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platte des linken unteren Sieders, d. i. des Cylinders A in Fig. 2, eine Ausbeulung entstanden, welche den Angaben des zuständigen Gewerberates zufolge etwa 40 cm Dmr. und 12 cm Tiefe gezeigt haben soll, als sie herausgekreuzt und das entstandene Loch durch eine aufgenietete Scheibe wieder geschlossen wurde, was im Frühjahr 1898 geschehen ist. Bei der gerichtlichen Verhandlung am 3. Oktober 1901 war festzustellen, dass man infolge Undichtwerdens dieser im Feuer liegenden Nietverbindung dazu geschritten war, die Flickscheibe zu beseitigen, den Rand des Loches auszukreuzen und nochmals einen neuen Flick aufzunieten. Natürlich hielt auch diese Verbindung nicht dicht; trotzdem hatte man zunächst die Absicht, nochmals auszukreuzen und zum drittenmale einen Flick aufzusetzen; jedoch entschloss man sich schliesslich dazu, eine Erneuerung der Feuerplatte vorzunehmen, was im Dezember 1898 zur Ausführung gelangte. Der erste Schuss des linken untersten Sieders A, Fig. 2, wurde abgenietet und in die Kesselfabrik geschickt. Gemäfs der Bestellung wurde jedoch nicht der ganze aus einem einzigen Blech bestehende Schuss erneuert, sondern es wurde die untere und gröfsere Hälfte des Schusses abgekreuzt und durch ein neues Blech von rd. reichlich 2700 mm Länge ersetzt, vergl. Fig. und 4. Gegen Ende des Jahres 1898 war der Schuss mit der neuen Feuerplatte wieder angenietet. Bei der Verhandlung am 3. Oktober wurde durch eingehendes Befragen festgestellt, dass der erste Schuss gut auf den zweiten gepasst hatte. Eine amtliche Druckprobe wurde nicht vorgenommen.

Am 20. April 1899 früh 614 Uhr unmittelbar nach dem Schichtwechsel die Fabrik arbeitet Tag und Nacht explodirte der Kessel durch Aufreifsen der neuen Feuerplatte. Die Explosion soll eingetreten sein, als der Heizer die Thür zum Feuer des explodirten Sieders geöffnet und mit dem Schüreisen zu arbeiten begonnen hatte. Fig. 5 zeigt den Sieder A, Fig. 1, in die Ebene abgewickelt, und zwar ist ABCD die Feuerplatte mit dem eingetragenen Verlauf des Risses, wie er sich von der Innenseite des Sieders gesehen darstellt; Fig. 3 lässt die Rissbildung von aufsen erkennen, in der Richtung des in Fig. 2 eingezeichneten Pfeiles y. Die in Fig. 3 durch bezeichneten Nieten der Quernaht waren abgerissen. ADFE, Fig. 5, ist das übrige Stück vom ursprünglichen ersten Schuss und GEBH das Blech des sich anschliefsenden zweiten Schusses. Wie ersichtlich, geht der Hauptriss abcdef von der hinteren Kante der Feuerplatte zunächst eine Strecke in der Achsenrichtung des Kessels durch 6 Nietlöcher der inneren Nietreihe der linken Längsnaht, läuft sodann schräg nach unten über die Vertikalebene der Kesselachse xx hinaus, nimmt darauf die Richtung der Kesselachse nach vorn an und teilt sich etwa 600 mm vor dem Boden in zwei links und rechts schräg nach oben verlaufende Risse. Der Boden mit dem anhängenden Blechstück I wurde fortgeschleudert1).

Der Riss verläuft mit Ausnahme einer kleinen Stelle bei F) am Kopfe des Sieders ausschliesslich durch die neue Feuerplatte.

Wassermangel, zu hoher Dampfdruck, Schwächung des Bleches durch Abrosten kommen als mögliche Explosionsursachen nicht inbetracht.

Die Untersuchung des Feuerplattenbleches in Stuttgart, wozu 46 Stäbe (Stab 1 bis 46) den verschiedenen Stellen, die in Fig. 5 und zumteil auch in Fig. 3 eingetragen sind, entnommen wurden, ergab, dass das Material in dem Zustande, in welchem es sich in der Platte befand (die Stäbe wurden kalt herausgearbeitet und mit der Presse sorgfältig gerade gerichtet), zeigt:

Zugfestigkeiten von 3182 bis 4025 kg/qcm,
Bruchdehnungen
15 vH.

«

2,7 »

Nach vorherigem Ausglühen des Materials (10 Stäbe: A, B, C, C1, D, E, F, G, H und J, Fig. 5) fanden sich Zugfestigkeiten von 3118 bis 3518 kg/qcm, Bruchdehnungen 17,8 vH.

«

7,3

Fig. 1, Z. 1899 S. 672, ist ein photographisches Bild dieses Biechstückes mit Boden.

Die Einzelergebnisse sind in der Zusammenstellung am Schlusse (S. 79) niedergelegt, auch in der Zeichnung Fig. 5 zumteil eingetragen; so ist z. B. im mittleren Teile der Feuerplatte der Stab, welcher an seinem Kopfe die Ziffer 2 trägt, Stab Nr. 2; 3903 bedeutet die Zugfestigkeit in kg/qcm und 5,9 die Dehnung in Hundertteilen, die dritte Zahl 12,5 die mittlere Stärke des Stabes in mm.

Das Material der Feuerplatte kennzeichnet sich als Schweifseisen nicht blofs von geringer Güte, insbesondere hinsichtlich der Zähigkeit, sondern auch von bedeutender Ungleichartigkeit1).

Die Würzburger Normen schreiben für Feuerblech vor: a) bei Schweifseisen

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3600 kg Längsfaser 3400 » Querfaser

20 vH Längsfaser

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Querfaser

3400 bis 4000 kg 25 VH

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men hatte1). Dass die Blechstärke um etwa 10 vH gröfser war als diejenige des ursprünglichen Materials, konnte den Mangel an Zähigkeit natürlich nicht ausgleichen.

Da die Verwendung von so minderwertigem Blech nicht absichtlich geschehen sein konnte, so vermutete ich ein Versehen und veranlasste weitere Erhebungen. Dabei stellte sich

7480

Fig. 6.

2775

heraus, dass das als Feuerplatte verwendete Blech ursprünglich die Abmessungen Fig. 6 gehabt hatte, als hinterer Schuss für das Flammrohr eines Flammrohrkessels bestimmt gewesen und thatsächlich auch als Mantelblech (d. h. als Blech dritter Güte) aus Schweifseisen geliefert worden war. Zu der Annahme, dass es ein Feuerblech sei, scheint man dadurch gekommen zu sein, dass sich unter der gleichen Lieferung zwei Feuerbleche von den gleichen oder nahezu gleichen Abmessungen befunden hatten, von denen das eine noch nicht verwendet worden war").

2710

1) Inwieweit dieser Zusammenbau von Schweifseisen und Flusseisen bei starken Temperaturänderungen nachteilig zu wirken imstande ist, wird vorzugsweise von der Verschiedenheit der Wärmeausdehnungskoëffizienten beider Materialien abhängen; darüber liegen zuverlässige Zahlen zurzeit noch nicht vor.

Hinsichtlich der Dehnungskoëffizienten (Elastizitätsmoduls) besteht ein grofser Unterschied nicht.

2) Die Kesselfabrik hatte ein Zeugnis des liefernden Hüttenwerkes beigebracht, welches sich auf die Prüfung von Blechen bezog, unter denen sich das fragliche Blech befunden haben sollte. Dieses Zeugnis vom 26. April 1897, in dem, wie festgestellt wurde,

»BBB Feuerblech, also Blech erster Güte,
»B« Mantelblech,

bezeichnet, enthält folgende Angaben:

dritter

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Nach diesem Zeugnis würden in den aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fällen Kesselbleche dritter Güte eine weit grössere DehEin solches Zeugnis als Kesselbleche erster Güte. nung besitzen kann unter Umständen zu Verwirrung Anlass geben, nicht gegenüber den mit der Sache vollständig Vertrauten, wohl aber gegenüber denjenigen, bei denen diese Voraussetzung nicht zutrifft.

Das Hüttenwerk, seitens der Staatsanwaltschaft um Aufklärung ersucht, gab die Erklärung ab: »dass ein Blech III. Güte höhere Qualitätsziffern als ein solches I. Güte hat, kann unter anderm daher rühren, dass das betreffende Stück als Blech Güte I ausgewalzt wurde, aber aus irgend einem Grunde, z. B. weil es zu klein aus. gefallen war, auf ein Blech III. Güte verschnitten worden ist<«<.

deutscher Ingenieure.

Da die lichte Weite des Flammrohres an dem einen (weiteren) Ende 850 mm, somit der Umfang daselbst 7 (850+12) 2708 mm betrug, wozu noch der Streifen für die Nietnaht tritt, und da die fragliche Schusslänge rd. 1480 mm sein sollte, so war es klar, dass die Faserrichtung des Schweifseisenbleches gemäfs seiner ursprünglichen Bestimmung in der Richtung der Abmessungen 2775 und 2710 zu verlaufen hatte. Bei der Verwendung als Feuerplatte, die reichlich 2700 mm lang sein musste, konnte das Blech jedoch nur so angeordnet werden, dass die Längsfaser in die Richtung der Kesselachse zu liegen kam, wodurch die gröfste Anstrengung der Feuerplatte quer zur Faser stattfinden musste.

Den Akten hatte ich entnommen, dass der Kessel mit Kondensationswasser gespeist worden war, weshalb die Vermutung nahe lag, es werde sich auf der Kesselwand im Innern ein öliger Ueberzug gebildet haben. So wahrscheinlich das für die obere Reihe der Rohre des Kessels war, so konnte doch das Vorhandensein einer solchen Oelschicht an der Feuerplatte des untersten Rohres immerhin angezweifelt werden, namentlich auch mit Rücksicht darauf, dass das zum Speisen der Kessel verwendete Kondensationswasser einer Filtration durch Sand unterworfen worden sein sollte. Ich habe deshalb an der explodirten Platte wie auch im zweiten Schuss etwas von der dünnen Inkrustation, die vorhanden war eigentlicher Kesselstein fehlte an den mir von der Staatsanwaltschaft gesandten Blechen, abgekratzt und in dem chemisch-technologischen Laboratorium unserer Technischen Hochschule (Vorstand Professor Dr. Häufsermann) untersuchen lassen. Beide Proben enthielten »einen in Aether löslichen Körper, welcher aus einem teilweise veränderten mineralischen Oel (Schmieröl) besteht«. Gleichzeitig übergab mir Professor Dr. Häufsermann ein kleines Schälchen, welches das aus der Untersuchung gewonnene Oel enthielt.

Hiermit war das Vorhandensein einer Oelschicht auf der explodirten Platte, eine Folge der Speisung mit Kondensationswasser, welches das den Dampfmaschinen zugeführte Schmieröl wenigstens zumteil in sich enthält, nachgewiesen.

Ferner war festzustellen gewesen, dass auch das dritte unterste Rohr des explodirten Kessels (C in Fig. 2) eine sehr bedeutende Ausbeulung zeigte, die nur während des Betriebes entstanden sein konnte; ebenso hatte man früher an dem andern Batteriekessel mehrfach Ausbeulungen beobachtet 1).

Aufgrund dieses Materials kam ich zu dem Ergebnis: Ursache der Explosion ist Wärmestauung in der unmittelbar über dem Roste gelegenen Kesselwand in Verbindung mit der Minderwertigkeit des Bleches, aus dem dieser Teil der Wand bei der Ende 1898 stattgehabten Reparatur, bestehend in der Erneuerung der Feuerplatte, hergestellt wurde.

Dieses Ergebnis deckt sich im wesentlichen mit demjenigen, zu dem Oberingenieur Baurat Haage gelangt war.

Die Wärme staut sich in dem Feuerblech, d. h. dieses nimmt an der betreffenden Stelle eine vergleichsweise hohe Temperatur an:

a) wenn der Betrieb ein angestrengter ist, d h. wenn die Wärmemengen, welche von der Feuerseite her an die Kesselwandung zur Ueberführung herantreten, verhältnismäfsig grofs sind, was z. B. eintritt. wenn bei Verwendung von guter

In der That liegt hier in dem Prüfungszeugnis ein Irrtum vor: es ist Feuerblech als Mantelblech bezeichnet. Man kann sich sehr wohl vorstellen, dass hierdurch in einem gegebenen Falle der Auffassung Vorschub geleistet wird, das Mantelblech, für welches das Zeugnis des Hüttenwerkes eine höhere Qualität erwarten lässt als für das gleichzeitig gelieferte Feuerblech, sei gut genug für eine Feuerplatte. Davon, dass von dem Mantelblech nur etwa jedes vierte Blech geprüft zu werden pflegt, dürfte mancher Kesselschmiedemeister wenigstens zurzeit noch nicht unterrichtet sein. In das Zeugnis hätte mindestens ein aufklärender Vermerk gehört.

Das Recht des Hüttenwerkes, bessere Bleche zu Preisen zu liefern, welche für geringere Bleche gefordert werden, soll selbstverständ

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Steinkohle eine verhältnismäfsig grofse Menge in der Zeiteinheit zur Verbrennung gebracht und die Flamme (der Strom der glühenden Gase) durch die Feuerungseinrichtung gewissermafsen gegen die Kesselwandung gepresst wird (Stichflamme), und

b) wenn auf der Wasserseite der Wandung der Wärmeaustritt aus der Wand in das Wasser beeinträchtigt, d. h. mehr oder weniger gehemmt wird, was z. B. durch Ablagerung von Kesselstein oder auch durch einen öligen Ueberzug veranlasst werden kann.

Zu a)

Im vorliegenden Falle sprach für den angestrengten Betrieb die Aussage des einen Oberheizers, welcher mit dem Pyrometer Temperaturen der Abgase bis 480° C abgelesen hatte. Bei einer Gesamtrostfläche von 5,8 qm auf 234 qm Heizfläche, entsprechend einem Verhältnis beider zu einander von 1:40, deutet eine Temperatur der Abgase von 480° C auf sehr starke Anstrengung der Feuerplatte hin.

Nicht in Uebereinstimmung hiermit würde die Schätzung stehen, dass in der Stunde höchstens 500 kg Kohle verbrannt worden seien. In dieser Hinsicht war aber zu erwägen, dass den Betriebsleitern in der Regel nur der Durchschnitts

Dass in der That die Bedingungen für starke Wärmestauungen vorhanden waren, das zeigten deutlich die wiederholt aufgetretenen Beulenbildungen. Das zähe Blech beulte sich aus, bei dem spröden bestand die Möglichkeit, dass es aufriss, ohne sich merklich auszubeulen.

Ein Blick auf die Figuren 7 und 8 zeigt, dass bei dem explodirten Kessel auf die Erstreckung bc, Fig. 7, eine starke Beanspruchung der Feuerplatte stattfinden musste, die bei x, Fig. 8, noch dadurch erhöht wurde, dass infolge der Einseitigkeit des Zuges der gröfsere Teil der auf dem Rosterzeugten Gase rechts abzog. Die gröfste Anstrengung musste Hier aber verläuft sonach in der Nähe von z stattfinden.

auch die achsiale Strecke cd des Risses, Fig. 5.

Seitens der Staatsanwaltschaft wurde Anklage gegen den Kesselfabrikanten und gegen den Betriebsleiter der Papierfabrik wegen fahrlässiger Tötung erhoben.

Der letztere machte insbesondere Folgendes geltend:

1) Die zur Messung der Temperatur der Abgase 1899 benutzten Pyrometer zeigen falsch.

Das eine noch vorhandene Pyrometer wurde im September 1901 eingezogen und noch im gleichen Monat zur Untersuchung gebracht. [Die Prüfung ergab, wie bei der Ver

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verbrauch während eines längeren Zeitraumes, z. B. einer Schicht, bekannt zu werden pflegt, während es sich im vorliegenden Falle um diejenige Steinkohlenmengen handelt, die in den kurzen Perioden der stärksten Wärmeerzeugung auf den Rost geworfen worden sind. Diese kann der Betriebsleiter bei veränderlichem Dampfbedarf nur dann ausreichend genau angeben, wenn sie besonders ermittelt worden sind. Auch kann Unaufmerksamkeit bei der Bedienung des Kessels, für welche den Betriebsleiter eine Verantwortlichkeit nicht trifft, grofsen Einfluss auf die Höchstwerte der Rost- und damit der Feuerplattenanstrengung äussern.

Dazu kam dann die schriftliche Aeufserung der Papierfabrik an die Kesselfabrik, welche im Jahre 1898 rasches Verbrennen gewisser Eisenteile der Leach-Feuerung feststellte.

Zu b)

Die Beeinträchtigung des Wärmeaustrittes aus der Wand in das Wasser ist schon durch die Oelschicht gegeben; auch liefs das Kesselsystem, welches die Verunreinigungen des Speisewassers gewissermafsen einladet, sich über der Feuerplatte abzulagern, noch andere Beeinträchtigungen erwarten.

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Gestützt hierauf, machte der Betriebsleiter geltend, dass die Temperatur der Abgase höchstens 300° C betragen habe, also der Kessel nicht stark beansprucht worden sei; die Zugverhältnisse hätten dies überhaupt nicht gestattet.

2) Die Ausbeulungen an beiden Kesseln seien seines Erachtens dadurch entstanden, dass kalkhaltige Lauge aus den Zellulosekochern in das Speisewasser übergetreten sei. Er habe zu Anfang 1898 diesen Uebelstand erkannt und durch Nichtmehrverwendung des fraglichen Speisewassers beseitigt, somit gethan, was ihm obgelegen habe, um die Beulenbildung fern zu halten. Seit dieser Zeit seien Beulen nicht mehr entstanden. Die erst nach der Explosion am dritten Rohr C, Fig. 2, im April 1899 beobachtete Beule sei nach seiner Ueberzeugung vor dem bezeichneten Zeitpunkt (Anfang 1898) entstanden, aber bis zur Explosion unbeachtet geblieben.

Unter diesen Umständen war Freisprechung des angeklagten Betriebsleiters der Papierfabrik zu erwarten, die auch erfolgte.

Der Kesselfabrikant wurde ebenfalls freigesprochen, im wesentlichen, weil er berechtigt gewesen sei, sich auf seinen Betriebsingenieur, der 26 Jahre in seinen Diensten gestanden, zu verlassen. Inwieweit das Gericht gewisse Nebenumstände, so z. B., dass der Kesselschmiedemeister zu der fraglichen Zeit krank war, ohne dass der Angeklagte Kenntnis davon erhalten hatte, ferner, dass der Angeklagte während jener Zeit leidend gewesen war usw., mit in Rücksicht gezogen hat, muss ich dahingestellt sein lassen.

Folgerungen.

1) Das Kesselsystem, Fig. 1 und 2, mit nach dem Roste geneigtem unterem Sieder, sodass alle Verunreinigungen des Wassers, welche sich unten abzusetzen pflegen, dies gerade über der Fenerplatte thun, ist infolge dieses Umstandes zu Wärmestauungen und damit zu den Folgen einer solchen, also auch zur Beulenbildung geneigt.

In der That hat auch die Papierfabrik den zweiten Kessel dieser Art aus dem Betriebe beseitigt.

2) Die Bildung einer Beule ist stets ein Zeichen dafür, dass die Kesselwandung an der betreffenden Stelle stärker beansprucht wird, als sie es verträgt.

Hieraus folgt: Der Kessel darf nicht so betrieben werden, dass sich Beulen bilden; hat sich eine solche gebildet, so entsteht für die Betriebsleitung die Pflicht, den Betrieb derart abzuändern, dass das nicht wieder vorkommt. Tritt trotzdem abermals Beulenbildung auf, so ist dies ein Beweis dafür, dass die getroffenen Mafsregeln das Gefährliche des Betriebes nicht oder nicht ausreichend beseitigt haben. Dann hat seitens der Betriebsleitung alles zu geschehen, um die Bildung von Beulen endgültig fernzuhalten.

Die Auffassung, dass Beulenbildungen wenig zu besagen haben, vermag ich nicht zu teilen; vielmehr halte ich einen Betrieb mit fortgesetzter Beulenbildung für durchaus unzulässig. Jede Beule kann zu einer Explosion führen, z. B. dann, wenn sie tief genug geworden ist, oder wenn das Material an der betreffenden Stelle eine Unvollkommenheit, einen Mangel besitzt. Eine unbedingte Gewähr dafür, dass das Material vollständig fehlerfrei ist, besteht nicht.

3) Die Verwendung von ölhaltigem oder sonst verunreinigtem Speisewaser in solchen Kesseln, welche infolge starker Wärmeüberführung zur Empfindlichkeit geneigte Heizflächenteile besitzen, wie der explodirte Kessel in der Strecke bc, Fig. 7, oder die in dieser Zeitschrift 1894 S. 1420 u. f., 1900 S. 548 besprochenen Kessel usw., ist zu vermeiden. (Vergl. die Darlegungen an den soeben bezeichneten Stellen.) Ob Oel im Kessel vorhanden ist, lässt sich leicht durch chemische Analyse der Rückstände feststellen, welche man von der inneren Kesselwand abkratzt. Dabei empfiehlt es sich allerdings, dem Chemiker mitzuteilen, was durch die Analyse bezweckt wird.

4) Ausbesserungen von ausgebeulten Feuerplatten durch Auskreuzen der Beule und Aufnieten einer Flickscheibe, deren Vernietung dem direkten Feuer ausgesetzt ist, sind durchaus zu verwerfen1).

5) Nach einer Erneuerung der Feuerplatte, d. i. des empfindlichsten Teiles der ganzen Heizfläche, wäre eine amtliche Druckprobe angezeigt gewesen.

Bei der Genehmigung des Kessels wird verlangt: genaue Angabe des Materials desselben, der Einzelheiten der Konstruktion usw. Daraus folgt ohne weiteres, dass, wenn der empfindlichste Teil der Heizfläche, die Feuerplatte, erneuert wird, wie im vorliegenden Falle geschehen ist, Veranlassung vorliegt, zu prüfen, ob das Material dieser Platte der Genehmigungsurkunde entspricht oder nicht. Wäre das geschehen und insbesondere das Prüfungszeugnis verlangt worden jedes als Feuerplatte zu verwendende Feuerblech soll geprüft werden, so würde man wahrscheinlich den Fehler, der so traurige Folgen hatte, entdeckt haben.

Bei uns (in Württemberg) würde nach einer Erneuerung

1) In der Verhandlung vom 3. Oktober erklärte der Kesselfabrikant, dass ihm über diese Ausbesserungen seitens der Betriebsleitung Mitteilungen nicht gemacht worden seien.

deutscher Ingenieure.

der Feuerplatte in der That auch eine amtliche Wasserdruckprobe verlangt worden sein; denn § 12 der allgemeinen polizeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln vom 5. August 1890 wird bei uns demgemäfs ausgelegt. Derselbe lautet:

>> Wenn Dampfkessel eine Ausbesserung in der Kesselfabrik erfahren haben, oder wenn sie behuts der Ausbesserung an der Betriebstätte ganz blofsgelegt worden sind, so müssen sie in gleicher Weise wie neu aufzustellende Kessel der Prüfung mittels Wasserdruckes unterworfen werden.

Wenn bei Kesseln mit innerem Feuerrohr ein solches Rohr und bei den nach Art der Lokomotivkessel gebauten Kesseln die Feuerbüchse behufs Ausbesserung oder Erneuerung herausgenommen, oder wenn bei cylindrischen und Siederkesseln eine oder mehrere Platten neu eingezogen werden, so ist nach der Ausbesserung oder Erneuerung ebenfalls die Prüfung mittels Wasserdruckes vorzunehmen. Der völligen Blosslegung des Kessels bedarf es hier nicht.<<

Hier ist eine Platte neu eingezogen worden. Der Betriebsleiter, darüber befragt, weshalb er den Kessel ohne vorherige amtliche Druckprobe in Betrieb genommen habe, erklärte, dass er dies aufgrund der Auslegung, welche Geh. Regierungsrat Jaeger in seinem Buche »>Die Bestimmungen über die Anlegung und den Betrieb von Dampfkesseln in Preufsen gebe, nicht für notwendig erachte. Es muss zugegeben werden, dass die fragliche Auslegung (2. Aufl. S. 32 daselbst): Unter Platten sind nicht beliebig grofse Flickenplatten, sondern ganze Platten, aus welchen der Kessel ursprünglich zusammengesetzt ist, zu verstehen«, diese Auffassung gestattet.

Wenn bei einer Ausbesserung des Kessels eine sachverständige Prüfung derselben überhaupt für angezeigt erachtet wird auf eine solche Prüfung kommt die vorgeschriebene Druckprobe hinaus so sollte sie jedenfalls bei Erneuerung des empfindlichsten Teiles der Heizwand, der Feuerplatte, stattfinden; denn gerade die Notwendigkeit der Erneuerung, namentlich bei neuen Kesseln, deutet darauf hin, dass Betriebsverhältnisse vorliegen, die mindestens zur vollen Aufmerksamkeit veranlassen.

6) In den Kesselschmieden ist mit aller Sorgfalt dahin zu wirken, dass nicht blofs bei neuen, sondern auch bei auszubessernden Kesseln, selbst wenn seitens des Kesselbesitzers zur allergröfsten Eile angetrieben wird, nur solches Blech verwendet wird, das imstande ist, den Anforderungen zu genügen.

7) Durch das Anrichten des Materiales an der Nietnaht kann ein sehr bedeutender Verlust an Zăhigkeit entstehen. Dafür sprechen deutlich die geringen Bruchdehnungen, welche die unmittelbar an den Längsnietnähten gelegenen Stäbe Nr. 24 und Nr. 32 zeigen: 3,3 vH bezw. 2,7 vH gegenüber 10 bis 12 vH, die das Blech in ausgeglühtem Zustande gehabt haben dürfte, soweit sich dies überhaupt beurteilen lässt. Dieser Umstand deutet darauf hin, dass es nicht ausreicht, vorzuschreiben, dass das Blech in ausgeglühtem Zustande so und soviel Prozent Dehnung haben muss, sondern dass weiter zu verlangen ist, dass das Blech auch bei seinem Einbau in den Kessel noch möglichst viel von dieser Zähigkeit besitzt.

8) Zur Beantwortung der Frage: Aendern sich die Festigkeitseigenschaften des Bleches im Betriebe, je nachdem es von den Feuerungsgasen unmittelbar getroffen wird oder nicht, oder je nach der Menge der Wärme, welche in der Zeiteinheit überzuführen ist? können die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen insofern herangezogen werden, als von dem zweiten Schuss (Flusseisen), der aus einer Platte besteht, Probestäbe entnommen werden konnten:

a) Nr. 58 bis 62, Fig. 5, welche untenliegend den Feuergasen ausgesetzt erscheinen, Fig. 7,

b) Nr. 63 bis 67, Fig. 5, welche obenliegend von dem Strom dieser Gase nicht getroffen werden. Die Ergebnisse sind:

Zugfestigkeit Unterkg/qcm schied

Dehnung Unter

VH

schied

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27,6

29,3

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Hiernach würde sich in rd. 11⁄2 Jahren vermindert haben: die Zugfestigkeit der den Feuergasen unmittelbar ausgesetzten Wandungen um 117 bezw. 120 kg/qcm (d. h. reichlich 3 vH), also nicht erheblich, die Bruchdehnung um 1,6 bezw. 3,9 vH (d. h. rd. 6 vH bezw. 13 vH), was als erheblich anzusehen sein dürfte.

Dass dieses Material nicht ausreichend ist, um die viel erörterte Frage endgültig zu entscheiden, liegt klar zutage; immerhin aber erscheint es angebracht, diese Feststellung im Auge zu behalten. Sie würde aufs neue dafür sprechen, als Feuerblech nur möglichst zähes Material zu verwenden.

Schlussbemerkung.

Die Folgerungen, welche im Vorstehenden zusammengestellt sind, erhalten für den Sachverständigen im wesentlichen nicht viel Neues; immerhin hat gerade die Untersuchung der Explosion gezeigt, dass es zweckmäfsig sein dürfte, die Folgerungen hervorzuheben.

Ueber den Ausgangspunkt der Explosion wurden bei der gerichtlichen Verhandlung von den beiden Sachverständigen, welche die Explosionsstätte vor der Aufräumung besichtigt hatten bei mir war dies nicht der Fall -, abweichende Meinungen eingehend vertreten.

Nach der einen Auffassung, die sich auf die Lage des Kessels1) stützte, hatte das Reifsen des Bleches an der Längsnaht bei a, Fig. 3 und 5, als Kantenriss begonnen und sich nach

1) Z. 1899 S. 672, Fig. 2 und 3.

ab (durch 6 Nieten, woselbst ein feiner Haarriss angenommen
wird, entsprechend der Behandlung, die das Material an dieser
Stelle zu erfahren pflegt) fortgesetzt; ein Teil der Nieten der
Quernaht wurde abgerissen, und das Blech wickelte sich ab,
wobei der schräge Riss bc entstand, der sich dann nach c d
fortsetzte usw.

Die andere Auffassung nahm den Beginn des Aufreissens bei
cd an, entsprechend der Stelle der stärksten Ueberhitzung
bei x, Fig. 8 (cd, Fig. 5). Der Meinung, betreffend das
Vorhandensein eines Risses bei ab, wurde entgegengehalten,
dass der Bruch daselbst unmittelbar nach der Explosion
ein frischer gewesen sei.

An den Folgerungen, die wir oben aus den Ergebnissen
der Untersuchung der Explosion gezogen haben, ändert die
Verschiedenheit der Auffassung nichts. Auch daran ändert
sie nichts, dass die Feuerplatte infolge der Oelschicht eine
höhere Temperatur annahm, als wenn Oel nicht vorhanden
gewesen wäre, und dass infolgedessen bei eintretender Ab-
kühlung aus Anlass des Oeffnens der Heizthür, namentlich
beim Schüren, die nachteilige Wirkung dieser Abkühlung
unter sonst gleichen Umständen stärker sein musste: sowohl
inbezug auf die Stelle ab, Fig. 3 und 5, als auch hinsichtlich
der Stelle cd, Fig. 5, oder x, Fig. 8. Wie oben bemerkt, soll
die Explosion nach Oeffnen der Heizthür und Beginn des
Schürens eingetreten sein. Von Bedeutung hätte die Verschie-
denheit der Auffassungen allerdings für die gerichtliche Beur-
teilung des Betriebsleiters der Papierfabrik werden können, wenn
er nichts zur Beseitigung der Beulenbildung gethan hätte.<<

Zusammenstellung der Ergebnisse der Blechprüfung.
I. Material in dem Zustande, in welchem es sich in dem Kessel befand (vergl. S. 75).

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