Candida Franck, der Initiatorin, und Kurt Brüggemann, dem unermüdlichen Sammler und Helfer, dankbar zugeeignet K75 1965 MAIN Europas Lieder Ein dem Gegenstand angemessenes und daher gereimtes Vorwort, das notfalls auch gesungen werden kann Das, was man Volkslied nennt, verehrte Leser, Ich hab versucht, sie alle zu begreifen. Zwölf Jahre lang hab ich mich hingesetzt Candida Franck, so heißt die kluge Dame, Hier sind die Lieder, Eurer Gunst empfohlen. Doch ich verkürzte, das sei nicht verhohlen, Es mögen kluge Herren uns belehren, Was Volkslied heißt, bedeutet oder will. Es mögen kluge Herren es erklären. Ich sage nichts dazu. Ich schweige still. Denn meine Absicht, hochverehrte Leser, War viel bescheidener, war nicht gelehrt. Mich haben keine scharfen Augengläser, Auch keine Theorien mich beschwert. Ich aẞ so gern und heiter, immer wieder, Die Beeren, die ich von den Büschen las. Ich hab mir einverleibt die fremden Lieder, Euch, liebe Leser, und mir selbst zum Spaß. Europas Lieder, Leser, viel geschätzte Und viel verkannte, sang ich vor mich hin. Und immer wieder, wenn ich übersetzte, Kam mir das alte Sprichwort in den Sinn: Da, wo man singt, läßt man sich gerne nieder. (Denn wo man singt, versteht man jedermann.) Drum, werte Leser, hört Europas Lieder, Auch wenn die Noten fehlen, freundlich an. Enger zusammen. Es hat keine Wahl. Von Island bis nach Griechenland hinunter. Und vom Atlantik bis an den Ural. Singt seine Lieder! Singt sie immer wieder! Glaubt an das Lied, das uns zusammenhält! Und, Leser, glaubt es mir: Europas Lieder Sind alle, recht besehn, aus einer Welt. Denn es sind überall die gleichen Nöte. Und auch die Heiterkeit ist einerlei. Horcht auf den Ton der alten Hirtenflöte, Trägt sie auch vor die jüngere Schalmei. Das gute Alte soll der Mensch erhalten. Es lebt und klingt, solange es gefällt. Die neuen Lieder sind ja oft die alten, Weil alles wiederkehrt auf dieser Welt. Oft kommt ein neuer Text zu alten Weisen, Oft kommt zum alten Text ein neuer Klang. Laßt uns durch Länder und durch Zeiten reisen, Und laßt uns Grenzen sprengen durch Gesang. Da, wo man singt, läßt man sich gerne nieder. Gesang macht friedlich, und Gesang macht frei. Verehrte Leser, singt Europas Lieder, Daß, was getrennt ist, singend einig sei! |