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M 17, 7 foeda relinquens vestigia egestus est (sc. daemon).

Aen. 3, 244 vestigia foeda relinquunt (sc. Harpyiae).

Wir sehen hier, wie Sulpicius Severus gleich anderen Kirchenschriftstellern es liebt, auf den Teufel und seine Kinder Züge der heidnischen Gottheiten, namentlich entstellende, zu übertragen; solche Stellen verraten am deutlichsten das Absichtliche der Nachbildung. Derart ist auch folgende Stelle :

M 22, 1 diabolus, dum mille nocendi artibus sanctum virum conabatur illudere.

D II 4. 5 nec mortale sonans.

DI 1, 4 ab ore tuo pendens.
D II 6, 3 de ore Martini regina

pendebat.

Aen. 7, 338 spricht Juno zur Allekto... tibi nomina mille, mille nocendi artes.

Aen. 6, 50 nec mortale sonans (sc. Sibylla).

Aen. 4, 79 pendetque

iterum ab ore narrantis.

Diese Stelle haben unter anderen auch Ov. Her. I 30; Sil. 6, 565; 8, 93; Val. Flacc. 1, 481 benützt.

Besonders hat unser Autor die Einleitungen und Schlüsse seiner einzelnen Schriften mit fremden Federn zu schmücken gewufst.

So lesen wir

D III 17, 3 non tamen tibi tanti sint vel magnarum morarum ulla dispendia quin illic adeas illustrem virum (zu dem scheidenden Postumianus gesprochen) nach

Aen. 3, 453-456

Hic tibi ne qua morae fuerint dispendia tanti,

Quin adeas vatem (Helenus zu
Aneas).

Ein mittelalterlicher Dichter, Walther von Speier, gibt dieselbe Stelle mit
At te nullarum dispendia tanta morarum

(Vita et Passio S. Christophori II 421).

1) Dafs der eben genannte Autor, namentlich in seinem prosaischen Teile, sich an Sulpicius Severus angeschlossen, will ich durch Nebeneinandersetzung der betr. Parallelstellen aus Kapitel II der vita Martini bez. I der vita Christophori zeigen.

Sulp. Sev.

parentibus secundum saeculi dignitatem non infimis, gentilibus tamen.

Man beachte das breite Ausmalen multa illius circa commilitones benignitas, mira caritas. . . ut eum miro affectu venerarentur.

Vualtherius.

parentibus pro mundi gloria non infimis, gentilitatis tamen servitute captivis.

des Dichters.

Mira illi ad omnes benevolentia, caritas incorrupta. . . ut omnes eum pari venerarentur affectu.

Im folgenden Kapitel (D III 18, 2) haben schon de Prato u. Ribbeck eine Nachahmung der Verse Vergils Aen. 6, 883 sq. wahrgenommen:

Sulp. Sev. ac licet inani munere solum ipsum flore purpureo et suave redolentibus sparge graminibus.

Purpureos spargam flores animamque nepotis His saltem adcumulem donis et fungar inani Munere (cf. Aen. 5, 79 Purpureos iacit flores).

Severus drückt denselben Gedanken aus wie Vergil, kürzt nur etwas, beziehungsweise ersetzt die vorgefundenen Wörter teilweise durch andere, ein Verfahren, dem wir öfter begegnen. Für jetzt wollen wir vom Schlufs der Dialoge auf den Anfang überspringen. Hier ist eine ganze Begebenheit nach Vergilischem Muster dargestellt, so dafs alle Hauptgedanken und viele Ausdrücke, wenn auch versetzt und zerstreut, sich wieder finden. Wer die Begrüfsung des Severus und Postumianus aufmerksam liest, wird sich unwillkürlich an das Wiedersehen des Anchises und des Äneas in der Unterwelt erinnert fühlen.

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DI 1, 4.. quominus ab ore tuo pendens te intuear, te audiam, tecum loquar...

Aen. 6, 688/689 datur ora tueri,

Nate, tua et notas audire et reddere

voces.

Freilich wird der Gesamteindruck durch das Herausreifsen einzelner Sätze verwischt, und man beachte ferner, dafs diese Schilderung ihre Abstammung noch deutlicher zur Schau trüge, wenn sie nicht überladen wäre. Übrigens zweifle ich nicht, dafs bei gründlicherer Untersuchung noch mehr derartige Verwandtschaften nachgewiesen werden können.

So hat unser Schriftsteller, der doch sonst in seiner Chronik so knapp und trocken die Thatsachen an einander reiht, bei Erzählung der romantischen Begegnung Davids und Sauls es nicht über sich gebracht, jene Höhle mit folgenden aus Vergil entlehnten Worten zu schildern:

I 35, 6 erat in deserto spelunca vasto recessu patens.

Aen. 8, 193 hic spelunca fuit vasto summota recessu.

-

Dies fällt umsomehr ins Gewicht, als Severus in der heiligen Schrift nichts Näheres über diese Höhle fand, auch mit Ortsbeschreibungen dies versteht sich nur von der Chronik sich nicht aufzuhalten pflegt. Um ein hervorragendes Beispiel hiefür anzuführen: er verliert bei der erstmaligen Erwähnung des Berges Sina (I 17, 5) keine Silbe über diesen hochbedeutenden Ort. Dagegen heifst es freilich DI 17, 2 rubrum mare vidi, iugum Sina montis, cuius cacumen caelo paene contiguum est et nequaquam adiri potest. Gleicherweise scheint der Ausdruck reducto sinu, welchen wir in die Schilderung des Klosters des heiligen Martin (M 10, 4) allerdings in veränderter Bedeutung verwebt finden, aus Aen. I 161 oder Georg. 4, 420 inque sinus scindit sese unda reductos genommen zu sein. Vergil, welcher sich hier an Homer (Od. 13, 96) gehalten zu haben scheint, fand an Claudian. carm. 86, Ausonius cent. nupt. 110, Apoll. Sid. carm. 5, 395 und Oros. IV, 22 Nachahmer (cf. Ribbeck).

Doch fahren wir in der Aufzählung unserer Stellen fort. Die Wendung arrepto tempore, welche uns Vergil Aen. 11, 459 begegnet, findet sich bei Severus I 28, 6; II 13, 8 und 16, 4, an welchen Stellen es den nämlichen Sinn, wie das sonst verwendete data occasione hat. Nicht minder scheint mir das arma impia des Severus I 38, 3 eine Reminiscenz an Aen. 6, 612 zu sein. Unentschieden will ich lassen, ob die auch sonst vorkommenden Wendungen wie furens animi I 15, 4 = Aen. 5, 202; dubius animi II 45, 5 Georg. 3, 289; neci dare I 18, 3 und 25, 7 = Aen. 12,341 und Georg. 3, 480; auro incubare I 23, 5= Georg. II, 507; lacrimis obortis Ep. II, 6 Aen. 3, 492; 4, 30 u. ö. elatus secundis rebus I 47, 4 und II 5, 1 = Aen. X, 502 rebus sublata secundis; dicto citius D II 8, 9 Aen. I, 142 der Lektüre des Vergil verdankt werden. Sicher ist dem Vergil Aen. II 381 entlehnt das caerula colla D I 10, 3, an welcher Stelle sowohl der Plural (von einer Schlange ist die Rede) colla, als auch die dichterische Form caerula auffallen muss.

Deutlich lassen nachstehende Ausdrücke ihre Abstammung erkennen: Georg. III 95 aut morbo gravis aut iam segnior1) annis.

I 38, 9 annis et morbo infractior.

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Dem Vergil seinerseits scheint hier Soph. Trach. 234 Bapòc vócą vorgeschwebt zu haben. Wie nun ein Nachahmer des Verses Georg. III 67 subeunt morbi tristisque senectus zugleich aus obiger Stelle Bausteine beizog -- Nemes. Cyn. 117 namque graves morbi subeunt segnisque senectus· so hat Severus nach einer schon berührten Methode, der auch Ammianus Marcellinus häufig huldigt, (cf. Hertz, de Ammiani Marcellini studiis Sallustianis p. 13) die Wörter gravis und segnior fallen lassen und dafür infractior zugesetzt. Hat er dieses Wort auch dem Vergil zu verdanken? Sehr wahrscheinlich; wir lesen infractus nämlich in diesem Sinne Aen. 5, 784; 7, 332; 9, 499; 12, 1. Auf ähnliche Weise ist aus zwei Stellen des Vergil eine des Severus zusammengesetzt:

I 27, 5 quod casus telum dederat.

Aen. 7, 507 quod cuique repertum rimanti telum ira facit.

Aen. 7, 554 armis, quae fors prima dedit.

Umgekehrt hat Sulpicius Severus aus einer Stelle des Vergil zwei

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1) segnior-gravis. Beleg für die schwankende Kraft des Komparativs; vergl. oben annis gravior = annis gravis.

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Diese Stelle des Vergil scheint auch dem Valerius Flaccus zum Vorbilde gedient zu haben, wenn er sagt 4, 799 fixumque sedetque und ähnlich

5, 288 stat pectore fixum.

DI 18, 4 exundabat abruptis flamma fornacibus.

DI 22, 4 cruentasque spumas ore provolvens (daemoniacus).

D II 3, 7 tota rapitur silva.
DII 6, 3 pedes sancti fletu rigabat.

Ep. I 14 excussus e somno.

cf. D III 4, 3 lecto suo excutitur. DI 21, 6 nec te diutius tenebo suspensum.

Georg. I 472 vidimus undantem ruptis fornacibus Aetnam.

cf. Georg. 4, 263 aestuat ut clausis rapidus fornacibus ignis.

Georg. 3, 203 spumas aget ore cruentas (equus).

Georg. 3, 516 mixtum spumis vomit ore cruorem (taurus).

Aen. 6, 9 rapit silvas (Unterholz). Aen. 6, 699 largo fletu ora rigabat. Aen. 9, 251 voltum lacrimis atque ora rigabat.

cf. Ov. Met. 11, 419; Lucan. 4, 180; Seneca Hipp.990, Med.388, Troad. 410. Aen. II 302 excutior somno.

Aen. 6, 722 nec te suspensum, nate, tenebo cf. Cic. Att. 10, 1, 2 tamen suspensum me tenes.

Alle diese Stellen können, die meisten müssen auf Vergil zurückgeführt werden. Wenn wir auch mit der einen oder andern Stelle im Irrtume sein sollten, bleibt uns noch Material genug, unsere Behauptung zu belegen. Wir verhehlen uns aber namentlich nicht, dafs das Verhältnis des Severus zu Lucretius näherer Beleuchtung bedarf. Es finden sich mehrere Stellen, bei denen schwer zu entscheiden ist, ob sie aus Vergil oder direkt aus dessen Vorbild Lucretius herzuleiten sind, wie z. B.

Ep. I 13 crepitante et conluctante incendii sono.

D III 4, 2 gravi somno sepultus cf. II 16, 3 multo se vino obruit.

Aen. 7, 74 flamma crepitante cremari.

Georg. I 85 crepitantibus urere flammis.

cf. Lucr. 6, 155 flamma crepitante crematur.

cf. Vualther. Spir. 6, 80 flammis crepitantibus ure.

Aen. 2, 265 urbem somno vinoque sepultam.

Aen. 3, 630 dapibus vinoque sepultus cf. Enn. ann. 291 nunc hostis vino domiti somnoque sepulti, Luer, I 134 somno sepultus.

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