23. August 1919. ist. Der Eigenleistungsfaktor der Induktionsdynamo ist von geringerer Bedeutung. Der Induktions-Stromerzeuger führt keine Ursachen von Netzstörungen ein. Er speist nicht in einen Netzkurzschluß, er pendelt nicht, er ist unempfindlich gegen Unsymmetrien der Phasenspannungen und der Kurvenform; ja, er dämpft diese sogar. Er ist die einfachste elektrische Maschine, kann mit Kurzschlußanker ausgeführt werden und braucht nicht einmal die für Kurzschlußmotoren üblichen Anlaßvorrichtungen, sondern nur einen Vorkontaktschalter mit Schutzwiderstand. Die kleinen Anlagen mit Induktions-Stromerzeugern sind so einfach, daß sie keiner ständigen Bedienung bedürfen. Induktionsmaschinen mittlerer Größe sind in Wasserkraftzusatzanlagen in der Schweiz, Oesterreich, Italien und Amerika mehrfach verwendet worden. Größere Maschinen mit Antrieb durch Frischdampf- und Abdampfturbinen sind in Amerika und England insbesondere in Verbindung mit Einankerumformern angewandt worden. Dr. Adler empfiehlt folgende Anwendungen: 1) Zur völligen Ausnutzung bestehender Kleinwasserkraftanlagen (Mühlen, Sägewerke u. dergl.). Diese arbeiten jetzt nur 8 oder 16 st; in den Feierstunden rinnt das Wasser unausgenutzt ab. Solche Anlagen besitzen häufig Elektromotoren, die zu Zeiten geringen Wasserstandes die Turbine unterstützen, wobei Turbine und Motor meist auf eine Transmissionswelle arbeiten. Indem man durch Ausschaltung des Turbinenreglers dem Drehstrommotor Gelegenheit gibt, übersynchrone Drehzahlen anzunehmen, ermöglicht man die Stromrücklieferung ins Netz. Durch zwei Zähler mit Rücklaufhemmung (Kauf und Verkauf) wird die Verrechnungsgrundlage geschaffen. Das Elektrizitätswerk verringert durch den Bezug des Abfallstromes seinen Kohlenverbrauch und kann neue Nachstromanschlüsse (für Warmwasserspeicher, zum Backen, Dörren usw.) ausführen. Die Einrichtung zur Stromrücklieferung erfordert keine zusätzlichen Baukosten. 2) In gewerblichen Betrieben, die Niederdruckdampf zum Kochen, Heizen, Dämpfen u. dergl. verbrauchen. Solche Betriebe besitzen gewöhnlich Niederdruckkessel und beziehen den Strom zum Speisen ihrer Motoren vom Elektrizitätswerk. Der Verfasser empfiehlt die Aufstellung von asynchronen Gegendruckturbodynamos, die von Hochdruckkesseln gespeist werden. Die Gegendruckturbine tritt also an die Stelle eines Druckminderventils; sie verwandelt den dem Druckgefälle entsprechenden Energieinhalt des Dampfes in Elektrizität. Es ist bekannt, daß infolge des Umstandes, daß der Wärmeinhalt von Hochdruck- und Niederdruckdampf wenig verschieden ist, die Dampfabzapfung in Gegendruckturbinen bedeutende wirtschaftliche Vorteile ermöglicht. Diese Vorteile sind in größeren Fabrikbetrieben durch synchrone Turbodynamos vielfach ausgenutzt worden. Die Induktionsdynamo ermöglicht die Ausnutzung auch in kleineren und mittleren gewerblichen Betrieben. Wird mehr Strom verbraucht, als der Dampf ergibt, so wird er vom Netz bezogen. Wird aber mehr Strom erzeugt, als verbraucht wird, so wird er ins Netz zurückgeliefert. Die Turbine wird durch den Fortfall des Reglers besonders einfach. 3) In mittleren und größeren Fabrikbetrieben, die Abdampf oder Abwärme erzeugen (Stahlwerke, metallurgische und keramische Oefen, Großgasmaschinen usw.). Hierfür wird die Aufstellung von asynchronen Abdampf- bezw. Frischdampf-Turbodynamos empfohlen, die an einem Netz hängen. Der Vorteil dieser Anwendung liegt in der Dezentralisierung der Verwertung der Abfallkraft und in der einfachen Bauart der reglerlosen Maschine. 4) In Windkraftanlagen. Diese sind jetzt für Akkumulatorenbetrieb, also für Gleichstromerzeugung, eingerichtet. Trotz aller mechanischen Regelvorrichtungen schwankt die Umlaufzahl des Windrades in weiten Grenzen; die Gleichstromdynamo muß daher von besonderer Bauart sein. Wenn man das Windrad mit einer Induktionsdynamo kuppelt, die an einem Drehstromnetz hängt, so können die Regelvorrichtungen entfallen. Das Netz übernimmt die Rolle des Geschwindigkeitsreglers. Nur muß man dafür sorgen, daß unterhalb einer gewissen Windgeschwindigkeit der Stromerzeuger vom Netz abgetrennt wird, weil er sonst als Motor laufend das Windrad antreiben würde. Dr. Adler berechnet, daß aus einem großen Windrad eine Jahresausbeute von etwa 80000 kW-st erwartet werden kann. Die Ausnutzung der Windkraft in der geschilderten Weise wird vielleicht die Einführung elektrischer Betriebe in der Landwirtschaft erleichtern. Der Windstrom wird zum Ausgleich der Leerlaufverluste in den Transformatoren ländlicher Ueberlandelektrizitätswerke herangezogen werden können. Die Windkraftanlage braucht nicht im Verbrauchsfeld zu liegen; sie kann auf Bodenerhebungen oder andern günstig gelegenen Punkten möglichst nahe der Ueberlandleitung angeordnet werden. Brennstoffwirtschaft und rollendes Gut bei den preußischen Staatsbahnen. In einem Vortrage in der Berliner Handelskammer am 11. August wies Minister Oeser auf die schweren Schädigungen des Verkehrs und des Wirtschaftslebens durch die Kohlennot hin. Die Kohlenförderung muß mit allen Mitteln gesteigert werden, und die rationelle und wirtschaftliche Verwertung der Kohle ist die dringendste Forderung des Tages. Im Ministerium der öffentlichen Arbeiten ist deshalb eine neue Abteilung eingerichtet worden, die alle technischen, mit Kraftgewinnung und Kraftverbrauch auf der Eisenbahn zusammenhängenden Fragen zu bearbeiten hat. Hier soll auch insbesondere die elektrische Zugförderung der Staatsbahnen, und zwar zunächst der Berliner Stadt- und Vorortbahnen, selbständig bearbeitet werden. Zum Leiter der Abteilung ist der Wirkl. Geh. Oberbaurat Dr.-Ing. Wittfeld ernannt worden. Die Kohlennot hat nach den Ausführungen des Ministers die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie untergraben. Diese hat von der Eisenbahnverwaltung den Riesenauftrag von 2 Milliarden M erhalten, wovon 1,8 Milliarden auf rollendes Gut entfallen. Wöchentlich werden 20, 30, mitunter auch 40 Lokomotiven abgeliefert; aber das ist zu wenig, und im Juli waren die Fabriken bereits mit der Lieferung von 270 Lokomotiven und 14400 Wagen im Rückstand. Von dem eigentlich ausreichenden Lokomotivbestand waren im Juli 40 VH ausbesserungsbedürftig, und die Staatsbahnverwaltung hat deshalb 25 VH zu wenig Lokomotiven. Die Ursachen hierfür liegen in der starken Abnutzung während des Krieges; die Ersatzmetalle haben sich bei der Eisenbahn nicht bewährt, und die Schmiermittel haben schädlich gewirkt. Noch jetzt laufen täglich im Mittel 600 Wagen heiß. Der Achtstundentag erschwert den Bahnbetrieb außerordentlich. Da das Fahrpersonal nicht mehr auf der Strecke übernachten wollte, mußten neue Wendestationen für die Lokomotiven eingerichtet werden. Diese wurden daher nicht mehr voll ausgenutzt; die tägliche Leistung ging von rd. 200 auf 150 km zurück. Durch Verhandlungen mit dem Fahrpersonal ist hierin zwar eine Besserung erreicht worden, die aber nicht ausreicht, da immer noch mehr Lokomotiven ausbesserungsbedürftig werden, als aus den Eisenbahnwerkstätten herauskommen. Die Heranziehung der privaten und militärischen Betriebe sowie der Werften wird nur allmählich wirksam, da diese Betriebe sich erst umstellen mußten. Der Achtstundentag zwang zur Einführung von doppelten Schichten und Anschaffung eines erhöhten Werkzeugbestandes. Eine dauernde Besserung ist nur bei vermehrter Arbeit möglich. Gefördert wird diese durch zum Teil schon eingeführte Prämienlöhne in Privat- und Staatsbetrieben. Beton im Meere. Ueber die vom Verein deutscher Portlandzement-Fabrikanten gemeinsam mit der Wasserbauinspektion Husum und dem Materialprüfungsamt Lichterfelde seit mehr als 20 Jahren am Westufer der Insel Sylt veranstalteten Versuche, die chemische und mechanische Einwirkung des Nordseewassers auf Betonmischungen verschiedener Art zu ermitteln, hat Prof. Gary einen Bericht in der Hauptversammlung des genannten Vereines im Juni d. J. erstattet 1). Der Bericht kommt zu folgenden bemerkenswerten Schlußfolgerungen: Um widerstandsfähige Bauten im Seewasser zu erlangen, ist es notwendig, Zement zu verwenden, der möglichst reich an Kieselsäure, dagegen arm an Tonerde und Eisenoxyd ist. Solchen Zementen kann man, wenn sie nebenbei kalkreich sind, durch Traßzusätze unter gewissen Bedingungen größeren Wert verleihen. Entscheidend für die Haltbarkeit der Betonbauten im Meer ist aber die Verwendung möglichst dichter, für das Seewasser undurchdringbarer Mischungen, sowie tunlichst ausreichende äußere Erhärtung der in See zu bringenden Körper in Wärme und an der feuchten Luft, bevor sie den Wirkungen des Seewassers ausgesetzt werden. Beton, dessen Mörtel mehr als 2/3 Sand enthält, wird im allgemeinen nicht die erforderliche Dichte aufweisen, um den Angriffen des Meeres lange Zeit Widerstand zu leisten. Ausführlich wird über diese Versuche in den Mitteilungen des Materialprüfungsamtes berichtet werden, in denen die Versuche auch früher mehrfach behandelt worden sind"). 1) s. Deutsche Bauzeitung vom 26. Juli 1919. 2) Jahrgang 1900, Ergänzungsheft 1, und 1909, Heft 5 und 6, i Zerfall und Neubau der Technischen Hochschulen 1). Der preußische Minister v. Zedlitz hat seinem König Friedrich II. gesagt, das Oberbaudepartement habe sich darüber beklagt, daß die zu Feldmessern und Baubedienten sich meldenden jungen Leute zu wenig in ihren Wissenschaften gelernt hätten. Dies liege daran, daß die Anwärter, die für kurze Zeit die Universität besuchten, meist ihren zukünftigen Beruf noch gar nicht kennen. Sie kümmerten sich um die angewandte Mathematik<< günstigenfalls nur nebenbei. Es sei deshalb zweckmäßig, eine Pepiniere von jungen Leuten zu begründen, welche bereits auf Schulen und Universitäten die hierzu abutierenden Lectiones und Kollegia frequentieret und mit anderen Wissenschaften sich nicht distrahieret hätten<<"). Die Anschauung, die in diesen Worten zum Ausdruck kam, ist in der Folge für die Entwicklung des technischen Unterrichtswesens bestimmend geblieben. Alle seitdem entstandenen technischen hohen Schulen Preußens sind als Anstalten begründet worden, die einen in erster Linie auf Fachbildung gerichteten Zweck verfolgen, und bei denen die Allgemeinbildung nicht einmal an zweiter Stelle genannt wird. : Die (in deu let ten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts :: entstandenen) Verfassungsstatuten der preußischen Technischen Hochschulen bezeichnen deshalb auch als ihre alleinige Aufgabe, für den technischen Beruf im Staats- und Gemeinde dienst, wie im industriellen Leben die höhere Ausbildung zu gewähren, sowie die Wissenschaften und Künste zu pflegen, welche zu dem technischen Unterrichtsgebiete gehören. Auch allen übrigen Technischen Hochschulen des Deutschen Reiches ist die Ausbildung von Fachtechnikern vorgeschrieben. Im Statut der Darmstädter Hochschule wird dies durch die Worte hervorgehoben: insbesondere bezweckt sie die Ausbildung von Architekten, Bauingenieuren, Kulturingenieuren, Pharmazeuten und Geometern... An 5. Hochschulen (Darmstadt, Dresden, Karlsruhe, München und Stuttgart) kommt als weitere Aufgabe Lehrerausbildung hinzu; Karlsruhe bildet außerdem Forstleute, München Landwirte. • Eine richtige Beurteilung der gegenwärtigen Verhältnisse im Unterrichtsbetriebe der Technischen Hochschulen bedingt die Beachtung dieser Verfassungsstatuten. Sie sind Grundgesetze, geben den festen Willen der Gesetzgeber und sind selbst selbstverständlich auch bestimmend für den Wesensgehalt der unter ihrer Geltung gewachsenen und entwickelten Anstalten. : ...« Je nachdem, was man hierin als den Willen der Gesetzgeber erkennt, wird man deshalb in dem »Zerfall<<< der Technischen Hochschulen gar keine Neuerscheinungen sehen, sondern einen Prozeß, der seit der Begründung der Anstalten ununterbrochen abläuft. Von Zerfall konnte man doch schon sprechen, als an allen Hochschulen die Bautechnik in eine Hochbauabteilung und eine Bauingenieurabteilung getrennt wurde, als in letzterer sich wieder Wasserbauer und Eisenbahningenieure, Kulturingenieure und Vermessungsingenieure schieden, als neben der mechanischen Abteilung eine Abteilung für Elektrotechnik (Dresden, Darmstadt, Karlsruhe) entstand, als sich von der Abteilung für Maschineningenieurwesen eine Sektion und später eine Abteilung für Schiffbau. 2) In der Folge ist die erste technische bohe Schule, die école de génie et d'architecture, im Berliner Schloß begründet worden; sie sollte einen dreijährigen Kursus erhalten und in zwei Klassen, die eine für Offiziere, die andere für Zivilingenieure und Baukondukteure, betrieben werden. Nach ganz kurzem Bestand ist sie wieder eingegangen. Vergl. C. Matschoß: Friedrich der Große als Förderer des Gewerbefleißes, Berlin 1912. L. Simion Nachf. : Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure. 2) Wirtschaftlichmachen von Wärmekraftanlagen, Ausnutzung der Abwärme, Dampfüberhitzung, selbsttätige Feuerungen u. dergl. gen. 3) Brennstoffersparung im Haushalt, Wohnhausbau. 4) Ersatzbrennstoffe für Motorenbetrieb und Feuerun 5) Sparsame Beleuchtung, 6) Wärmehaushalt in der Gemeindewirtschaft. Verbindung von Elektrizitäts- und Gaswerken mit Badeanstalten, Fernheizanlagen usw., Müllverbrennung, Gasgewinnung aus Klärschlamm. 7) Literatur. die Redaktion. und Schiffsmaschinenbau (Berlin, Danzig) schied. Das wird so weiter gehen. Die auf Teilungen gerichtete Bewegung ist unaufbaltsam. Sie erhält auch stets neue Impulse aus den staatlichen und städtischen Ressorts des Bauwesens, aus dem Verkehrswesen, aus Industrie und Gewerbe. Die Technische Hochschule kann sich dem Rufe von außen nicht verschließen, denn es ist ja ihre Bestimmung und vornehmste Aufgabe, für den Dienst<« in Staat, Gemeinde und Industrie auszubilden. Der technische Beruf in diesem Dienst verlangt und er verlangt es ununterbrochen -, daß die Technischen Hochschulen immer wieder neue Fachabteilungen und Sektionen schaffen; sie müssen also zerfallen. Sie sind auf Zerfall angelegt. Zerfall ist ihre statutarische Bestimmung. Die immer weiter greifende Teilung und Spezialisierung, die mit dem Worte >>>Zerfall<« gekennzeichnet werden soll, scheint mir aber auch für die Zukunft der Technischen Hochschulen gar nicht von ausschlaggebender Bedeutung zu sein. Für viel bedenklicher halte ich eine andere Erscheinung, die ebenfalls auf das Verfassungsstatut zurückzuführen ist: die Vernachlässigung der auf allgemeine Bildung gerichteten Bestrebungen, die Verkennung also des alten Hochschulgedankens. Daß eine Lehranstalt die höhere<<< Ausbildung für den Dienst<<< in irgend einem Berufe gewährt, macht sie noch nicht zur Hochschule. Hochschule im alten Sinne des Wortes ist sie erst dann, wenn sie die von unseren jetzigen höheren Schulen (den Mittelschulen) nur unvollkommen geförderte allgemeine Bildung zu einer höheren Stufe führt. Weiterführung der Allgemeinbildung ist daher das erste Erfordernis, dem sich die Fachbildung unterordnen muß. Dieser Gedanke ist in allen Universitätsverfassungen vorherrschend und für die Unterrichtsorganisation bis in die neueste Zeit bestimmend geblieben. In dem Berliner Universitätsstatut sagte der königliche Begründer: >>So wie die Universität in Berlin den gleichen Zweck hat mit anderen Universitäten in unseren Staaten, nämlich die allgemeine und besonders wissenschaftliche Bildung gehörig vorbereiteter Jünglinge durch Vorlesungen und andere akademische Uebungen fortzusetzen und sie zum Eintritt in die verschiedenen Zweige des höheren Staats- und Kirchendienstes tüchtig zu machen, so soll sie auch als Lehranstalt und als eine privilegierte Korporation unter unserem landesväterlichen Schutze in Gemäßheit unseres Landrechtes die wesentlichen Rechte einer Universität genießen... Selbst bei der jüngsten Hochschule, der Universität Frankfurt a. M., wird als erster Zweck >>die allgemeine« und sodann die >>>besondere wissenschaftliche Bildung gehörig vorbereiteter Jünglinge<< genannt. Mit den gleichen Worten ist die Aufgabe der Universitaten Breslau, Gießen, Marburg und Halle umschrieben. Wenn bei den älteren mehrfach staats- und kirchenpolitische Zwecke hervortreten, dann doch immer nur im Zusammenhang mit der Allgemeinbildung. Sie steht an erster Stelle, die Berufsbildung erst an zweiter. So hat die Rostocker Hochschule die überlieferte Bestimmung, die reine Lehre der heiligen Schrift auf der Grundlage der Augsburger Konfession zu pflegen und zu verbreiten. in der Liebe zu: allem Wahren, Guten und Schönen eine Stätte der wissenschaftlichen Forschung zu sein und für das bürgerliche Leben und seine besonderen Berufe auszubilden und zu lehren<<. Der Gründer der Bonner Universität spricht die Erwartung Allgemein : aus, daß durch diese neue Anstalt wahre Frömmigkeit und gute Sitte bei der studierenden Jugend gefördert und immer mehr und allgemeiner verbreitet wird<<. Noch klarer ausgeprägt ist der Gedanke in dem Jenaer Statut: »Die Universität ist bestimmt, die Wissenschaft in Forschung und Lehre zu fördern und die studierende Jugend zu Charaktertüchtigkeit, idealer Gesinnung und Vaterlandsliebe zu erziehen...« Vergleicht man diese Bestimmungen mit der Absicht des friederizianischen Ministers, der nicht haben wollte, daß die jungen Techniker sich mit anderen Wissenschaften distrahieren, einer Absicht, die der Leitgedanke in den Verfassungsstatuten der Technischen Hochschulen geworden ist, so zeigt sich wohl deutlich genug, daß die seit Jahrzehnten, ja seit dem Bestehen der Technischen Hochschulen beklagten Mängel nur bei vollständiger Aenderung der Verfassungsstatuten beseitigt werden können. Die Technischen Hochschulen müssen Hochschulen werden, deren oberstes Ziel die allgemeine wissenschaftliche Bildung gehörig vorbereiteter Jünglinge<<< ist. Damit verliert die Aufgabe, die besten und tüchtigsten Fachtechniker zu schulen, nichts an ihrer Bedeutung. Man kann das eine tun und braucht das andere nicht zu lassen. Riedler verweist dieserhalb auf M. M. v. Weber - >Erziehet ganze Menschen, die an allgemeiner Bildung und Lebensform auf der Höhe des Völkerlebens und der zivilisierten Gesellschaft stehen und macht aus diesen dann Techniker; das ist das ganze Geheimnis und die alleinige Lösung des Problems<«. Leider ist die Mahnung v. Webers vergessen und den Verfassern der Grundgesetze Technischer Hochschulen wahrscheinlich gar nicht einmal bekannt gewesen. Auch die vielen Resolutionen und Denkschriften der letzten Jahrzehnte haben soweit ich übersehen kann die grundlegende Forderung der allgemeinen Bildung und Lebensform nicht betont. Erst v. Bach-Stuttgart hat vor wenigen Jahren wieder eindringlich auf den tiefgehenden Mangel, der den Technischen Hochschulen anhaftet, hingewiesen, indem er sagte: »Die Studierenden der Technischen Hochschulen beschäftigen sich intensiv mit den Fachstudien; mit den Menschen und den menschlichen Eigenschaften pflegen sie sich wenig oder gar nicht zu befassen, während die Notwendigkeit hierzu für den Ingenieur fortgesetzt im Wachsen begriffen ist...... Die Aufgaben, die an ihn herantreten, fordern von der Technischen Hochschule, daß sie es sei ein altes Wort gebraucht ausreichend humanisiert werde, und zwar im Sinne des Bedürfnisses der heutigen Zeit..... Die Technische Hochschule darf nicht bloß Fachschule, sie muß auch Hochschule sein<<< '). - Von demselben Grundgedanken ist die Riedlersche Schrift durchsetzt, wenn sie die Zusammenfassung der wissenschaftlichen Lehre verlangt und zudem auf eine bessere Nutzbarmachung technischer Intelligenz verweist. Hierin sehe ich ihren besonderen Wert. Zur vorstehenden Aeußerung über die Hochschulreform bitte ich mir einige Bemerkungen zu gestatten: Die Reformnot mag man von mehreren Stellen aus verschieden sehen, sie leugnen oder als drängend anerkennen oder als Sache, die andere einzuleiten haben. 1) Einen Ausblick in Bildungsfragen bietet das geschichtlich Gewordene. Es ist sehr dankenswert, den Werdegang der Technischen Hochschulen und den Zusammenhang zwischen Verfassung und Zerfall nachzuweisen. Dies gibt mir Anlaß, ein wie es scheint verbreitetes Mißverständnis aufzuklären, ich hätte den Hochschulen ein Brandmal aufgedrückt. Als Zerfall habe ich eingehend die schädigende Zersplitterung der Lehre bezeichnet, und solcher Zerfall ist Auseinanderfallen und noch nicht Verfall. Zerfall ist Zerspalten, Zertrennen, Nebeneinanderlaufen der Lehren statt ihrer Verbindung. Die Menschen zerfallen ja auch in wenige Weltkluge und viele Wirklichkeitsblinde, und die Lehre zerfällt in eine übermäßig lange theoretische, wirklichkeitsfremde und in eine kurze, bisher unwirksame wirklichkeitsgerechte. Der überrasche Werdegang der Fachwissenschaften und der Hochschulen, sowie ihre Satzungen haben daran entscheidenden Anteil, gefördert durch die zersplitterte Lehre, deren Zusammenfassung nie auch nur versucht wurde. Sowohl die grundlegende wie die fachwissenschaftliche Lehre wurde immer weiter zerspalten, das unendlich weiterwach sende Fachwissen nicht zu allgemeiner Erkenntnis verarbeitet. An wichtigsten Stellen verdeckt eine hergerichtete Schulwelt die schwierige Wirklichkeit, wie ich an anderer Stelle näher nachweisen werde. Den Zerfall habe ich noch gekennzeichnet in der unbegreiflichen Tatenlosigkeit, ja Teilnahmlosigkeit, im fehlenden Wirken von innen heraus, und jetzt noch liegen wesentlich nur neinsagende Aeußerungen vor. 2) Ein glänzendes Bild von stolzer Warte bietet der übliche Rückblick auf die bisherigen Erfolge. blick Die Betriebe des Erwerbs und des Staates waren vor und während des Krieges im Höchststand. Somit wäre ja alles in bester Ordnung und das Bestehende >> bewährt, was das Neue nie ist. Alles wäre eitel Pracht, sonst hätten wir es nicht so herrlich weit gebracht. Auf diese bei Fortschrittsfeinden so außerordentlich beliebte Warte des Erfolges steige ich nie, obwohl ich mir selbst ein Lorbeerzweiglein pflücken könnte, um darauf auszuruhen, denn ich hatte das Glück, Hunderte früherer Schüler als Leiter und Lehrer an diesem wundergleichen Aufschwung mitarbeiten zu sehen, schon in den 80er Jahren beim ersten großen Aufstieg, dann bei der Vertiefung vor dem Krieg, die mehr geleistet hat als Jahrhunderte vorher und uns den Neid der der andern andern gebracht gel hat. Und unter diesen Schülern konnte ich viele frühere Assistenten und Mitarbeiter mitzählen. Leider ist solcher Rückblick eitel Täuschung, denn der Technik blühen keine Ruhelorbeern, und der Krieg hat zudem alles verändert. Die Führer, mithin auch die Lehrer, mußten doch schon vor dem Kriege an den Nachwuchs höhere Forderungen stellen, als sie selbst im gleichen Alter wahrscheinlich erfüllen konnten. Das Wesen der Technik und jeder Wissenschaft ist eben endloser, nie rastender Fortschritt. Wer sich am Erfolge sonnt, verdorrt. Die Hochschulen und ihre Lehrer sollen überdies voreilen. Von der angenehmen Erfolgswarte aus wird also die Not schlecht gewertet. 3) Auf die Satzungen der Hochschulen bin ich absichtlich in der Denkschrift nicht eingegangen, obwohl sie unhaltbar sind. Ich wollte unbedingt die irrige Ansicht ausschließen, erweiterte Ziele in neuen Satzungen könnten ohne weiteres bessern. Dann wäre die Reform ja Sache der Verwaltung, aller Rückstand ihre Schuld, weil sie den Federstrich scheut, der neues Leben aufzaubern könnte. Neue beste Satzungen könnten jedoch ebensowenig ändern wie ein äußerlicher Anschluß an die Universität ohne vorherige innere Umgestaltung der Hochschule; die Reform wäre am falschen Ende angefangen. Erst müssen die Wissenschaften zusammengefaßt, die Lehre neu aufgebaut werden, die wirklichkeitswidrigen Theorien der Erfahrungslosen schwinden, und Gemeinarbeit muß auf den Grenzgebieten möglich werden, denen die Zukunft gehört. Satzungen können nicht schaffen, alles kommt auf die Menschen an. A. Riedler. Gestatten Sie mir einige Worte zu den Ausführungen des Hrn. Prof. Riedler in Nr. 14 und 15 dieser Zeitschrift. Einer großen Anzahl in der Praxis stehender Ingenieure und namentlich solchen, die in führende Stellungen gelangt und damit verantwortlich sind für die Auswahl des Nachwuchses und der Mitarbeit in den ihnen unterstellten Betrieben, werden die Ausführungen des Hrn. Riedler aus der Seele gesprochen sein. Von seiten dieser Fachleute ist schon seit langer Zeit immer wieder darauf hingewiesen worden, daß man für den Nachwuchs in der Technik hervorragend hervorragend allge- allgemein gebildete Ingenieure verlangen müsse, daß es aber im ber Interesse der Industrie einerseits, wie auch für die weitere Entwicklung und die Aussichten für die heranwachsenden Ingenieure anderseits vermieden werden müsse durch die Technischen Hochschulen fertig ausgebildete Fachingenieure in das praktische Leben hinauszusenden. Durch die Einseitigkeit der Ausbildung, die unsere jungen Ingenieure auf einem Teil der Hochschulen heute empfangen, sind ihnen viele Aussichten und Entwicklungsmöglichkeiten in der Industrie von vornherein erheblich erschwert, wenn nicht sogar zum Teil verschlossen, ganz abgesehen davon, daß diese einseitige Ausbildung in den Ingenieuren den Glauben erzeugt, daß sie als fertige Menschen und Ingenieure von der Hochschule kommen und in der Praxis nichts mehr hinzuzulernen brauchen und daher die für jeden Anfänger notwendige Schmiegsamkeit nicht besitzen. Von den Grenzfächern, die Hr. Riedler bei der Vorbildung und zur Berücksichtigung bei der Ausbildung besonders in den Vordergrund gestellt sehen möchte, vermisse ich die Chemie, denn auf der Kenntnis der Chemie bauen sich doch so viele, die praktische Technik beeinflussende Erscheinungen deutscher Ingenieure. : auf. Es ist daher eine hinreichende Kenntnis der anorganischen, aber auch der organischen Chemie für den Ingenieur von allergrößter Bedeutung. Es ist eines der Grenzgebiete, deren Kenntnis dem Ingenieur in möglichst umfassender Weise vermittelt werden muß, um die verschiedenen Vorgänge auf seinem Fachgebiet, mit dem er täglich umzugehen hat, verstehen und beeinflussen zu können. Alle Vorgänge der Rohstoffgewinnung, die Feuerungsvorgänge, die Fragen der verschiedenen Eigenschaften der Baustoffe, worauf sie begründet sind, die Metallographie, die Industrie der Nahrungsmittelgewerbe, die Landwirtschaft usw. erfordern immerhin ein recht beträchtliches Maß von Kenntnissen der Chemie zu ihrem Verständnis, und dieses Verständnis ist notwendig, um die Aufgaben des Ingenieurs, die mit diesen Fragen in Beziehung stehen, auszubauen und fortzuentwickeln. Es darf also m. E. sowohl die Vorbildung als auch die Ausbildung an der Technischen Hochschule an der Chemie nicht vorbeigehen, was leider heute noch zum großen Teil der Fall ist. Man muß dabei auch noch berücksichtigen, daß bei den wirtschaftlichen Verhältnissen, unter denen wir noch lange Jahre zu leiden haben werden, die Industrie der Nahrungsmittelgewerbe jeder Art, sowie die chemische Industrie und die Landwirtschaft der Mitarbeit der Ingenieure in hervorragender Weise bedürfen werden. Es ist aber nicht denkbar, daß diese Mitarbeit von dem Ingenieur auch nur einigermaßen befriedigend in Angriff genommen werden kann, wenn den Ingenieuren durch ihre chemische Vorbildung nicht wenigstens die Möglichkeit gegeben ist, die chemischen Vorgänge, mit denen ihre Gestaltungen sich zu befassen haben, einigermaßen zu verstehen. Wenn die Ausführungen des Hrn. Prof. Riedler dazu beitragen werden, die Entwicklung unserer Technischen Hochschule in der Richtung zu beeinflussen, daß die gründliche fachliche und wissenschaftliche Vorbildung auf breiter Basis als Hauptaufgabe der Technischen Hochschule aufgefaßt wird und Ingenieure in das praktische Leben hinausgeschickt werden, die allen Aufgaben gewachsen sind, so wird Hr. Prof. Riedler des Dankes der davon betroffenen Ingenieure im allgemeinen sicher sein. Berlin-Tegel, den 10. April 1919. F. Neuhaus. Ich lese in dieser Zeitschrift den Abdruck der Denkschrift des Hrn. Geheimrat Dr. Riedler über die Reform der Technischen Hochschule. Ich begrüße es außerordentlich, daß endlich ein fester Plan für die so überaus nötige Reform geschaffen ist, und hoffe zuversichtlich, daß unter Beiseiteschiebung kleinlicher Bedenken und theoretischer Erörterungen der in dem Plan angegebene Weg beschritten werde. Es wäre sicherlich zum Besten des deutschen Wirtschaftslebens. München, den 13. April 1919. Dipl.-Ing. Eppner. Niemals hat Deutschland die Technik dringender gebraucht, als in den nächsten Jahrzehnten; sein wirtschaftlicher Wiederaufbau hängt vorwiegend von den Leistungen einer hochentwickelten Technik ab. Technische Fortschritte und großzügige Organisation der Produktion sind die Mittel, durch welche Deutschland wirtschaftlicher Gesundung zugeführt werden kann. Fragen von ehemals privatwirtschaftlicher Art sind in Zukunft von großem, volkswirtschaftlichem Belang. Der Staat hat deshalb die Pflicht, für die Technischen Hochschulen alle Mittel aufzuwenden und alle Wege einzuschlagen, um sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben so geeignet und vollkommen wie nur möglich zu machen. Kein Kapital wird nutzbringender für den Staat sein, als das für die Technischen Hochschulen verwendete. Indem Riedlers Denkschrift über Zerfall und Neubau der Technischen Hochschulen (Nr. 14 und 15 dieser Zeitschrift) auf die großen Mängel hinweist, die in der Zersplitterung des technischen Hochschulunterrichts, in der vollkommenen Trennung der Abteilungen und Unterabteilungen voneinander liegen, zeigt sie auch den Weg für zweckmäßige Umgestaltung unserer Technischen Hochschulen. Die Ausbildung aller Ingenieure muß auf breiter, wissenschaftlicher Grundlage erfolgen; gleichzeitig muß die Hochschule Gelegenheit zum eingehenden Studium von Sondergebieten geben; Ausbau der technisch-wissenschaftlichen Forschung an den Technischen Hochschulen liegt im Staatsinteresse. Wenn gleichzeitig die Technischen Hochschulen in weit höherem Maße als bisher Gelegenheit zu privat- und volkswirtschaftlicher Ausbildung geben, so werden sie in Zukunft nicht nur tüchtige technische Fachleute liefern, sondern mehr als bisher Männer, die in allen technischen und technischwirtschaftlichen Fragen urteilsfähig sind und die Eigenschaften besitzen, an die Spitzen unserer Staats-. Gemeinde- und Privatwirtschaft zu treten. Zum Wiederaufbau seiner Wirtschaft braucht Deutschland solche Männer, und die Technischen Hochschulen müssen sie liefern Ich begrüße die Denkschrift Riedlers als klare und entschiedene Forderung, deren Erfüllung in gleichem Maße im Interesse der Technischen Hochschulen wie des Staates liegt. Frankfurt a. M., den 18. April 1919. E. W. Köster, Baurat. Die Abhandlung des Hrn. Geheimrats Riedler in Nr. 14 und 15 dieser Zeitschrift über den Zerfall und Neubau der Technischen Hochschulen wird viele Ingenieure zu ernstem Nachdenken über die behandelten grundlegenden Fragen des technischen Bildungswesens angeregt haben. Zweifellos führt die dauernd zunehmende Ausbreitung des menschlichen Wissens nach Breite und Tiefe auf allen Gebieten immer mehr zur Arbeitsteilung, zum Spezialistentum Im selben Maße aber, in welchem die Teilarbeit zunimmt, muß an den höchsten Bildungsstätten der Hauptwert auf Erkenntnis und Vertiefung der großen Zusammenhänge gelegt werden, sonst geht der Ueberblick verloren und der Einblick in die mannigfachen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Gebieten. Hierin wird man Hrn. Geheimrat Riedler unbedingt beipflichten müssen. Es will mir aber scheinen, als ob nicht nur im technischen Bildungswesen, sondern auch auf anderen Gebieten die vertiefte Zusammenfassung nicht so gepflegt wird, wie das Wach Zusammen sen der einzelnen Wissensgebiete und die damit verbundene Zersplitterung es erfordert hätten. Eine auffällige Erscheinung des Krieges und der Revolutionszeit könnte hierin ihre Erklärung finden der Mangel an geistigen Führern, an Männern mit großem Ueberblick und gestaltender Idee in diesen so ungeheuer bewegten, dem schnellen Aufstieg so günstigen Zeiten! Natürlich werden Führerqualitäten angeboren, nicht anerzogen. Aber nur, wenn die Bildungsstätten sie systematisch entwickeln, wird ein ausreichender Nachwuchs an Männern mit tiefer Erkenntnis und weitem Blick zur Verfügung stehen. Jetzt fehlt er; wohl nicht nur wegen des lange kultivierten >>Systems der Mittelmäßigkeit«! Ein typisches Kennzeichen unserer Kriegführung (im weitesten Sinne) ist unzweifelhaft im Nebeneinander, ja im Gegeneinander von Militär, Politik und Wirtschaft zu sehen. Die leitenden Persönlichkeiten verfügten über ein achtensvertes, ja zum Teil sogar erstaunliches Maß an Sonderkenntnissen, nur wenige aber wußten Zusammenhänge und Wechselwirkungen richtig zu beurteilen, vor allem in richtiger Bewertung der Bedeutung des eigenen Gebietes die des anderen gebührend einzuschätzen. Spielten hier auch Machtfragen und persönliche Gesichtspunkte wesentlich in das Zusammenarbeiten hinein: eine derartige Schädigung der gemeinsamen Ziele durch Gegeneinanderarbeit kann nur durch mangelnden Ueberblick über den Gesamtkomplex der Fragen seine Erklärung finden. Die höchsten Bildungsstätten des Reiches müssen mehr denn je vertiefte Zusammenfassung in den Vordergrund stellen, denn der Ueberblick wird immer schwieriger und gleichzeitig immer notwendiger (Parlamentarismus!). Die Lehre sollte deshalb als Gegengewicht gegen die Zersplitterung bewußt auf das Wesen möglichst großer Wissensgebiete gerichtet sein und zum Nachdenken über die Zusammenhänge mit anderen Gebieten Anregung geben. Ich möchte glauben, daß die Reformvorschläge des Hrn. Geheimrats Riedler sich in die Worte zusammenfassen lassen: Bildung statt Wissen! Steht statt der Bildung das Wissen im Vordergrund, so bleibt die Auswertung des Wissens zur Bildung dem Lernenden überlassen. Hier aber sollte gerade der Schwerpunkt der Lehrtätigkeit liegen, unter voller Auswirkung der Persönlichkeit des Lehrers. Berlin-Wilmersdorf, den 22. April 1919. Dr.-Ing. Koenemann. Die in den Nummern 14 und 15 dieser Zeitschrift veröffentlichte Denkschrift des Hrn. Geheimrats Dr. Riedler über Zerfall und Neubau der Technischen Hochschulen dürfte das weitestgehende Interesse aller Fachgenossen beanspruchen. Wenn ich als alter Hochschüler und seit drei Jahrzehnten in der Praxis technisch und wirtschaftlich tätiger Ingenieur meine Meinung dazu äußern darf, so möchte ich sagen, daß = 23. August 1919. ich dem genial vorgetragenen Plane im allgemeinen freudig zustimme und glaube, daß das Geplante mit den Wünschen der Industrie in Einklang gebracht werden kann. Mehr als je kommt es heute darauf an, die geistigen und wirtschaftlichen Kräfte der deutschen Technik auf ein gemeinsames großes Ziel zu richten, um die Nation, die sich im Uebermaß des Unglücks in gefährlicher Verfolgung von Sonderinteressen zu zersplittern und gegenseitig aufzureiben droht, wieder zu freudig-verantwortlichem technischem Ge-stalten und wirtschaftlichem Schaffen anzuregen, das uns allein aus der Not wieder emporheben kann. So wertvoll und unentbehrlich die Pflege des technischen Sonderwissens in Spezialfächern ist, so groß ist doch die damit verbundene Gefahr der gegenseitigen Absperrung und ungenügenden Nutzbarmachung wertvoller Kräfte wegen mangelnder Einheitlichkeit und Fühlungnahme auf den Grenzgebieten. Da tut gerade die Hervorhebung der großen und einigenden Gesichtspunkte und Richtlinien not, nach denen verantwortlich schaffende und gestaltende Ingenieure erzogen werden müssen, deren Blick über die Grenzen ihres Fachwissens hinausreicht und sie befähigt, auch in unser Gemeinde- und Staatsleben fördernd einzugreifen. Die Art, wie Riedler seine Gedanken vorträgt, hat etwas Anfeuerndes und wirkt im höchsten Maße anregend. Wer das Leben des Berliner Bezirksvereines noch aus der Zeit kennt, als er häufig darin hervortrat, weiß, daß seine scharfe Kritik stets höchst befruchtend gewirkt hat. Es wäre zu wünschen, daß er auch jetzt, wo es auf jede Kraft in unserm technischwirtschaftlichen Leben ankommt, wieder mehr hervortritt und die Technischen Hochschulen an die Spitze der neuen Aufwärtsbewegung ruft. Berlin-Reinickendorf, den 22. April 1919. E. Becker, Ingenieur und Maschinenfabrikant. Der von Hrn. Geheimrat Riedler erstattete Bericht über eine Umformung der technischen Universität (Hochschule) wird von allen Seiten als höchst interessant und zeitgemäß bezeichnet werden. Mir scheint ein dringendes Bedürfnis vorzuliegen, nach dieser Richtung hin etwas Umfassendes und ! Gründliches zu tun. Größere Verbreitung und Vertiefung der technischen Kenntnisse, weniger Spezialisierung und Einzwängung in ein Fachgebiet, scheint mir die Forderung zu sein, die die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands und damit die Industrie für die Erziehung der Hochschüler stellen muß. Wenn durch das Geplante dies Ziel erreicht werden kann, und es scheint mir so, so verdienen die Vorschläge allseitige Unterstützung. Ob die Vorschläge im Ganzen oder nur zum Teil durchgeführt werden sollen, ist dabei zunächst von geringerer Bedeutung. Wichtig ist, daß der Gesamtplan mit den Wünschen der Industrie in Einklang steht oder gebracht werden kann. Ich möchte daher anregen, nicht durch die Kritik am Einzelnen den Wert des Ganzen zu verdecken. Kiel, den 24. April 1919. Dipl.-Ing. Regenbogen, Maschinenbaudirektor der Fried. Krupp Aktiengesellschaft Germaniawerft, Kiel-Gaarden. Zur Zuschrift des Hrn. Generaldirektors Neuhaus bitte ich mir die Bemerkung zu gestatten, daß ich die Chemie für das Studium des Maschinenwesens als wesentliches Grundfach ansehe. Vollständiges Zusammenarbeiten von wissenschaftlich und praktisch erfahrenen Chemikern und Maschinenkundigen wird immer wesentlicher auf wichtigsten Gebieten, nicht bloß in der chemischen Industrie und in maschinentechnischen Betrieben, sondern in verschiedensten Bereichen, in der Landwirtschaft, Brennstoffwirtschaft, Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen, Erzeugung von Nährstoffen, Gärungstechnik usw. Selbst im eigenen Bereiche des Maschinenwesens verlangen z. B. Verbrennungstechnik, Stoffkunde usw. gründliche Kenntnisse der Chemie Wer ihr Studium vernachlässigt, engt seinen Schaffenskreis ein. Für den Neubau der Hochschullehre müßte sie etwa im Dreifachen des bisherigen Ausmaßes gelehrt werden. Die Zusammenfassung der Fachlehre wird den Raum hierfür schaffen. Charlottenburg, den 27. Juni 1919. Sitzungsberichte der Bezirksvereine Hochachtungsvoll A. Riedler. |