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Die

Einleitung.

S. 1.
Begrif ́ƒ.

ie Wichtigkeit des Auges erwägend, bemühten sich die Aerzte aller Zeiten, die Krankheiten dieses, gewifs des edelsten Organes, in treffenden Bildern zu zeichnen, und die der Bekämpfung der regelwidrigen Zustände desselben entsprechenden Mittel aufzustellen. Eigene Kapitel wurden denselben bestimmt, selbst eigene Handbücher hat man ihnen gewidmet, um die oft schwierige Diagnose der Augenkrankheiten festzustellen, und deren Behandlung auf sichere Regeln zu bauen. So bildete sich die Ophthalmiatrik, die Lehre von der Erkenntnifs und Heilung der Krankheiten des Auges, die, einer eigenthümlichen wissenschaftlichen Stellung sich freuend, aus allen Quellen der Heilkunde schöpft. Keiner unserer Sinne ist zur Selbstständigkeit so unentbehrlich, keiner gewährt einen so vielumfassenden, einen so hohen Lebensgenufs, als das Gesicht; der Blinde ist bürgerlich todt). ARISTOTELES 2) sagt: Die meisten Eindrücke, welche die Geistesthätigkeit wecken, erhalten wir durch das Gesicht, und durch das Gehör. Letzteres ist jedoch nur zufällig durch den Gebrauch der Sprache für die Entwickelung der intellectuellen Functionen wichtig, wo hingegen ersteres, die Verschiedenheiten der Gegenstände aussprechend, an sich schon wichtig für die Cultur des Geistes ist. Das Studium der Ophthalmiatrik hat aber nicht nur

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einen directen Nutzen für das Auge, sondern die analoge Anwendung der Kenntnisse, welche wir über pathologische Processe durch die Beobachtung des mit durchsichtigen Hüllen begabten Auges gewonnen, fördert die Heilkunde im Allgemeinen. WALTHER 3) bemerkt mit Recht, dafs die Therapie der Augenkrankheiten mehr ausgebildet und weiter vorgerückt sey als die Kurmethode einiger anderer Körpertheile; so dafs die letzte durch die analoge Anwendung der ersten nothwendig gewinnen mufs.

1) BEER, Geschichte der Augenkunde überhaupt und der Augenheilkunde insbesondere. 1. Heft. Pag. 7. Wien 1813.

2) Iɛgi new nai aionτwv: Opera Aristotelis, Aureliæ Allobrogum 1605. pag. 511.

3) Journal für Chirurgie und Ophthalmologie. 7. Bd. 3. Hft. p. 351.

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Wenn nun auch die besondere Bearbeitung der Ophthalmiatrik nützlich ist, und dadurch eine wahre Bereicherung der Wissenschaft und Kunst erfolgen kann, so wird dieses doch nur dann geschehen, wenn das Auge als integrirender Theil des Organis-. mus aufgefasst wird; wenn die Bearbeitung der Augenkrankheiten auf die Lehre von der menschlichen Natur, deren Gesetzen und Verrichtungen sowohl im gesunden als kranken Zustande begründet ist. Bekannt ist, welcher Schaden für diesen Theil der Heilkunde daraus entstand, dafs man die verschieden in einander greifenden Glieder der Kette, welche die Heilkunde bildet, zerrifs, dafs man eine Spaltung herbeiführte, vermöge welcher das Auge den Händen von Menschen ohne wissenschaftliche Bildung übergeben wurde, welche nur bisweilen den einen Theil der Behandlung dieser Krankheiten, den rein chirurgischen, mit einigem Glücke bearbeiteten; welcher Theil denn auch ungleich wichtigere Fortschritte zur Vollkommenheit machte. Die Ophthalmiatrik

glich hier nur einer angehäuften formlosen Masse, die in einem Aggregate von Facten bestand, und erst des beselenden Hauches der Wissenschaft bedurfte, um mit Nutzen in das Leben zu treten. Endlich erkannte man den Schaden des schmählichen Dahingebens dieses wichtigen Organes; die Aerzte schämten sich nicht mehr, diesem verwaifsten Sinne die eifrigste und sorgfältigste Pflege angedeihen zu lassen. Der Zweig wurde wieder dem Stamme aufgepfropft, von dem er unverdient losgerissen war, es entfaltete sich nun der Spröfsling, und trug die reichlichste Frucht.

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Der Ursprung der Existenz der Augenärzte verliert sich zu sehr in das graue Alterthum, als dafs er mit Sicherheit aufgedeckt werden könnte. Nach HERODOT'S Bericht bestand bei den Aegyptiern die Sitte, dafs jeder Zweig der Heilkunde von gebildeten Aerzten besonders zur Ausübung gewählt wurde 1). In Aegypten gab es von jeher der einheimischen Schädlichkeiten wegen viele Augenkrankheiten und Augenärzte. In Indien scheint man in den frühesten Zeiten die Augenheilkunde fleissig betrieben zu haben, wie dieses aus eigenthümlichen Operationsweisen, welche noch üblich sind, erhellt. Das mythische Zeitalter der griechischen Medizin und der Tempeldienst zeigen nichts bedeutendes für die Ophthalmologie. HIPPOKRATES wirkte vortheilhaft. Die Römer bestanden 600 Jahre ohne Aerzte. CORNEL. CELSUS 2) theilt uns die Erfahrung anderer, wohl auch eigene Erfahrung und gediegene Aufschlüsse über die wichtigsten Krankheitsformen des Auges mit. An CELSUS schliefst ANTYLLUS sich an, der schon die Ausziehung des grauen Staares kannte und auf eine höchst ein fache Weise vollzog. GALENUS hat auch im Gebiete der Ophthalmologie vortheilhaft gewirkt, besonders durch die genauere Bestimmung des Baues und der Verrichtung des Auges, welche in seinem Werke :

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