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13. September 1919.

noch die südfranzösischen Aluminiumfabriken, weil dort keine roon Auslagen für Frachten von den Bauxitgruben zu den defabriken und dann bis zu den Wasserkräften zu besti n sind; auch sind durch Wasserfrachten Kohlen verhält. zmäßig billig heranzuschaffen.

'ie Aktiengesellschaft Neuhausen in der Schweiz muß einen Teil ihres Bedarfs an Tonerde in Goldschmieden in Schlesien herstellen lassen. Die Bauxite werden also von Südfrankreich nach Schlesien verfrachtet und die reine Tonerde dann nach der Schweiz geschafft. Dadurch dürfte eine Verteuerung des Aluminiums um etwa 15 bis 20 /kg hervorgerufen werden.

In Nordamerika wird das Aluminium hauptsächlich in Werken, die am Niagara gelegen sind, abgeschieden; die Tonerdefabriken befinden sich weitab in St. Louis. Auch in Amerika werden viel französische Bauxite verarbeitet.

Nun kommt weiter hinzu, daß wohl in den meisten Fällen in unmittelbarer Nähe einer großen Wasserkraft selten genügend Gelände zur Verfügung steht, um eine große Tonerdefabrik zu errichten.

In der Nähe von Stein- und Braunkohlenvorkommen ist aber stets genügend, meistens auch billiges Land vorhanden zur Errichtung größerer chemischer Werke mit Wohnstätten für Beamte und Arbeiter. Ferner sind billige Kohlen für die chemischen Verfahren da. Durch eine teurere Kraft kann also ein gewisser Ausgleich geschaffen werden, wenn sich die Versorgung mit Chemikalien billiger gestaltet und die Frachten günstig sind. Außerdem können auch Verwaltungskosten gespart werden, wenn der ganze chemische und elektrochemische Betrieb vereint ist.

Hier seien einige Zahlen genannt, die zeigen mögen, wie sich ungefähr die Kosten bei einer Aluminiumherstellung von 10000 t jährlich verteilen. Die Angaben beziehen sich auf Preise, wie sie kurz vor dem Kriege üblich waren.

Eine vollständige Tonerdeanlage mit Gleisen für eine tägliche Lieferung von 60 t Tonerde kostet etwa 3,5 Mill. M. Die Anlage zur Herstellung von 10t Kryolith täglich einschließlich einer Schwefelsäureanlage dürfte 1,2 Mill. A kosten, der große Bäderraum mit der Anodenfabrik einschließlich der nötigen Nebenräume, wie Schmiede, Schreinerei usw., 3,5 Mill. A, Wohnungen für Arbeiter und Beamte wird auf 700 Arbeiter rechnen müssen 1,5 Mill. M, im ganzen also annähernd 10 Mill. M; rechnet man Betriebskapital hinzu, so müßten 12 Mill. A verzinst werden.

man

Bei vorsichtiger und guter Arbeit, bei umsichtiger Betriebsleitung kann aus billigem gutem Bauxit reine Tonerde vielleicht etwas unter 15 M für 100 kg hergestellt werden; der Kryolith kostet das Doppelte. Die Preise für Anoden schwanken je nach den Preisen der Rohstoffe. Um reines Aluminium zu erhalten, müssen auch reine Anodenkohlen gewählt werden; diese werden am besten aus Petrolkoks hergestellt. Sonst kommt noch Retortengraphit in Frage. Der Preis für die fertige Anodenkohle schwankt zwischen 10 und 15 A für 100 kg.

Das bei weitem größte Gebäude ist die Halle, in der die elektrolytischen Bäder aufgestellt werden; sie bedeckt einen Flächenraum von etwa 20000 qm.

Wenn also täglich 30 t Aluminium hergestellt werden sollen, käme man etwa zu folgenden Zahlen für die täglichen Aufwendungen, die einen gewissen Anhalt geben mögen:

60 t Tonerde (Al2O3) zu 15 M für 100 kg
einschl. Abschreibungen

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9000 M 3000 »

35 t Anoden zu 15 A für 100 kg

5250 »

50000 PS zu jährlich 35 M/PS (330 Be

triebstage)

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Werke kommen auch mit einer viel geringeren Menge Kryolith aus. Es werden Zahlen angegeben, die für 1 kg Aluminium zwischen 0,13 und 0,2 kg Kryolith schwanken. Ungeübte, ungeschickte Arbeiter verbrauchen stets mehr Kryolith, dagegen ist der Verbrauch der Anoden wohl nicht geringer

einzusetzen.

Der Arbeitslohn schwankt nicht nur mit örtlichen Verhältnissen, sondern auch sehr stark, wie schon oben angedeutet, mit der Geschicklichkeit der Arbeiter und Meister, die sie im Bedienen der einzelnen Oefen aufweisen. In Amerika sollen vier Mann 30 Bäder bedienen können, während in kleinen Werken ein Mann einen Ofen unter sich hat.

Auch jetzt sind wohl noch zwei Ofenarten im Gebrauch, der Neuhausener Rundofen und der amerikanische längliche Ofen, der seit einigen Jahren vergrößert sein soll, also für etwa 200 PS eingerichtet ist.

Bei der oben angegebenen Kalkulation ist angenommen, daß eine fertige Wasserkraft für 35 M für 1 PS-Jahr zur Verfügung steht, daß also hierfür ein Kapital nicht zu ver

zinsen ist.

Eine so billige Wasserkraft steht uns nirgends in Deutschland zur Verfügung. Dagegen ist wohl für den doppelten Preis in Bayern die Kraft zu erhalten. Für neu zu erschließende Wasserkräfte stellen sich die Kosten infolge der hohen Preise für Rohstoffe und besonders für Arbeitslöhne jetzt so hoch, daß sich infolge der hohen Anlagekosten und der dadurch erforderlichen hohen Verzinsung die Kraft erheblich höher einstellt.

Aus den Darlegungen geht deutlich hervor, daß es ganz besondere Anstrengungen kosten wird, um die Aluminiumfabriken, die sich in Deutschland befinden, wettbewerbfähig gegenüber dem billiger arbeitenden Ausland zu erhalten. Die jetzigen in Deutschland befindlichen Aluminiumwerke sollen bei völligem Ausbau und Volleistung etwa 45000 t Aluminium jährlich herstellen können. Es handelt sich also um recht bedeutende Anlagen.

Drei große Werke sind in Angriff genommen: in Bitterfeld (Griesheim), in der Niederlausitz von der AEG und in Knappsack bei Köln vom Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätzwerk zusammen mit der Metallgesellschaft. Diese Werke gewinnen die Betriebskraft also aus Braunkohlen. Ferner sollen noch an der oberen und mittleren Innstufe je 75000 und 50000 PS zur Aluminiumherstellung dienen, die erstere der Metallbank in Griesheim konzessioniert, die letztere den bayrischen Aluminiumwerken.

Der Preis für die Kraft ist infolge der höheren Arbeitslöhne und Rohstoffkosten während des Krieges ziemlich gestiegen; 1 PS-st konnte aber Anfang 1918 in Bitterfeld immerhin noch mit etwa 13/4 gewonnen werden.

Viel ist vor dem Kriege von dem Verfahren des Dr. Ottokar Serpeck in Paris die Rede gewesen. Serpeck führte den Bauxit bei hoher Temperatur in einem elektrisch geheizten umlaufenden Ofen in Aluminiumnitrit über. Dieses wird unter Druck mit alkalischen Laugen behandelt. Dabei entstehen Aluminatlaugen und gleichzeitig wertvolles Ammoniak. Die Ausbeutung des Verfahrens hatte die Société Générale des Nitrures in Paris übernommen.

Für das Verfahren ist eine große Reklame gemacht worden. Die Aktien wurden damals zu fabelhaften Kursen gehandelt. Tatsache ist, daß bis vor dem Kriege das Verfahren noch nirgends für den Großbetrieb dauernd ausgebildet war. Die Schwierigkeit in der Einrichtung war noch nicht überwunden. Ob während oder nach dem Kriege tatsächlich Forschritte gemacht worden sind, ist nicht bekannt geworden. Meine Kenntnisse, die ich kurz vor dem Kriege erhielt, stammen von Professor Matignon, der das Verfahren von Serpeck zu begutachten hatte. Professor Matignon äußerte sich zwar sympathisch über das Verfahrenim allgemeinen, gab aber offen zu, daß ein praktischer Erfolg nicht erzielt war.

Auch Héroult und Richards waren derselben Meinung über das Serpeck-Verfahren. Der umlaufende Ofen, der gebaut worden ist, hat 46m Länge und soll im Innern 1600° C dauernd halten. Ueber das Sérpeck-Verfahren ist noch auf dem letzten internationalen Chemiker-Kongreß in New York 1913 sehr viel Unrichtiges von interessierter Seite veröffentlicht worden, so daß es notwendig erscheint, das Verfahren vorläufig noch als im Versuchszustand befindlich hinzustellen, wenn, wie oben angedeutet, nicht in letzter Zeit tatsächlich Erfolge erzielt worden sind, von denen man aber sicher gehört haben würde.

Sehr schwer, besser gesagt unmöglich ist es, über die Welterzeugung von Aluminium auch nur halbwegs genaue Zahlen anzugeben. Es scheint, daß die einzelnen Fabriken, besonders die amerikanischen, ihre Zahlen nicht preisgeben wollen und diese, nach mir zugegangenen Nachrichten, erheblich niedriger angeben, als sie tatsächlich sind.

Nach Engineering and Mining Journal soll im Jahre 1917 die Aluminiumerzeugung 153000t betragen haben, während sie im Jahre 1910 nur 34000 t betrug. Die dort angeführten Zahlen geben folgendes Bild:

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Héroult, der die Aluminiumwerke der neuen und alten Welt sicherlich durch persönliche Fühlungnahme am besten kannte, gab mir s. Z. in New York die Welterzeugung im Jahre 1911 zwischen 75- und 80000 t an und schätzte sie für das damals laufende Jahr 1912 auf 100000 t. Auch damals wurde die weitaus größte Menge bereits in den Vereinigten Staaten hergestellt. In der Literatur wird1) die Welterzeugung im Jahre 1911 auf nur etwa die Hälfte, auf 40000 t geschätzt und von anderer Seite auf 46700 t. Der Krieg hat eine ungeahnte Nachfrage nach Aluminium in allen kriegführenden Staaten erzeugt, besonders für Flugzeuge aller Art. Infolgedessen haben sich die Aluminiumwerke stark vergrößert. Die jetzige Welterzeugung an Aluminium dürfte wohl erheblich über 150000 t betragen. Aber da die Nachfrage stets größer als das Angebot war, sind auch in allen Ländern die Preise erheblich gestiegen.

fiel

Während der Preis einige Zeit vor dem Krieg infolge des Wettbewerbes etwa auf den Selbstkostenpreis herunterder niedrigste Preis betrug 95 für 1 kg Aluminium -, ging er bald wieder in die Höhe. Im Jahre 1913 schwankten die Preise zwischen 1,60 M und 1,80 M/kg.

Im Kriege waren bei uns Höchstpreise festgesetzt. Die Kriegsmetallgesellschaft verkaufte in der letzten Zeit des Krieges das Metall zu 5,30 M/kg. Nach der Revolution gingen dann die Preise stark in die Höhe.

Durch ein geschicktes Abkommen bezogen wir während des Krieges die Hauptmengen unseres Aluminiums von Neuhausen aus der Schweiz. Weil aber der Bezug von dort auf die Dauer nicht zuverlässig war, mußten wir uns dazu entschließen, eigene Aluminiumwerke mit teilweiser Unterstützung des Staates zu errichten.

Auch im Auslande stiegen die Aluminiumpreise zum Teil gewaltig. In Amerika schwankte der Preis im Jahre 1913 zwischen etwa 19 und 27 cents für 1 Pfund. Im Jahre 1914 hielt er sich ziemlich gleichmäßig zwischen 18 und 20 cents, bis dann Mitte 1915 eine starke Steigerung der Preise einsetzte, die im Oktober und November über 57 cents betrugen; Ende 1916 wurden Preise zwischen 60 und 65 cents gezahlt, und zwar nur für die Ausfuhr. Der Inlandpreis lag 1916 zwischen 31 und 37 cents. In Frankreich wurden bereits Ende 1915 für 1 kg Aluminium 6 Fr. bezahlt.

Es fragt sich, wie sich die Preise nach Friedenschluß gestalten werden, d. h. wie sich Angebot und Nachfrage ausgleichen. Zweifelsohne ist nach dem Kriege nicht mehr dieselbe Verwendung für Aluminium vorhanden wie vor dem Kriege. Es müssen also, wenn die sehr erhöhte Erzeugung untergebracht werden soll, neue Verwendungsarten gesucht und gefunden werden. Es ist nicht anzunehmen, daß diese so schnell auftauchen, daß ein glatter Absatz in den verschiedenen Ländern möglich ist. Deswegen dürfte mit einem

1) Zentralblatt der Hütten- und Walzwerke 1918, Nr. 18, S. 326,

deutscher Ingenieure.

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Anzunehmen ist, daß ein >internationaler Preis<< so festgesetzt werden wird, daß die jetzigen deutschen Werke, wenn nicht der Staat helfend eingreift, nicht dabei bestehen können. Denn wie oben angedeutet, wird der Preis des Aluminiums nicht nur durch die größeren Ausgaben für die Betriebskraft verteuert, sondern auch durch die höheren Herstellungskosten der reinen Tonerde. Es ist nicht anzunehmen, daß wir im Frieden die guten und billigen Bauxite aus Frankreich werden beziehen können; wir sind also auf schlechten Rohstoff angewiesen, der teurere und vor allem bisher auch nicht so reine Tonerde liefert. Jedenfalls ist noch eine keinen großen Erfolg versprechende Arbeit zu leisten, um aus unserm heimischen Rohstoff, gegebenenfalls aus Ton, reine und billige Tonerde herzustellen.

Während des Krieges haben die Rheinischen Elektrowerke Ferroaluminium hergestellt und damit den deutschen Stahlwerken einen Dienst erwiesen, da große Knappheit an Aluminium eingetreten war. Das Erzeugnis enthält 15 bis 20 VH Aluminium neben etwa 3 VH Kohlenstoff. Es hat einige Zeit gedauert, bis ein gleichmäßiges Erzeugnis erzielt wurde und bis sich die Stahlwerke an dieses neue Desoxydationsmittel gewöhnt hatten.

Es würde weit über den Rahmen dieses Aufsatzes hinausgehen, die verschiedenen Verwendungsarten des Aluminiums selbst nur andeutungsweise zu beschreiben. Die Verwendung ist außerordentlich mannigfaltig, der Verbrauch geht in sehr viele Kanäle der Industrie.

Die Flugzeugtechnik ist schon erwähnt, im Motorbetrieb wird es angewendet, zum Bau von Apparaten aller Art, besonders im Gärungsgewerbe und in der Salpetersäureindustrie. Auch im Steindruck findet Aluminium an Stelle der Steine Verwendung. Eine besondere und umfangreiche Anwendung findet das Aluminium. als feingekörnter Stoff im Gemisch mit Metalloxyden zur Herstellung von kohlefreien Metallen, in erster Stelle von Chrom, Ferrochrom, Mangan und Ferrovanadium, besonders als Gemisch mit Eisenoxyd für gewisse Arten von Schweißungen, in erster Linie für Straßenbahnschienen.

Die Herstellung der kohlefreien Metalle hat während des Krieges nicht nur in Deutschland, sondern auch in den feindlichen Ländern, ganz besonders in England und Amerika, sehr zugenommen und zwar zur Anfertigung von Stählen, die in der Kriegsindustrie reichlich verwendet wurden.

Eine rostfreie wichtige Legierung ist bei uns mit Hilfe von kohlenstofffreiem Chrom oder kohlefreiem Ferro-Chrom hergestellt worden, die etwa 18 VH Chrom enthält neben 6 VH Nickel bei geringem Gehalt an Kohlenstoff. Die Verwendung dieser Legierung war während des Krieges sehr mannigfaltiger Art; sie dürfte auch nach dem Kriege für manche Zwecke wertvoll sein.

Ganz feinverteiltes Aluminium hat man auch in Oesterreich während des Krieges als Zumischung zu Sprengstoffen verwendet, um die Brisanz zu erhöhen.

Während des Krieges ist wohl für alle kriegführenden Länder die Herstellung des Magnesiums von besonderer Wichtigkeit gewesen. Dieses Metall diente besonders dazu, um Leuchtzeichen aller Art, auch buntfarbige, herzustellen. Das Aluminium ist hierfür nur in beschränktem Maße verwendbar, weil man mit Hilfe von Aluminium nur weißes Licht erzeugen kann.

Vor dem Kriege war die Herstellung von Magnesium ganz besonders in Deutschland heimisch und eine starke Ausfuhr dieses Metalles vorhanden. Es wird aus dem Carnallit, dem geschmolzenen Doppelsalz von Chlorkalium und Chlormagnesium, gewonnen. Die Darstellung ist der des Aluminiums ähnlich, d. h. sie ist eine Elektrolyse des Schmelzflusses.

Technische Schwierigkeiten bereitet das Umschmelzen des elektrolytisch gewonnenen Metalls, wobei früher recht hohe Verluste auftraten. Man hat jetzt gelernt, diese auf einen geringen Anteil herabzudrücken.

Eine gewisse Bedeutung hat aber auch das Metall für sich und besonders in seinen hochhaltigen Legierungen bekommen, denn das spezifische Gewicht des Magnesiums ist

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Band 63. Nr. 37. 13. September 1919.

Goldschmidt: Die Entwicklung der elektrochemischen Industrie.

erheblich niedriger als das des Aluminiums, nämlich 1,75 gegenüber 2,70.

Besonders bekannt ist die Legierung des Magnesiums mit 5 vH Zink, das sogenannte Elektron, das sich auch walzen und pressen läßt. Allerdings ist diese Verarbeitung recht schwierig und nur von sehr geübten Händen durchführbar. Auch kann diese Legierung im Gegensatz zu Messing nur sehr langsam zu Stangen, Profilen oder dergleichen gepreßt werden, so daß die Ergiebigkeit einer Presse bei diesem Stoff sehr gering ist. Man hilft sich zwar damit, daß man ihn in gewissen Fällen aus einigen Düsen gleichzeitig herauspreßt, aber die Verarbeitung bleibt recht schwierig.

Weil Magnesium an der Luft weiter brennt, wenn es entzündet wird, will man es nicht in der Luftballon-Industrie verwenden, auch nicht an elektrischen Schalttafeln. Es hält sich an der Luft auch etwas weniger gut als Aluminium.

Die metallurgischen Kenntnisse über das Magnesium sind noch lange nicht vollständig; unser Wissen über dieses bemerkenswerte Metall und seine Legierungen bedarf noch sehr der Vertiefung. Es ist zu vermuten, daß Magnesium in passender Legierung für manche Zwecke noch Verwendung finden dürfte.

Im elektrolytischen Schmelzfluß wird auch metallisches Natrium hergestellt. In der Literatur findet man eine sehr große Anzahl von Vorschlägen über Verfahren, durch die man dieses Metall aus geschmolzenem Kochsalz abscheiden könnte. Tatsächlich sind Werke nicht sehr großen Umfanges errichtet worden, um metallisches Natrium aus Kochsalz herzustellen. Keines dieser Werke scheint die Aufgabe gelöst zu haben. Bei der Elektrolyse des Kochsalzes bildet sich ein Subchlorid des Natriums, das den Gang der Elektrolyse stört. Das metallische Natrium wird wohl ausschließlich aus geschmolzenem hochhaltigem, also sehr reinem Natronhydrat gewonnen.

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Der Gang der Herstellung ist etwa folgender: In einen eisernen Schmelzkessel von etwa 11/2 m Dmr. taucht eine größere Anzahl von eisernen Elektroden ein; zwischen Anode und Kathode ist ein Rohr spiralförmig eingelassen, durch das ständig Wasser fließt. Auf diese Weise wird zwischen Anode und Kathode eine unten offene zylinderförmige feste Kruste von ungeschmolzenem Natronhydrat geschaffen. An der Kathode entwickelt sich metallisches Natrium und auch Wasserstoff, der sich häufig unter starkem Knall entzündet. Das metallische Natrium wird ständig von Arbeitern, deren Gesichter aufs sorgfältigste durch Masken geschützt sein müssen, abgeschöpft.

Das metallische Natrium wird in der Chemie mannigfaltig verwandt; es dient auch zur Herstellung von Natriumsuperoxyd, das als Bleichmittel verwendet wird. Das Natrium dürfte auch nach dem Kriege in Deutschland seine Bedeutung für die Industrie beibehalten. Es wird in recht erheblichen Mengen hergestellt; der Preis ist in den letzten Jahren infolge der Vervollkommnung der Darstellungsweise ständig gesunken.

Eine große Bedeutung hat während des Krieges in Deutschland die Darstellung von Kalziumkarbid erlangt. Das Kalziumkarbid ist hauptsächlich dazu verwendet worden, um Kalziumzyanamid, sogenannten Kalkstickstoff, herzustellen, der in erster Linie als Düngemittel verwendet wird als Ersatz für Salpeter, den wir vom Ausland nicht mehr beziehen konnten. Der künstliche Salpeter diente weit mehr zur Herstellung von Schießbedarf.

Ueber die Darstellung von Kalziumkarbid finden sich in der Literatur zahlreiche Angaben, auch über verschiedene Ofenbauarten. Die Patentliteratur ist sehr umfangreich. Hier seien nur wenige Hinweise gegeben, um einige technische und wirtschaftliche Fragen zu streifen.

Zur Herstellung des Kalziumkarbides dient der elektrische Ofen, den man vielfach als Widerstandsofen bezeichnet. Tatsächlich ist an der Abscheidung des Kalziumkarbides sowohl der Widerstand des Beschickungsgutes - Kalk im Gemisch von Kohlen (Koks) - als auch der Lichtbogen beteiligt, der sich oberhalb der Widerstandszone bildet.

Die Ausbeuten werden recht verschieden angegeben. Früher wurde damit gerechnet, daß man mit 1 PS im Jahr

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1 t Karbid abscheiden könne. Diese Zahl war entschieden zu Anfang der Kalziumkarbidindustrie richtig, als noch kleine Oefen, wie sie z. B. in Savoyen aufgestellt waren, benutzt wurden.

Allmählich hat man immer größere Oefen gebaut, z. B. solche mit 9000 kW. Die Ausbeute ist stets gute Betriebsleitung, geübte Arbeiter und Meister vorausgesetzt ganz erheblich gestiegen. Man kann heute bei großen Oefen mit einem Aufwand von 3,5 bis 4 kW-st für 1 kg Karbid rechnen. Die Darstellung von Kalziumkarbid muß, wie sie heute betrieben wird, als hüttenmännisches Verfahren bezeichnet werden. Schon von weitem macht sich eine Kalziumkarbidfabrik unliebsam bemerkbar durch den grauen, übelriechenden Qualm, der den elektrischen Oefen entsteigt. Eine Beseitigung dieses Rauches scheint bisher noch nicht gelungen zu sein. Die Anwendung der Naßreinigung, wie sie bei Hochöfen in Gebrauch ist, hat bisher keinen Erfolg gehabt. Neuerdings sind Versuche zur Staubabscheidung nach dem elektro-statischen Cottrel-Verfahren unternommen worden, über das weiter unten kurz berichtet wird. Betriebsergebnisse scheinen jedoch noch nicht vorzuliegen.

Die großen Kalziumkarbidwerke, in denen Leistungen von 5000 bis 10000t monatlich erzielt werden, stellen Riesenwerke dar. Das eigentliche Ofenhaus ist verhältnismäßig klein, weil die Oefen infolge der großen Energiedichte sehr viel leisten. Wir haben also hier ganz andere Bedingungen als bei der Herstellung von Aluminium.

Der Betriebsgang ist etwa folgender: In einer großen Halle befinden sich Maschinen von im wesentlichen bekannter Bauart, die gebrannten Kalk und Koks in bestimmtem Verhältnis mischen, nachdem der Koks durch Trocknung vom Wassergehalt befreit ist.

Man hat neuerdings den Kalk etwas weniger stark zerkleinert bis zur Faustgröße, während die Koks etwa Haselnußgröße haben. Man wählt das bekannte Verhältnis von 90 Gewichtteilen Kalk und 55 Teilen Koks. Die Einwägung ist selbsttätig. Ein Förderband schafft das Gemisch in dem Maße zu den Oefen, wie es dort verbraucht wird.

Ein auch in der Schweiz während des Krieges benutzter Ofen hat z. B. folgende Größenabmessungen: Es ist ein oben offener Ofen von etwa 9m Länge, 2,5 m Tiefe und 3,5 m Breite. Der Boden ist mit demselben Stoff, aus dem die Elektroden bestehen graphitierter Kohle -, ausgekleidet,

die Seitenwände mit feuerfesten Steinen.

In die Oefen ragen von oben drei Elektroden hinein, die mit Dreiphasenstrom bedient werden. Ihre Länge beträgt rd. 1,8 m bei 1,5 m Breite und 0,5 m Dicke. Die mittelste Elektrode ist bis zu 2 m breit. Die Elektroden stehen in einer Geraden, jeder werden 40000 Amp zugeführt. Die Stromstärke kann auch auf 50000 bis 60000 Amp gesteigert werden. Allerdings ist dann der Aufenthalt auf der Plattform des Ofens, besonders in der Sommerzeit, weil die Wärmeausstrahlung sehr stark wird, für die Bedienung kaum noch möglich.

Die Spannung wird auch nach Angaben der Literatur auf 120 bis 160 V gehalten. Zum Heben und Senken der Elektroden dient eine elektromechanische Einrichtung mit einem Vorspann in einer Entfernung von einigen Metern seitlich der Oefen. Die Bedienung besteht aus einem Mann, der gegen Wärmeausstrahlung geschützt ist. Diese Einrichtung ist gut durchgearbeitet, während die Beschickung des Ofens selbst recht viel zu wünschen übrig läßt. Diese Arbeit besorgen Arbeiter, die auf der Plattform stehen. Sie werfen das Mischgut mit großen Schaufeln aus den unten offenen Trichtern, denen es, wie oben beschrieben, mechanisch zugeführt wird, in die Glut. Stichflammen, die bei nie ganz zu vermeidendem nicht sorgfältigem Betriebe durch entweichendes Kohlenoxyd entstehen, müssen sofort durch Bedecken mit den Einsatzstoffen beseitigt werden. Für Lüftung auf der Plattform wird im allgemeinen durch Ventilatoren gesorgt.

Unterhalb jeder der drei Elektroden befindet sich ein Abstichloch. Die Abstichlöcher werden durch eine Hilfselektrode aufgetaut. Auf einem fahrbaren Ständer wird diese Kohlenelektrode, der bei einer Spannung von 50 bis 80 V bis zu 300 PS zugeführt werden, an das Abstichloch herangebracht.

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Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure.

Es entsteht ein Lichtbogen nebst Widerstandserhitzung. Der Inhalt des Abstichloches wird hoch erhitzt und weich. Darnach wird es mit einer Eisenstange durchgestoßen, die von 4 bis 6 kräftigen Männern bedient werden muß. Also auch diese Arbeit ist nicht als besonders geschickt zn bezeichnen. Das Karbid wird zur Abkühlung in luftige Hallen gefahren.

Bei der Karbiddarstellung entsteht auch etwas Ferrosilizium als Nebenerzeugnis, das sich abscheidet. Der Her stellungspreis des Kalziumkarbids ist, wie ohne weiteres ersichtlich, abhängig von der guten Ausbeute, von der Billigkeit der zur Verfügung stehenden Betriebskraft und vom Arbeitslohn. Gute Betriebsleitung ist erstes Erfordernis.

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Mit billiger Wasserkraft kann 1t Karbid wohl für 80 M hergestellt werden, bei sehr guter Ausbeute und billigen Arbeitslöhnen. Während des Krieges sollen Karbidwerke in Bayern auf diesen Preis, aber wohl ohne Abschreibungen und Zinsen, gekommen sein. Steht Dampfkraft zur Verfügung, so wird der Preis erheblich höher, er steigt dann auf 120 M/t. Jetzt, bei achtstündigem Arbeitstag, dürften die Kosten ganz erheblich höher sein und wohl 200 M übersteigen.

Die Karbidindustrie ist verhältnismäßig alt; eine Reihe von Firmen richten unter Garantie vollständige Karbidwerke ein. Deswegen sind in dieser Industrie nicht so viele Geheimnisse wie in der Aluminiumindustrie, wo es bisher noch keine Firma gibt, die auf Bestellung ein Aluminiumwerk errichtet.

Die Herstellung des Kalkstickstoffes wird noch ziemlich geheim gehalten. Der Stickstoff selbst muß in reiner, d. h. sauerstofffreier Form dem Karbid zugeführt werden. Der Stickstoff wird bisher noch am billigsten aus einer Anlage nach der Bauart von Linde entnommen. Die Herstellungskosten in dieser technisch glänzend durchgearbeiteten Anlage sind äußerst gering. Man kann, je nach der Größe der Anlage, mit Kosten von 0,4 bis höchstens 1 für 1 cbm Stickstoff rechnen.

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Im allgemeinen wird mit rd. 1 cbm fassenden zylindrischen Gefäßen gearbeitet, die durch Isolierung gegen Wärmeverlust geschützt sind, und von denen viele Hundert aufgestellt werden müssen, da das Verfahren 24 bis 36 st dauert. Das Verfahren verläuft, wenn das Karbid auf die für die Aufnahme des Stickstoffes erforderliche Temperatur von 900 bis 1000° gebracht ist, exotherm. Das Karbid wird elektrisch erhitzt, indem man einem in der Mitte der Masse befindlichen Kohlenstabe Strom zuführt.

Wenn auch der Stromverbrauch infolge der geringen spezifischen Wärme des Karbids nicht erheblich ist, so hat es doch nicht an Versuchen gefehlt, andere Lösungen zu finden, was um so näher liegt, als das Karbid schon mit hoher Temperatur aus dem Ofen genommen wird. Versuche, dem aus dem Ofen kommenden glühenden Karbid den Stickstoff anzugliedern, sind aber bisher fehlgeschlagen, da sich die Voraussetzung dazu, nämlich die unbedingte Beherrschung der Abstichtemperatur des Karbids, noch nicht erfüllen ließ und eine Ueberschreitung der oben angegebenen Temperatur wieder zur Trennung des Stickstoffes führt. Hinderlich ist diesem Verfahren vor allem auch der langsame Verlauf der Stickstoffaufnahme durch das Karbid.

Versuche in anderer Richtung, zur Vermeidung der Arbeit mit so kleinen Einheiten, wie sie oben beschrieben wurden, haben zum Bau von Kanalöfen geführt, die schon mehrfach verwandt sind, und zwar in Deutschland, Schweden und Japan. An Vorschlägen andrer Art zur Ersparung von Arbeitskräften, auch einer ununterbrochen, etwa im Gegenstrom arbeitenden Anordnung, um Arbeitskräfte zu sparen, hat es nicht gefehlt; praktische Ergebnisse sind aber bisher nicht aufzuweisen. In erster Linie liegt die Schwierigkeit darin, daß das Karbid in der für die Angliederung erforderlichen Temperatur eine zähflüssige Form annimmt.

Es scheint bisher nicht möglich gewesen zu sein, eine durchaus vollständige Bindung des Karbids zu erreichen. Etwa 0,2 bis 0,3 VH Karbid bleiben noch zurück; da aber

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Karbid für die Landwirtschaft schädlich ist, müssen diese letzten Reste noch herausgeschafft werden. Das geschieht durch vorsichtiges Einspritzen von Wasser, wobei Azetylen entweicht. Die Temperatur darf hierbei nicht zu hoch werden.

Viel ist über den Preis des Stickstoffes im Kalkstickstoff gestritten worden. Er hängt in erster Linie von den Kosten des Karbids ab, aber wie oben schon angedeutet, auch noch von andern Umständen. Auch der Arbeitslohn spielt keine geringe Rolle. Die Hauptfrage besteht darin: kann der Kalkstickstoff mit dem Chilesalpeter und dem aus den Kokereien oder nach dem Verfahren von Haber-Bosch gewonnenen schwefelsauren Ammoniak in Wettbewerb treten?

Abgesehen von den Herstellungskosten, über die maßgebende Ziffern in weitern Kreisen kaum vorliegen, ist dazu folgendes zu bemerken. Der Stickstoff im Kalkstickstoff hat nach den angestellten Düngeversuchen nur einen Wirkungsgrad von 80 vH, wenn man den des Chilesalpeters = 100 setzt, gegen ebenfalls 100 bei schwefelsaurem Ammoniak. Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß die Wirkung des Ammoniaks nur für die betreffende Ernte in Frage kommt, während sich die Wirkung des Kalkstickstoffes noch im folgenden Jahre bemerkbar macht. Aber selbst bei gleichen Gestehungspreisen für 1 kg Stickstoff würde dem Ammoniak der Vorzug zu geben sein. Hinderlich sind der Verbreitung des Kalkstickstoffes in Friedenszeiten die unangenehmen Eigenschaften gewesen, die sich durch seine Einwirkung auf die Gesundheit der Arbeiter ergaben. Vielfach stellten sich Hautausschläge ein, die nur schwer, erst nach längerer Zcit zu heilen waren. Man hat dem Kalkstickstoff deshalb Oel zugesetzt, um die Staubbildung herabzudrücken.

In Friedenszeiten und bei einem Strompreis von 0,5, höchstens 1/kW-st ließ sich Kalkstickstoff schon für etwa 60 für 1 kg Stickstoff herstellen. Im Kriege sind die Kosten natürlich außerordentlich gestiegen, sie dürften sich auf den doppelten Betrag eingestellt haben, während 1 kg Stickstoff nach Haber im Kriege wohl mit 65 als Selbstkosten zu bewerten war, also zu etwa 2/3 des Stickstoffpreises im Chilesalpeter. Die Umwandlungskosten von Ammoniak zu schwefelsaurem Ammoniak dürften, auf 1 kg Stickstoff bezogen, etwa 5 betragen. Noch sei folgende Berechnung gegeben: Für 1 kg Stickstoff im Kalkstickstoff sind etwa 17 kW-st erforderlich. Rechnet man 1t Kalk zu 36 und 1t Koks zu 65 A, so ist bei einem Preise von 2/kW-st der Kalkstickstoff noch wettbewerbfähig. Heute Preise für Kalkstickstoff zu nennen, ist sehr schwierig.

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Einen Wettbewerb mit dem Chilesalpeter konnte er wohl aufnehmen; sogar eine Umwandlung in schwefelsaures Ammoniak war bei den damals festgesetzten Syndikats-Preisen für dieses Düngesalz noch möglich. Bei freiem Wettbewerb wird allerdings schwefelsaures Ammoniak nach Haber-Bosch wohl noch billiger herzustellen sein als Kalkstickstoff. Bei den heute herrschenden hohen Frachten und der großen Nachfrage kostet 1 kg Stickstoff im Chilesalpeter in Holland, Frankreich und England etwa 9 bis 11 M. Da die Frachtraten und die Nachfrage nach künstlichem Dünger so bald nicht wesentlich zurückgehen werden, so ist anzunehmen, daß der Kalkstickstoff im Ausland auch nach dem Kriege wettbewerbfähig sein wird, um so mehr, als die ursprünglich bestehende Abneigung der Landwirte gegen seine Verwendung während des Krieges wesentlich zurückgegangen und die Erkenntnis seiner wertvollen Eigenschaften als Düngemittel in weite Kreise der Landwirtschaft gedrungen ist. Jedenfalls hat der Kalkstickstoff während des Krieges für Düngezwecke große Dienste geleistet, da nicht genügend Salpeter hergestellt werden konnte, um gleichzeitig dem Kriegsbedarf und den Anforderungen der Landwirtschaft gerecht zu werden.

Während des Krieges betrug die Erzeugung der bestehenden Werke etwa 150000 bis 200000 t jährlich. Bei vollständiger Ausbeute der augenblicklich in Deutschland bestehenden Werke, wird sich die Erzeugung auf 400000 bis 500000 t erhöhen.

Es sind folgende fünf Kalkstickstoff-Werke in Deutschland vorhanden: die beiden Reichsstickstoffwerke in Piesteritz und

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Chorzow, die Anlage der Bayerischen Stickstoffwerke in Trostberg, die Lonzawerke in Waldshut (Baden) und eine Fabrik in Knappsack bei Köln. Das zuerst genannte Werk ist das zurzeit größte.

Eine weitverzweigte Literatur ist über den Kalkstickstoff und sein Güteverhältnis zu andern Stickstoff-Düngemitteln erschienen. Er hat sich besonders auf besseren Bodensorten gut bewährt; daß er nachhaltiger als Chilesalpeter und sonstige künstliche Düngesalze wirkt, wurde bereits bemerkt. Das beruht darauf, daß Chilesalpeter leichter löslich ist und besonders bei durchlässigem Boden und feuchtem Wetter fortgespült werden kann. Wie bereits oben gesagt, beträgt der Düngewert des Kalkstickstoffes etwa 80 VH desjenigen im Chilesalpeter. Die Zahlen schwanken je nach der Art des Bodens und der Frucht zwischen 80 und 92 vH. Tatsächlich aber wird der Stickstoff des Kalkstickstoffes, der seinen Stickstoff langsamer abgibt als der Salpeter, nicht gleich vollständig ausgenutzt und wirkt auch noch bei der nächsten Ernte nach. Auch der Düngewert des im Kalkstickstoff enthaltenen Kalkes darf nicht unberücksichtigt bleiben. Man hat bemerkt, daß bei Anwendung von Kalkstickstoff gewisse Unkräuter, z. B. Hederich, im Wachstum stark zurückgehalten werden, während beim Düngen mit Salpeter oder schwefelsaurem Ammoniak diese vorteilhafte Einwirkung nicht festzustellen ist.

Unter diesem Gesichtspunkte scheint sich der Kalkstickstoff vielleicht dauernd, d. h. auch nach dem Kriege zu halten, obgleich sich die Einheit Stickstoff im Kalkstickstoff teurer einstellt als beim schwefelsauren Ammoniak. Es kommt auch noch hinzu, daß die riesigen Kalkstickstoffwerke, die einen Wert von einigen hundert Millionen Mark darstellen, nicht ohne weiteres stillgelegt werden können.

Aus dem Kalziumkarbid können auch andere chemische Stoffe hergestellt werden. Aus dem Azetylen, dem Zer

setzungsstoff des Karbids mit Wasser, kann mit Hilfe von Quecksilbersalzen Azetaldehyd abgeschieden werden, der zu Alkohol reduziert und zu Essigsäure oxydiert werden kann. Ferner kann aus dem Azetylen mit Stickoxyd und Wasser Zyansäure, daraus Natriumzyanat und hieraus wieder Harnstoff hergestellt werden, der als Düngemittel verwendet werden kann.

Aus dem Azetylen kann ferner das Isopren gewonnen werden, der bekannte Ausgangsstoff für den künstlichen Kautschuk. Endlich kann aus dem Karbid auch Ammoniak und daraus durch Verbrennen Salpetersäure erzeugt werden. Hierzu wird der Kalkstickstoff (Kalziumzyanamid) unter höherem Druck, etwa 12 at, mit Wasser, dem eine geringe Menge Alkali zugesetzt wird, zersetzt. Um aus Kalkstickstoff schwefelsaures Ammoniak herzustellen, hat man mit einem Preis von etwa 30 für 1 kg Stickstoff zu rechnen. Der Stickstoff im Kalkstickstoff muß sich also unter 70 stellen, um dem Chilesalpeter Wettbewerb machen zu können. Der heutige Preis für 1 kg Stickstoff z. B. im neuen Düngemittel der Badischen Anilin- und Sodafabrik, dem Kaliammonsalpeter, beträgt 3 M.

Aber alle diese Fragen, besonders die der Herstellung von Essigsäure oder Alkohol, sind nur möglich, wenn sehr billiges Kalziumkarbid zur Verfügung steht. In Deutschland haben deswegen, vielleicht mit Ausnahme von Bayern, alle diese Industrien sehr geringe Aussichten auf Erfolg. Am Walchensee sind z. B. die Kosten für die Kraftabgabe nach den vorliegenden Mitteilungen zu hoch, um diese Industrien nutzbringend zu gestalten. Der Preis für 1 kW-st betrug schon vor dem Kriege für elektrochemische Zwecke 1,5 . Der jetzige Preis ist er ist vom Preise der Ruhrkohlen abhängig, wie dieser sich am Platze Verschiebebahnhof Nürnberg einstellt mehr als doppelt so hoch. (Schluß folgt.)

Die Spurweite der Kleinbahnen. 1)

Von Prof. Dr.-Ing. Blum, Hannover.

Die nachstehende Abhandlung verdankt ihre Entstehung den Erfahrungen, die mit den deutschen Feldbahnen im Krieg gemacht worden sind; sie ist gegen die Spurweite von 60 cm gerichtet. So ungünstig die Erfahrungen sind, so sind sie doch so wertvoll, daß ihre Auswertung für die Kleinbahnen des Friedens nicht hintangehalten werden sollte. Da ich im folgenden Kriegserfahrungen ausnutzen will, werden meine Betrachtungen teilweise einen stark >militaristischen<<< Einschlag aufweisen. Ich bitte dies nicht mißzuverstehen; worauf es ankommt, ist nicht militärische Kritik, sondern Nutzbarmachung von Erfahrungen des beklagenswerten Krieges für die friedliche Wirtschaft. Insbesondere sollen die Mängel der zu kleinen Spur erörtert werden, damit die Friedenskleinbahnen vor der weiteren Verbreitung der 60 cm-Spur bewahrt werden, und es sollen außerdem Einzelerfahrungen mitgeteilt werden, die zwar im Kriege gemacht, aber auch für die Friedenswirtschaft wichtig sind. - Hierbei werden Vorschläge für Normalisierungen eine große Rolle spielen.

Um etwaigen Irrtümern zu begegnen, müssen zunächst einige Begriffsbestimmungen festgelegt werden. Für >>Kleinbahn <<< ist im folgenden die Begriffsbestimmung des preußischen Kleinbahngesetzes maßgebend Es wird darunter also nicht etwa die Bahn von 1 m Spur verstanden, für die sich auf dem westlichen Kriegsschauplatz im Laufe des Weltkrieges dieser Begriff eingebürgert hat. Für unsere Betrachtung ist vielmehr eine Kleinbahn mit der Spur - u. U. mit einer schmalen Spur - zugrunde zu legen, die für den Friedensbetrieb für Kleinbahnen wirtschaftlich noch zulässig ist. Die 1 m-Bahn wird »Meterbahn genannt werden

Unter >> Feldbahns ist im folgenden stets die militärische Feldbahn verstanden. Sie ist nicht zu verwechseln mit den Feld- (Wald-, Rüben-, Fabrik-, Unternehmer-)Bahnen des Friedens, d. h. den fliegenden Bahnen; diese sind im folgenden >> Förderbahnen <<< genannt. Als >>>Förderbahnen<«

1) Sonderabdrücke dieses Aufsatzes (Fachgebiet: Eisenbahnen) werden abgegeben. Der Preis wird mit der Veröffentlichung des Schlusses bekannt gemacht werden

werden von militärischen Bahnen die bezeichnet, die zur Versorgung von Batteriestellungen, Schützengräben u. dergl. dienen; das sind also hauptsächlich die Bahnen, die von den vordersten Parks und den Endpunkten der Feldbahnen aus die Verteilung der Munition, der Verpflegung, des Pioniergerätes besorgen. Für die militärischen Förderbahnen ist die geringe Länge, die starke Verästelung und der Betrieb durch Menschenkraft oder Tiere, höchstens durch (leichte) Benzollokomotiven, kennzeichnend.

den Spitzenstrecken

Im Gegensatz hierzu hat die Feldbahn größere Länge, und zwar nur ausnahmsweise weniger als 15 km, aber bis zu 100 km; sie wird stets mit Dampflokomotiven betrieben, nur in den vordersten, vom Feind eingesehenen und von der feindlichen Artillerie stark unter Feuer genommenen Strecken auch von Benzollokomotiven. Die Feldbahn ersetzt unter Umständen die Vollbahn, wo deren Netz zu weitmaschig ist; sie beginnt an der Vollbahn oder ausnahmsweise an der die Vollbahn ersetzenden Schmalspurbahn; sie endigt im allgemeinen etwa 3 km hinter der Front. Die Förderbahn verteilt den Verkehr von den Endpunkten der Feldbahn, ausnahmsweise von weit vorn gelegenen >>Spitzenbahnhöfen der Vollbahn. Die Förderbahn dient zur Ersparung von Kraftwagen- und Pferdekolonnen sowie Einzelfuhrwerken; sie kann durch solche dauernd ersetzt werden. Die Feldbahn kann aber durch Kolonnen nicht dauernd ersetzt werden, auch nicht durch Kraftwagen-Kolonnen, weil durch einen entsprechend starken Kolonnenverkehr die Wege so abgenutzt werden, daß die Kraftwagen bald nur noch Straßenschotter zu fahren haben würden.

Von einer Feldbahn größerer Länge hätte man im Kriege, besonders wenn sie sich vorn in mehrere Zweiglinien gabelt, eine tägliche Nutzleistung von 1800 t (nur in der Richtung zur Front gerechnet) verlangen müssen. Bei mancher Förderbahn ist man mit einer Leistung von 50't für den Tag zufrieden (richtiger gesagt für die Nacht, da der Betrieb oft nur bei Dunkelheit möglich ist). Für die Feldbahn sind Wagen erforderlich, die großen Fassungsraum haben (vergl. unten), ihre Zug- und Stoß vorrichtung muß einheitlich, ihre Federung und ihre Bremsen müssen gut sein; für die Förderbahn ge

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