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de usu partium enthalten ist. Die Oculistik war damals bei den Griechen und Römern, als integrirender Theil der Heilkunde betrachtet, des ganzen würdig. Die Araber und Arabisten haben das Verdienst das Ueberlieferte erhalten zu haben. Die Trennung der Medizin und Chirurgie durch das Consilium von Tours vorzüglich bedingt, warf den gröfsten Theil der Augenkrankheiten in die Hände der handwerksmässigen verzünfteten Bader. Es bildeten sich nun die Augenärzte, welche ohne Kenntnifs der menschlichen Natur, das Auge aus der Integrität des Organismus heraushebend, meistens nur Techniker waren und defshalb den operativen Theil förderten. SCHMIDT 3) sagt: immer kam das Organ wie ein verstofsenes Kind von einem Haus in das andere, und die es aufnahmen denen war es ein Talismann für die Geldtruhen ihrer Mitbürger. Dem 18. Jahrhundert war es vorbehalten die Ophthalmologie wieder der Heilkunde einzuverleiben, und die rühmlichen und verdienstvollen Bemühungen ausgezeichneter Männer, vorzüglich deutscher Nation, haben diesen Zweig der Heilkunde zu einer schönen Vollkommenheit geführt 4). 1) Musae, seu historiarum L. IX. ed SCHWEIGHÄUSER. Argent. 1816. L. VI. p. 350.

2) De medicina lib. 8. lib. VI.

3) Ophth. Bibl., 1. Bd. 1. St. p. 16.

4) BEER'S Repertorium aller bis zum Ende des Jahres 1797 erschienenen Schriften über die Augenkrankheiten. Wien 1799.

S. 4.

Stellung der Ophthalmiatrik zu den übrigen medicinischen Disciplinen.

Kein Organ freut sich einer so vielfältigen Beziehung zu den übrigen Theilen des Organismus, wie dieses, und keines gleicht in Hinsicht des bewunderungswürdigen Baues demselben. Welch ein Reichthum von Nerven ist hier gegeben, um sowohl

die allgemeine, als die dem Organe eigenthümliche Sensibilität auf die höchste Stufe der Vollkommenheit zu führen; welch ein Apparat von Gefässen beurkundet den immer regen Stoffwechsel in diesem für den Lebensgenufs gewifs wichtigsten Sinne. Bewunderungswürdig ist, dafs alle Hautsysteme im Auge sich wiederholen, wodurch die vielfältigste Beziehung der Theile unter sich vermittelt ist. Aus dieser Ursache und der weitverzweigten Nervenverbindung wegen wird das Auge durch anderwärtige Leiden so vielfach in Mitleidenschaft gezogen; daher bedingt auch dasselbe, primär ergriffen, in den mit ihm verwandten Systemen den Ausbruch krankhafter Reactionen; aber gerade der bewunderungswürdige Bau giebt dem Auge eine gewisse individuelle Richtung zu dem Organismus, welche keinem andern Organe in diesem Grade eigen ist; diese eigenthümliche Organisation und Mischung bedingt auch ganz eigenthümliche Reactionen sowohl im gesunden als kranken Leben, so dafs ein besonderes Studium dieses Organes, in allen möglichen Beziehungen aber, gewifs vom gröfsten Nutzen ist. BEER) sagt: wie der Mensch als eine kleine Welt im Verhältnifs zum Weltall betrachtet werden kann, ebenso mufs man das Auge als einen Mikrokosmus zum individuellen Menschen ansehen, in dem sich seine Seele und sein Körper spiegelt. Sehr wichtig ist, was ABERNETHY 2) über die Rückwirkung örtlicher Leiden auf die Constitution, und die constitutionellen Störungen auf örtliche Uebel angiebt, und bei Augenkrankheiten ist es von der gröfsten Wichtigkeit zu bestimmen, ob hier eine Störung der Constitution das örtliche Leiden hervorgerufen oder dasselbe unterhalten, oder ob durch das längere Bestehen das örtliche Leiden das Gesammtbefinden leidend geworden. Die Semiologie des Auges gründet sich auf die vielfältigen Verbindungen desselben mit dem Cerebral- und Gangliensystem. Geistigkeit und Geistlosigkeit, lei

denschaftliche Aufregung und Erschöpfung spiegelu sich im Auge. Zwar sind es vorzüglich die Umgebungen des Auges, welche diesem den Ausdruck geben, doch darf nicht übersehen werden, dafs dasselbe durch seinen Glanz diesem Ausdruck Leben giebt. Ebenso spricht sich das Alter aus; nicht minder der pathologische Zustand 3).

1) Lehrbuch der Augenkrankheiten, 1. Bd. Einl. S. 3.

2) The surgical Works a new edition. London 1822; on the constitutional origin and treatment of local Diseases,

3) Löbenstein - LÖBEL, Grundrifs der Semiologie des Auges. Jena 1817.

§. 5.

Die Ophthalmiatrik, als besonderer Zweig der Heilkunde, war, im Grunde betrachtet, lange Jahre hindurch heimathlos, indem man immer ihren Standpunkt und ihre Beziehung in dem Cyklus der medicinischen Disciplinen fälschlich beurtheilte. Das Gebiet der Chirurgie begriff die äufserlich gelegenen, die von äussern auf den Organismus einwirkenden Schädlichkeiten gesetzten Leiden in sich, jene Stö¬ rungen, die mehr im Realen, in Veränderungen der Structur und Form sich offenbaren, jene Krankheiten, die der mechanischen Kunsthülfe vorzüglich bedürfen. So war auch das Loos für die Ophthalmiatrik geworfen. Da das Auge ein an der Peripherie des Organismus liegender Theil ist, dessen Leiden sich häufig aus äufsern Ursachen entspinnen, deren Entfernung das kunstmässige Einwirken der Werkzeuge oft verlangt, so war sie so lange ein der Chirurgie angehöriger Zweig, bis man den Mangel aller wissenschaftlichen Eintheilung zwischen Chirurgie und Medicin erkannte, und die Unzertrennbarkeit der Heilkunde als Kunst und Wissenschaft ersah. Die Ophthalmiatrik setzt die Kenntnifs der verschiedenen Arten der Beschränkungen und Störungen des Lebens, durch innere und äufsere Ursachen bedingt, Pathologie, die mannigfaltigen Producte dieser Stö

rungen, pathologische Anatomie, die Deutung der Erscheinungen des kranken Lebens, Semiotik, voraus, Auch fafst sie auf jene Zweige der Heilkunde, welche dem Arzte die Maafsregeln und Werkzeuge seines Wirkens darbieten, allgemeine Therapie und Heilmittellehre, und bildet demnach einen Theil der speciellen Krankheitslehre.

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Eintheilung der Ophthalmologie.

Die wissenschaftliche Zusammenstellung aller Kenntnisse, welche wir auf dem Wege der Erfahrung und Beobachtung; oder der Speculation über das Auge, sowohl über dessen gesunden als kranken Zustand erlangt haben, gründet die Ophthalmologie, die im weitern Sinne die Lehre vom Auge ist. Die Ophthalmologie zerfällt in den theoretischen und praktischen Theil; der erstere, welcher die Ophthalmologie im engern Sinne bestellt, ist die Wissenschaft von dem Leben des Auges und dessen Erscheinungen sowohl im normalen als abnormen Zustande. Der praktische Theil bildet eigentlich die Ophthalmiatrik im weitern Sinne, und giebt die Regeln an, durch welche der gesunde Zustand des Auges geschützt und erhalten wird, als Ophthal modiätetik, und durch welche die Krankheiten desselben erkannt und zur Heilung geführt zu werden vermögen, Ophthalmiatrik im engern Sinne 1). 1) Busse, Pathologiae oculi generalis pars prima. Berol. p. 3.

S. 7.

Ophthalmo - Semiologische Kunstlehre.

Das Auge hat auch seine semiologische Kunstlehre; diese lehrt uns die Erscheinungen an ihm im gesunden und kranken Zustande aufzufinden, und giebt uns deren Deutung. Hier aber dürfen wir unsere Betrachtung nicht auf das Auge beschränken,

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sondern berücksichtigend, dafs dasselbe, wiewohl eigenthümlicher vitaler Verhältnisse sich freuend, doch nur einen Theil des Organismus ausmacht, müssen wir an diese Alles anknüpfen, was der Organismus hierher Bezug habendes uns darbietet. Nur so vermögen wir, auf rationellem Wege, die krankhaften Zustände richtig zu beurtheilen, und deren Behandlung zu leiten. BALDINGER 1) hat dargethan, wie wichtig es ist, die dem Uebel zu Grunde liegende krankhafte Stimmung und Mischung zu erforschen und zu bekämpfen.

1) Opuscula medica. Goettingae 1787. p. 177 in Programma, de oculorum morbis, sine ophtalmicis sanandis.

§. 8.

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Der gröfste Theil der Untersuchung des Auges, da dieses an der Oberfläche liegt, mehrentheils aus durchsichtigen Häuten und Flüssigkeiten besteht, geschieht durch das Gesicht. HIMLY 1) nennt diese Ophthalmoscopia. Das gewöhnliche Tageslicht ist in den meisten Fällen zur Untersuchung hinreichend; manchmal aber, um Veränderungen in der Tiefe wahrzunehmen, wird eine stärkere Beleuchtung nöthig. Man verschafft diese am besten durch den Reflex von einem Spiegel. Bisweilen bei lichtscheuem Zustande des Auges müssen wir, um die Untersuchung vornehmen zu können, das einfallende Licht mildern, durch Beschattung des Auges mittelst der Hand, oder durch eine solche Stellung, dass der Kranke dem einfallenden Lichte den Rücken zuwendet. Oft ist es nothwendig, um genau den Zustand einzelner Theile des Auges bestimmen zu können, sich der Lupe zu bedienen; die Entzündung der Krystallkapsel wird.nur erst durch die mit der Lupe angestellte Untersuchung klar. Man gebe dem Auge eine solche Stellung, dafs das Licht nicht ungünstig reflektirt wird. Durch einen solchen Reflex kann der ungeübte Beobachter getäuscht werden.

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