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brochen, so, daß die Vornehmsten sich gegen den Erzbischof Lang verschworen hatten, seiner Regierung sich zu entziehen, und Salzburg zur reichsunmittelbaren Stadt zu machen. In Hessen hatte sich im Jahre 1514 das Volk gegen die aristokratische Willkür des verhaßten Ritters von Boineburg, Landhofmeisters und Vormundes des minderjährigen Landgrafen erhoben.

Das Land der Bayern lag durch den unseligen Erbfolgeftreit in Parteien zerriffen und gespalten, erschöpft und mit verbissenem Unmuth über den kaiserlichen Machtspruch, durch den ein weiteres Stück vom bayerischen Stammlande abgeriffen, und seine Grenzen bloßgestellt worden waren, darnieder.

Zwischen Mainz und Sachsen bestand, wie bereits erwähnt, wegen der Provinz Erfurt, über welche Sachsen die Schußherrschaft behauptete, große Spannung.

Im Norden des Reichs herrschte blutige Fehde zwischen dem Herzoge von Braunschweig und dem Bischofe von Hildesheim, und weiter oben kämpften Sachsen blutige Kriege gegen die Friesen; zu gleicher Zeit hatte den bösen Dänenkönig Chriftian II. gelüftet, die Stadt Lübeck, die Königin der Hansa, kriegerisch anzufallen.

An der östlichen Grenze des Reichs, in Ungarn, war um diese Zeit 1514 unter dem Landvolke wegen des Adels und der Bischöfe Tyrannei, deren Hochmuth, Verschwendung und Bedrückung alles Maaß überstiegen hatte, ein heftiger, blutiger Aufruhr ausgebrochen; an der südlichen Grenze wüthete nun im 7. Jahre der Krieg gegen die Italiener, und verzehrte vieles von den edelsten, kostbarsten Kräften der deutschen Nation, wefentlich für dynastische Zwecke, darum auch dieser Krieg immer mehr und mehr, sowohl den Fürften als den übrigen Ständen des Reichs zuwider geworden war.

Fürsten und Stände, welche sämmtlich nach Befestigung des nun nach Jahrhunderte langen Kämpfen und Siegen ferreichten ewigen Landfriedens strebten, mußten natürlich sehr verdrießlich und ungehalten werden, wenn sie sehen mußten, wie

die kostbarsten Kräfte des Reichs, statt auf die Befestigung der innern Ruhe und Sicherheit, und Herstellung eines Rechtszustandes verwendet zu werden, in's Ausland zum Unterhalte eines Krieges gegen ein Land und Städte verwendet worden, mit welchem man in Deutschland des bedeutenden Handels wegen so gern in Frieden sein und bleiben wollte.

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Die tecken, im großartigen Style ausgeführten, und dem zum allgemeinen Reichsgeseße kaum erhobenen Landfrieden Hohn sprechenden Friedensstörungen eines Ritters Franz von Sickingen am Rhein, der an der Spiße einer Adelsverschwörung ftand, ganz in der Nähe von Mainz durch seine Wormser Fehde, und jene seines Freundes Göz von Berlichingen in Franken, mußten diese Noth und Schwäche, welche sich am deutschen Reichskörper offenbarte, recht deutlich zeigen und empfindlich fühlbar machen; im Reiche mußte dieß eine um so größere Mißstimmung hervorrufen, als man die Hilfe, nach der man sich für Befestigung der Ordnung und eines gesezlichen Zustandes im Innern umsah, im Auslande verwendet fand.

Wenn auch auf der Oberfläche des Lebens im Allgemeinen da, wo nicht Krieg oder Empörung, wie oben bemerkt, die Ruhe und Sicherheit störten, die Wasser ruhig erschienen, in den Städten die Gewerbe und Künfte blühten, und Prunk und Lurus nicht nur an den Höfen der Fürsten, sondern auch auf den Burgen des Adels bis herab zu den Wohnungen der Kaufund Gewerbsleute waltete, so, daß sich nicht nur einzelne Regierungen, sondern selbst die Reichstage mit Verordnungen wegen Beschränkung des unter dem Bürgerthum eingerissenen Lurus beschäftigten, und in Stiften und Klöstern, womit ganz Deutschland noch übersäet war, ein munteres, fröhliches Leben, leider oft in Sittenlosigkeit ausartend, herrschte, so durchdrang doch damals, als Albrecht zur Regierung gelangt war, fast alle Stände eine unheimliche Gährung, welche die Großen des Reichs und der Kirche in ihrem behaglichem Wohlleben theils nicht merkten, theils nicht achteten, oder auch nicht verstanden.

Kapitel XVI.

Albrecht's Ankunft und Aufenthalt in Halle.

Am 31. August 1515 war Albrecht in Halle angekommen, und auf der Morißburg abgestiegen.

Ein paar Tage nach seiner Ankunft, gleichsam als wenn man hierauf nur gewartet hätte, ward eine peinliche Verbrenn ungs- und Marter-Erekution an einem getauften Juden, Namens Pfefferkorn, auf dem ehemaligen Judenkirchhof vor der Morißburg vollzogen.

Dieser Mensch war beschuldigt, und hatte auch bekannt: 1) den Kurfürsten Erzbischof Albrecht und seinen Bruder den Kurfürsten Joachim von Brandenburg mit Gift zu vergeben getrachtet zu haben, wofür er von den Juden 100 fl. erhalten, und diese gräuliche Verbrechen zu begehen geschworen hätte;

2) beiläufig 20 Jahre lang priesterliche Funktionen ausgeübt zu haben, ohne ordinirt gewesen zu sein;

3) zwei Christenkinder gestohlen und sie den Juden ausgeliefert, und

4) die Bronnen vergiftet zu haben.

Beschuldigungen, die damals, da der Haß gegen die Juden allgemein verbreitet war, zum Theil gang und gäbe waren, und an vielen andern Orten auch zum Vorschein gekommen sind.

Kurfürst Joachim von Brandenburg, der Bruder Albrecht's hatte einige Jahre zuvor 38 Juden, davon sich zwei hatten taufen lassen, mit harten Todesstrafen belegt, weil sie mit confecrirten Hoftien schändlich umgegangen zu sein, beschuldigt

waren.

Solche Erekutionen mögen freilich viel böses Blut unter den Juden erweckt haben, und gaben dem Glauben an so verbrecherische Vergiftungs-Tendenzen, wie deren an dem benannten Pfefferkorn bestraft worden sind, einigermaßen Nahrung. Ueberhaupt mögen die Beschuldigungen, die so vielfach damals, wie

schon früher, gegen die Juden sich erhoben haben, wenn auch viel Uebertriebenes und manches Unwahre mit unterlief, doch nicht ganz leer, und der allgemein hervorgerufene Haß gegen dieselben nicht so ganz unbegründet gewesen sein.

Während seines Aufenthaltes in den Magdeburg-Halberstädtischen Landen hatte sich Albrecht auch mehrfach sehr thätig mit neuen Einrichtungen in der Verwaltung beschäftigt. Unter andern erließ er für das damals schon so bedeutende Salinenwesen in Halle eine neue Salzwirker-Ordnung, und ließ dieselbe in seiner Gegenwart beschwören. Dem Schöppengerichte zu Magdeburg präsidirte er als Burggraf zum erstenmale am Johannistage 1516 und bestättigte sieben neue Schöppen.

Leider begegneten Albrecht auch hier wieder Finanzverlegenheiten, die diesen Fürsten vom Anfange feiner Regierung schicksalsvoll bis au sein Lebensende begleitet oder vielmehr verfolgt hatten.

Bei dem Antritte seiner Regierung in Mainz hatte er, wie oben erwähnt wurde, sich selbst dadurch geholfen, daß er von allen Stiften, Klöstern und Klerikern den fünften Pfennig von ihrem sämmtlichen Einkommen als eine Steuer auf zwei Jahre begehrte.

Dort konnte Albrecht eine solche Forderung so unbedingt weit eher als in der Erzdiözese Magdeburg stellen, weil die Mainzer Erzbischöfe schon längst die Landstände beseitigt hatten, und nur durch das Domkapitel einigermaßen beschränkt regierten. In den Magdeburgischen Landen bestanden aber noch die Landstände, bei welchen, wenn ein Erzbischof finanzieller Hilfe bedurfte, dieselbe begehrt werden mußte.

Auf Dienstag nach Luzia, den 19. Dezember 1515, hatte Albrecht daher einen Landtag nach Magdeburg ausgeschrieben; auf demselben ließ er durch seinen Hofmeister den Grafen von Stollberg vorstellen, daß sein Vorfahrer Erzbischof Ernestus wegen Errichtung vieler Gebäude und auch sonstiger Ausgaben ihm eine große Schuldenlast hinterlassen habe, und daß die

meisten Schlösser und Aemter, welche zum erzbischöflichen Tische gehörten, versezt seien, ihm selbst habe auch seine Confirmation und Einzug schwere Kosten verursacht; daher sehe er sich gedrungen, von den Ständen eine Hilfe zu begehren.

Die Prälaten und die Ritterschaft fanden sich ohne Bedenken bereit, und beschlossen, von ihren Unterthanen zwei Jahre lang eine Steuer erlegen zu lassen; die Städte nahmen sich aber Bedenkzeit, um vorerst an die Ihrigen zu referiren.

Die Magdeburger wollten sich zu nichts verstehen, indem fie auf ihre Privilegien, nach welchen sie steuerfrei seien, sich beriefen und stüßten; man erwiederte ihnen hierauf: was verlangt werde, solle gar keine Steuer, sondern lediglich ein gutwilliges Geschenk sein, das ihren Privilegien keinen Eintrag thun werde; fie bewilligten aber ohnerachtet dieser Versicherung doch nichts. *)

Es war eben damals nicht so selten, daß die Städte auf den Landtagen, sowie hier, auch anderwärts, wenn es sich um Geld oder Steuerbewilligung handelte, am zähesten und kargsten fich bezeigten, obgleich ihr Handel und ihre Gewerbthätigkeit im schönsten Flore stand, und sie es waren, die oft gerade die meisten Mittel besaffen, etwas zu bewilligen; vielleicht wollten sie hiermit zu verstehen geben, daß, sowie sie haushälterisch gewesen und noch seien, und hiedurch zu etwas gekommen, sie die Fürsten, es bei ihrem Haushalte auch so machen möchten.

Dieser Finanznoth, mit welcher Albrecht so viel und zwar um so mehr zu kämpfen hatte, als Er, ein Prinz eines furfürftlichen Hauses, nicht, wie die Prinzen späterer und neuerer Zeit, eine reichliche Apanage genoß, ist es auch gewiß wohl zuzuschreiben, daß er sich bei dem ausgearteten Ablaßwesen mehr betheiligte als man bei seinem sonst hellen Verstande denken fonnte, und es vermag auch aus diesem Grunde die so starke Bes theiligung Albrecht's an dem so sehr in gräulichen Mißbrauch ausgearteten Ablaßhandel einigermaßen wohl entschuldigt zu werden.

*) Dreihaupt, der Saalkreis.

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