererstatten" stehen; sonst macht der Abl. morte unlösbare Schwierigkeiten. Remittere steht hier vielmehr in seiner selteneren Bedeutung „nachlassen, aufgeben, aus dem Bewusstsein entfernen, vergessen“, etwa wie opinionem, iram remittere1).

Fafst man remittere in dieser Bedeutung auf, so läfst sich das dazu gehörige morte ganz gut als Abl. temporis auffassen und es ergibt sich dann die Übersetzung: wenn du mir diese Gefälligkeit erweisest, so werde ich sie reichlich vergelten (cumulatam) und erst im Tode vergessen: Es ist nämlich eine dem Lateiner ebenso geläufige Redensart als dem Deutschen zu sagen: ich werde dir dankbar sein, so lange ich lebe, oder ich werde erst mit meinem Tode aufhören, dir dankbar zu sein. So sagt z. B. Ovidius ex Ponto III, 2, 27:

Tunc igitur meriti morietur gratia vestri,
Cum cinis absumpto corpore factus ero.

7, 627.

Pars leves clypeos et spicula lucida tergent
Arvina pingui subiguntque in cote secures.

Es ist eine jedem mit Metallgerätschaften und insbesondere mit Waffen umgehenden Manne bekannte Thatsache, dafs man Metallwaaren durch Bestreichen mit Fett gegen den Rost schützen, dagegen sie nicht durch Bestreichen mit Fett reinigen kann. Deswegen werden auch Metallwaaren und insbesondere Waffen dann mit Fett bestrichen, wenn man sie längere Zeit unbenützt liegen lassen will. Will man sie dann benützen, so werden sie von dem Fette wieder gereinigt. Diese Eigenschaft hatte das Fett, so lange die Welt steht und so ist denn an und für sich anzunehmen, dass auch die Alten diese Eigenschaft gekannt und benützt haben. Zu allem Überflufs ist uns dieses noch bezeugt durch eine Bemerkung des Porphyrio zu Horati Carm. 2, 1, 4 solent autem ungi arma, cum post bellum transactum reponenda sunt. Ich halte es deswegen für unmöglich arvina pingui, wie es gewöhnlich geschieht, als Abl. instrum. aufzufassen und zu übersetzen sie reinigten die glatten Schilde und die glänzenden Speere mit fettem Schmeer, sondern es mufs arvina pingui notwendig als Abl. der Trennung aufgefafst und also übersetzt werden, sie reinigten die Schilde und Spiese von dem fetten Schmeer.

Dafs diese Beziehung durch den blofsen Abl. ausgedrückt werden kann und ausgedrückt werden mufs, unterliegt wohl keinem Zweifel. Dass

1) Man vergleiche zu dieser Bedeutung Cic. pro Cluent. 2, 2. Deinde si quam opinionem jam vestris mentibus comprehendistis, si eam ratio convellet, si oratio labefactabit, si denique veritas extorquebit, ne repugnetis eamque animis vestris aut libentibus aut aequis remittatis. Hier kann remittere nur die Bedeutung, völlig aufgeben, aus dem Bewusstsein entfernen" haben.

aber tergere die allerdings seltene Bedeutung reinigen von etwas haben kann, scheint mir aus Stellen hervorzugehen wie Ovid. Metam. 13, 132 manuque simul veluti lacrimantia tersit lumina; Cicero Parad. qui tergunt, qui ungunt, qui verrunt, qui spargunt, wo tergunt und ungunt das Reinigen von Fett und Bestreichen mit Fett, verrunt und spargunt aber das Reinigen von Flüssigkeit und Besprengen mit Flüssigkeit zu bedeuten scheint. Falst man aber tergere in der Bedeutung reinigen von etwas und arvina pingui als Abl. der Trennung auf, so ist die Behandlungsweise die ganz naturgemäfse und naturnotwendige.

Dillingen.

K. Geist.

Das Verhältnis der Punica des C. Silius Italicus zur dritten Dekade des Livius. II.

Nachdem ich im vorigen Abschnitte darzulegen versucht habe, dass die zahlreichen Differenzen, welche sich zwischen beiden Autoren finden, kein stichhaltiges Argument bieten gegen die Benützung des einen durch den andern, sondern dafs dieselben vielmehr zu erklären sind aus dem verschiedenen Standpunkt des Historikers und des Dichters, soll jetzt der direkte Beweis für die Benützung folgen durch Vorführung einer Reihe übereinstimmender Stellen. Dabei ist zu bemerken: Wenn wir bei Silius Thatsachen im allgemeinen in Übereinstimmung mit Livius berichtet finden, so ist das an und für sich noch kein Beweis dafür, dafs er von ihm abhängt. Bezieht sich jedoch die Übereinstimmung nicht blofs auf die Thatsachen, sondern auch auf die Darstellung, auf Ausdrücke und Wendungen, und ist ferner die Annahme einer gemeinsamen dritten Quelle ausgeschlossen, so ist der Beweis für die Benützung erbracht. Dies letztere, dafs eine Quelle, aus der beide gemeinsam geschöpft, nicht anzunehmen ist, ergibt sich nach dem jetzigen Stand der Quellenforschung zum 2. punischen Krieg an verschiedenen Stellen und zwar vorzugsweise in zwei Fällen, welche hinwiederum ihre Beweiskraft auf die übrigen erstrecken. Der erste hat dann statt, wenn Dinge berichtet werden, welche in letzter Instanz auf punische Quellen zurückgehen; bekanntlich war Coelius der erste, der solche gegnerische Quellen benützte (cf. H. Peter, histor. Roman. rell. p. 214 ff. und O. Meltzer, de L. Coelio Antipatro p. 44 ff.) Aus ihm schöpfte Livius, wie jetzt fast allgemein anerkannt ist (vgl. die betreffenden Arbeiten von H. Peter, Wölfflin, Luterbacher, Böttcher, Vollmer, Kefsler u. a.). Stimmt nun Silius in solchen Dingen mit Livius überein, so hat er auch aus ihm geschöpft. Denn eine fabische Quelle oder Ennius konnte diese Geschichten ihm nicht bieten, und dafs er mit Livius aus Coelius geschöpft, lässt sich nirgends erweisen und ist an sich unwahrscheinlich. Der zweite Fall be

trifft die Reden. Auch hier war, wie wir wissen, Coelius der erste, welcher sein Werk mit selbstgefertigten Reden ausschmückte, während die ältere Annalistik nüchtern und schmucklos schrieb (vgl. u. a. C. Peter, z. Kritik der Quellen der älteren römischen Geschichte p. 52). Livius folgte auch hier seinem Vorbilde, und der Schlufs auf Silius ist derselbe, wie im vorigen Fall. Nun behauptet zwar Heynacher a. a. O. p. 66, keine der von Livius in der 3. Dekade angeführten Reden stimme mit Silius; dafs gerade das Gegenteil stattfindet, werden wir bald sehen. Nun zu den Übereinstimmungen selbst.

Aus dem I. Buche hebe ich aufser der schon von W. Cosack (p. 23) citierten Stelle Silius I. 13 propius fuere periclo quis superare datum = Livius XXI. 1. 2. ut propius periculum fuerint qui vicerunt die Charakteristik Hannibals hervor. Ich habe bereits im vorigen Abschnitte erwähnt, welch' bezeichnender Unterschied zwischen Silius und Livius hier stattfindet, nämlich, dafs ersterer die Schattenseiten voranstellt und die Lichtseiten gelegentlich folgen läfst, während bei Livius das Umgekehrte der Fall ist. Wenn wir des letzteren Schilderung betrachten, so springt uns sofort der Kontrast in die Augen, welcher besteht zwischen XXI. 4, 5-8 und 9; dort eine grossartige, fast begeisterte Darstellung von H's. Charaktereigenschaften, hier eine Häufung von Vorwürfen, die weit über das Mafs des Wahren hinausgehen; dort lauter aus dem Leben gegriffene Züge, hier eine Reihe mehr oder weniger rhetorischer Phrasen; jene konnten nur von einem Schriftsteller so dargestellt werden, der den H. persönlich kannte, diese stammen aus dem hafserfüllten Herzen eines Römers. Deswegen hat bereits Wölfflin in seiner Schrift „Antiochus von Syrakus und Coelius Antipater" p. 44-45 dargelegt, dafs der Ursprung des einen Teils der Charakterzeichnung silenianisch ist. 1) Auf Liv. ging derselbe über durch Vermittlung des Coelius, von Livius auf Silius.

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1) Vgl. dazu auch L. Keller, der 2. punische Krieg und seine Quellen

p. 181 ff.

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