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22, November 1919.

Sitzungsberichte der Bezirksvereine.

Richard Pintsch

In der Monatsversammlung des Berliner Bezirksvereines vom 1. Oktober 1919 widmete dessen Vorsitzender, Geh. Reg.Rat Prof. Romberg, dem am 6. September 1919 in Berlin im 80 sten Lebensjahre verstorbenen Geheimen Kommerzienrat Dr.-Ing. e. h. Richard Pintsch folgenden Nachruf:

Mit Richard Pintsch ist wieder ein Großer aus dem Reiche der Industrie und Technik dahingegangen, ein Bahnbrecher und Pfadpfinder, der auf seinem Gebiete dem deutschen Namen in der ganzen Welt Ehre und Anerkennung verschafft hat, ein Selbstbildner, der ganz aus eigener Kraft, aus den einfachsten Anfängen heraus sich entwickelt hat zu den höchsten technischen und wirtschaftlichen Leistungen. Lassen Sie mich die wichtigsten Daten und Erfolge aus diesem reichen Leben hier kurz anführen. Es ist ein Stück Geschichte der Technik, das gleichzeitig dabei an unseren Augen vorbeizieht.

Richard Pintsch wurde am 19. Februar 1840 in Berlin als Sohn des Klempners Julius Pintsch geboren. Der Vater machte sich 1843 auf dem Stralauer Platz als Meister selbständig. Nach Abschluß der vierklassigen höheren Bürgerschule trat Richard Pintsch im Oktober 1854 mit 141⁄2 Jahren im väterlichen Geschäft in die Lehre. Keine Arbeit wurde im hier erspart. Alle Mühen und Sorgen, Leiden und Freuden des einfachen Arbeiters hat er dort von Anfang an durchkosten müssen und gründlich kennen gelernt. Während der ganzen Lehrzeit unterrichtete sich Richard Pintsch, der nur Volksschulbildung genossen hatte, weiter, so daß es ihm am Schlusse der Lehre möglich war, das Einjährigenzeugnis zu erwerben. Ungefähr zu derselben Zeit wurde er nach vierjähriger Lehrzeit als regulärer Klempnergeselle vom Klempner-Gewerk freigesprochen.

Das väterliche Geschäft, das damals schon Gasapparate und Gasmesser erzeugte, hatte sich inzwischen rasch weiter entwickelt. Es arbeitete nicht nur für den Berliner Bedarf, sondern sehr bald befriedigte es auch die Wünsche von Kunden weit außerhalb. Der Vater mußte infolgedessen sehr häufig Reisen in Deutschland und auch zum Teil schon ins Ausland machen. Während der Abwesenheit vertrat sein junger Sohn ihn geschäftlich, kaufmännisch und technisch. Diese Tätigkeit war der schnellen Ausbildung und Erziehung zur Selbständigkeit sehr förderlich. Mit 19 Jahren machte Richard Pintsch schon Geschäftsreisen und führte auswärts Montagen von längerer Dauer durch.

Nachdem er seiner Militärpflicht genügt hatte, kehrte. Richard Pintsch in den väterlichen Betrieb zurück und begann jetzt auch selbständig in die Leitung einzugreifen. Er stellte für die Gasapparate Normalien auf, entwarf neue Konstruktionen, ließ Modelle anfertigen, die dank ihrer Originalität bis auf den heutigen Tag noch unverändert mustergültig geblieben sind. Der Vater ließ ihn gewähren, da er die ungewöhnliche Arbeitskraft und schöpferische Veranlagung seines Sohnes erkannte. Das Werk wuchs, und aus der Klempnerei und Werkstatt wurde bald eine kleine Maschinenfabrik. Schon im Jahre 1867 stellte Julius Pintsch seine Fabrikate mit Erfolg in Paris aus und tat damit den ersten Schritt in die große Welt. Sein Sohn Richard benutzte diese Gelegenheit, um Reisen nach Frankreich und England zu machen, von denen er voll neuer Eindrücke und Anregungen und neuer Pläne zurückkehrte. Diese fanden ihre Umsetzung in die Praxis in den ersten Versuchen mit Wasserstoff-Luftballons, Wasserstoffgaserzeugern, Unterwasserminen, Kontakttorpedos und allen zugehörigen Apparaten. Gleichwohl behielt die intensive Förderung der Gastechnik und die Verbesserung der dazugehörigen Apparate die Vorhand in der schöpferischen Tätigkeit von Richard Pintsch. Mit allen Mitteln strebte er an, den überragenden Einfluß Englands, der sich überall auf dem Kontinent auf diesem Gebiet breit gemacht hatte, zu brechen. Allen anfänglichen Schwierigkeiten zum Trotz setzten Vater und Sohn die fabrikmäßige Herstellung der Gasmesser und Gaserzeuger nach eigenen Prinzipien unter Durchführung wesentlicher Verbesserungen und auf Grund eigener Erfindungen durch. Zähe Ausdauer, rastlose Arbeit führte das Mühen zum Erfolg. Heute ist es bekanntlich eine unbestrittene Tatsache, daß Pintsch auf dem Gebiete der Gastechnik nicht allein das ausländische Fabrikat aus Deutschland vollkommen verdrängt, sondern daß er auch den deutschen Erzeugnissen im Ausland eine durchaus ebenbürtige, ja eine führende Stellung verschafft hat.

Das bezieht sich insbesondere auch auf das von Richard Pintsch ausgebaute System der Gasbeleuchtung in den Eisenbahnwagen Voll Eifer ging er an die ersten Versuche Doch

bald stellten sich Schwierigkeiten aller Art ein. Von den gewöhnlichen unkomprimierten Steinkohlengas mußte Abstand genommen werden; es nahm zu viel Raum ein und hätte zu große Behälter auf oder unter den Wagen erfordert. Auch büßte es bei der Kompression den größten Teil seiner Leuchtkraft ein. Richard Pintsch wählte deshalb das hochwertigere, schwerere Oelgas oder Fettgas in komprimiertem Zustand. Interessant ist es, daß mit Steinkohlengas die Versuche im Kriege wieder aufgenommen worden sind, wenn ich nicht irre, ebenfalls von der Firma Julius Pintsch, und daß die neuerlichen Erfolge jedenfalls günstiger gewesen sind als die in der Vergangenheit. Die Hauptschwierigkeit lag damals in der Beschaffenheit einer richtigen und brauchbaren Regelung. Es mußte ein Regler geschaffen werden, der zunächst allen äußeren Einwirkungen widerstand, der einen gleichmäßigen Brenndruck gewährleisten und den lösenden Stoffen des Gases gegenüber unempfindlich sein mußte. Das waren schwierige Aufgaben. Aber es gelang Richard Pintsch bald, im Prinzip wenigstens, die ersten Apparate durchzubilden. Sie waren zwar noch zu schwerfällig und unhandlich; aber diesem Nachteil half er ebenfalls binnen kurzem ab. Schon im Jahre 1869 liefen zwei mit Gas beleuchtete Personennachtzüge zwischen Berlin und Breslau, die nur in Berlin ihre Füllung erhielten. Das Problem war also im wesentlichen gelöst. Gleichwohl war viel Arbeit noch zu leisten, und viele Widerstände waren noch zu überwinden, um die absolute Betriebsicherheit des Systems zu erreichen. Seitens der Eisenbahnverwaltung wie auch seitens des Publikums erntete Richard Pintsch schon damals volle Anerkennung. Im Jahre 1870 beschloß das Eisenbahnministerium, die Gasbeleuchtung in den Zügen allgemein einzuführen. Richard Pintsch konstruierte den Regulator um und schuf einen Apparat, der sich vorzüglich und dauernd bewährte und dessen Prinzip bis auf den heutigen Tag das gleiche geblieben ist. Eine ungeheuer schnelle Entwicklung setzte nun ein. In England, Frankreich, Oesterreich, Rußland und Amerika bildeten sich zum Erwerb und zur Ausbeute von Pintsch-Patenten selbständige Gesellschaften, die in engster Verbindung mit dem Stammhause arbeiteten. In den Hauptstädten Deutschlands wurden Zweigbureaus errichtet, so daß nach kaum 20 Jahren allein in Deutschland schon über 51000 Eisenbahnwagen und Lokomotiven mit Pintsch-Licht eingerichtet waren und zur Herstellung des erforderlichen Fettgases nicht weniger als 190 Gasanstalten von der Firma Bis heute hat sich diese Zahl auf erbaut werden konnten.

über 350 000 Wagen und Lokomotiven erhöht.

Auch auf einem andern Gebiet war Pintsch bahnbrechend. Es lag nahe, das Waggonbeleuchtungssystem auf die Markierung der See- und Wasserwege zu übertragen, namentlich an Küsten, auf Untiefen und an Einfahrten in Flüsse und Ströme eine Sicherung der Fahrstraße durch Beleuchtung vorzunehmen. Dies gelang vollkommen. Die Tonne oder Boje wurde der Behälter für das komprimierte Gas. Neu hinzu kam nur die Aufgabe, eine Laterne zu konstruieren, die auch den schwersten Sturzseen gewachsen war, ohne daß die Flamme dabei erlosch. Aus Gründen der Betriebsicherheit genügte den Schiffen das dauernd hell brennende sogenannte feste Licht als Wegweiser nicht mehr. Die Seebehörden wünschten Unterscheidungsmerkmale gegenüber andern Lichtern, um die Befeuerung der Wasserstraßen zweifelsfrei sicherzustellen. Richard Pintsch und sein Bruder Oskar konstruierten deshalb einen Blinklichtapparat, der durch periodische Unterbrechungen dem Lichtzeichen einen bestimmten Charakter gibt. So sind nach und nach zum Segen der Schiffahrt die schwimmenden Leuchttonnen, die Leuchtbojen, die Leuchtfeuerschiffe bis zu den heute mit Gasglühlicht versehenen mächtigen Leuchttürmen entstanden. Die Einrichtung des Fahrwassers des Suezkanals war eine der ersten großen Anlagen, mit der die Firma Pintsch den Nachweis erbrachte, daß sie als führend auf dem Gebiete der Seebeleuchtung zu gelten hatte.

Die Freundschaft mit Dr. Auer von Welsbach fügte es, daß Richard Pintsch an den ersten Versuchen mit Gasglühlicht Anteil nehmen und an der Ausbildung des Auerlichts tätig und beeinflussend mitwirken konnte. Es gelang ihm vor 33 Jahren, 1886, den ersten brauchbaren Brenner nach dem Bunsenprinzip zu schaffen, der in Verbindung mit der Auerschen Erfindung den Siegeszug des Auerlichtes erst ermöglichte. Hiermit ergab sich von selbst die Uebertragung des Glühlichts auf die Waggonbeleuchtung und auf die Wasserstraßenbeleuchtung.

Der Erfolg der Arbeit von Richard Pintsch verkörperte sich u. a. auch in dem dauernden Anwachsen der Betriebe.

Im Jahre 1907 wurde das Unternehmen in die Julius PintschAktiengesellschaft umgewandelt, mit der Richard Pintsch bis an sein Lebensende in engster Fühlung geblieben ist. Seine Brüder Oskar und Julius waren bereits im Jahre 1912 ge storben.

Bei der reichen schöpferischen Tätigkeit hat es Richard Pintsch an Auszeichnungen und öffentlichen Anerkennungen nicht gefehlt. Er wurde 1887 zum Kommerzienrat, 1896 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt. Orden und Ehrenzeichen sind ihm in großem Umfange zuteil geworden. Auch die Fachwelt zögerte nicht, die Erfolge der Firma Pintsch voll und rückhaltlos anzuerkennen. So wurde Richard Pintsch Inhaber der Bunsen-, Pettenkofer-Plakette des Vereins

deutscher Ingenieure.

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Der Ingenieur in der Verwaltung.

Unter diesem Titel ist soeben ein von uns herausgegebenes Buch erschienen. Seit Jahrzehnten sind in den technischen Blättern aller Fachrichtungen Klagen, Beschwerden und Wünsche der Techniker über ihre Stellung innerhalb der Staatsverwaltung, über die Behördenorganisation und die Geschäftsführung in der Verwaltung an der Tagesordnung. Es fehlte aber bisher an einer zusammenfassenden kurzen Schrift, welche diese Aeußerungen für alle oder doch die meisten Gebiete übersichtlich darlegt und möglichst tatsächliche Angaben wie Zahlenunterlagen enthält. Das soll das vorliegende Werk bieten. In ihm sind 14 meist in der Praxis des betreffenden Faches stehende Mitarbeiter zu Worte gekommen, Herren, welche durch ihre Stellung und ihre jahrelange Beschäftigung mit den in Rede stehenden Fragen als berufen anzusehen sind.

Die Schrift ist gegen Voreinsendung des Betrages von 4,50 M auf Postscheckkonto Berlin 49405 oder gegen Nachnahme durch unsere Verlagsabteilung zu beziehen.

Geschäftstelle des Vereines deutscher Ingenieure.

Deutsche Forschungsstätten technischer Arbeit. Unter diesem Titel ist soeben ein von uns herausgegebenes Handbuch erschienen, das in seinem ersten Teil in übersichtlicher Darstellung die auf dem Gebiete der Technik und verwandter Wissenszweige arbeitenden Forschungs-, Versuchsund Prüfanstalten und dergl. enthält. Der zweite Teil bringt eine Zusammenstellung der Stiftungen für die einzelnen Forschungsgebiete sowie der Vereine, Verbände und Körperschaften, die technisch-wissenschaftliche Forschungsarbeiten unterstützen. Als dritter Teil ist ein Sachverzeichnis angegliedert, das unter abc-lich geordneten Stichworten die auf den einzelnen Arbeitsgebieten tätigen Anstalten, Stiftungen und Vereine nachweist.

Das Verzeichnis, das bei dem Fehlen ähnlicher Zusammenstellungen einem stark empfundenen Bedürfnis abhilft, wie zahlreiche Anfragen an den Verein beweisen, wird bei Voreinsendung des Betrages (Postscheckkonto Berlin 49405) oder gegen Nachnahme von unserer Verlagsabteilung zum Preise von 6,50 M an Mitglieder und von 7,50 M an NichtmitgliederTM abgegeben

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Redakteur: D. Meyer.

Geschäftstunden 9 bis 4, Sonnabends 9 bis 1 Uhr.

Selbstverlag des Vereines deutscher Ingenieure, Berlin N.W. 7, Sommerstraße 4à.
Expedition und Kommissionsverlag: Julius Springer, Berlin W.9, Link-Straße 23-24.

Angaben über Bezugspreise, Anzeigenpreise, Nachlleferung nicht angekommener Hefte an Mitglieder usw. am Schluß des redaktionellen Telles.
Sonnabend, den 29. November 1919.

Nr. 48.

Band 63.

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Das Los, das der unglückliche Kriegsausgang unserm Volke beschieden hat, läßt uns den Blick auf alle jene Quellen lenken, aus denen unsere nationale Zukunft die Mittel zu neuer Erstarkung unseres Wirtschaftslebens und damit zu gesunder Entfaltung unsrer künftigen Lebenshaltung zu schöpfen vermag. Dieser Gedankengang umfaßt die brennende Sorge um die lohnende und gesicherte Beschäftigung von Millionen werktätiger Hände und räumt unter den für unsre kommende Friedensgestaltung bestimmenden Faktoren der Technik eine der maßgebendsten Stellungen ein. Dies verpflichtet uns deutsche Ingenieure, in dieser ernsten Zeit die Frage von allen Seiten zu beleuchten, in welcher Weise wir der deutschen Technik künftig die Wege ebnen und ihr den Erfolg der Vergangenheit, der vom haßerfüllten Neide der bisherigen Feinde heiß umstritten wird, für die Zukunft wiedererringen und sichern helfen können. Die Prüfung dieser Frage entspricht einem in der Neuzeit besonders scharf hervorgehobenen Gesichtspunkt, wenn sie aus der Kette der mannigfaltigen Einzelglieder, die die technische Arbeit beeinflussen, in erster Linie den Menschen ins Auge faßt und seinen durch Charakter und Intellekt, durch Willen und Wissen bedingten Anteil am Erfolge technischer Leistungen in den Vordergrund rückt. Der der technischen Arbeit dienende Mensch tritt zu dieser in verschiedenartige Beziehung, je nachdem er dieser Arbeit im wesentlichen die schöpferischen Kräfte eines die technischen Probleme kritisch durchdringenden Geistes oder die im engeren Rahmen geschulten Fähigkeiten des Verstandes oder schließlich die aufmerkende Tätigkeit des Auges vereint mit der physischen Kraft der geschickt geführten Hand zuteil werden läßt. Hiermit sind die drei technischen Berufstände des Ingenieurs, des Technikers und des Handwerkers gegeben, die nebeneinander ohne Eifersucht ihren getrennten Berufszielen zustreben und sich im Bewußtsein der Notwendigkeit ihres Zusammenwirkens gegenseitig achten und unterstützen müssen, wenn die Entwicklung der Technik zu vollkommneren sozialen Zuständen und gleichzeitig zu befriedigenden wirtschaftlichen Leistun gen führen soll. In jedem dieser drei technischen Berufstände bedürfen wir ganzer Männer und hervorragender Persönlichkeiten zur Besetzung der verantwortungsvollen Stellen. Jede dieser Berufsgattungen besitzt ihren Adelstand von unantastbarem Ansehen, dem der unveräußerliche und unübertragbare Erfolg der persönlichen Arbeitsleistung seine

1) Sonderabdrücke dieses Aufsatzes werden an Mitglieder des Vereines, wenn der Sonderabdruck von diesen selbst zum eigenen Gebrauch bestellt wird, ferner an Studierende und Schüler technischer Lehranstalten für 1 M, an andere Besteller für 1,25 M/Stück abgegeben. Wenn der Betrag nicht vorweg auf Postscheckkonto 49405 des Vereines deutscher Ingenieure, Berlin, überwiesen wird, erfolgt die Zusendung gegen Nachnahme zuzüglich der dadurch entstehenden Auslagen. Lieferung etwa 2 Wochen nach dem Erscheinen der Nummer,

Würde verleiht. Daher ist der Uebergang vom Handwerker zum Techniker und vom Techniker zum Ingenieur keineswegs schlechthin als ein Aufstieg zu bezeichnen, wie es die gegenwärtige Tagespresse darzustellen beliebt. Nur ganz besondere Beanlagung für das neuerworbene Tätigkeitsfeld kann diesen subjektiven Uebergang zum objektiven Aufstieg stempeln, während beim Fehlen dieser Beanlagung diesem Uebergang alle Merkmale eines Rückschrittes eigentümlich sind. Jeder der drei Berufstände bedarf der besonderen Erziehung und Schulung seiner Glieder.

Ich

Im Rahmen dieses Vortrages will ich mich mit der Ausbildung befassen, die dem Ingenieur als dem Träger der geistigen technischen Schaffenskraft zuteil werden muß und die in erster Linie der Technischen Hochschule zufällt. greife hierzu auf Vorarbeiten zurück, die bis in das Wintersemester 1913/14 zurückreichen und bereits im Sommersemester 1914 zu scharf umrissenen Vorschlägen geführt hatten, deren weiterer Ausbau ins Auge gefaßt war, aber durch den Ausbruch des Weltkrieges verhindert wurde. Sein für uns verhängnis voller Ausgang und seine revolutionären Folgeerscheinungen haben alles Bestehende aufgerüttelt und daher auch das Thema der Hochschulreform gegenwärtig zu einem scharf umstrittenen Gegenstand der öffentlichen Aussprache werden lassen. Ich betone also, daß die von mir zu entwickelnden Grundlinien einer Hochschulreform, wenn ich diesen Ausdruck dem Sprachschatz der Gegenwart entlehnen darf, unabhängig von Krieg und Revolution als Folgerung aus der Entwicklung der Technischen Hochschule in den letzten Friedensjahrzehnten eingeleitet wurden und daß für sie die jetzige reformdurstige Zeit insofern günstig ist, als diese die Einführung neuer Organisationsgedanken leichter gestattet als der schwerfällige Apparat unserer alten Regierungsverfassung. Dieser Umstand mag den Anreiz dazu geboten haben, daß in dem Jahre, das seit der Revolution verflossen ist, eine ganze Reihe beachtenswerte Denkschriften und wertvolle Aufsätze in die Oeffentlichkeit gedrungen sind, die sich mit der Hochschulreform befassen und auf das weitverbreitete Bewußtsein von der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit einer solchen Reform schließen lassen. Die hier zu behandelnden Richtlinien sollen sich nur auf die unmittelbaren Reformforderungen des Unterrichts beziehen und daher z. B. alle Fragen außer Betracht lassen, die die rechtliche Stellung der Hochschule und ihrer Organe zum Gegenstand haben. Außerdem will ich alle jene in der allerneuesten Zeit mit Nachdruck vorgebrachten, aber noch nicht hinlänglich verarbeiteten Reformmaßnahmen übergehen, die eine durchgreifende Aenderung des Lehrstoffes der Mittelschule und eine Durchbrechung des Maturitätsprinzips für das Studium fordern. Ich beschränke mich also darauf, zunächst unter der Annahme der wesentlichen bisherigen Vorbedingungen des Studiums grundlegende Forderungen für den künftigen Ausbau des technischen Hochschulunterrichtes zu ent

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